T 2209/17 () of 17.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T220917.20190517
Datum der Entscheidung: 17 Mai 2019
Aktenzeichen: T 2209/17
Anmeldenummer: 12735561.8
IPC-Klasse: F21V 5/00
F21S 4/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: ANORDNUNG ZUR LICHTABGABE
Name des Anmelders: Zumtobel Lighting GmbH
Name des Einsprechenden: Siteco Beleuchtungstechnik GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung - Hauptantrag, Hilfsanträge 1 bis 4 - JA
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 5
Erfinderische Tätigkeit - JA
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2734777 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 13. Juli 2017.

II. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag (entsprechend dem Hauptantrag aus dem Beschwerdeverfahren) unzulässig erweitert ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der aufrechterhaltenen Fassung beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Dokumente

US 7,339,200 B2 (D1),

EP 1890 076 A1 (D2),

US 2010/0061090 (D3),

EP 1998 105 A1 (D5).

III. Am 17. Mai 2019 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin 1 (Einsprechende) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdeführerin 2 (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der Ansprüche des Hauptantrags eingereicht mit der Beschwerdebegründung aufrechtzuerhalten, hilfsweise auf der Grundlage eines der ebenfalls mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4, oder weiterhin hilfsweise, die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 zurückzuweisen oder das Patent auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 6 bis 9 eingereicht mit der Beschwerdebegründung aufrechtzuerhalten.

IV. Der Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

Anordnung zur Lichtabgabe (1), mit mehreren LED-Lichtquellen (4) und mehreren in Lichtabstrahlrichtung nach den LED-Lichtquellen (4) angeordneten ersten Linsen (6), wobei die ersten Linsen (6) zu einem optischen Element (2) zusammengefügt sind und in Lichtabstrahlrichtung nach den ersten Linsen (6) eine zweite Linse (7, 8) zur Beeinflussung des von den ersten Linsen (6) abgegebenen Lichts angeordnet ist, und wobei die Lichtstärkeverteilungskurve des von jeder ersten Linse (6) abgegebenen Lichts in der CO/C180-Ebene zwei im Wesentlichen symmetrische voneinander getrennte Flügel aufweist, die jeweils im Wesentlichen in einem Winkelbereich von 0° bis 90°, bezogen auf eine Achse parallel zur Lichtabstrahlrichtung durch den Lichtschwerpunkt der jeweiligen ersten Linse (6), liegen und jeweils einen Spitzenbereich und daran beidseits anschließende Flankenbereiche, in denen die Lichtstärke auf einen deutlich geringeren Wert als in dem Spitzenbereich abfällt, aufweisen, wobei der Spitzenbereich bei Winkeln größer 0° liegt und eine der Flanken zu dem Winkelbereich um 0° hin abfällt, wobei der Winkel zwischen den beiden Spitzenbereichen der Flügel dem Öffnungs- bzw. Abstrahlwinkel des von der jeweiligen ersten Linse (6) abgegebenen Lichts entspricht und wobei die zweite Linse (7, 8) derart ausgebildet und nach den ersten Linsen (6) angeordnet ist, dass durch die zweite Linse (7, 8) der Öffnungs- bzw. Abstrahlwinkel des von den ersten Linsen (6) abgegebenen Lichts verkleinert oder vergrößert wird.

V. Der Anspruchs 1 gemäß der von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Fassung lautet wie folgt:

Anordnung zur Lichtabgabe (1), mit mehreren LED-Lichtquellen (4) und mehreren in Lichtabstrahlrichtung nach den LED-Lichtquellen (4) angeordneten ersten Linsen (6), wobei die ersten Linsen (6) zu einem optischen Element (2) zusammengefügt sind und in Lichtabstrahlrichtung nach den ersten Linsen (6) zweite Linsen (7, 8) zur Beeinflussung des von den ersten Linsen (6) abgegebenen Lichts angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet, dass

die Lichtstärkeverteilungskurve des von jeder ersten Linse (6) abgegebenen Lichts in der C0/C180-Ebene zwei im Wesentlichen symmetrische voneinander getrennte Flügel aufweist, die jeweils im Wesentlichen in einem Winkelbereich von 0° bis 90°, bezogen auf eine Achse parallel zur Licht­abstrahlrichtung durch den Lichtschwerpunkt der jeweiligen ersten Linse (6), liegen und jeweils einen Spitzenbereich und daran beidseits anschließende Flankenbereiche, in denen die Lichtstärke auf einen deutlich geringeren Wert als in dem Spitzenbereich abfällt, aufweisen, wobei der Spitzenbereich bei Winkeln größer 0° liegt und eine der Flanken zu dem Winkelbereich um 0° hin abfallt, wobei der Winkel zwischen den beiden Spitzenbereichen der Flügel dem Öffnungs- bzw. Abstrahlwinkel des von der jeweiligen ersten Linse (6) abgegebenen Lichts entspricht und dass die zweiten Linsen (7, 8) derart ausgebildet und nach den ersten Linsen (6) angeordnet sind, dass durch die zweiten Linsen (7, 8) der Öffnungs- bzw. Abstrahlwinkel des von den ersten Linsen (6) abgegebenen Lichts verkleinert oder vergrößert wird.

VI. Die Argumente der Patentinhaberin/Beschwerdeführerin 2 - soweit sie für die Entscheidung wesentlich waren - lauteten wie folgt:

Der Gegenstand des Hauptantrags sei nicht unzulässig erweitert.

Insbesondere definiere der Oberbegriff des Anspruchs 1 wie ursprünglich eingereicht, mindestens eine LED Lichtquelle und mindestens eine erste Linse. Im kennzeichnenden Teil sei dann definiert, dass vor der mindestens einen ersten Linse eine zweite Linse angeordnet sei. Das ,,mindestens" stünde zwar nicht mehr explizit im kennzeichnenden Teil, durch die Definition im Oberbegriff, lese der Fachmann dies allerdings mit.

Dies ergebe sich auch konsistent aus dem zweiten Absatz auf Seite 8 der ursprünglichen Beschreibung. Dort sei auch eine einzige zweite Linse genannt, die vor eine Leuchte mit mehreren ersten Linsen gesetzt werde.

Des Weiteren beruhe der Gegenstand des aufrecht- erhaltenen Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

So offenbare insbesondere D2, dort Figur 19 keine Lichtverteilung im Sinne des Anspruchs 1. In D2 sei eine Lichtverteilung überhaupt nicht beschrieben. Aus der Passage in Paragraph [0080] gehe insbesondere nicht hervor, dass zwei anspruchsgemäße Flanken entstünden. Dort sei lediglich ausgeführt, dass bestimmte Lichtstrahlen der LED divergierten. Es ist aber unklar, wie die Leuchtdichteverteilung einer Vorrichtung von Figur 19 aussehe.

Ausgehend von D1 sei vorzubringen, dass der Fachmann keine Veranlassung habe, die ersten Linsen zu einem optischen Element zusammenzufassen. Dies sei insbesondere nicht ohne einen erfinderischen Schritt möglich, da gemäß D1 der LED-Chip und die (erste) Linse ein integrales Bauteil bildeten.

Auch habe der Fachmann keine Motivation, den Scheinwerfer im Sinne der Erfindung weiterzuentwickeln und weitere LED-Chips vorzusehen, da das Gehäuse Restriktionen setze.

Eine Lichtverteilung, wie sie der Wortlaut des strittigen Anspruchs 1 fordere, sei der D2 nicht zu entnehmen. So sei vor allem in Figur 19 unklar, wie die resultierende Lichtverteilung aussehe. Die Tatsache, dass es Lichtstrahlen gebe, die nach außen abgelenkt würden (vgl. Paragraph [0080]), bedeute nicht, dass Flanken entstünden, wie sie der Anspruch 1 definiere.

VII. Die Einsprechende/Beschwerdeführerin 1 begegnete diesen Argumenten wie folgt:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei unzulässig erweitert. So sei es nicht der ursprünglichen Offenbarung zu entnehmen, dass eine einzige zweite Linse mehreren ersten Linsen zugeordnet sein könne. Im Gegenteil, die ursprünglichen Ansprüche 1, 6 und 8 machten klar, dass jeder zweiten Linse eine einzige erste Linse zugeordnet sein müsse. Es könne aber auch sein, dass eine erste Linse keine zweite Linse aufweise, siehe den ursprünglichen Anspruch 8. Damit erkläre sich auch die von der Patentinhaberin zitierte Passage auf Seite 8. Dort sei es eben so, dass die dort beschriebenen Leuchte nur eine einzige zweite Linse aufweise, die dann eben einer einzigen ersten Linse zugeordnet sei. Diese Passage sei somit völlig im Einklang mit dem Anspruchswortlaut der ursprünglichen Fassung.

Der Gegenstand des Anspruchs 1, wie ihn die Einspruchsabteilung in geänderter Fassung aufrechterhalten habe, beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit entweder ausgehend von der D2 als nächstliegendem Stand der Technik in Verbindung mit der D5 oder ausgehend von der D1 als nächstliegendem Stand der Technik in Verbindung mit der D5 und ggf. zusätzlich der D3.

So offenbare insbesondere D2, Figur 19 in Kombination mit Paragraph [0080] eine erfindungsgemäße Leuchtdichteverteilung. Paragraph [0080] beschreibe, dass die Lichtstrahlen nach außen abgelenkt würden. Damit sei es aber klar dass die Leuchtdichte in der Mitte geringer sei. Somit ergäben sich zwangsläufig die Flanken, die der Anspruch 1 definiere.

Entscheidungsgründe

1. Die Kammer folgt in der vorliegenden Entscheidung vollumfänglich der Entscheidung der Einspruchsabteilung.

Dies gilt sowohl für die Frage der behaupteten unzulässigen Erweiterung (Artikel 123 (2) EPÜ) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag (betrifft die Beschwerde der Patentinhaberin), als auch die Frage der behaupteten mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), ausgehend von D2 oder D1 (gemäß der Beschwerde der Einsprechenden).

2. Zur Frage der behaupteten unzulässigen Erweiterung:

Die von der Patentinhaberin/Beschwerdeführerin 2 zitierten Stellen der ursprünglichen Anmeldeunterlagen (Anspruch 1 und Seite 8, 2. Absatz) können so verstanden werden, dass auch bei mehreren ersten Linsen nur eine einzige zweite Linse vorhanden ist, die dann aber nur einer einzigen ersten Linse zugeordnet ist. Eine unter dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag fallende Ausführung mit einer einzigen zweiten Linse, die mehreren ersten Linsen zugeordnet ist, ist den ursprünglichen Anmeldunterlagen nicht eindeutig und unmittelbar zu entnehmen.

Das gleiche gilt für den jeweiligen Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4, welcher den gleichen Wortlaut "wobei die zweite Linse (7, 8) derart ausgebildet und nach den ersten Linsen (6) angeordnet ist, dass durch die zweite Linse (7, 8) der Öffnungs- bzw. Abstrahlwinkel des von den ersten Linsen (6) abgegebenen Lichts ..." enthält.

3. Zur Frage der behaupteten mangelnden erfinderischen Tätigkeit ist seitens der Kammer folgendes hinzuzufügen:

3.1 Das Dokument D1 offenbart eine LED (Leuchtdiode), bestehend aus einem Leucht-Chip (light-emitting chip, 12), der in einer Masse aus Epoxy o.ä. (transparent sealing member, 14) eingegossen ist, vgl. Spalte 5, Zeilen 40 bis 60 und Figur 1.

Diese Vergussmaterial stellt das Gehäuse der LED dar und weist eine bestimmte Form auf (Figur 3), die zu einer Leuchtdichteverteilung gemäß den Figuren 6a und 6b führt. Unstrittig ist damit das Teil 14 eine erste Linse im Sinne des Streitpatents.

3.2 Die Kammer hält das Argument der Einsprechenden, der Fachmann würde mehrere LED Elemente in der Leuchte gemäß D1 anordnen und dabei die ersten Linsen zu einem gemeinsamen optischen Element zusammenzufassen, auf einer rückschauenden Betrachtungsweise beruhend.

Da D1 eine integrale Einheit von Leuchtchip und erster Linse darstellt, besteht überhaupt keine Veranlassung für den Fachmann, diesen Verbund wieder aufzugeben und die LED-Chips einzeln anzuordnen, nur um dann die ersten Linsen in einer gemeinsamen Einheit zusammenzufassen, wie es D5 lehrt.

Auch das Vorbringen, der Fachmann würde für eine Großserie ein einziges integrales Bauteil in Betracht ziehen, bestehend aus einer in Längsrichtung angeordneten LED-Chips und zugehörigen ersten Linsen, ist aus Sicht der Kammer nicht überzeugend: eine Zusammenfassung aller LED-Chips als ein Bauteil im Verbund mit einem optischen Element gemäß dem Streitpatent geht deutlich über die Lehre des Standes der Technik hinaus und würde auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

3.3 Die Kammer kann nicht eindeutig und unmittelbar eine erfindungsgemäße Leuchtdichteverteilung, erzeugt durch das Element gemäß Figur 19 der D2 erkennen. Es ist zwar richtig, dass in Paragraph [0080] beschrieben ist, dass Lichtstrahlen divergent abgelenkt werden, es bleibt aber unklar, wie dies im Detail geschieht. So ist u.a. nicht beschrieben, ob es Lichtstahlen gibt, die an den Flächen 21c1 und 21c2 reflektiert werden, und welchen Einfluss dies auf die Leuchtdichteverteilung hat.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerden werden zurückgewiesen.

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