European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T235117.20200921 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 21 September 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2351/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10177849.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | B27B31/06 B27G1/00 B27M1/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung und Verfahren zum Ausrichten von Werkstücken | ||||||||
Name des Anmelders: | HOMAG GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Spät eingereichter Antrag - Rechtfertigung für späte Vorlage (ja) Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein) Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 10 177 849.6 zurückzuweisen, hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
II. Mit der Beschwerdebegründung beantragte sie sinngemäß, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent gemäß den in der angefochtenen Entscheidung diskutierten Anträgen (Hauptantrag, Hauptantrag-a, Hilfsantrag und Hilfsantrag-a), erneut eingereicht mit der Beschwerdebegründung, zu erteilen.
III. Die in der angefochtenen Entscheidung zitierten Dokumente sind die folgenden:
D1: EP 2 030 725 A;
D2: WO 99/61212 A; und
D3: GB 2 124 144 A.
IV. Nach der angefochtenen Entscheidung sei der Gegenstand von Anspruch 1 bzw. 2 des damaligen Hauptantrags sowohl nicht neu gegenüber D2 als auch nicht erfinderisch im Lichte der Kombination von D2 als nächstliegender Stand der Technik mit dem normalen fachlichen Handeln und Können des Fachmannes in Bezug auf die Bearbeitung der Werkstückschmalflächen, wie z.B in Figur 2 von D1 illustriert.
Der Gegenstand von Anspruch 1 bzw. 2 des damaligen Hilfsantrags sei auch nicht erfinderisch im Lichte der Kombination von D2 als nächstliegender Stand der Technik mit dem normalen fachlichen Handeln und Können des Fachmannes in Bezug auf die Fräsbearbeitung, wie z.B. im Absatz 13 von D1 beschrieben ist.
Die gegen den damaligen Hauptantrag bzw. Hilfsantrag erhobenen Einwände gelten entsprechend für den damaligen Hauptantrag-a bzw. Hilfsantrag-a, weil die in Anspruch 1 bzw. 2 der letzteren Anträge eingeführten Merkmale (Fase oder Rundung) aus D2 bekannt seien.
V. Mit Bescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 in Bezug auf die für den 23. September 2020 anberaumte mündliche Verhandlung, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf die Gegenstände des Anspruchs 1 bzw. 2 aller Anträge mit, nämlich dass sie deren Neuheit anerkennte und dass sie sich den Schlussfolgerungen der Prüfungsabteilung bezüglich deren mangelnden erfinderischen Tätigkeit anschlösse. Die Kammer erhob einen neuen Einwand unzulässiger Änderung gegen Anspruch 1 bzw. 2 von Hauptantrag-a bzw. Hilfsantrag-a gemäß Artikel 123 (2) EPÜ.
VI. Mit Schriftsatz vom 28. August 2020 reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruchssatz als Hauptantrag und mit Schriftsatz vom 2. September 2020 eine daran angepasste Beschreibung ein.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und
ein Patent auf der Grundlage den folgenden Unterlagen zu erteilen (Hauptantrag):
- Beschreibungsseiten 1 bis 12, wie am 2. September 2020 eingereicht;
- Ansprüche 1 bis 12, wie am 28. August 2020 eingereicht; und
- Figuren 1 und 2, wie ursprünglich eingereicht,
hilfsweise,
die Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung, ein Patent mit den für den Hauptantrag gleichen Ansprüchen und Figuren und einer noch anzupassenden Beschreibung zu erteilen (Hilfsantrag).
Die Beschwerdeführerin beantragte weiter hilfsweise eine mündliche Verhandlung.
VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Verfahren zum Ausrichten von Werkstücken (2) unter Einsatz einer Vorrichtung (1)
zum Bearbeiten von Werkstücken (2), die bevorzugt zumindest abschnittsweise aus Holz, Holzwerkstoffen, Kunststoff oder dergleichen bestehen, wobei die Vorrichtung umfasst:
eine Fördereinrichtung (4) zum Fördern der Werkstücke (2) in einer Förderrichtung (F);
eine elektronische, optische Erfassungseinrichtung (30) zum Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur (5) der auf der Fördereinrichtung (4) geförderten Werkstücke (2), wobei die Struktur (5) zwischen einer ersten Werkstückschmalfläche (6) und einer zweiten Werkstückschmalfläche (7), die das Werkstück (2) seitlich in der Förderrichtung (F) begrenzen, angeordnet ist; und
eine erste Ausrichteinrichtung (20) zum Verschieben und Ausrichten der auf der Fördereinrichtung (4) geförderten Werkstücke (2) auf Grundlage eines Erfassungsergebnisses der Erfassungseinrichtung (30), wobei die erste Ausrichteinrichtung (20) ein erstes Ausrichtelement (22) aufweist, das quer zur Förderrichtung (F) verfahrbar ist; und
eine Bearbeitungseinrichtung (10) zum Bearbeiten der ersten und/oder zweiten Werkstückschmalfläche (6, 7), die wenigstens ein dem ersten Ausrichtelement (22) nachgeschaltetes erstes Bearbeitungsmittel (11) aufweist,
wobei das Verfahren die Schritte umfasst:
Fördern eines Werkstückes (2) mittels der Fördereinrichtung (4);
Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur (5) der auf der Fördereinrichtung (4) geförderten Werkstücke (2), wobei die Struktur (5) zwischen einer ersten Werkstückschmalfläche (6) und einer zweiten Werkstückschmalfläche (7), die das Werkstück (2) seitlich in der Förderrichtung (F) begrenzen, auf dem Werkstück angeordnet ist, wobei die dreidimensionale Struktur eine in einer Oberflächenpresse gepresste Fase oder Rundung ist, die so eingepresst ist, dass die fertig bearbeiteten Werkstücke eine Fuge bilden, wenn man sie zusammenlegt,
Verschieben und Ausrichten des auf der Fördereinrichtung (4) geförderten Werkstücks (2) auf der Grundlage des Erfassungsergebnisses der Erfassungseinrichtung (30) quer zur Förderrichtung (F),
wobei das Erfassen und/oder Verschieben bzw. Ausrichten ausgeführt werden, während das Werkstück (2) in Förderrichtung (F) gefördert wird;
Bearbeiten wenigstens einer Werkstückschmalfläche (6, 7)."
Anspruch 2 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"Verfahren zum Ausrichten von Werkstücken (2) unter Einsatz einer Vorrichtung (1)
zum Bearbeiten von Werkstücken (2), die bevorzugt zumindest abschnittsweise aus Holz, Holzwerkstoffen, Kunststoff oder dergleichen bestehen, wobei die Vorrichtung umfasst:
eine Fördereinrichtung (4) zum Fördern der Werkstücke (2) in einer Förderrichtung (F);
eine elektronische, optische Erfassungseinrichtung (30) zum Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur (5) der auf der Fördereinrichtung (4) geförderten Werkstücke (2), wobei die Struktur (5) zwischen einer ersten Werkstückschmalfläche (6) und einer zweiten Werkstückschmalflache (7), die das Werkstück (2) seitlich in der Förderrichtung (F) begrenzen, angeordnet ist;
wenigstens eine Bearbeitungseinrichtung (10) zum Bearbeiten der ersten und/oder zweiten Werkstückschmalfläche (6, 7), die mindestens ein erstes Bearbeitungsmittel (11) aufweist, das quer zur Förderrichtung (F) auf Grundlage eines Erfassungsergebnisses der Erfassungseinrichtung (30) verfahrbar ist,
wobei das Verfahren die Schritte umfasst:
Fördern eines Werkstückes (2) mittels der Fördereinrichtung (4);
Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur (5) der auf der Fördereinrichtung (4) geförderten Werkstücke (2), wobei die Struktur (5) zwischen einer ersten Werkstückschmalfläche (6) und einer zweiten Werkstückschmalfläche (7), die das Werkstück (2) seitlich in der Förderrichtung (F) begrenzen, auf dem Werkstück angeordnet ist, wobei die dreidimensionale Struktur eine in einer Oberflächenpresse gepresste Fase oder Rundung ist, die so eingepresst ist, dass die fertig bearbeiteten Werkstücke eine Fuge bilden, wenn man sie zusammenlegt,
Verfahren wenigstens eines Bearbeitungsmittels (11, 12) der Bearbeitungseinrichtung (10) zum Bearbeiten der ersten und/oder zweiten Werkstückschmalfläche (6, 7) quer zur Förderrichtung (F) auf der Grundlage des Erfassungsergebnisses der Erfassungseinrichtung (30),
wobei das Verfahren ausgeführt wird, während das Werkstück (2) in Förderrichtung (F) gefördert wird."
IX. Das wesentliche, für die Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin wird in den folgenden Entscheidungsgründen eingeschlossen.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensaspekte
1.1 Die revidierte Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten (Artikel 24 VOBK 2020). Vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen (Artikel 25 VOBK 2020) ist die revidierte Fassung auch auf die vorliegende Beschwerde anwendbar, die am Tag des Inkrafttretens bereits anhängig war.
1.2 Die vorliegende Entscheidung ergeht im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung gemäß Artikel 12 (8) VOBK 2020 unter Wahrung der Verfahrensrechte der Beschwerdeführerin nach Artikel 113 und 116 EPÜ.
Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach Artikel 113 (1) EPÜ ist uneingeschränkt beachtet, da die Beschwerdeführerin umfangreich zur Sache vorgetragen und die Kammer diesen Vortrag ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Der von der Beschwerdeführerin hilfsweise gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung gemäß Artikel 116 (1) EPÜ steht unter der Bedingung, dass die Kammer nicht schon ihrem Hauptantrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Erteilung eines Patents auf der Basis des Hauptantrages anzuordnen, stattgibt. Da die Kammer mit der vorliegenden Entscheidung dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin folgt, wird der Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung verfahrensrechtlich nicht wirksam, so dass der ursprünglich für den 23. September 2020 anberaumte Termin zur mündlich Verhandlung aufgehoben wird.
2. Zulassung ins Verfahren des Hauptantrags
2.1 Der Anspruchssatz des Hauptantrags wurde mit Schriftsatz vom 28. August 2020 eingereicht, d.h. nach der Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2020 (siehe Punkte V und VI oben).
2.2 Der als Hauptantrag neu eingereichte Schriftsatz basiert auf den in der angefochtenen Entscheidung diskutierten und erneut mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchssatz gemäß damaligem Hauptantrag-a, gegen welchen die Kammer mit ihrem Bescheid vom 18. März 2020 einen neuen Einwand gemäß Artikel 123 (2) EPÜ erhoben hatte (siehe erneut Punkt V oben). Die von der Beschwerdeführerin im Anspruchssatz des Hauptantrags durchgeführten Änderungen haben als Ziel, diesen Einwand zu überwinden, und führen zur keinen neuen Einwänden.
Dies gilt für die Kammer als einen stichhaltigen Grund, dass außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK 2020 vorliegen.
2.3 Deshalb werden der Anspruchssatz des Hauptantrags sowie die am 2. September 2020 eingereichte, daran angepasste Beschreibung ins Beschwerdeverfahren zugelassen.
3. Änderungen
Anspruch 1 des Hauptantrags stützt sich auf die Ansprüche 1 und 11 sowie die Beschreibung, Seite 3, Zeile 36, bis Seite 4, Zeile 3, der ursprünglich eingereichten Unterlagen.
In einer ähnlichen Weise stützt sich Anspruch 2 des Hauptantrags auf die Ansprüche 2 und 12 sowie die Beschreibung, Seite 3, Zeile 36, bis Seite 4, Zeile 3, der ursprünglich eingereichten Unterlagen.
Die abhängigen Ansprüche 3 bis 5 basieren auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 13 bis 15. Die in Anspruch 4 neu eingeführte Rückbeziehung auf Anspruch 1 basiert auf Seite 5, Zeilen 15 bis 21, sowie Seite 7, Zeilen 25 bis 27, der ursprünglich eingereichten Beschreibung. Die abhängigen Ansprüche 6 bis 12 basieren auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 3 und 5 bis 10.
Die mit dem Schriftsatz vom 2. September 2020 eingereichte Beschreibung ist an die Ansprüche des Hauptantrags angepasst und schließt eine Würdigung des relevanten Stands der Technik ein.
Der Hauptantrag erfüllt somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
4. Neuheit
4.1 Laut der angefochtenen Entscheidung ist lediglich die D2 als neuheitsschädlich berücksichtigt (siehe Punkt IV oben).
4.2 In Bezug auf den Verfahrensanspruch 1 des Hauptantrags offenbart die Entgegenhaltung D2 (siehe Seite 2, Zeile 16, bis Seite 5, Zeile 21; Figuren 1 bis 4):
ein Verfahren zum Ausrichten ("positioning") von Werkstücken ("object" 1) unter Einsatz einer Vorrichtung zum Bearbeiten von Werkstücken (1), die bevorzugt zumindest abschnittsweise aus Holz ("MDF material") bestehen, wobei die Vorrichtung umfasst:
eine Fördereinrichtung ("conveying means"; "roller conveyor", siehe z.B. Seite 5, Zeilen 17 bis 19, und Figur 4) zum Fördern der Werkstücke (1) in einer Förderrichtung (z.B. "feed direction" S und Figuren 3.1 und 4);
eine optische Erfassungseinrichtung ("optic detector means" 7) zum Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur ("register point" 6; "groove", "protuberance", "line", "hole", "embossment" oder "spot") der auf der Fördereinrichtung geförderten Werkstücke (1), wobei die Struktur (6) zwischen einer ersten Werkstückschmalfläche und einer zweiten Werkstückschmalfläche, die das Werkstück (1) seitlich in der Förderrichtung begrenzen, angeordnet ist; und
eine erste Ausrichteinrichtung ("positioning station"; "first positioning station" 15; "second positioning station" 17; siehe Figur 4) zum Verschieben und Ausrichten der auf der Fördereinrichtung geförderten Werkstücke (1) auf Grundlage eines Erfassungsergebnisses der Erfassungseinrichtung (7) (siehe Seite 3, Zeilen 15 bis 17; Seite 4, Zeile 37, bis Seite 5, Zeile 2), wobei die erste Ausrichteinrichtung ein erstes Ausrichtelement ("positioning means"; "gripping elements" 13) aufweist, das quer zur Förderrichtung verfahrbar ist ("along guide rails" 21, siehe Seite 5, Zeilen 3-4, und Figuren 3.1, 3.2 und 3.3); und
eine Bearbeitungseinrichtung ("division stage" 8; "first sawing station" 16; "second sawing station" 18; siehe Figur 4) zum Aufteilen der Werkstücke, die wenigstens ein dem ersten Ausrichtelement ("first positioning station" 15; "second positioning station" 17) nachgeschaltetes erstes Bearbeitungsmittel (8, 16, 18) aufweist,
wobei das Verfahren die Schritte umfasst:
Fördern eines Werkstückes (1) mittels der Fördereinrichtung ("conveying means"; "roller conveyor");
Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur (6) der auf der Fördereinrichtung geförderten Werkstücke (1), wobei die Struktur (6) zwischen einer ersten Werkstückschmalfläche und einer zweiten Werkstückschmalfläche, die das Werkstück (1) seitlich in der Förderrichtung (S) begrenzen, auf dem Werkstück angeordnet ist;
Verschieben und Ausrichten des auf der Fördereinrichtung geförderten Werkstücks (1) auf der Grundlage des Erfassungsergebnisses der Erfassungseinrichtung (7) quer zur Förderrichtung,
wobei das Erfassen und/oder Verschieben bzw. Ausrichten ausgeführt werden, während das Werkstück (1) in Förderrichtung gefördert wird (siehe Seite 3, Zeilen, 20-21; "The detector means 7, the object 1 being treated or both can be moved during detection").
4.3 In Bezug auf den Verfahrensanspruch 2 des Hauptantrags offenbart die Entgegenhaltung D2 (siehe auch Seite 2, Zeile 16, bis Seite 5, Zeile 21; Figuren 1 bis 4):
ein Verfahren zum Ausrichten ("positioning") von Werkstücken ("object" 1) unter Einsatz einer Vorrichtung zum Bearbeiten von Werkstücken (1), die bevorzugt zumindest abschnittsweise aus Holz ("MDF material") bestehen, wobei die Vorrichtung umfasst:
eine Fördereinrichtung ("conveying means"; "roller conveyor", siehe z.B. Seite 5, Zeilen 17 bis 19 und Figur 4) zum Fördern der Werkstücke (1) in einer Förderrichtung (z.B. "feed direction" S und Figuren 3.1 und 4);
eine elektronische, optische Erfassungseinrichtung ("optic detector means" 7) zum Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur ("register point" 6; "groove", "protuberance", "line", "hole", "embossment" oder "spot") der auf der Fördereinrichtung geförderten Werkstücke (1), wobei die Struktur (6) zwischen einer ersten Werkstückschmalfläche und einer zweiten Werkstückschmalflache, die das Werkstück (1) seitlich in der Förderrichtung begrenzen, angeordnet ist;
wobei das Verfahren die Schritte umfasst:
Fördern eines Werkstückes (1) mittels der Fördereinrichtung;
Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur (6) der auf der Fördereinrichtung geförderten Werkstücke (1), wobei die Struktur (6) zwischen einer ersten Werkstückschmalfläche (6) und einer zweiten Werkstückschmalfläche, die das Werkstück (1) seitlich in der Förderrichtung begrenzen, auf dem Werkstück angeordnet ist.
4.4 Daher ist zumindest das folgende Merkmal des Anspruchs 1 bzw. 2 aus D2 nicht bekannt:
- Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur der Werkstücke, wobei die dreidimensionale Struktur eine in einer Oberflächenpresse gepresste Fase oder Rundung ist, die so eingepresst ist, dass die fertig bearbeiteten Werkstücke eine Fuge bilden, wenn man sie zusammenlegt.
4.5 Da auch die anderen verfügbaren Entgegenhaltungen D1 und D3 das oben genannte Merkmal auch nicht offenbaren, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 des Hauptantrags neu (Artikel 54 (1) EPÜ).
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1 Verfahrensanspruch 1
5.1.1 Da die D2 auf dem gleichen technischen Gebiet des Anspruchs 1 liegt, und zwar von Verfahren zum Ausrichten von Werkstücken, die bevorzugt zumindest abschnittsweise aus Holz bestehen, unter Einsatz einer Bearbeitungsvorrichtung (Seite 2, Zeilen 18 bis 19; Anspruch 1), kann sie als nächstliegender Stand der Technik für den Verfahrensanspruch 1 angesehen werden, wie übrigens auch in der angefochtenen Entscheidung.
5.1.2 Im Lichte der unter Punkt 4.2 oben ausgeführten Diskussion über die Offenbarung der D2 in Bezug auf Neuheit sind die folgenden Merkmale des Verfahrensanspruchs 1 aus D2 nicht bekannt:
- Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur der Werkstücke, wobei die dreidimensionale Struktur eine in einer Oberflächenpresse gepresste Fase oder Rundung ist, die so eingepresst ist, dass die fertig bearbeiteten Werkstücke eine Fuge bilden, wenn man sie zusammenlegt;
- eine Bearbeitungseinrichtung zum Bearbeiten der ersten und/oder zweiten Werkstückschmalfläche, die wenigstens ein dem ersten Ausrichtelement nachgeschaltetes erstes Bearbeitungsmittel aufweist; und
- Bearbeiten wenigstens einer Werkstückschmalfläche.
5.1.3 Der mit den o.g. Unterscheidungsmerkmalen, insbesondere der mit dem o.g. Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur der Werkstücke verbundene technische Effekt ist, dass die Position der Struktur auf dem fertig bearbeiteten Werkstück direkt unabhängig von den tatsächlichen Werkstückabmessungen, die schwanken können, erfasst wird, siehe ursprünglich eingereichte Beschreibung, Seite 4, Zeilen 18 bis 21.
5.1.4 Die zu lösende Aufgabe kann daher darin gesehen werden, als das aus D2 bekannte Verfahren zum Ausrichten von Werkstücken so zu ändern, dass die Struktur präzise auf dem fertig bearbeiteten Werkstück positioniert ist, siehe ursprünglich eingereichte Beschreibung, Seite 3, Zeilen 3 bis 9, Seite 4, Zeile 29, bis Seite 5, Zeile 2, und Seite 5, Zeilen 28 bis 32.
5.1.5 Da die beanspruchte Lösung, insbesondere das Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur der Werkstücke wie beansprucht, von keiner der verfügbaren Entgegenhaltungen im Lichte der o.g. zu lösenden Aufgabe offenbart bzw. nahegelegt wird, kann eine erfinderische Tätigkeit für den Gegenstand des Verfahrensanspruchs 1 anerkannt werden (Artikel 56 EPÜ).
5.2 Verfahrensanspruch 2
5.2.1 Aus den für den Verfahrensanspruch 1 unter Punkt 5.1.1 oben gleichen angegebenen Gründen, kann die D2 als nächstliegender Stand der Technik für den Verfahrensanspruch 2 angesehen werden.
5.2.2 Im Lichte der unter Punkt 4.3 oben ausgeführten Diskussion über die Offenbarung der D2 in Bezug auf Neuheit, sind die folgenden Merkmale des Verfahrensanspruchs 2 aus D2 nicht bekannt:
- Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur der Werkstücke, wobei die dreidimensionale Struktur eine in einer Oberflächenpresse gepresste Fase oder Rundung ist, die so eingepresst ist, dass die fertig bearbeiteten Werkstücke eine Fuge bilden, wenn man sie zusammenlegt;
- wenigstens eine Bearbeitungseinrichtung zum Bearbeiten der ersten und/oder zweiten Werkstückschmalfläche, die mindestens ein erstes Bearbeitungsmittel aufweist, das quer zur Förderrichtung auf Grundlage eines Erfassungsergebnisses der Erfassungseinrichtung verfahrbar ist; und
- Verfahren wenigstens eines Bearbeitungsmittels der Bearbeitungseinrichtung zum Bearbeiten der ersten und/oder zweiten Werkstückschmalfläche quer zur Förderrichtung auf der Grundlage des Erfassungsergebnisses der Erfassungseinrichtung, wobei das Verfahren ausgeführt wird, während das Werkstück in Förderrichtung gefördert wird.
5.2.3 Da der mit den Unterscheidungsmerkmalen verbundene technische Effekt der gleiche ist, wie der unter Punkt 5.1.3 oben für den Verfahrensanspruch 1 angegebene, kann ebenso als die zu lösende Aufgabe gesehen werden, das aus D2 bekannte Verfahren zum Ausrichten von Werkstücken so zu ändern, dass die Struktur präzise auf dem fertig bearbeiteten Werkstück positioniert ist.
5.2.4 Wie für den Verfahrensanspruch 1 kann eine erfinderische Tätigkeit für den Gegenstand des Verfahrensanspruchs 2 anerkannt werden, weil die beanspruchte Lösung, insbesondere das Erfassen einer Position einer dreidimensionalen Struktur der Werkstücke wie beansprucht, von keiner der verfügbaren Entgegenhaltungen im Lichte der zu lösenden Aufgabe offenbart bzw. nahegelegt wird (Artikel 56 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
Beschreibung:
Seiten: 1 bis 12, eingereicht mit Schriftsatz vom 2. September 2020
Ansprüche:
Nr.: 1 bis 12, eingereicht mit Schriftsatz vom 28. August 2020
Zeichnungen:
Figuren 1 und 2, wie ursprünglich eingereicht.