European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T010518.20220427 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 27 April 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0105/18 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08102322.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16B 25/00 F16B 35/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Spanlos gewindeformende Schraube | ||||||||
Name des Anmelders: | HILTI Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SFS Group International AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit des Einspruchs - ausreichende Substantiierung (ja) Grundlage des Verfahrens - angefochtene Entscheidung Einspruchsgründe - Ermessen der Einspruchsabteilung Hauptantrag, 3. bis 6. Hilfsantrag: Änderungen - zulässig (nein) 1. Hilfsantrag: Neuheit (nein) 2. Hilfsantrag: Patentansprüche - Klarheit (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, das Streitpatent zu widerrufen.
II. Die Einspruchsabteilung hatte unter anderem entschieden, dass
1) der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe,
2) der Gegenstand der Ansprüche in der im Einspruchsverfahren geänderten Fassung gemäß dem 1. und 2. Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, und
3) der Gegenstand des Streitpatents in der im Einspruchsverfahren geänderten Fassung gemäß dem 3. bis 6. Hilfsantrag über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe.
III. Es fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs als unzulässig oder unbegründet - das heißt die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag) - oder die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des 1. bis 6. Hilfsantrags, eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 2. März 2018.
Weiter beantragte sie, den Einspruchsgrund der unzulässigen Erweiterung als unzulässig zu verwerfen.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt (Merkmalsgliederung in eckigen Klammern hinzugefügt):
[a] Spanlos gewindeformende Schraube (10) mit einem wenigstens bereichsweise ein Gewinde (15) tragenden Schaft (11),
[b] an dessen einem Ende ein eine Spitze aufweisender Spitzenbereich (13)
[c] und an dessen gegenüberliegendem anderen Ende ein Kopf (14) angeordnet ist,
[d] und mit wenigstens einem konischen Abschnitt (21), der sich von dem Spitzenbereich (13) ausgehend in Richtung des Kopfes (14) erstreckt,
[e] und mit einem zylindrischen Abschnitt (25), der zwischen dem konischen Abschnitt (21) und dem Kopf (14) angeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet,
[f] dass der Spitzenbereich (13) wo er sich an den konischen Abschnitt anschliesst einen Durchmesser (Dt) zwischen 0,25 und 0,35 mm aufweist,
[g] dass der sich an den Spitzenbereich (13) anschliessende konische Abschnitt (21) bezogen auf den Gewindegrund (22) einen Spitzenwinkel (alpha) zwischen 20° und 30° aufweist und
[h] dass ein dem Kopf (14) abgewandter Anfangspunkt (23) des Gewindes (15) einen Abstand (Lt) von 0 bis 0,3 mm zur Spitze aufweist.
Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags unterscheidet sich von dem des Hauptantrags im Wesentlichen durch Änderung des Begriffs "Spitzenbereich" in "Spitze". Er lautet wie folgt (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):
[a] Spanlos gewindeformende Schraube (10) mit einem wenigstens bereichsweise ein Gewinde (15) tragenden Schaft (11),
[b-Aux1] an dessen einem Ende eine Spitze (13)
[c] und an dessen gegenüberliegendem anderen Ende ein Kopf (14) angeordnet ist,
[d-Aux1] und mit wenigstens einem konischen Abschnitt (21), der sich von der Spitze (13) ausgehend in Richtung des Kopfes (14) erstreckt,
[e] und mit einem zylindrischen Abschnitt (25), der zwischen dem konischen Abschnitt (21) und dem Kopf (14) angeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet,
[f-Aux1] dass die Spitze (13), dort wo sie sich an den konischen Abschnitt anschliesst, einen Durchmesser (Dt) zwischen 0,25 und 0,35 mm aufweist,
[g-Aux1] dass der sich an die Spitze (13) anschliessende konische Abschnitt (21) bezogen auf den Gewindegrund (22) einen Spitzenwinkel (alpha) zwischen 20° und 30° aufweist und
[h-Aux1] dass ein dem Kopf (14) abgewandter Anfangspunkt (23) des Gewindes (15) einen Abstand (Lt) von 0 bis 0,3 mm zu einem äussersten Punkt der Spitze aufweist.
Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags unterscheidet sich von dem des 1. Hilfsantrags im Wesentlichen durch das geänderte Merkmal [a-Aux2] (Änderungen gegenüber dem 1. Hilfsantrag hervorgehoben):
[a-Aux2] Spanlos gewindeformende Schraube (10) zur spanlosen Durchdringung von Stapeln von wenigstens zwei übereinander liegenden Metallblechen mit einer Gesamtdicke von wenigstens 2 mm, mit einem wenigstens bereichsweise ein Gewinde (15) tragenden Schaft.
Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags unterscheidet sich von dem des 1. Hilfsantrags im Wesentlichen durch das geänderte Merkmal (Änderungen gegenüber dem 1. Hilfsantrag hervorgehoben), wonach
[b-Aux3] an dessen einem Ende eine nicht punktförmige Spitze (13) angeordnet ist.
Der 4. Hilfsantrag ist eine Kombination des 2. und 3. Hilfsantrags.
Anspruch 1 des 5. Hilfsantrags unterscheidet sich von dem des 1. Hilfsantrags im Wesentlichen durch das geänderte Merkmal [b-Aux5] (Änderungen gegenüber dem 1. Hilfsantrag hervorgehoben), wonach
[b-Aux5] an dessen einem Ende eine abgerundete Spitze (13) angeordnet ist.
Der 6. Hilfsantrag ist eine Kombination des 2. und 5. Hilfsantrags.
VI. In der vorliegenden Entscheidung wird auf folgende Entgegenhaltungen Bezug genommen:
D1: Prospekt WOODGRIP DRILL SCREWS von CFI aus 1987
D2: Preisliste 2003 von SFS intec/Weather Gard
D3: Preisliste 14. März 2005 von SFS intec/Weather Gard
D7: US 3,942,405
E1: Eidesstattliche Versicherung von Dan Scheerer
E6: NTB Prüfschein Nr. 103124
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit für die Entscheidung relevant, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Zulässigkeit des Einspruchs
Der Einspruch sei nicht zulässig, da die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung nicht ausreichend substantiiert worden sei.
Verspäteter Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ
Die Einspruchsabteilung hätte den verspäteten Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ als unzulässig zurückweisen müssen, da er erst spät während der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wurde.
Hauptantrag - Änderungen
Die Änderung von "Spitze" in "Spitzenbereich" stelle keine inhaltliche Änderung dar, sodass sie unter Artikel 123 (2) EPÜ zulässig sei.
1. Hilfsantrag - Neuheit
Die D7 offenbare keine spanlos gewindeformende Schraube gemäß Merkmal [a], die eine Spitze gemäß Merkmal [f-Aux1] aufweist. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher neu gegenüber der Offenbarung der D7.
2. Hilfsantrag - Klarheit
Das in den Anspruch 1 aufgenommene Merkmal definiere eine Eignung der beanspruchten Schraube und sei daher klar im Sinne des Artikels 84 EPÜ.
3. und 4. Hilfsantrag - Änderungen
Die ursprünglich eingereichte Anmeldung beschreibe eine punktförmige Spitze als nachteilig, weshalb die Einschränkung des Anspruchs auf eine "nicht punktförmige" Spitze einen offenbarten Disclaimer darstelle und unter Artikel 123 (2) EPÜ zulässig sei.
5. und 6. Hilfsantrag - Änderungen
Den Figuren 1 und 2 der ursprünglich eingereichten Anmeldung könne unmittelbar und eindeutig entnommen werden, dass es sich bei der Schraubenspitze um eine "abgerundete" Spitze handelt. Die Änderungen im 5. und 6. Hilfsantrag erfüllten daher die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, soweit für die Entscheidung relevant, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Zulässigkeit des Einspruchs
Der Einspruch sei zulässig, da die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung ausreichend substantiiert worden sei.
Verspäteter Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ
Die Zulassung des verspäteten Einspruchsgrunds unter Artikel 100 c) EPÜ durch die Einspruchsabteilung sei rechtsfehlerfrei gewesen.
Hauptantrag - Änderungen
Die Schraube gemäß dem geänderten Anspruch 1 umfasse zusätzlich zu einer "Spitze" einen nicht ursprünglich offenbarten "Spitzenbereich". Die Änderung des Anspruchs 1 verstoße daher gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
1. Hilfsantrag - Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 werde neuheitsschädlich durch die Offenbarung der D7 vorweggenommen.
2. Hilfsantrag - Klarheit
Das in den Anspruch 1 aufgenommene Merkmal sei aufgrund eines Fremdbezugs auf nicht im Anspruch enthaltene "Metallbleche" unklar im Sinne des Artikels 84 EPÜ.
3. bis 6. Hilfsantrag - Änderungen
Die ursprünglich eingereichte Anmeldung enthalte keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung für eine "nicht punktförmige" oder "abgerundete" Spitze. Die Änderungen im 3. bis 6. Hilfsantrag verletzten daher Artikel 123 (2) EPÜ.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit des Einspruchs
1.1 Der Einspruch war ursprünglich nur darauf gestützt, dass der im Streitpatent beanspruchte Gegenstand offenkundig vorbenutzt worden sei. Die Beschwerdeführerin machte diesbezüglich geltend, dass die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel unvollständig seien, weshalb der Einspruch unzulässig sei.
1.2 Eine behauptete offenkundige Vorbenutzung entspricht dem dritten Erfordernis der Regel 76 (2) c) EPÜ nur, wenn sie ausreichend substantiiert ist. Gemäß der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern sind die Voraussetzungen der Regel 76 (2) c) EPÜ bei einem auf eine offenkundige Vorbenutzung gestützten Einspruchsgrund erfüllt, wenn anhand der innerhalb der Einspruchsfrist in der Einspruchsschrift angegebenen Tatsachen Folgendes ermittelt werden kann:
- der Zeitpunkt der Vorbenutzung ("wann") zur Feststellung der Vorzeitigkeit der Benutzung,
- der Gegenstand der Vorbenutzung ("was") zur Prüfung ihrer Relevanz sowie
- die Umstände der Vorbenutzung ("wie") zur Bestätigung ihrer öffentlichen Zugänglichkeit.
1.3 Es ist zu unterscheiden zwischen der Prüfung des Einspruchs auf Zulässigkeit und der Prüfung auf materiellrechtliche Begründetheit, d. h., ob wenigstens ein Einspruchsgrund nach Artikel 100 EPÜ der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegensteht. Die Angaben zum "Wann", "Was" und "Wie" der Vorbenutzung sind grundsätzlich ausreichend, damit der Patentinhaber und die Einspruchsabteilung das Vorbringen des Einsprechenden verstehen können. Diese Angaben sind daher für die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzung der Regel 76 (2) c) EPÜ ausreichend. Die Beweisführung, also ob die behaupteten Tatsachen hinreichend bewiesen sind bzw. im Laufe des Einspruchs-verfahrens mit Hilfe nachgereichter Beweismittel hinreichend bewiesen werden, ist hingegen ein Aspekt der materiellrechtlichen Begründetheit. Der Nachweis, dass die angebliche Vorbenutzung tatsächlich öffentlich war, ist daher für die Zulässigkeit des Einspruchs unerheblich, kann jedoch unter Umständen für die Beurteilung der materiellrechtlichen Begründetheit des Einspruchs von Bedeutung sein.
1.4 Die innerhalb der Einspruchsfrist angegebenen Tatsachen betreffend die offenkundige Vorbenutzung A1072-CDF (siehe D1 bis D3 und E1) lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1.4.1 "Was"
Verkauft wurden die durch die Dokumente D1 bis D3 gezeigten Schrauben (Einspruchsschriftsatz, Seite 2, dritter Absatz), und insbesondere Schrauben des Typs A1072-CDF (Einspruchsschriftsatz, Seite 4, letzter Absatz; E1, vorletzter und letzter Absatz; D1, Seite 2, erster Absatz; D2, Seite 2, obere Tabelle; D3, Seite 7, obere Tabelle).
1.4.2 "Wann"
Die Verkäufe der Schrauben des Typs A1072-CDF fanden seit dem in D1 bis D3 angegebenen Datum statt (Einspruchsschriftsatz, Seite 2, dritter Absatz), also seit dem 14. März 2005 (D3, Seite 1, dritte Zeile: "Effective March 14, 2005") bzw. 1. April 2003 (D2, Seite 4, zweite Zeile: "Effective April 1, 2003").
Sie erfolgten insbesondere ab dem 24. März 2005 (Einspruchsschriftsatz, Seite 4, vorletzter und letzter Absatz; E1, vorletzter und letzter Absatz).
1.4.3 "Wie"
Die in den Dokumenten D1 bis D3 gezeigten Schrauben, und insbesondere die Schrauben des Typs A1072-CDF, wurden millionenfach verkauft, insbesondere in den USA und in der Schweiz (Einspruchsschriftsatz, Seite 2, dritter Absatz; Seite 4, vorletzter Absatz; E1, letzter Absatz).
1.5 Bezüglich des "Wie" beanstandete die Beschwerdeführerin mit Verweis auf die Entscheidung T 241/99, dass die Angabe "millionenfach hergestellt und verkauft" vage sei und keine Information darüber enthalte, an wen konkret verkauft wurde.
Die Angabe "millionenfach hergestellt und verkauft" ist nach Auffassung der Kammer dahingehend zu verstehen, dass es sich um ein Massenprodukt handelt und folglich der Käuferkreis groß und unspezifisch ist. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung T 241/99 behandelt demgegenüber einen Fall, bei dem es sich ausdrücklich nicht um Massenware handelt (siehe dort Punkt 4.2 der Gründe).
Die Angabe "millionenfach hergestellt und verkauft" ist im vorliegenden Fall ausreichend, um die Zulässigkeit des Einspruchs in Bezug auf das "Wie" der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung zu begründen.
1.6 Ferner bemängelte die Beschwerdeführerin eine Lücke in der Beweiskette hinsichtlich der Frage, ob die in der E2 dargestellten Schrauben tatsächlich diejenigen waren, die durch die Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs gemäß der E6 vermessen worden sind.
Dieser Einwand betrifft nicht den Tatsachenvortrag, sondern die Beweisführung. Anhand der in der Einspruchsfrist angegebenen Tatsachen war es für die Patentinhaberin und die Einspruchsabteilung möglich nachzuvollziehen, "was" verkauft worden ist, nämlich die in der E2 dargestellten Schrauben mit den in der E6 angegebenen Abmessungen. Offen blieb zu diesem Zeitpunkt lediglich die Frage, ob es der Einsprechenden gelingen würde, diesen Tatsachenvortrag lückenlos zu beweisen. Dies ist jedoch für die Beurteilung der Zulässigkeit des Einspruchs unerheblich, da es sich hierbei um eine Frage dessen materiellrechtlicher Begründetheit handelt (siehe Punkte 1.2 und 1.3 oben).
1.7 Der Einspruch erfüllt daher die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Regel 76 (2) c) EPÜ.
2. Verspäteter Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ
2.1 Die Zulassung des verspäteten Einspruchsgrunds unter Artikel 100 c) EPÜ lag im Ermessen der Einspruchsabteilung gemäß Artikel 114 (1) EPÜ (G 10/91, Leitsatz 2).
2.2 Der auf diesen Einspruchsgrund gestützte Einwand unter Artikel 123 (2) EPÜ gegen Anspruch 1 des Hauptantrags ist Teil der angefochtenen Entscheidung (siehe dort die Punkte 4 und 5.2) und liegt damit auch dem Beschwerdeverfahren zugrunde (Artikel 12 (1) a) VOBK 2020).
2.3 Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin keine fehlerhafte Ermessensausübung seitens der Einspruchsabteilung dargelegt. Die Kammer kann auch keinen Ermessensfehler erkennen. Der verspätete Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ wurde von der Einspruchsabteilung als Reaktion der Einsprechenden auf eine Eingabe der Patentinhaberin gewertet (angefochtene Entscheidung, Punkt 4, zweiter Satz). Er schien nach Überzeugung der Einspruchsabteilung - nicht nur prima facie - der Aufrechterhaltung des Streitpatents entgegenzustehen (angefochtene Entscheidung, Punkt 4, vorletzter Satz). Deshalb wurde er in das Verfahren zugelassen (angefochtene Entscheidung, Punkt 4, letzter Satz).
2.4 Dem Antrag der Beschwerdeführerin, den Einspruchsgrund unter Artikel 100 c) EPÜ (nachträglich) als unzulässig zu verwerfen, kann daher nicht stattgegeben werden.
3. Hauptantrag - Änderungen
3.1 In der angefochtenen Entscheidung wurde festgestellt, dass die während des Prüfungsverfahrens vorgenommene Änderung in Anspruch 1 betreffend den "Spitzenbereich" gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoße. Während in den ursprünglich eingereichten Unterlagen der konische Abschnitt an der Spitze ende, erstrecke er sich nach der Änderung bis zu einem Spitzenbereich, und dieser Spitzenbereich erstrecke sich bis zur Spitze (angefochtene Entscheidung, Punkt 5.2).
3.2 Die Beschwerdeführerin führte hierzu aus, dass ein Fachmann unter einer "Spitze" gemäß der ursprünglichen Offenbarung ein dreidimensionales Gebilde verstehe, weshalb die Änderung von "Spitze" in "Spitzenbereich" keine inhaltliche Änderung darstelle. Der geänderte Anspruch 1 umfasse dementsprechend keine geometrischen Ausgestaltungsmöglichkeiten, die nicht bereits vom ursprünglichen Anspruch 1 umfasst gewesen seien.
3.3 Der in den Anspruch eingefügte "Spitzenbereich" schließt sich an den konischen Abschnitt an (Merkmale [f] und [g]) und weist eine Spitze auf (Merkmale [b] und [h]). Er ist nicht näher definiert und kann daher von beliebiger Form sein. Vom geänderten Anspruchs-wortlaut umfasst sind damit auch Schrauben, bei denen sich zwischen dem Ende des konischen Abschnitts und der Spitze beispielsweise ein längerer zylindrischer Bereich voder gar eine erneute Verbreiterung befinden.
3.4 Demgegenüber offenbart der ursprüngliche Anspruch 1 in den diesbezüglich relevanten Merkmalen eine spanlos gewindeformende Schraube (Hervorhebung hinzugefügt)
[d'] mit wenigstens einem spitzkonischen Abschnitt (21), der sich von der Spitze (13) ausgehend in Richtung des Kopfes (14) erstreckt, wobei
[g'] der sich an die Spitze (13) anschließende spitzkonische Abschnitt (21) bezogen auf den Gewindegrund (22) einen Spitzenwinkel (alpha) zwischen 20° und 30° aufweist.
Die ursprünglich offenbarte Schraube umfasst folglich keinen derartigen "Spitzenbereich" zwischen dem Ende des konischen Abschnitts und der Spitze. Stattdessen erstreckt sich gemäß der ursprünglichen Offenbarung der konische Abschnitt unmittelbar von der Spitze ausgehend bzw. an die Spitze anschließend in Richtung des Kopfes.
3.5 Was die Form der Spitze selbst angeht, so ist auch diese in der ursprünglichen Offenbarung nicht definiert. Der Begriff "Spitze" schließt jedoch aus, dass es sich hierbei um ein dreidimensionales Gebilde handelt, welches sich ausgehend vom Schaft der Schraube verbreitert, denn dies wäre das genaue Gegenteil des fachmännischen Verständnisses von "Spitze".
3.6 Die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung enthält also keine Offenbarung dafür, dass sich zwischen dem Ende des konischen Abschnitts und der Spitze ein "Spitzenbereich", beispielsweise in Form einer erneuten Verbreiterung, befindet.
3.7 Die im Prüfungsverfahren gemachten Änderungen in Anspruch 1 des Hauptantrags verstoßen folglich gegen Artikel 123 (2) EPÜ. Damit steht der Einspruchsgrund des Artikels 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Streitpatents wie erteilt entgegen.
4. 1. Hilfsantrag - Neuheit
4.1 Die Entgegenhaltung D7 offenbart unstreitig eine (Bezugnahmen in runden Klammern beziehen sich auf D7)
[a-1/2] gewindeformende Schraube (Spalte 1, Zeile 65 bis Spalte 2, Zeile 2; Figur 1) mit einem wenigstens bereichsweise ein Gewinde (Spalte 2, Zeilen 30 bis 38; Figur 1: "first thread" 9) tragenden Schaft ("shank" 2),
[b-Aux1] an dessen einem Ende eine Spitze ("sharp point" 8)
[c] und an dessen gegenüberliegendem anderen Ende ein Kopf ("head" 6) angeordnet ist,
[d-Aux1] und mit wenigstens einem konischen Abschnitt (Spalte 2, Zeilen 63 bis 64: "tapered section" 7; "conical in shape"), der sich von der Spitze (8) ausgehend in Richtung des Kopfes (6) erstreckt,
[e] und mit einem zylindrischen Abschnitt (Spalte 2, Zeilen 30 bis 33: "body portion 3 which has a uniform minor diameter 4"), der zwischen dem konischen Abschnitt (7) und dem Kopf (6) angeordnet ist, wobei
[h-Aux1] ein dem Kopf (6) abgewandter Anfangspunkt ("termination point" 11) des Gewindes (9) einen Abstand (Lt) von 0 bis 0,3 mm zu einem äußersten Punkt der Spitze aufweist (Spalte 2, Zeilen 67 und 68).
4.2 Die D7 offenbart ferner unstreitig, dass
[g-Aux1] der sich an die Spitze (8) anschließende konische Abschnitt (7) bezogen auf den Gewindegrund einen Spitzenwinkel (alpha) zwischen 20° und 30° aufweist.
In Spalte 4, Zeilen 48 bis 63 offenbart die D7 eine Ausführungsform einer Schraube mit einem Kerndurchmesser 4 von 2,44 bis 2,59 mm (0,096 bis 0,102 Zoll) und einer Länge des konischen Abschnitts 7 von 6,10 mm (0,24 Zoll). Hieraus ergibt sich gemäß den Berechnungen der Beschwerdegegnerin ein Wert zwischen 23,994° und 22,62° für den kernbezogenen Spitzenwinkel.
4.3 Bezüglich des Merkmals [f-Aux1] machte die Beschwerdeführerin geltend, die D7 offenbare keine Schraube mit einem konischen Abschnitt und einer Spitze, welche dort, wo sie sich an den konischen Abschnitt anschließt, einen Durchmesser Dt zwischen 0,25 und 0,35 mm aufweist. Der Anspruch schließe eine Ausgestaltung aus, bei welcher die Spitze Teil des konischen Abschnitts oder einfach nur eine Fortsetzung des konischen Abschnitts ist. Stattdessen schließe sich die Spitze an den konischen Abschnitt an und umfasse den Bereich von dem Durchmesser Dt bis zu dem äußersten Punkt der Spitze. Die Beschwerdeführerin argumentierte weiter, eine solche Auslegung, wonach die Spitze faktisch eine Fortsetzung des konischen Abschnitts ist, wäre unzutreffend, da beispielsweise das Merkmal [f-Aux1] dann sinnlos wäre.
4.4 In der Tat unterscheidet der Anspruch zwischen dem konischen Abschnitt einerseits und der Spitze andererseits. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um zwei separate Bauteile, sondern um jeweilige Abschnitte ein und derselben Schraube. Der Anspruch definiert dabei nicht, welche Form die Spitze aufweist. Diese kann somit ebenfalls konisch sein, wie von beiden Parteien ausgeführt.
Ferner macht der Anspruch keine Angaben zu den Abmessungen der Spitze in Richtung längs der Schraubenachse, also zum Abstand zwischen dem Bereich, wo sich die Spitze an den konischen Abschnitt anschließt bis zum äußersten Punkt der Spitze. Der Anspruch schließt daher Ausgestaltungen ein, bei denen die Spitze auch denselben Konuswinkel aufweist wie der konische Abschnitt.
Anders als von der Beschwerdeführerin vorgetragen, ist ferner das Merkmal [f-Aux1] - auch bei dieser Auslegung - nicht sinnlos. Es lässt zwar offen, wie die Spitze geformt ist, legt aber fest, welchen Durchmesser die Spitze dort haben soll, wo sie in den konischen Abschnitt übergeht. Es ist gerade dieses Merkmal, das definiert, wo überhaupt die Spitze anfängt.
4.5 Bei dem Ausführungsbeispiel der Spalte 4, Zeilen 48 bis 63, der D7 verjüngt sich die Schraube ausgehend von einem Kerndurchmesser von 2,44 bis 2,59 mm (0,096 bis 0,102 Zoll) konisch zu einer sehr scharfen konischen Spitze (D7, Spalte 1, Zeilen 54 bis 56: "very sharp conical point"). Letzteres offenbart unmittelbar und eindeutig eine Spitze, die an ihrem äußersten Punkt einen Durchmesser von weniger als 0,35 mm, was dem oberen Wert des in Merkmal [f-Aux1] angegebenen Bereichs entspricht, aufweist. Definiert man entsprechend der Auslegung unter Punkt 4.4 den Bereich zwischen dem zylindrischen Abschnitt der Schraube und der Stelle, wo der Konus einen Kerndurchmesser von 0,35 mm aufweist, als den "konischen Abschnitt", und den sich daran anschließenden Bereich bis zur scharfen konischen Spitze als die "Spitze", so offenbart die D7 auch das Merkmal, wonach
[f-Aux1] die Spitze, dort wo sie sich an den konischen Abschnitt anschließt, einen Durchmesser (Dt) zwischen 0,25 und 0,35 mm aufweist.
4.6 Die Beschwerdeführerin bestritt ferner, dass es sich bei der in D7 offenbarten Schraube um eine spanlos gewindeformende Schraube handelt (Merkmal [a-2/2]).
Das Merkmal "spanlos" gewindeformend ist ein funktionelles Merkmal, das der Fachmann dahingehend versteht, dass entsprechende Schrauben beim Einschrauben keine Späne erzeugen. Diese Eigenschaft entspricht der Aufgabenstellung des Streitpatents (Absatz [0006]). Sie wird gemäß Absatz [0007] des Streitpatents den Schrauben zugeschrieben, die über die anspruchsgemäße Spitzengeometrie verfügen (Hervorhebung hinzugefügt):
"Durch die erfindungsgemäße Spitzengeometrie kann eine gewindeformende Schraube Bleche und Blechstapel mit einer Gesamtdicke von bis zu ca. 3,1 mm (Stahlblech) spanlos penetrieren."
Bei "spanlos gewindeformend" handelt es sich vorliegend also um eine inhärente Eigenschaft einer Schraube mit der anspruchsgemäßen Spitzengeometrie.
4.7 Daraus, dass die Schraube der D7 die anspruchsgemäße Spitzengeometrie aufweist (siehe Punkt 4.5 oben), folgt, dass die Schraube der D7 ebenfalls "spanlos gewindeformend" im Sinne des Streitpatents sein muss (Merkmal [a-2/2]).
4.8 Die Beschwerdeführerin argumentierte weiter, dass zwischen Gewindefurchen und Gewindeschneiden zu unterscheiden sei. Im Gegensatz zum Gewindefurchen entstünden beim Gewindeschneiden Späne. Da die D7 eine gewindeschneidende Schraube beschreibe (D7, Spalte 3, Zeilen 3 und 25; Spalte 4, Zeile 13: "cut into the metal"), könne der Fachmann dem Dokument keine spanlos gewindeformende Schraube entnehmen.
Die von der Beschwerdeführerin getroffene Unterscheidung zwischen Gewindefurchen und Gewindeschneiden findet sich nicht in der D7. Daher lässt der in der D7 verwendete Begriff "Schneiden" ("cut") nicht zwangsläufig darauf schließen, dass dadurch - in Abgrenzung zu Furchen - Späne gebildet werden. Stattdessen schweigt sich die D7 darüber aus, ob beim Eindrehen der Schraube in das Metall Späne gebildet werden, sodass es bei obiger Feststellung bleibt, dass eine Schraube mit der im Streitpatent beanspruchten Spitzengeometrie spanlos gewindeformend sein muss (siehe Punkt 4.7 oben).
4.9 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 1. Hilfsantrags ist daher nicht neu gegenüber der Offenbarung der D7.
5. 2. Hilfsantrag - Klarheit
5.1 Das geänderte Merkmal [a-Aux2] in Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags definiert die beanspruchte Schraube über deren Eignung "zur spanlosen Durchdringung von Stapeln von wenigstens zwei übereinander liegenden Metallblechen mit einer Gesamtdicke von wenigstens 2 mm".
5.2 Ob dieses Ergebnis erreicht wird, hängt maßgeblich von der Wahl der zu durchdringenden Metallbleche ab. Hochfeste Stahlbleche werden diesbezüglich andere Anforderungen an die strukturelle Beschaffenheit der Schraube stellen als beispielsweise weiche Bleibleche. Da die Metallbleche nicht Teil der beanspruchten Erfindung sind, handelt es sich bei dem Anspruchsmerkmal um einen Fremdbezug, der nicht geeignet ist, den beanspruchten Gegenstand deutlich anzugeben.
5.3 Die Beschwerdeführerin führte hierzu aus, dass der Fachmann unter "Metallblechen" üblicherweise Stahlbleche verstehe.
Der Begriff "Stahlbleche" befindet sich nicht im Anspruch, sodass die beanspruchte Eignung nicht hierauf beschränkt ist. Doch selbst wenn man dem Argument der Beschwerdeführerin folgen und unter Metallblechen Stahlbleche verstehen wollte, so wäre dies immer noch nicht geeignet, den beanspruchten Gegenstand deutlich anzugeben, denn auch Stahlbleche existieren in unterschiedlichen Beschaffenheiten, insbesondere hinsichtlich ihrer Härte. Daher bleibt es nach beiden Lesarten offen, welche Schrauben letztlich vom Anspruch umfasst sind und welche nicht.
5.4 Darüber hinaus ist es im vorliegenden Fall möglich und daher auch geboten, die beanspruchte Schraube anhand der strukturellen Merkmale zu definieren, die zur Erreichung des gewünschten Ergebnisses erforderlich sind. So handelt es sich insbesondere nicht um einen Ausnahmefall, bei dem die Erfindung nur durch das zu erreichende Ergebnis beschrieben oder anderweitig nicht genauer definiert werden kann, ohne dass der Schutzbereich der Ansprüche über Gebühr eingeschränkt wird.
5.5 Anspruch 1 des 2. Hilfsantrags verstößt deshalb gegen das Klarheitserfordernis des Artikels 84 EPÜ.
6. 3. und 4. Hilfsantrag - Änderungen
6.1 Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags definiert in Merkmal [b-Aux3], dass es sich bei der Spitze der Schraube um eine nicht punktförmige Spitze handelt.
6.2 In der ursprünglich eingereichten Anmeldung wird die Form der Schraubenspitze in der Beschreibung der Figur 1 thematisiert (A-Schrift, Absatz [0013]; Hervorhebung hinzugefügt):
"Die in Figur 1 dargestellte spanlos loch- und gewindeformende Schraube 10 weist einen ein Gewinde 15 tragenden Schaft 11 auf, an dessen einem Ende eine, insbesondere punktförmige, Spitze 13 und an dessen gegenüberliegenden anderen Ende ein Kopf 14 angeordnet ist."
Unmittelbar und eindeutig offenbart ist damit eine punktförmige Spitze, nicht aber eine nicht punktförmige Spitze.
6.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte, bei dem Merkmal "nicht punktförmige Spitze" handle es sich um einen offenbarten Disclaimer, da die ursprüngliche Anmeldung eine punktförmige Spitze bei der Würdigung des Standes der Technik in den Absätzen [0002] und [0003] (A-Schrift) als nachteilig beschreibe.
6.4 Damit eine Änderung durch Aufnahme eines offenbarten Disclaimers nicht gegen Artikel 123 (2) verstößt, ist von Bedeutung, dass der nach Aufnahme des Disclaimers im Patentanspruch verbleibende Gegenstand dem Fachmann in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung unmittelbar und eindeutig offenbart wird, sei es implizit oder explizit (vgl. G 2/10, Leitsatz 1a).
6.5 In den von der Beschwerdeführerin angeführten Absätzen [0002] und [0003] (A-Schrift) der ursprünglichen Anmeldung wird zunächst die aus der US 4 194 430 bekannte gewindeformende Schraube hinsichtlich ihrer strukturellen Merkmale beschrieben. So weist diese Schraube einen vom Schraubenkopf ausgehenden Schaft auf, der an seiner dem Kopf abgewandten Seite in einen spitzkonischen Abschnitt übergeht und in einer spitzen bzw. punktförmigen Spitze endet. Umfänglich am Schaft ist ein Gewinde angeordnet, das ausgehend vom Endbereich des Schaftes zum spitzkonischen Abschnitt hin in seiner Gewindehöhe bis zur Spitze stetig abnimmt.
Anschließend wird festgestellt, dass es bei einer derartigen gewindeformenden Schraube von Nachteil sei, dass sie zwar in vorgebohrten Löchern in harten Materialien ein Gewinde ausformen könne, bei einer Anwendung an nicht vorgebohrten Blechen aus Metall jedoch - wenn überhaupt - nur für sehr dünne Bleche verwendbar sei.
Den genannten Absätzen lässt sich folglich nur entnehmen, dass die bekannte Schraube - mit allen ihren strukturellen Merkmalen - nachteilig sei. Zu diesen Merkmalen zählen neben der Spitzenform unter anderem auch die Ausgestaltung des Gewindes, dessen Höhe zur Spitze hin stetig abnimmt. Eine unmittelbare und eindeutige Aussage, dass eine punktförmige Spitze nachteilig sei, enthält die genannte Passage nicht.
6.6 In der einzigen weiteren Offenbarungsstelle der ursprünglichen Anmeldung, die sich mit der Form der Spitze befasst, wird ausgeführt, dass die in der Figur 1 gezeigte erfindungsgemäße Schraube eine "insbesondere punktförmige" Spitze aufweist (A-Schrift, Absatz [0013]; siehe Punkt 6.2 oben). Aus dieser Offenbarung lässt sich gerade nicht schließen, dass sich die Erfindung auf Schrauben mit nicht punktförmigen Spitzen beziehen soll. Der nach Aufnahme des Disclaimers im Anspruch verbleibende Gegenstand, also eine Schraube mit einer nicht punktförmigen Spitze, ist daher in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.
6.7 Anspruch 1 des 3. Hilfsantrags verstößt deshalb gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
6.8 Diese Schlussfolgerung gilt auch für Anspruch 1 des 4. Hilfsantrags, der ebenfalls das Merkmal einer nicht punktförmigen Spitze enthält.
7. 5. und 6. Hilfsantrag - Änderungen
7.1 Anspruch 1 des 5. Hilfsantrags definiert in Merkmal [b-Aux5], dass es sich bei der Spitze der Schraube um eine abgerundete Spitze handelt.
7.2 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin gehe dieses Merkmal unmittelbar und eindeutig aus den Figuren 1 und 2 der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor.
7.3 Zunächst ist festzustellen, dass die in Figur 1 dargestellte Spitze in der Figurenbeschreibung als "insbesondere punktförmige" Spitze beschrieben wird (A-Schrift, Absatz [0013]). Die Figur 2 zeigt ein Detail der Schraube der Figur 1 und damit dieselbe Spitze (A-Schrift, Absatz [0012]). Bei der in den Figuren abgebildeten Spitze scheint es sich also ausdrücklich nicht um eine abgerundete Spitze zu handeln.
7.4 Doch selbst wenn man in der Figur 2 eine abgerundete Spitze erkennen wollte, so gilt dies nur für die dort abgebildete ganz bestimmte Form und stellt daher keine ausreichende Basis für die in den Anspruch aufgenommene Verallgemeinerung hin zu einer beliebig abgerundeten Spitze dar. Von dem Ausdruck "abgerundete Spitze" sind nämlich beispielsweise neben kalottenförmigen Spitzen auch solche umfasst, die nur im Randbereich abgerundet sind.
7.5 Anspruch 1 des 5. Hilfsantrags verstößt daher gegen Artikel 123 (2) EPÜ.
7.6 Diese Schlussfolgerung gilt auch für Anspruch 1 des 6. Hilfsantrags, der ebenfalls das Merkmal einer abgerundeten Spitze enthält.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.