European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T198417.20200219 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 19 Februar 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1984/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 12306023.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60R 16/03 B62D 25/20 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Anordnung zur Stromversorgung von in einem Kraftfahrzeug angeordneten elektrischen Verbrauchern | ||||||||
Name des Anmelders: | Nexans | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Auto-Kabel Management GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2703229 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 26. Juni 2017.
II. Die Einspruchsabteilung hat unter anderem entschieden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag eingereicht während der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf das Dokument
DE 102 20 303 A1 (D1)
auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt.
III. Am 19. Februar 2020 wurde mündlich verhandelt.
Die Einsprechende/Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der Anspruch 1 gemäß dem einzigen Antrag lautet wie folgt; die Merkmalsgliederung in eckigen Klammern wurde von der Kammer eingefügt:
Kraftfahrzeug mit einer Anordnung zur Stromversorgung von in demselben angeordneten elektrischen Verbrauchern [M1.1],
in welchem mindestens eine elektrische Spannungsquelle (2) angebracht ist [M1.2],
mit welcher die Verbraucher (3) elektrisch leitend verbunden sind [M1.3],
und bei welchem im Bodenbereich elektrisch leitende Tragelemente (4,5) angeordnet sind [M1.4],
die an ihrem einen Ende jeweils mit einem der Pole der Spannungsquelle (2) elektrisch leitend verbunden sind [M1.5],
dadurch gekennzeichnet,
- dass die Tragelemente, die sich im Wesentlichen über die ganze Länge des Kraftfahrzeugs erstrecken, in Doppelfunktion einerseits elektrische Leiter und andererseits mechanisch stabile Träger sind [M1.6],
- dass die beiden Tragelemente in der Funktion als elektrische Leiter auf ihrer ganzen Länge voneinander getrennte Kontaktstellen zum Anschluss der Verbraucher des Kraftfahrzeugs aufweisen [M1.7],
- dass die beiden Tragelemente in der Funktion als mechanisch stabile Träger als Träger für die Aufbauten des Kraftfahrzeugs ausgeführt sind [M1.8], und
- dass die beiden Tragelemente über ihre ganze Länge von einer Isolierung umgeben sind [M1.9].
V. Die Argumente der Beschwerdeführerin - soweit sie für die Entscheidung wesentlich waren - lauteten wie folgt:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
E1 offenbare bis auf das Merkmal 1.9, wonach die Tragelemente über ihre gesamte Länge von einer Isolierung umgeben sind, alle Merkmale des angegriffenen Anspruchs 1.
Insbesondere sei dargelegt, dass die Chassiselemente sich über die gesamte Fahrzeuglänge erstreckten (Paragraph [0006]) und dass sie als zwei Rahmenteile ausgeführt seien, Paragraph [0011]. Eine Chassis sei aber Teil des Fahrzeugs, was eine Trägerfunktion für An- oder Aufbauten habe. Es seien im Streitpatent auch keine Aufbauten spezifiziert, so dass auch ein CD- Spieler oder ein Türgriff einen anspruchsgemäßen Aufbau darstellen könne. Als Leiter würden Rahmenteile im Bodenbereich verwendet, Paragraph [0031].
Der Figur 1 der E1 sei zu entnehmen, dass die Spannungsquelle an einem Ende angeschlossen sei und dass sich Kontaktstellen über die ganze Länge des Chassisträgers erstreckten. Eine vollständige Isolierung eines spannungsführenden Teils im Fahrzeug entspreche einschlägigen Vorschriften und könne daher keine erfinderische Tätigkeit begründen.
VI. Die Beschwerdegegnerin begegnete diesen Argumenten wie folgt:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Dokument E1.
So seien die Merkmale 1.4 bis 1.9 nicht in E1 offenbart.
Insbesondere, und dies sei der relevante Unterschied, weise E1 keine eigenständigen Tragelemente auf, die ebenfalls eine Funktion als elektrischen Leiter hätten. Die Eigenständigkeit der Tragelemente käme in der Paragraphen [0008] und [0015] zum Ausdruck. Ein Chassiselement könne nicht als Tragelement angesehen werden. Auch benenne E1 in Paragraph [0025] Kotflügel oder Seitentüren als Chassisteile. Schon auch deshalb offenbare E1 nicht, dass sich Tragelemente über die gesamte Fahrzeuglänge oder im Bodenbereich erstreckten, wie es das Streitpatent fordere.
Eine Seitentür oder ein Kotflügel trügen weiterhin keine Aufbauten des Fahrzeugs.
Insbesondere hätten aber die Chassiselemente der E1 nicht über ihre gesamte Länge Kontaktstellen zum Anschluss von Verbrauchern. Eine Isolierung, die die spannungsführenden Elemente vollständig auf ihrer ganzen Länge isoliere, sei auch nicht offenbart.
In Übrigen sei es auch nicht nahegelegt, Chassisteile als zusätzliche Tragelemente auszubilden, wie es das strittige Patent vorsehe. Der Fachmann habe dazu keine Veranlassung. Das habe die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung völlig korrekt gesehen.
Entscheidungsgründe
1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von Dokument E1 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen,
Artikel 56 EPÜ.
1.1 Das einzige Merkmal, welches nicht eindeutig und unmittelbar dem Dokument E1 zu entnehmen ist, ist das Merkmal (M1.9), dass die beiden Tragelemente über ihre gesamte Länge von einer Isolierung umgeben sind.
1.2 Die Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin wendet ein, dass E1 insbesondere keine zusätzlichen Tragelemente offenbare.
Dazu stellt die Kammer fest, dass weder die Beschreibung noch die Ansprüche erkennbar erklären, dass es sich bei den Tragelementen um zusätzliche Tragelemente handeln soll, die in ein Fahrzeug zu dessen Elektrifizierung eingebracht werden. Die Beschreibung des strittigen Patents offenbart lediglich, dass die Tragelemente Aufbauten zu tragen haben. Dies wird aber nach Ansicht der Kammer auch durch die in E1 offenbarten Chassiselemente, die im Bodenbereich verlaufen, sichergestellt (vgl. z.B. Paragraph [0011], [0031], dort ,,Chassisboden"). Unter einer Chassis wird im Fahrzeugbau allgemein ein Trägersystem verstanden zur Montage von An- und Aufbauten, Fahrwerksteilen und Motor (Merkmal 1.4 und 1.8). Typischerweise erstrecken sich tragende Chassisteile im Wesentlichen über die gesamte Länge des Fahrzeugs. Dies offenbart E1 in Spalte 1, Zeilen 49 ff. (Merkmal 1.6).
Das von der Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin vorgebrachte Argument, E1 offenbare als Leiter eine Kotflügel oder eine Tür und diese erstreckten sich typischerweise nicht über die gesamte Fahrzeuglänge ist richtig, bezieht sich aber auf einen in E1 beschriebenen Sonderfall in Paragraph [0025], der die allgemeine Lehre der E1, nämlich ein die gesamte Fahrzeuglänge abdeckendes Schienensystem als Bespeisungsplattform zu verwenden, nicht einschränkt (siehe dazu Paragraph [0006]). Insbesondere teilte die Kammer nicht die Ansicht der Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin, dass das Streitpatent gesonderte Tragelemente mit Doppelfunktion offenbare. Auch ist in Figur 1 weiterhin Merkmal 1.5 dargestellt, wonach die Spannungsquelle am Ende der Tragschienen angeschlossen ist und das Merkmal 1.7, wonach über die gesamte Länge auch Kontaktstellen zum Anschluss von Verbrauchern vorgesehen sind.
1.3 Eine Isolierung spannungsführender Teile im Fahrzeug vorzusehen stellt aber keine erfinderische Leistung dar. Es ist dem Fachmann unmittelbar ersichtlich, dass eine vollständige Isolierung über die gesamte Länge die elektrische Sicherheit erhöht und daher gefordert ist. Letztlich legen auch Vorschriften, die die Gefahr eines Kurzschlusses im Crashfall zum Gegenstand haben nahe, dass spannungsführende Teile von einer Isolierung umgeben sein müssen.
Dieser Argumentation hat die Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin nicht widersprochen.
2. Da die Kammer letztlich dem Antrag der Einsprechenden/Beschwerdeführerin auf Widerruf des Patents gefolgt ist, muss hier nicht begründet werden, warum die Kammer trotz der Zulassungseinwände der Einsprechenden/Beschwerdeführerin das gesamte Vorbringen der Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin - auch das zum größten Teil erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgetragene - zur erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt hat.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.