T 2465/17 () of 17.10.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T246517.20191017
Datum der Entscheidung: 17 October 2019
Aktenzeichen: T 2465/17
Anmeldenummer: 11195987.0
IPC-Klasse: B60Q 1/32
B60Q 1/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Außenliegendes Montagebauteil für ein Fahrzeug mit einem Lichtmodul
Name des Anmelders: Huf Hülsbeck & Fürst GmbH & Co. KG
Name des Einsprechenden: SMR Patents S.à.r.l.
Truck-Lite Europe GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Neuheit - (nein)
Neuheit - Hauptantrag, Hilfsantrag 2
Zulassung in das Verfahren - (nein) - Hilfsantrag 1
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 3, 4, 4.1, 4.2
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2471688 in geändertem Umfang in der Fassung des Hilfsantrags 4, zur Post gegeben am 7. September 2017.

II. Die Einspruchsabteilung hat im Wesentlichen entschieden, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht unzulässig erweitert ist, dass dieser aber von den folgenden Dokumenten neuheitsschädlich vorweggenommen wird:

DE 10 2004 025 369 A1 (E1)

WO 2008/120067 A2 (E5)

EP 1 232 072 B1 (D3)

DE 10 2005 048 497 A1 (D4)

EP 1 982 866 A2 (D5)

Die in Hilfsantrag 2 definierte Erfindung ist ebenfalls nicht neu und der Gegenstand der Hilfsantrags 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 4 ist neu gegenüber

WO 2008/137634 A1 (D2)

und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

III. Gegen diese Entscheidung haben die Einsprechenden 1 und 2 (Beschwerdeführerinnen 3 und 1) und die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin 2) Beschwerde eingelegt.

IV. Am 17. Oktober 2019 wurde vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts mündlich verhandelt.

Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin 2) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, aufrechtzuerhalten.

Weiter beantragte sie die Zurückweisung der Beschwerden der Einsprechenden 1 und 2 (entspricht der Aufrechterhaltung im Umfang des Hilfsantrags 4), hilfsweise das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 4.1 und 4.2, eingereicht während der mündlichen Verhandlung, aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechenden 1 und 2 (Beschwerdeführerinnen 3 und 1) beantragten, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

V. Anspruch 1 wie erteilt lautet wie folgt:

Außenliegendes Montagebauteil (10) für ein Fahrzeug (100), insbesondere in Form eines Außenspiegels (10a), Türgriffs (10b), Türschweller, Schürze oder dergleichen, mit einem Lichtmodul (20), welches zumindest ein nach außen, sichtbares Licht (30, 31) emittierendes Leuchtmittel aufweist, und einem Stecker (27), der das Lichtmodul (20), insbesondere das Leuchtmittel (23), mit elektrischer Energie versorgt, wobei das Lichtmodul (20) ein separates Bauteil zum Montagebauteil (10) darstellt, welches an dem Montagebauteil (10) befestigbar ist und der Stecker (27) einteilig mit dem Lichtmodul (20), insbesondere dem Gehäuse (21) des Lichtmoduls (20), ausgestaltet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Stecker (27) ein integraler Bestandteil des Lichtmoduls (20) ist.

VI. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, vorgelegt mit der Beschwerdebegründung, lautet wie folgt:

Außenliegendes Montagebauteil (10) für ein Fahrzeug (100), insbesondere in Form eines Außenspiegels (10a), Türgriffs (10b), Türschweller, Schürze oder dergleichen, mit einem Lichtmodul (20), welches zumindest ein nach außen, sichtbares Licht (30, 31) emittierendes Leuchtmittel aufweist, und einem Stecker (27), der das Lichtmodul (20), insbesondere das Leuchtmittel (23), mit elektrischer Energie versorgt, wobei das Lichtmodul (20) ein separates Bauteil zum Montagebauteil (10) darstellt, welches an dem Montagebauteil (10) befestigbar ist und der Stecker (27) einteilig mit dem Lichtmodul (20), insbesondere dem Gehäuse (21) des Lichtmoduls (20), ausgestaltet ist, wobei der Stecker (27) ein integraler Bestandteil des Lichtmoduls (20) ist; dadurch gekennzeichnet, dass das Lichtmodul (20) mit einem Sicherheitssystem in Signalverbindunq steht, das einen mobilen ID-Geber M01) zur schlüssellosen Aktivierung eines Ver- und Entriegelungsvorganges einer Schließvorrichtung aufweist, wobei über das Sicherheitssystem das Lichtmodul (20) einschaltbar ist, wobei insbesondere zur Ver- und Entriegelung eine Datenkommunikation zwischen dem ID-Geber M01) und der Schließvorrichtung erfolgt und ein Code ausgetauscht wird, wobei erst nach einer positiven Auswertung des Codes das Sicherheitssystem das Lichtmodul (20) ansteuert.

VII. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, vorgelegt mit der Beschwerdebegründung, ist identisch mit Anspruch 2 des der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsantrags 2 und lautet wie folgt:

Außenliegendes Montagebauteil (10) für ein Fahrzeug (100), insbesondere in Form eines Außenspiegels (10a), Türgriffs (10b), Türschweller, Schürze oder dergleichen, mit einem Lichtmodul (20), welches zumindest ein nach außen, sichtbares Licht (30, 31) emittierendes Leuchtmittel aufweist, und einem Stecker (27), der das Lichtmodul (20), insbesondere das Leuchtmittel (23), mit elektrischer Energie versorgt, wobei das Lichtmodul (20) ein separates Bauteil zum Montagebauteil (10) darstellt, welches an dem Montagebauteil (10) befestigbar ist und der Stecker (27) einteilig mit dem Lichtmodul (20), insbesondere dem Gehäuse (21) des Lichtmoduls (20), ausgestaltet ist, wobei der Stecker (27) ein integraler Bestandteil des Lichtmoduls (20) ist;dadurch gekennzeichnet, dass der Stecker materialeinheitlich und einstückig zum Gehäuse des Lichtmoduls ausgestaltet ist.

VIII. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3, vorgelegt mit der Beschwerdebegründung, ist wie folgt:

Außenliegendes Montagebauteil (10) für ein Fahrzeug (100), insbesondere in Form eines Außenspiegels (10a), Türschweller oder Schürze, mit einem Lichtmodul ... (weiter wie Anspruch 1 des Hilfsantrag 1).

IX. Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist so wie der des Hilfsantrags 3.

Der unabhängige Anspruch 2 des Hilfsantrag 4 lautet:

Außenliegendes Montagebauteil (10) für ein Fahrzeug (100), in Form eines Türgriffs (10b), mit einem Lichtmodul (20), welches zumindest ein nach außen, sichtbares Licht (30, 31) emittierendes Leuchtmittel aufweist, und einem Stecker (27), der das Lichtmodul (20), insbesondere das Leuchtmittel (20), mit elektrischer Energie versorgt,wobei das Lichtmodul (20) ein separates Bauteil zum Montagebauteil (10) darstellt, welches an dem Montagebauteil (10) befestigbar ist und

der Stecker (27) einteilig mit dem Lichtmodul (20), insbesondere dem Gehäuse (21) des Lichtmoduls (20), ausgestaltet ist,

wobei der Stecker (27) ein integraler Bestandteil des Lichtmoduls (20) ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

das Gehäuse (21) des Lichtmoduls (20) mit dem Stecker (27) in einem Spritzgussverfahren herstellbar ist,

und wobei dass das Lichtmodul (20) zumindest eine optische Linse (261 für einen Lichtstrahl (30,31) des Leuchtmittels (23) aufweist, um diesen zu bündeln oder zu streuen, wobei die Linse.(26). einteilig zum Gehäuse (21) des Lichtmoduls (20) ausgestaltet ist.

X. Der erst in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgelegte Hilfsantrag 4.1 unterscheidet sich im Anspruch 1 von dem des Hilfsantrags 4 lediglich dadurch, dass im kennzeichnenden Teil das "insbesondere" gestrichen wurde.

Damit liest sich das Kennzeichen wie folgt:

dadurch gekennzeichnet, dass

das Lichtmodul (20) mit einem Sicherheitssystem in Siqnalverbindunq steht, das einen mobilen ID-Geber M01) zur schlüssellosen Aktivierung eines Ver- und Entriegelunqsvorganges einer Schließvorrichtunq aufweist, wobei über das Sicherheitssystem das Lichtmodul (20) einschaltbar ist, wobei zur Ver- und Entriegelung eine Datenkommunikation zwischen dem ID-Geber M01) und der Schließvorrichtung erfolgt und ein Code ausgetauscht wird, wobei erst nach einer positiven Auswertung des Codes das Sicherheitssystem das Lichtmodul (20) ansteuert.

XI. Der Anspruch 1 des Hilfsantrag 4.2 entspricht dem unabhängigen Anspruch 2 des Hilfsantrags 4.

XII. Die beiden Einsprechenden (Beschwerdeführerinnen 2 und 3) brachten im Wesentlichen die folgenden Argumente vor:

Der Gegenstand des erteilten Anspruch 1 und des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 sei nicht neu im Hinblick auf eine Vielzahl von Dokumenten, unter anderem E1. Man folge hierbei der Argumentation der Einspruchsabteilung.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Hilfsantrag 1 nicht bereits im Verfahren von der Einspruchsabteilung vorgelegt worden sei. Letztlich sei ein Beschwerdeverfahren nicht dazu da, Versäumnisse aus dem erstinstanzlichen Verfahren auszugleichen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 3 (und damit auch dem Hilfsantrag 4) beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

So offenbare D2 alle Merkmale des Anspruchs 1, bis auf das Merkmal, dass ein Stecker einteilig mit dem Gehäuse verbunden sei. Insbesondere sei auch das Merkmal, dass erst nach einer positiven Auswertung des Codes das Lichtmodul angesteuert wird (letztes Merkmal des Anspruchs 1) aus D2 bekannt. Dies werde in Paragraph [0079] explizit erwähnt und sei dort für alle Ausführungsbeispiele der D2 als Option benannt.

Aus demselben Grund beruhe auch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4.1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dieser und auch der Hilfsantrag 4.2 dürften aber nicht in das Verfahren zugelassen werden. Schließlich habe die Patentinhaberin lange genug Zeit gehabt auf die vorgebrachten Einwände zu reagieren, so dass es nunmehr in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zu spät sei.

Auch sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 4.2 nicht prima facie gewährbar. Die im schriftlichen Verfahren vorgebrachten Einwände bestünden fort.

Es sei dessen Gegenstand durch die Kombination von E5 mit der D2 nahegelegt. E5 offenbare schließlich schon alle Merkmale des Anspruchs 1 bis auf das Merkmal der Linse. So sei es aber für den Fachmann naheliegend, dass er, wenn er eine bestimmte Lichtverteilung erzielen wolle, Linsen vorsehe. D2 offenbare diese und gestalte sie einteilig zum Gehäuse aus, wie dies im letzten Merkmal des Anspruchs 1 gefordert sei. Es sei auch nicht erkennbar, warum E5 kein geeigneter Ausgangspunkt sein solle. Auch sei es technisch klar, dass der Türgriff auf der Seite der Tür auch irgendeine Art einer Verbindung haben müsse. Diese gehöre fraglos mit zum Türgriff, vgl. E2, Seite 2, Zeilen 29 ff. Schließlich werde der streitgegenständliche Türgriff auch nicht im luftleeren Raum befestigt.

XIII. Die Patentinhaberin/Beschwerdeführerin 1 erwiderte die Argumente folgendermaßen:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt und gemäß Hilfsantrag 2 sei neu gegenüber der E1. Vor allem offenbare E1 keinen Stecker im Sinne des Streitpatents. Die mit dem Bezugszeichen 55 bezeichneten Teile seien lediglich Kontakte. Weiterhin sei es fraglich, ob die Kontakte einteilig mit dem Lichtmodul ausgebildet seien.

Der Hilfsantrag 1 müsse in das Verfahren zugelassen werden. Dieser habe nicht im Einspruchsverfahren vorgelegt werden können, da die Patentinhaberin unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung den derzeitigen Vertreter beauftragt habe. Somit hätten Anträge zur Verteidigung des Patents nicht mit dem nötigen zeitlichen Vorlauf vorbereitet werden können.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 3 (bzw. Hilfsantrag 4) sei neu und basiere auf einer erfinderischen Tätigkeit. So sei in D2 weder ein Stecker offenbart, der einteilig mit dem Lichtmodul verbunden sei, noch gäbe es eine Verbindung zu einem Schließsystem, welches nach einer Codebestätigung das Lichtmodul aktiviere. Da beide Merkmale auch nicht in E1 offenbart würden, könne die Kombination von D2 und E1 nicht den Gegenstand des Anspruchs 1 nahelegen.

Der in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag 4.1 mache nun klar, dass die positive Auswertung des Codes gemäß dem letzten Merkmal des Anspruchs 1 nicht nur fakultativ sei. Da, wie schon zu Hilfsantrag 3 ausgeführt, dieses Merkmal in D2 nicht offenbart sei, könne der Gegenstand von Anspruch 1 nicht ausgehend von D2 nahegelegt werden. Deshalb auch müsse dieser Antrag in das Verfahren zugelassen werden.

Auch der Hilfsantrag 4.2 müsse in das Verfahren zugelassen werden. Es widerspräche nicht der Verfahrensökonomie, denn letztlich sei der nun geltende Anspruch 1 immer als unabhängiger Anspruch 2 im Hilfsantrag 4 vorhanden gewesen.

Auch beruhe dessen Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit. E5 könne nicht als ein geeigneter Ausgangspunkt für die erfinderische Tätigkeit angesehen werden. Das Lichtmodul in E5 sei nicht im Türgriff untergebracht sondern in der Tür und rage nur in den Türgriff hinein. Das sei etwas völlig anderes als im Streitpatent, wo das Lichtmodul im Griff selbst untergebracht sei. Man dürfe nicht die Definition anziehen, wie sie E5 für einen Türgriff beschreibe, nämlich bestehend aus dem Griff (lever) selbst und einem Träger (frame). Im Patent spiele der karosserieseitige Teil überhaupt keine Rolle. Des Weiteren offenbare E5 überhaupt keine Linse, und damit auch keine, die einteilig zum Gehäuse ausgestaltet sei.

Entscheidungsgründe

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt (Hauptantrag) ist nicht neu gegenüber E1, Artikel 54 EPÜ.

Dasselbe gilt für den Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, welcher dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsantrag 2 entspricht.

Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente hinsichtlich Neuheit gegenüber E1 entsprechen im wesentlichen diejenigen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht worden sind. Die Kammer folgt hierbei in ihrer Entscheidung uneingeschränkt der Entscheidung der Einspruchsabteilung und hat dem nichts hinzuzufügen, siehe Entscheidung der Einspruchsabteilung, Seite 3, Punkt 2.2 und Seite 5, Punkt 4.1.1.

2. Der Hilfsantrag 1, vorgelegt mit der Beschwerdebegründung, wird nicht in das Verfahren zugelassen, Artikel 12 (4) VOBK.

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von der von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Fassung (entspricht dem Hilfsantrag 4 des Beschwerdeverfahrens) lediglich dadurch, dass der Türgriff in Anspruch 1 wieder in die Liste der außenliegenden Montagebauteilen gemäß der Erfindung aufgenommen wurde ("... in Form eines Aussenspiegels (10a), Türgriffs (10b), Türschweller ...").

Im Anspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Fassung war "Türgriff" aus dieser Liste gestrichen worden.

Die Kammer kann hier der Argumentation der Patentinhaberin/Beschwerdeführerin nicht folgen, dass ein Vertreterwechsel eine Woche vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung es nicht möglich gemacht habe, den Fall derart vorzubereiten, dass innerhalb der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung alle die Anträge hätten gestellt werden können, die nötig gewesen wären, um das Patent angemessen zu verteidigen.

Insbesondere liegt ein Vertreterwechsel ausschließlich im Einfluss der betreffenden Partei, so dass hieraus für dieselbe keine besonderen Rechte, wie etwa das Vorlegen von Anträgen, die erstinstanzlich hätten bereits vorgebracht werden können, herleitbar sind.

Weiterhin ist das Beschwerdeverfahren als Überprüfungsinstanz nicht dazu vorgesehen, Versäumnisse aus dem Einspruchsverfahren nachzuholen.

3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von Dokument D2 in Kombination mit E1, Artikel 56 EPÜ.

Da der Hilfsantrag 4 denselben Anspruch 1 aufweist, wie Hilfsantrag 3, gilt dies auch für den Hilfsantrag 4.

3.1 D2 offenbart alle Merkmale des Anspruchs 1 bis auf die Merkmale, dass ein Stecker einteilig mit dem Gehäuse des Lichtmoduls verbunden ist.

Die Patentinhaberin/Be­schwerde­führerin behauptet, dass auch das Merkmal, dass erst nach einer positiven Auswertung des Codes das Lichtmodul angesteuert wird (letztes Merkmal des Anspruchs 1) nicht aus D2 bekannt sei.

Dem ist zu widersprechen. So offenbart Paragraph [0079] eine Verbindung des Lichtmoduls mit einem Verriegelungssystem und spricht auch die Möglichkeit einer Ansteuerung bei positiver Codeauswertung an, vgl. dort die letzten 10 Zeilen auf Seite 23.

3.2 Die mit dem unterscheidenden Merkmal zu lösende Aufgabe besteht darin, einen Außenspiegel oder einen Türgriff mit einem Lichtmodul zur Verfügung zu stellen, das einfach am Fahrzeug montiert werden kann, siehe auch die Patentschrift des Streitpatents, Paragraph [0004].

3.3 Das unterscheidende Merkmal ist in naheliegender Weise in E1 offenbart. Dort zeigt die Figur 1 ein Leuchtmodul mit einem Stecker, welcher einteilig mit dem Gehäuse verbunden ist und welches in einen Außenspiegel einzuführen ist.

Daher ist die Argumentationslinie der Patentinhaberin/Beschwerdeführerin nicht überzeugend, wonach E1 keinen Stecker offenbare sondern lediglich zwei Kontakte nach außen führe. Ein Stecker bestehe aus mehr als nur

Kontakten, und da sei nichts offenbart.

In der Figur 1 ist ein Leuchtmodul gezeigt, welches spiegelseitig zwei Kontaktstifte aufweist. Diese sind in ihrer Längsrichtung gesehen jeweils mit unterschiedlichem Durchmesser gezeichnet. Des Weiteren sind diese Kontaktstifte mit der spiegelseitigen Gehäuseseite verbunden; ebenfalls sind an den Seiten (oben und unten) Rastelemente vorgesehen.

Insgesamt bildet diese Anordnung aus Sicht der Kammer einen Stecker, siehe auch Paragraphen [0015] bis [0018].

3.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 4.1, vorgelegt in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

Anspruch 1 unterscheidet sich von dem des Hilfsantrags 3 lediglich dadurch, dass das fakultative Merkmal im Kennzeichen ("insbesondere zur Ver- und Entriegelung ...") durch Streichen von "insbesondere" nunmehr obligatorisch ist, was dazu führt, dass nach Ansicht der Patentinhaberin/Beschwerdeführerin es jetzt klar sei, dass das Lichtmodul erst nach einer positiven Auswertung des Codes angesteuert werde.

Die Kammer hat aber in ihrer Beurteilung zum Hilfsantrag 3 bereits dieses Merkmal berücksichtigt, so dass sich für den Hilfsantrag 4 kein anderes Ergebnis als für Hilfsantrag 3 ergibt (siehe oben, 3.1).

3.5 Damit kann auch dahingestellt bleiben, ob der Hilfsantrag 4.1 in das Verfahren zuzulassen war.

4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 4.2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von E5 in Kombination mit D2.

4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrag 4.2 besteht im Wesentlichen aus dem unabhängigen Anspruch 2 des Hilfsantrags 4 mit angepassten Unteransprüchen.

4.2 Das Dokument E5 offenbart alle Merkmale des Anspruchs 1 bis auf das zweite Merkmal des kennzeichnenden Teils, nämlich dass das Lichtmodul (20) zumindest eine optische Linse (26) für einen Lichtstrahl (30,31) des Leuchtmittels (23) aufweist, um diesen zu bündeln oder zu streuen.

4.3 Die Patentinhaberin/Beschwerdeführerin 2 ist der Auffassung, dass es sich bei dem Gegenstand der E5 nicht um ein außenliegendes Montagebauteil handele, da das Leuchtmodul in E5 nicht im Türgriff sondern in der Tür selbst verbaut sei. Damit könne E5 keinen geeigneten Ausgangspunkt für eine Betrachtung der erfinderischen Tätigkeit darstellen. Außerdem offenbare E5 keine Linse; somit fehlten auch die letzten beiden Merkmale des Kennzeichens von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4.2.

Hierzu stellt die Kammer fest, dass vorliegend der Türgriff aus dem Griff selbst besteht und aus einem Teil, der den karosserieaußenseitigen Teil des Griffs mit der Türstruktur verbindet, elektrisch und/oder mechanisch. E5 offenbart als zum Türgriff (handle) gehörig den Griff (lever 5) und einen Träger (frame 1) der ein Drehlager (pin 3) enthält. Somit ist ein Teil der Baueinheit "Türgriff" in der Tür - also karosserieseitig - angeordnet, vgl. E5, Seite 2, Zeilen 29 ff.

Eine vergleichbare Situation liegt auch im Streitpatent vor. Figur 1 zeigt einen erfindungsgemäßen Türgriff. Mit den Anlageflächen 10b4 liegt dieser Türgriff an der Karosserie an. Damit sind aber alle Elemente jenseits dieser Anlagefläche ebenfalls innerhalb der Türstruktur angeordnet, so z.B. auch der zum Leuchtmodul gehörige Stecker 27.

Somit betrachtet die Kammer auch das Leuchtmodul in E5 gemäß dem Merkmal O4als im Türgriff befestigt ("wobei das Lichtmodul (20) ein separates Bauteil zum Montagemodul darstellt, welches am Montagebauteil (10) befestigbar ist", vgl. Merkmalsgliederung der Entscheidung der Einspruchsabteilung, Anhang).

Vor allem kommt der (transparente) Teil des Leuchtmoduls, der das Leuchtmittel beinhaltet, innerhalb des Griffs (lever 5) zu liegen, vgl. E5, Figur 2.

4.4 Weiterhin behauptet die Patent­inhaberin/Be­schwerde­führerin 1, dass es sich bei dem Teil 15 in E5 nicht um einen Stecker handele, sondern dass lediglich 2 Kontakte nach außen geführt würden. Ein Stecker sei mehr, als nur 2 oder mehr Kontakte bereitzustellen. Es seien weiterhin mechanische Elemente einer Führung nötig.

Die Kammer ist der Ansicht, dass E5 zweifelsfrei einen Stecker offenbart (plug 15). Auch hier wird das Leuchtmodul über den Stecker sicher in die Buchse (socket 16) geführt.

4.5 Mit dem unterscheidenden Merkmal ("Linse") wird die Aufgabe gelöst, eine bestimmte vorgesehene Lichtverteilung herstellen zu können.

Zur Lösung dieser Aufgabe würde der Fachmann das Dokument D2 in Betracht ziehen.

Auch dort wird das Gehäuse 26 des Lichtmoduls 10 in einem Spritzgußverfahren hergestellt.

Gemäß Paragraph [0034] ist das Gehäuse transparent und kann auch eine Linse aufweisen, auch Paragraph [0074] und Figuren 16 und 17.

Die Kammer pflichtet der Patent­inhaberin/Beschwerde­führerin bei, dass in D2 erkennbar ein Kabel den Türgriff samt Leuchtmodul mit einem Stecker verbinde, teilt aber nicht deren Schluss, nämlich, dass der Fachmann D2 deshalb nicht in Betracht ziehen würde. Ungeachtet der mechanischen Gestaltung kann der Fachmann der D2 entnehmen, dass vorteilhaft Linsen in Leuchtmodulen eingesetzt werden können, die in Türgriffen montiert werden. Er kann der D2 weiterhin entnehmen, dass die Linsen im Gehäuse anzubringen sind und mit dem Gehäuse vergossen werden können.

4.6 Da die Kammer dem Antrag den Einsprechenden auf Widerruf des Patents gefolgt ist, muss hier nicht begründet werden, warum der Hilfsantrag 4.2 in das Verfahren zugelassen worden ist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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