T 0165/18 (Verfahren zur Bildung einer Filtermatte/HYDAC FILTERTECHNIK) of 9.7.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T016518.20200709
Datum der Entscheidung: 09 Juli 2020
Aktenzeichen: T 0165/18
Anmeldenummer: 10781621.7
IPC-Klasse: B01D29/11
B29C65/08
B29C65/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR BILDUNG EINER FILTERMATTE
Name des Anmelders: Hydac Filtertechnik GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56 (2007)
European Patent Convention Art 84 (2007)
European Patent Convention Art 123(2) (2007)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Änderung
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hauptantrag (ja)
Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja)
Änderungen - zulässig (ja)
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin (Beschwerdeführerin) betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Anmeldung EP 10 781 621.7 zurückzuweisen.

Die Prüfungsabteilung hatte erachtet, dass der damalige Haupt- und erste Hilfsantrag die Erfordernisse der Artikel 123(2), 84 und 56 EPÜ nicht erfüllt.

II. Unter anderem die folgenden Dokumente waren Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens:

D1 |EP 1 249 182 A2|

D2 |US 6,451,205 B1|

D11|WO 96/25219 A1 |

III. In einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung mit, dass der mit der Beschwerdebegründung eingereichte dritte Hilfsantrag Mängel unter Artikel 123(2) und 56 EPÜ aufwies.

IV. Nach einer schriftlichen Erwiderung und einer telefonischen Rücksprache mit dem Berichterstatter reichte die Beschwerdeführerin mit Fax vom 22. Juni 2020 eine modifizierte Version der Ansprüche des dritten Hilfsantrags und eine angepasste Beschreibung als neuen Hauptantrag ein.

V. Nach weiteren telefonischen Rücksprachen reichte die Beschwerdeführerin

- mit Fax vom 29. Juni 2020 u.a. eine neue Beschreibungsseite 6 und

- mit Fax vom 7. Juli 2020 eine neue Beschreibungsseite 7 ein.

VI. Der Wortlaut von Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Bildung einer zur Filtration von Fluiden in Form von Hydrauliköl oder von Lösungen jedweder Art, insbesondere in Form von echten Suspensionen, Dispersionen, Emulsionen oder kolloiden Lösungen, geeigneten, Fasermaterial aufweisenden Filtermatte (1) aus mindestens einem Bahnabschnitt (39) einer Mattenbahn (9), wobei eine ungefaltete Mattenbahn (9) in Arbeits- oder Vorschubrichtung zu Laser- oder Ultraschall-Schweißeinheiten (11) vorgeschoben wird und mindestens eine die Lagen mindestens eines Bahnabschnittes (39) der Mattenbahn (9) miteinander versiegelnde Schweißbahn (13, 15, 41) gebildet wird, wobei anschließend mindestens ein Schnitt (19, 37) entlang der mindestens einen Schweißbahn (13, 15, 41) derart durchgeführt wird, dass der mindestens eine Bahnabschnitt (39) unter Bildung mindestens eines versiegelten Randbereichs (43) durchschnitten wird, dadurch gekennzeichnet, dass:

- außenliegende oder randseitige Schweißeinheiten (11) eine entlang der Längsränder der Mattenbahn (9) verlaufende Schweißbahn (13) bilden,

- die Mattenbahn (9) mit den so gebildeten Schweißbahnen (13, 15) zu einem Längsschneider (17) vorgeschoben wird, der in den Schweißbahnen (13, 15) jeweils einen Schnitt (19) ausführt, der die Mattenbahn (9) in Teilbahnen (21) mit versiegelten Längsrändern (23) aufteilt,

- die Teilbahnen (21) zu einer Faltmaschine (25) gelangen und dort plissiert werden, und

- in einem Schweiß- und Schnittvorgang eine Querschweißbahn(41) in gleicher Weise wie die Schweißbahnen (13, 15) gebildet und ein zur Vorschubrichtung senkrecht verlaufender Auftrennschnitt (37) durchgeführt wird, der innerhalb der Querschweißbahn (41) mittig gebildet wird und die Teilbahnen (21) in abgeteilte Bahnabschnitte (39) auftrennt, die nicht nur an den Längsrändern (23), sondern auch an den Querrändern versiegelte Schweißschenkel (43) aufweisen."

VII. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Anspruch 1 umfasse die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1, sowie die wesentlichen Merkmale der auf Seite 10 beschriebenen Ausführungsform.

Es werde die Auffassung der angefochtenen Entscheidung geteilt, dass D1 nächstliegender Stand der Technik sei. Es stelle sich die technische Aufgabe, in einfacher und schneller Weise gebrauchsfertige, problemlos handhabbare und weiter verarbeitbare und gefaltete Bahnabschnitte für eine hohen Anforderungen genügende Filtermatte bereitzustellen. Insbesondere, da die D1 gattungsfremd sei und der Fachmann eine Kombination mit der D11 nicht in Erwägung ziehen würde, sei der Gegenstand von Anspruch 1 nicht nahegelegt.

Es bestehe zudem eine synergetische Wirkung zwischen der Versiegelung der Längsränder und der Plissierung der Bahn, da die Versiegelung ein Verschieben der Lagen gegeneinander verhindere.

VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Europäisches Patent auf der Basis der folgenden Anmeldeunterlagen zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 5 des Hauptantrages, eingegangen am 22. Juni 2020 per Fax datiert vom 22. Juni 2020

- Beschreibung

- Seiten 1 bis 5 und 8 bis 15 eingegangen am 22. Juni 2020 per Fax datiert vom 22. Juni 2020

- Seite 6 eingegangen am 29. Juni 2020 per Fax datiert vom 29. Juni 2020

- Seite 7 eingegangen am 7. Juli 2020 per Fax datiert vom 7. Juli 2020

- Zeichnungen, Seiten 1/6 bis 6/6 wie ursprünglich eingereicht

Hilfsweise beantragt sie die Erteilung eines Europäischen Patents auf der Basis:

- des mit Schreiben vom 9. Juni 2017 eingereichten ersten Hilfsantrags oder

- des mit der Beschwerdebegründung eingereichten zweiten Hilfsantrags.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Änderungen

1.1 Anspruch 1 basiert auf Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht in Kombination mit den wesentlichen Merkmalen der Ausführungsform gemäß Figur 2 (siehe Seite 10, Zeile 7 bis Seite 11, Zeile 15 der ursprünglichen Beschreibung) und der allgemeinen Lehre auf Seite 1, zweiter Absatz der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht.

Insbesondere basieren:

- die außen/randseitigen Schweißeinheiten (11), die eine entlang der Längsränder der Mattbahn (9) verlaufende Schweißbahn (13) bilden, auf Seite 10, Zeile 12,

- der Längsschneider (17) zum Aufteilen in Teilbahnen mit versiegelten Längsrändern auf Seite 10, Zeilen 16 bis 22,

- die Faltmaschine zum Plissieren auf Seite 10, Zeile 23,

- das Bilden der Querschweißbahn und der darin erfolgende Auftrennschnitt auf Seite 10, Zeile 30 bis Seite 11, Seite 4 und

- die Tatsache, dass die Filtermatte Fasermaterial aufweist, auf Seite 11, Zeile 11 der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht.

1.2 Der abhängige Anspruch 2 basiert auf Seite 10, Zeilen 15 bis 22 wie ursprünglich eingereicht, und die abhängigen Ansprüche 3 bis 5 auf den Ansprüchen 14 bis 16 wie ursprünglich eingereicht.

1.3 Die in der mit Fax vom 22. Juni 2020, 29. Juni 2020 und 7. Juli 2020 vorgenommenen Änderungen der Beschreibung reflektieren die Änderungen in den Ansprüchen.

1.4 Daher erfüllen die Anmeldeunterlagen des Hauptantrages die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.

2. Klarheit

Durch die in den Ansprüchen vorgenommenen Änderungen sind die in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Klarheitseinwände ausgeräumt.

Die mit Fax vom 22. Juni 2020, 29. Juni 2020 und 7. Juli 2020 eingereichte Beschreibung ist zudem an die Ansprüche angepasst.

Schließlich identifiziert die Kammer keine neuen Klarheitsprobleme. Die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ sind daher erfüllt.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Die vorliegende Anmeldung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer mehrlagigen Filtermatte, die für die Filtration von Hydrauliköl oder Lösungen jedweder Art geeignet ist.

3.2 Die D1 kann als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden und offenbart ein Verfahren zur Herstellung von mehrlagigen gewebeartigen Produkten (wie beispielsweise Teebeuteln), welche Fasern aufweisen können (Abschnitte [0001], [0002] und [0075]).

Solche mehrlagigen gewebeartigen Produkte für die in den Abschnitten [0002] und [0075] von D1 genannten Anwendungen sind auch für die Filtration von "Lösungen jedweder Art" geeignet.

In D1 wird quer zur Längsrichtung der Mattenbahn (Figur 1 (3)) eine Schweißbahn gebildet und anschließend ein Bahnabschnitt in einem senkrechten Auftrennschnitt, möglicherweise durch Schneiden, in zwei Bahnabschnitte aufgetrennt (Figur 1 (6, 7, 9), Abschnitte [0048] bis [0050] und [0071]).

3.3 Laut Anmeldung ist die zu lösende Aufgabe das Bereitstellen eines Herstellungsverfahrens von mehrlagigen Filtermatten mit verbesserter Handhabung und Bauteilsauberkeit, und insbesondere unter Vermeidung des Austrages oder der Migration von Fasern

(Seite 3, Zeilen 1 bis 8, sowie Seite 5, Zeilen 23 bis 27 und Seite 5, Zeile 29 bis Seite 6 Zeile 2 der angepassten Beschreibung).

3.4 Es wird vorgeschlagen, diese Aufgabe durch das Verfahren nach Anspruch 1 zu lösen, charakterisiert durch:

- die zusätzliche Versiegelung an den Längsrändern und

- eine Plissierung zwischen dem Versiegeln und Schneiden der Längsränder einerseits und dem Versiegeln und Schneiden der Querränder andererseits.

3.5 Es wird erachtet, dass diese Aufgabe erfolgreich gelöst wird.

Es ist in der Tat plausibel, dass durch die zusätzliche Versiegelung der Längsränder die Bauteilsauberkeit (Seite 2, Zeile 26 der angepassten Beschreibung) und die Weiterbearbeitbarkeit verbessert werden und dass das Risiko der Vereinzelung von Lagen minimiert wird (Seite 5, Zeile 26). Dies führt in der Tat zu einer verbesserten Handhabung. Zudem wird das Risiko von Austrag oder Migration von Fasern verringert.

3.6 Naheliegen

In der D1 selber gibt es keinen Hinweis, dass eine Versiegelung sowohl der Längs- als auch der Querränder die Migration und den Austrag von Fasern verhindern kann.

Auch im verbleibenden Stand der Technik findet sich kein solcher Hinweis:

- Zwar wird in der D2 (Figuren 1 bis 4, Spalte 6, Zeilen 20 bis 29) eine Versiegelung an den Längs- und Querkanten an sich offenbart, aber die D2 liefert keinen Hinweis darauf, dass diese Versiegelung die Migration und den Austrag von Fasern verhindert.

Vielmehr bewirkt die Versiegelung dort eine verbesserte Abdichtung gegen Bypass-Strömungen (Spalte 1, Zeilen 32 bis 37)

- Die D11 scheint zum Zweck der Verhinderung von Fasermigration und Faseraustrag nicht eine Versiegelung der Längsränder nahezulegen, sondern die Zugabe eines Binders, siehe Seite 7, letzter Absatz, Seite 9 letzter Absatz oder Seite 18, ebenfalls letzter Absatz.

Zudem kann die von der Beschwerdeführerin angeführte synergetische Wirkung zwischen der Versiegelung der Längsränder und der Plissierung anerkannt werden: In der Tat wird durch die Versiegelung der Längsränder zusätzlich zur Verhinderung eines Faseraustrags auch ein Verschieben der Lagen des Bahnabschnitts gegeneinander während des Plissierens vermieden.

Daher ist der Gegenstand von Anspruch 1 erfinderisch (Artikel 56 EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der Fall wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, ein Europäisches Patent auf der Basis des Hauptantrages zu erteilen:

- Ansprüche 1 bis 5, eingegangen am 22. Juni 2020 per Fax datiert vom 22. Juni 2020

- Beschreibung

- Seiten 1 bis 5 und 8 bis 15 eingegangen am 22. Juni 2020 per Fax datiert vom 22. Juni 2020

- Seite 6 eingegangen am 29. Juni 2020 per Fax datiert vom 29. Juni 2020

- Seite 7 eingegangen am 7. Juli 2020 per Fax datiert vom 7. Juli 2020

- Zeichnungen, Seiten 1/6 bis 6/6 wie ursprünglich eingereicht

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