European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T261417.20210625 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 Juni 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2614/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 13183896.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | F02M 35/10 F02B 31/06 F02D 9/10 F02B 31/08 F02D 11/10 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Klappenvorrichtung und Sauganlage | ||||||||
Name des Anmelders: | MAHLE International GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | MANN + HUMMEL GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 677 155 nach Artikel 101 (3) (b) EPÜ zu widerrufen.
II. Die Einspruchsabteilung war unter anderem der Auffassung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu, der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nahegelegt werde, und hat daher das Patent widerrufen.
Dabei hat sie unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
E6 US 2009/0164097 A1
E8 DE 103 60 234 B3
E9 EP 1 291 615 A2
III. In einer Mitteilung gemäß Artikel 17(2) VOBK vom 29. Juni 2020 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 25. Juni 2021 per Videokonferenz statt.
IV. Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, hilfsweise im Umfang eines der Hilfsanträge 1.1 - 1.3, eingereicht mit Schreiben vom 9. Januar 2020, der Hilfsanträge 2 - 6, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, oder der Hilfsanträge 1.1a - 1.1d, eingereicht mit Schreiben vom 30. September 2020.
V. Die Beschwerdegegnerin Einsprechende beantragt die Zurückweisung der Beschwerde
VI. Der unabhängige Anspruch 1 des für diese Entscheidung relevanten Hauptantrags (erteilte Fassung des Patents) hat folgenden Wortlaut:
"Klappenvorrichtung für eine Sauganlage (1) einer Brennkraftmaschine, insbesondere eines Kraftfahrzeugs,
- mit einem Gehäuse (5), das genau einen Einlasskanal (6) je Zylinder der Brennkraftmaschine aufweist,
- mit einer Klappenanordnung (7), die für jeden Einlasskanal (6) eine Klappe (8) zum Verändern des durchströmbaren Querschnitts des jeweiligen Einlasskanals (6) aufweist,
- wobei die Klappenanordnung (7) für alle Klappen (8) eine gemeinsame Betätigungswelle (13) zum gemeinsamen Verschwenken der Klappen (8) um die Klappenschwenkachse (12) aufweist,
- wobei die Betätigungswelle (13) einen Magnetträger (43) drehtest trägt, der seinerseits einen Permanentmagneten (44) trägt, der mit einem Drehwinkelsensor (32) zur Drehlagenerkennung der Klappenanordnung (7) zusammenwirkt,
- wobei das Gehäuse (5) zwischen dem Permanentmagneten (44) und dem Drehwinkelsensor (32) einen Wandabschnitt (46) aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass der Wandabschnitt (46) einen Wanddurchbruch (48) aufweist."
VII. Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei neu gegenüber E8 und E9 und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit ausgehend von E6 in Zusammenschau mit dem Fachwissen oder mit E9.
VIII. Die Beschwerdegegnerin Einsprechende hat zu den entscheidungserheblichen Punkten Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags sei nicht neu gegenüber der Offenbarung jedes der Dokumente E8 und E9. Zudem beruhe er ausgehend von E6 in Zusammenschau mit dem Fachwissen oder mit E9 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft, siehe z.B. die Figuren 1 und 14, eine Klappenvorrichtung für eine Sauganlage einer Brennkraftmaschine mit einem Gehäuse 5 und mit einer Klappenanordnung 7. Die Klappenanordnung weist für jeden Einlasskanal eine Klappe 8 zum Verändern des durchströmbaren Querschnitts des jeweiligen Einlasskanals auf. Eine Betätigungswelle 13 zum gemeinsamen Verschwenken der Klappen trägt einen drehfesten Magnetträger, der seinerseits einen Permanentmagneten 44 trägt. Der Permanentmagnet wirkt mit einem im Gehäuse angeordneten Drehwinkelsensor 32 zur Drehlagenerkennung der Klappenanordnung zusammen. Zwischen dem Permanentmagneten und dem Drehwinkelsensor weist das Gehäuse einen Wandabschnitt 46 mit einem Wanddurchbruch auf. Durch einen solchen Wanddurchbruch wird das Magnetfeld des Permanentmagneten direkt auf den Drehwinkelsensor übertragen, so dass es möglich sein soll, für das Gehäuse magnetisch bzw. elektrisch leitfähige Materialien verwenden zu können, ohne das Magnetfeld zu beeinflussen (Patentschrift, Absatz 0008).
3. Neuheit
Die Neuheit wurde gegenüber jedem der Dokumente E8 und E9 bestritten.
3.1 Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin bestreitet den Befund der Entscheidung, wonach aus dem Dokument E9 eine Klappenvorrichtung für eine Sauganlage nach Anspruch 1 des Hauptantrags bekannt sei.
E9 offenbart unbestritten eine Klappenvorrichtung mit einem Gehäuse, das einen Kanal 12 mit einer einzigen Drossel- oder Abgasklappe 10 zum Verändern des durchströmbaren Querschnitts aufweist, siehe die Figur 1. Diese Klappe ist über eine Betätigungswelle 14 um ihre Klappenschwenkachse verschwenkbar. Die Betätigungswelle trägt einen drehfesten Magnetträger in Form des Zahnrads 16, das seinerseits einen Permanentmagneten 24 trägt, der mit den Drehwinkelsensoren 32, 33 zur Drehlagenerkennung der Klappenanordnung zusammenwirkt. Zwischen dem Permanentmagneten und den Drehwinkelsensoren weist das Gehäuse einen Wandabschnitt mit einem Wanddurchbruch in Form der Aufnahmeöffnung 36 mit dem umlaufenden Anschlag 38 auf, siehe die Figur 2.
Im Hinblick auf E9 bestreitet die Beschwerdeführerin Patentinhaberin jedoch unter anderem den von der Beschwerdegegnerin Einsprechenden geteilten Befund der Entscheidung, wonach Anspruch 1 des Hauptantrags auch eine Klappenvorrichtung mit einer einzigen Klappe umfasse.
3.2 Das im dritten Spiegelstrich von Anspruch 1 genannte Merkmal bezüglich einer gemeinsamen Betätigungswelle verweist wegen der Pluralformen "für alle Klappen" und "Verschwenken der Klappen" auf mehrere Klappen. Die Kammer muss darum das Argument der Beschwerdegegnerin Einsprechenden prüfen, wonach diese Pluralformen lediglich als generische Formulierungen zu verstehen seien, die im Spezialfall einer einzylindrigen Brennkraftmaschine auch eine einzige Klappe umfassen würden.
Es trifft zwar zu, dass Anspruch 1 keine explizite Angabe zur Zylinderzahl der Brennkraftmaschine enthält. Die in den ersten beiden Spiegelstrichen genannten Merkmale hätten alleine gelesen auch Klappenvorrichtungen mit einer einzigen Klappe, die für eine Brennkraftmaschine mit einem einzigen Zylinder ausgelegt sind, umfassen können. Sie sind aber in Zusammenhang insbesondere des weiter einschränkenden Merkmals nach dem dritten Spiegelstrich zu lesen. Es ist nämlich völlig üblich, dass Patentansprüche einen allgemeineren Ausdruck zur Bezeichnung eines Merkmals und zusätzlich einen spezifischere Ausdruck zur Charakterisierung der Erfindung enthalten. Siehe RdBK, 9. Auflage 2019, II.E.1.8.4, wo dieser bekannte Sachverhalt im Zusammenhang mit Änderungen und dem Stand der Technik diskutiert wird. Daher versteht die Kammer die Pluralformen im dritten Spiegelstrich von Anspruch 1 als spezifischere Ausdrücke, welche die Klappenvorrichtung weiter eingrenzen. Eine anspruchsgemäße Klappenvorrichtung besitzt somit mehrere Klappen auf einer gemeinsamen Welle.
Diese Auslegung wird durch die Patentschrift bestätigt, wo der in den Absätzen 0002 bis 0004 genannte Stand der Technik Klappenvorrichtungen mit mehreren Klappen offenbart. Zudem wird in der Patentschrift die Aufgabe der Erfindung darin gesehen, solche bekannten Klappenvorrichtungen zu verbessern (Absatz 0006: "der eingangs genannten Art"), und das Ausführungsbeispiel verweist auf einen Reihen-Vier-Zylinder-Motor oder einen V-8-Zylinder-Motor (Absatz 0024).
Die Kammer gelangt somit zum Zwischenergebnis, dass Anspruch 1 des Hauptantrags auf eine Klappenvorrichtung mit mehreren Klappen auf einer gemeinsamen Welle gerichtet ist.
3.3 Das weitere Argument der Beschwerdegegnerin Einsprechenden, wonach eine Klappenvorrichtung mit einer einzigen Klappe den Anspruch 1 des Hauptantrags verletze und daher neuheitsschädlich sei, führt zu keiner anderen Sichtweise. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Auslegung des Schutzumfangs eines Patents nicht Aufgabe des EPA, sondern gemäß Art. 64 und 69 EPÜ Aufgabe der für Verletzungsklagen zuständigen nationalen Gerichte, siehe RdBK, I.C.5.2. bzw. II.A.6.3.6. Somit legt die Kammer die Ansprüche nur aus, um ihren Gegenstand (Artikel 84 EPÜ) und nicht ihre Rechtswirkung oder ihren Schutzbereich festzustellen. Die Bestimmung dieses Schutzbereiches erfolgt nach Artikel 69 EPÜ. Nach Artikel 2 des Protokolls über die Auslegung des Artikels 69 EPÜ ist dabei solchen Elementen gebührend Rechnung zu tragen, die Äquivalente der in den Patentansprüchen genannten Elemente sind. Äquivalente sind aber bei dem von den Beschwerdekammern angewendeten engen Rechtsbegriff der Neuheit nicht mit einzubeziehen, vgl. RdBK, I.C.4.5.
3.4 Somit gelangt die Kammer zum Ergebnis, dass Anspruch 1 des Hauptantrags auf eine Klappenvorrichtung mit mehreren Klappen beschränkt ist. Da das Dokument E9 unbestritten eine Klappenvorrichtung mit einer einzigen Klappe offenbart, ist Anspruch 1 bereits aus diesem Grund neu gegenüber E9.
3.5 Aus Sicht der Beschwerdegegnerin Einsprechenden zeigt auch das Dokument E8 eine Klappenvorrichtung mit allen Merkmalen von Anspruch 1 des Hauptantrags. Die darin offenbarte Drallklappenvorrichtung besitzt unbestritten mehrere Klappen 5 (Absatz 0001 : "zumindest einen auf der Welle angeordneten Klappe"), die über eine Betätigungswelle 4 um ihre Klappenschwenkachse verschwenkbar sind. Das Gehäuse der Drallklappenvorrichtung umfasst ein Saugrohrunterteil 7 und ein Saugrohroberteil 8 mit einer Durchgangsöffnung 14 für einen Drehwinkelsensor. Die Betätigungswelle ist in Lagerelementen 6 geführt und an ihrem Ende zu einem drehfesten Magnetträger für den Permanentmagneten 3 ausgeformt, der mit dem Drehwinkelsensor 2 zusammenwirkt. Das sensorseitige Lagerelement 6 der Betätigungswelle 14 weist einen Zentrierring 11 auf, in welchem das Sensorgehäuse 12 des Sensors bei seiner Montage drehfest angeordnet wird. Siehe die Figuren 1 und 2 sowie die Absätze 0021 - 0025 der E8.
Die Parteien stimmen darin überein, dass sich in einer Richtung senkrecht zur Klappenschwenkachse kein weiteres Bauteil zwischen dem Sensorgehäuse 12 und dem Permanentmagneten 3 befindet. Die Kammer muss darum nun prüfen, ob das Gehäuse der Drallklappenvorrichtung gemäß E8 so ausgebildet ist, dass es zwischen dem Magneten und dem Drehwinkelsensor einen Wandabschnitt mit einem Wanddurchbruch aufweist.
3.6 Die Beschwerdegegnerin Einsprechende bejaht das mit dem Argument, dass laut Figur 1 im Bereich des Magneten 3 zwischen dem Sensorgehäuse 12 und dem Saugrohrunterteil 7 jegliche weitere Gehäusewand fehle und die Durchgangsöffnung 14 erst an der horizontalen Oberfläche des Saugrohrunterteils 7 unterhalb des Magneten 3 ende, und folglich im gesamten Bereich des ringförmigen Magneten 3 ein Wanddurchbruch vorhanden sei. Alternativ dazu bilde die Öffnung im Zentrierring 11 einen Wanddurchbruch, der sich zwischen dem Magneten und dem Teil des Sensorgehäuses 12, der oberhalb dieser Öffnung angeordnet ist, befinde. Zudem verweist die Beschwerdegegnerin auf die Eingabe vom 11. August 2017, in welcher die Durchgangsöffnung 14 im Saugrohroberteil 8 als anspruchsgemäßer Wanddurchbruch angesehen wurde, siehe den letzten Absatz auf Seite 2 dieser Eingabe.
Keine dieser Argumentationslinien überzeugt die Kammer:
3.6.1 Im Hinblick auf die Eingabe vom 11. August 2017 teilt die Kammer die Sichtweise der Beschwerdegegnerin Einsprechenden, wonach die Durchgangsöffnung 14 einen Wanddurchbruch im Gehäuse der Klappenvorrichtung bildet. Die Durchgangsöffnung 14 befindet sich nämlich im Saugrohroberteil 8, das laut Absatz 0021 zusammen mit dem Saugrohrunterteil 7 als zweitem Gehäuseteil das aus diesen beiden Gehäuseteilen bestehende Luftansaugkanalsystem bildet.
Jedoch wird das Sensorgehäuse 12 bei der Montage des Sensors durch die Durchgangsöffnung 14 im Saugrohroberteil 8 geschoben und kommt am darunter liegenden Zentrierring 11 des Lagerelements 6 zur Anlage, siehe Absatz 0023. Nach der Montage steht die vordere, dem Permanentmagneten 3 zugewandte Oberfläche des Sensorgehäuses 12 über den unteren Rand der Durchgangsöffnung 14 (und auch über den unteren Rand des sich darunter befindenden Zentrierrings 11) hervor, siehe die Figuren 1 und 2. Deswegen ist - senkrecht zur Klappenschwenkachse gesehen - die Durchgangsöffnung 14 lediglich zwischen dem Sensorgehäuse 12 (bzw. zwischen dessen Stecker 13 und der Ausstülpung 20) und dem Zentrierring 11 angeordnet, nicht aber zwischen dem Sensor und dem erst unterhalb des Zentrierrings 11 angeordneten Permanentmagneten 3.
3.6.2 Die Betrachtung des Zentrierrings 11 als vermeintlich weiteres Gehäuseteil führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Kammer teilt zwar die Ansicht der Beschwerdegegnerin, wonach die Öffnung im Zentrierring 11 einen Wanddurchbruch bildet, der sich zwischen dem Permanentmagneten 3 und dem oberhalb dieser Öffnung angeordneten Teil des Sensorgehäuses 12 befindet. Das Dokument E8 enthält jedoch keine Angabe zur konkreten Position des eigentlichen Sensorelements innerhalb des Sensorgehäuses 12. Folglich offenbart E8 nicht unmittelbar und eindeutig, dass sich das Sensorelement in Form eines Drehwinkelsensors in dem oberhalb des Zentrierrings 11 angeordneten Teil des Sensorgehäuses befindet, was die Voraussetzung dafür wäre, dass der Wanddurchbruch (in Form der Öffnung des Zentrierrings 11) sich zwischen dem Permanentmagneten und dem Drehwinkelsensor befände. Deswegen kann dahingestellt bleiben, ob der Zentrierring 11 mitsamt dem einstückig daran angeformten Lagerelement 6 überhaupt ein Gehäuseteil der in E8 offenbarten Drallklappen-vorrichtung bildet, was die Kammer nicht anerkennt.
3.6.3 Die Beschwerdegegnerin Einsprechende vertritt auch die Ansicht, dass im Bereich des Magneten 3 zwischen dem Sensorgehäuse 12 und dem Saugrohrunterteil 7 jegliche weitere Gehäusewand fehle, so dass sich die Durchgangsöffnung 14 durch den Zentrierring 11 fortsetze und erst an der horizontalen Oberfläche des Saugrohrunterteils 7 unterhalb des Magneten 3 ende, und folglich im gesamten Bereich des ringförmigen Magneten 3 ein Wanddurchbruch vorhanden sei.
Aus den bereits genannten Gründen besteht das Gehäuse der aus E8 bekannten Drallklappenvorrichtung aus dem Saugrohrunterteil 7 und dem Saugrohroberteil 8. Laut "Brockhaus Wahrig" ist ein Durchbruch eine durchgebrochene Öffnung. Im Bereich des Sensors 2 weist einzig das Saugrohroberteil 8 einen solchen Durchbruch in Form der Durchgangsöffnung 14 auf. Das Saugrohrunterteil 7 dagegen ist rinnen- oder wannenförmig ausgebildet und folglich an seinem oberen, an das Saugrohroberteil 8 grenzenden Ende offen. Wegen dieser nach oben offenen Ausgestaltung des Saugrohrunterteils 7 ist dort überhaupt kein Wandabschnitt vorhanden, der einen Wanddurchbruch aufweisen könnte. Daher endet der Wanddurchbruch in Form der Durchgangsöffnung 14 an der horizontalen Unterkante des Saugrohroberteils 8 und setzt sich - im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdegegnerin - nicht in das Saugrohrunterteil 7 fort. Die Durchgangsöffnung 14 bildet jedoch keinen Wanddurchbruch in einem Wandabschnitt zwischen dem Permanentmagneten und dem Drehwinkelsensor, siehe Absatz 3.6.1 für Details.
3.7 Aus diesen Gründen gelangt die Kammer zum Ergebnis, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags neu gegenüber der Offenbarung jedes der Dokumente E8 und E9 ist, Artikel 100(a) i.V.m. Artikel 54 EPÜ.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Die erfinderische Tätigkeit wurde ausgehend von E6 angegriffen. Auch die Kammer hält dieses Dokument für einen erfolgversprechenden Ausgangspunkt. Unbestritten wird dort eine Klappenvorrichtung zur Erzeugung einer Drallströmung offenbart. Alle Klappen 3 der Vorrichtung sind auf einer gemeinsamen Betätigungswelle 4 angeordnet, die einen drehfesten Magnetträger 73 mit einem Permanentmagneten 71 trägt. Dieser wird von einem Drehwinkelsensor 72 in einem Gehäuseteil 5 der Klappenvorrichtung erfasst, siehe die Figur 4 die Absätze 0059 und 0062.
4.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von der Offenbarung der E6 unbestritten unter anderem darin, dass das Gehäuse zwischen dem Permanentmagneten 71 und dem Drehwinkelsensor 72 einen Wandabschnitt mit einem Wanddurchbruch aufweist.
4.3 Als Wirkung dieses Merkmals nennt das Patent eine direkte Übertragung des Magnetfeldes auf den Drehwinkelsensor, so dass für das Gehäuse oder die Sauganlage magnetisch bzw. elektrisch leitfähige Materialien verwendet werden können, siehe Absatz 0008 der Patentschrift. Die von der Beschwerdeführerin Patentinhaberin daraus abgeleitete Aufgabe, die Materialauswahl für das Gehäuse gegenüber dem Stand der Technik zu erweitern, ist lediglich auf eine mögliche Ausgestaltung der Klappenvorrichtung gerichtet. Mangels eines entsprechenden, auf magnetisch oder elektrisch leitfähiges Material für das Gehäuse gerichteten Merkmals ist Anspruch 1 des Hauptantrags aber nicht auf diese mögliche Ausgestaltung beschränkt. Die Erweiterung der Materialauswahl betrifft daher lediglich das Potential der Erfindung, nicht aber die beanspruchte Erfindung selbst, so dass die erweiterte Materialauswahl im vorliegenden Fall nicht bei der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz berücksichtigt werden kann.
In Absatz 0006 der Patentschrift wird eine hohe Präzision der Klappenvorrichtung bei ihrer Verwendung genannt. Es erscheint plausibel, dass der Sensor den Permanentmagneten bei der Messung präziser erfassen kann, wenn es aufgrund des fehlenden Gehäuses im Bereich des Wanddurchbruchs dort zu keiner Beeinträchtigung des Magnetfeldes durch das Gehäusematerial kommt. Die Kammer sieht daher in Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin Einsprechenden die objektive technische Aufgabe darin, bei der aus E6 bekannten Klappenvorrichtung die Präzision der Drehlagenerkennung zu verbessern. Die Kammer muss darum nun untersuchen, ob ein Fachmann bei der Lösung dieser Aufgabe ohne eine unzulässige rückschauende Betrachtungsweise zu obigem Unterscheidungsmerkmal gelangt wäre.
4.4 Die Kammer stimmt der Beschwerdegegnerin Einsprechenden darin zu, dass der von E6 ausgehende Fachmann eine höhere Präzision der Drehlagenerkennung anstreben könnte. Ein Fachmann ist nämlich häufig im Zusammenhang mit der Messung eines Parameters mit dem Wunsch nach höherer Präzision konfrontiert. Nach dem Aufgabe-Lösungs-Ansatz ist aber danach zu fragen, ob der Fachmann in der Erwartung, die Aufgabe zu lösen, die Lehre der nächstliegenden Entgegenhaltung angesichts anderer Lehren des Stands der Technik so abgewandelt hätte, dass er zu der beanspruchten Erfindung gelangt wäre (RdBK, 9. Auflage 2019, I.D.5 "Could-would approach"). Im vorliegenden Fall ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass der von E6 ausgehende Fachmann auf naheliegende Weise durch E9 oder durch sein Fachwissen zu einem Durchbruch in der Gehäusewand zwischen dem Permanentmagneten und dem Drehwinkelsensor gelangen würde. Die Gründe sind die Folgenden:
4.4.1 Das Dokument E9 offenbart unbestritten ein Gehäuse mit einem Wanddurchbruch am Ende der Aufnahmeöffnung 36 im Bereich der Anschläge 38 für den Sensor, siehe Figur 2 und Absatz 0018. Das erklärte Ziel der E9 ist jedoch, einen Drehwinkelsensor mit geringem Platzbedarf zu schaffen, siehe die Absätze 0002 und 0003. Das wird durch die Anordnung von zwei Sensoren 32, 33 hintereinander erreicht, die in der Aufnahmeöffnung 36 angeordnet werden. Die Sensoren erzeugen redundante Signale, so dass auch bei Ausfall eines Sensors zuverlässig ein Positionssignal erzeugt wird, siehe Absatz 0006 für beide Wirkungen. Statt einer höheren Präzision der eigentlichen Drehlagenmessung durch einen oder beide der Sensoren 32, 33 offenbart die E9 folglich einen kompakteren Aufbau des Sensors bei gleichzeitig höherer Zuverlässigkeit des redundant aufgebauten Sensors. Auch das Argument der Beschwerdegegnerin, wonach die in Figur 3 der E9 gezeigte Gleichlaufabweichung 54 zwischen den Signalen 50, 52 der beiden Sensoren vom Fachmann als Hinweis auf eine erhöhte Präzision der Drehlagenmessung verstanden werde, kann nicht das Naheliegen des Unterscheidungs-merkmals begründen. Für den Fachmann ist nämlich nicht sofort erkennbar, dass der Wanddurchbruch am Ende der Aufnahmeöffnung 36 einen Einfluss auf die Präzision der Drehlagenmessung durch die beiden Sensoren 32, 33 hat, selbst wenn die Redundanz der Sensoren die Präzision dieser Messung erhöhen würde. Mithin ist der Wanddurchbruch in E9 für den unvoreingenommenen Fachmann nicht eng verknüpft mit der Präzision der Drehlagenmessung, so dass seine Übernahme in die Klappenvorrichtung der E6 zur Erhöhung der Präzision auf einer rückschauenden Betrachtungsweise beruhen würde.
4.4.2 Im Hinblick auf ein Naheliegen der Lösung im Lichte des allgemeinen Fachwissens ist nach geltender Rechtsprechung die Behauptung, dass etwas zum allgemeinen Fachwissen gehört, im Streitfall zu beweisen (RdBK, 9. Auflage 2019, I.C.2.8.5). Die Beschwerdegegnerin Einsprechende hat nicht bewiesen, dass ein Fachmann zur Erhöhung der Präzision der Drehlagenmessung anhand seines Fachwissens einen Wanddurchbruch vorsehen würde. Das ist auch aus Sicht der Kammer in Anbetracht der Vielzahl an Möglichkeiten zur Erhöhung der Präzision einer Drehlagenmessung nicht der Fall.
4.5 Folglich beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem angezogenen Stand der Technik, Artikel 56 EPÜ.
5. Die Kammer bejaht aus den obengenannten Gründen die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit für den Hauptantrag, Patent wie erteilt, im Lichte der genannten Entgegenhaltungen. Weitere Einwände sind nicht geltend gemacht worden.
Somit steht keiner der erhobenen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegen, Artikel 101(2) EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird in unveränderter Fassung aufrechterhalten.