European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T194917.20190122 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 Januar 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1949/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 09740650.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06F 9/445 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUR ÜBERTRAGUNG VON PROGRAMMCODES AN EINEN SPEICHER EINES STEUERGERÄTES, INSBESONDERE FÜR KRAFTFAHRZEUGE | ||||||||
Name des Anmelders: | KNORR-BREMSE Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Wesentlicher Verfahrensmangel - (ja) Zurückverweisung an die erste Instanz - (nein) Zurückverweisung an die erste Instanz - besondere Gründe gegen Zurückverweisung Erfinderische Tätigkeit - (nein) Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit Gründen vom 27. März 2017, die Anmeldung 09 740 650 mangels erfinderischer Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ, gegenüber Dokument
D1: FR 2 837 946 A1
sowie wegen Verletzung von Artikel 84 und 123(2) EPÜ zurückzuweisen. Zuvor im Prüfungsverfahren wurde noch auf ein weiteres Dokument verwiesen, nämlich:
D2: DE 10 2006 013 762 A1.
II. Am 22. Mai 2017 legte die Anmelderin Beschwerde ein und entrichtete die fällige Beschwerdegebühr. Am 28. Juli 2017 ging die Beschwerdebegründung ein. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf Grundlage des ursprünglichen Anspruchssatzes (Hauptantrag) oder des Anspruchssatzes vom 19. Oktober 2012 (Hilfsantrag), die mit der Beschwerdebegründung erneut eingereicht wurden. Darüber hinaus rügte sie einen Begründungsmangel in der strittigen Entscheidung.
III. Mit Schreiben vom 28. Mai 2018 lud die Kammer zur mündlichen Verhandlung. Im Ladungszusatz bestätigte sie den Begründungsmangel, nannte aber auch besondere Gründe, die gegen die unmittelbare Zurückverweisung unter Artikel 11 VOBK sprachen. In der Sache begründete sie ihre vorläufige Meinung, dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche beider Anträge keine erfinderische Tätigkeit aufwiesen, Artikel 56 EPÜ.
IV. Die Verhandlung fand wie geplant am 22. Januar 2019 statt. Nach der sachlichen Debatte zog die Beschwerdeführerin den Hilfsantrag zurück. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
V. Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht und gemäß dem einzigen Antrag lautet:
"Verfahren zur Übertragung von Programmcodes an einen Programmspeicher eines Steuergeräts, insbesondere eines Kraftfahrzeugs mit den folgenden Schritten:
a) Anschließen einer Schnittstelle eines Steuergeräts an ein die Programmcodes enthaltendes Programmiergerät;
b) Setzen aller Speicherzellen des Programmspeichers des Steuergerätes auf einen Standardwert;
c) Komprimieren des Programmcodes des Programmiergerätes nach eine[m] verlustfreien Datenkompressionsverfahren;
d) Übertragen des komprimierten Programmcodes vom Programmiergerät an das Steuergerät;
e) Dekomprimieren des empfangenen Programmcodes im Steuergerät; und
f) Speichern des dekomprimierten Programmcodes im Programmspeicher des Steuergerätes."
Entscheidungsgründe
Die Erfindung
1. Die Anmeldung befasst sich mit der Übertragung von Programmcode von einem Programmiergerät an ein elektronisches Steuergerät, etwa einen Mikrocontroller, insbesondere in einem Kraftfahrzeug (vgl. Abbildung 1; Seite 1, Absatz 2, bis Seite 2, Absatz 2).
1.1 Da die zu übertragene Datenmenge groß und der Zeitbedarf für die Programmierung ein kritischer Faktor ist, wird vorgeschlagen, den Code in komprimierter Form zu übertragen (Seite 2, Absätze 3 und 4; Absatz zwischen Seiten 3 und 4). Als bevorzugt genannt wird die Huffman-Codierung, weil sie einen hohen Kompressionsfaktor habe und sicherstelle, dass "die zu übertragenden Daten lückenlos eintr[ä]fen" (Seite 4, Absatz 5; Seite 7, Absätze 3 und 4).
1.2 Weiter wird vorgeschlagen, alle Zellen im Speicher des Steuergeräts vor der Übertragung des Programmcodes auf einen "Standardwert" zu setzen, der einem "ungültigen Programmcode" entspricht (Seite 4, letzter Absatz; Seite 6, letzter Absatz). Auf diese Weise werde es möglich, nur "den Inhalt benutzter Speicherzellen" zu übertragen, da ja "nicht benutzte Arbeitsbereiche mit dem Standardwert vorbelegt" seien (Seite 5, Absatz 2; Seite 6, Absatz 3). So würde das zu übertragende Datenvolumen reduziert (Seite 5, Zeilen 11-12; Seite 14, Zeilen 12-16) und die Systemsicherheit erhöht, da "Mikroprozessoren bei ungültigen Programmcodes eine Unterbrechung auslös[t]en", die für die Fehlererkennung verwenden werden könnte (Seite 14, Zeilen 16-21).
1.3 Die Huffmancodierung wird in der Beschreibung in einigem Detail erklärt, aber offenbar im Wesentlichen als bekannt angenommen (vgl. Seite 8, Zeile 5, bis Seite 13, Zeile 17).
Begründungsmangel, Regel 111(2) EPÜ,
Artikel 11 VOBK
2. Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin darin zu, dass sich die Prüfungsabteilung hätte mit dem Argument auseinandersetzen müssen, dass D1 keine Dekompression im Steuergerät "calculateur de contrôle moteur 8" offenbaren oder nahelegen würde, welches die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. April 2016 (nicht 2017, wie in der Beschwerdebegründung angegeben) vorgebracht hat (vgl. die Beschwerdebegründung, Seite 2, Punkt 1, und das genannte Schreiben, Seite 3).
2.1 In der Entscheidung wird zwar festgestellt, dass die Merkmalsanalyse des einschlägigen Anspruchs im Lichte der Argumente aus dem Schreiben vom 24. März 2016 "angepasst" worden seien, diese impliziert jedoch weiterhin ohne weitere Begründung die Meinung der Prüfungsabteilung, dass die Dekompression im Steuergerät stattfinde, das sie mit dem "calculateur de contrôle moteur 8" identifiziert hat (vgl. die Entscheidung, Seite 10, Absätze 1 und 3, sowie Zeilen 2-3 von unten).
2.2 Dass sie sich demnach nicht mit dem Gegenargument der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt hat, stellt eine Verletzung der Begründungspflicht nach Regel 111(2) EPÜ und einen wesentlichen Mangel des Prüfungsverfahrens im Sinne von Artikel 11 VOBK dar.
2.3 Gleichzeitig ist die Kammer der Meinung, dass eine unmittelbare Zurückverweisung der Angelegenheit ohne Diskussion der erfinderischen Tätigkeit im Licht von D1 nicht verfahrensförderlich gewesen wäre. Es gibt nur wenige Möglichkeiten, die beanspruchte Erfindung mit D1 zu vergleichen, und die Kammer konnte diese ohne Weiteres, und ohne weitere Beiträge der Prüfungsabteilung, direkt mit der Beschwerdeführerin diskutieren. Die Kammer hält diesen Umstand für einen "besonderen Grund" im Sinne von Artikel 11 VOBK, die Sache nicht zurückzuverweisen und hat dementsprechend selbst in der Sache entschieden.
3. Die Kammer teilt auch die Meinung der Beschwerdeführerin, dass einem Anspruchsmerkmal, das nicht mit den übrigen Merkmalen interagiert, nicht schon deshalb jede technische Wirkung abgeschrieben werden kann (vgl. Beschwerdebegründung, Punkt 2), wie die Prüfungsabteilung behauptet hat (vgl. Entscheidung, Punkt 5.3 der Gründe, erster Absatz). Die Kammer kann zudem nicht erkennen, wie die ebenfalls zitierten Richtlinien (G-VII, 5.2) dieses Argument stützen könnten. Hierbei hingegen handelt es sich nicht um einen Begründungsmangel, wie die Beschwerdeführerin vorträgt, sondern um einen materiellen Rechtsfehler, und wenigstens diesen hält die Kammer nicht für einen wesentlichen Mangel des Prüfungsverfahrens im Sinne des Artikel 11 VOBK.
Ursprüngliche Offenbarung, Artikel 123(2) EPÜ
4. Das in der Entscheidung unter Artikel 123(2) EPÜ bemängelte Merkmal ("wobei der Programmspeicher in durch das Steuergerät benutzte Bereiche und nicht benutzte Bereiche unterteilt ist"; vgl. Punkte 1.1, 2 und 3 der Gründe) ist in den vorliegenden Ansprüchen nicht mehr enthalten. Die Kammer hat darüber hinaus keinen Anlass, einen eigenen Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ zu erheben.
Klarheit, Artikel 84 EPÜ, und Anspruchsauslegung
5. Auch das in der Entscheidung unter Artikel 84 EPÜ bemängelte Merkmal der "benötige[n] Programmcodes" (vgl. die Entscheidung, Punkt 4 der Gründe) wird nicht mehr beansprucht. Einen eigenen Klarheitseinwand erhebt die Kammer ebenfalls nicht.
6. Allerdings muss ein Aspekt der Anspruchsauslegung betont werden.
6.1 Die Kammer hält die Einschätzung der Prüfungsabteilung für zutreffend, dass die Ansprüche keine Interaktion von Merkmal b) - dem Setzen aller Speicherzellen auf einen Standardwert - mit den übrigen Anspruchsmerkmalen spezifizierten (vgl. die Entscheidung, Punkt 5.3, erster Absatz).
6.2 Wenn auch, wie die Beschwerdeführerin zu Recht anmerkt, dieser Umstand allein noch nicht den Schluss der Prüfungsabteilung zulässt, dass dieses Merkmal alleine (oder die Erfindung insgesamt) keine objektive technische Aufgabe löst (vgl. die Entscheidung, Punkt 5.3 der Gründe, Zeilen 7-14; Beschwerdebegründung, Punkt 2), so hat er doch zufolge, dass ihm nicht die von der Beschwerdeführerin behauptete Wirkung zugeschrieben werden kann (siehe unten, Punkt 12).
Der Stand der Technik
7. D1 betrifft das Laden von Software in Form von wenigstens einer Datei ("au moins un fichier"; vgl. z. B. Seite 1, Zeile 2) von einer Downloadeinheit ("unité de téléchargement" 10) in den Speicher (20) eines Controllers ("calculateur de pilotage" 8) in einem Automobil (9) (vgl. Abbildung 20), über eine Schnittstelle ("moyens de réception" 14) und einen Bordrechner ("unité de traitement" 15), der die gegebenenfalls komprimierte Datei dekomprimiert (siehe insbesondere Seite 6, Absatz 2).
8. D2 offenbart verschiedene Verfahren zur automatischen Löschung aller Speicherzellen in einer programmierbaren Speichereinrichtung, etwa einem EEPROM (siehe Absätze 2, 13, 14 und 16). In einer Variante wird dazu in die Zellen ein "Standardwert" geschrieben, der die Information "Datum ist nicht gespeichert" umfasst (siehe Absatz 17) und der sich von allen gültigen Bitmustern der üblicherweise dort gespeichert Daten unterscheidet und in diesem Sinne "ungültig" ist (vgl. Absatz 19).
Erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ
9. Die Kammer hält D1 für einen geeigneten Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit der beanspruchten Erfindung. Diese Wahl der Prüfungsabteilung hat die Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.
9.1 Dabei hält es die Kammer entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin für möglich (vgl. ihr Schreiben vom 24. März 2016, Absatz zwischen Seiten 2 und 3), die Downloadeinheit ("unité de téléchargement" 10) als das beanspruchte "Programmiergerät" anzusehen, und nicht etwa nur die Rechnereinheit "unité de chargement 15". Die Kammer ist insbesondere der Meinung, das die Downloadeinheit aus D1 wenigstens indirekt und vorübergehend im Sinne der beanspruchten Erfindung an eine Schnittstelle des Steuergeräts (8) angeschlossen ist.
9.2 Weniger eindeutig ist es, ob das "moyen de réception" 14 als die beanspruchte Schnittstelle des Steuergeräts gelten kann. Nach Ansicht der Kammer ist das nur möglich, wenn gleichzeitig nicht nur der Controller 8, sondern die gesamte in Abbildung 2 dargestellte Fahrzeugelektronik - bestehend aus den Komponenten 14, 15, 19 und 8 - als das beanspruchte Steuergerät angesehen werden kann.
9.3 Die Kammer hat Zweifel, ob der Begriff des "Steuergeräts" so weit ausgelegt werden kann. Diese Frage kann hingegen offen bleiben, da auch die engere Auslegung des Steuergeräts zu keiner für die Beschwerdeführerin vorteilhaften Entscheidung führt.
10. Die Kammer nimmt somit zugunsten der Beschwerdeführerin an, dass nur Komponente 8 das beanspruchte Steuergerät sein kann. Unter dieser Annahme ist Schnittelle 14 keine "Schnittstelle [des] Steuergeräts" und findet die Dekompression gemäß D1 eben nicht im Steuergerät statt. Demgemäß unterscheidet sich Anspruch 1 in zwei Merkmalen von D1, nämlich den Tatsachen
a) dass Dekompression im Steuergerät stattfindet (Schritt e) und
b) dass alle Zellen des Speichers 20 des Steuergeräts vor Übertragung auf einen Standardwert gesetzt werden (Schritt b).
11. Merkmal a) hat die Wirkung, die Rechenlast zwischen den Komponenten 15 und 8 zugunsten des Rechners 15 umzuverteilen. Außerdem reduziert es das über Leitung 19 gesendete Datenvolumen.
11.1 Obgleich die Beschwerdeführerin damit Recht hat, dass die Ressourcen des Rechners 15 zur Dekompression ausreichen (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 5, mittlerer Absatz einschließlich des Zitats aus D1), hält die Kammer die Durchführung der Dekompression im Controller 8, für naheliegend, z. B. dann, wenn der Rechner 15 für andere, rechenintensive Prozesse in der Fahrzeugelektronik benötigt werden sollte.
12. Merkmal b) hingegen kann die von der Beschwerdeführerin behauptete Wirkung, dass es die Komplexität der Kompression reduzieren würde, nicht zugeschrieben werden.
12.1 Zum einen ist eine solche Wirkung nicht ursprünglich offenbart. Dem Setzen der Speicherzellen auf einen Standardwert werden nur die Wirkungen zugeschrieben, dass es das übertragene Datenvolumen reduziere und die Systemsicherheit erhöhe (loc. cit.). Eine Interaktion mit dem Kompressionsverfahren wird nicht diskutiert. Auch die einzige in der Beschwerdebegründung (Seite 5, Zeilen 1-2) genannte Fundstelle der Anmeldung (nämlich Seite 12, Zeilen 7-8) offenbart tatsächlich (nur) eine allgemeine Eigenschaft der Huffmancodierung ohne jede Verknüpfung mit dem übrigen Erfindungsgegenstand.
12.2 Es ist nicht offenbart, dass alle Zellen der "nicht benutzten Speicherbereiche" im Programmiergerät denselben Wert enthalten würden. Nur dann aber könnte die Behauptung der Beschwerdeführerin greifen, dass solche unbenutzten Bereiche regelmäßig durch einen attraktiven kurzen Huffmancode codiert würden (vgl. die Beschwerdebegründung, Seite 4). Nebenbei wird auch dieser Aspekt in der Beschreibung nicht ausdrücklich diskutiert, und die auf Seite 4 der Beschwerdebegründung dargestellte Abbildung mag zwar von "Fig. 3g der Anmeldeunterlagen [ausgehen]", ist dort aber nicht offenbart.
12.3 Anspruch 1 impliziert nicht, dass der zu übertragende Programmcode aus nicht aufeinander folgenden Bereichen bestehen würde oder auch nur könnte. Nur dann hätte es eine Bedeutung, dass Werte in den nicht überschriebenen "Lücken" im Speicher des Steuergeräts auf einen Standardwert gesetzt werden.
12.4 Schließlich merkt die Kammer an, dass eine Veränderung des Speichers im Zielgerät einer Datenübertragung (in diesem Fall dem Steuergerät) an sich keine Auswirkungen darauf haben kann, wie effizient eine Kompression von Daten im Speicher des Sendegeräts (in diesem Fall dem Programmiergerät) abläuft. Merkmale, die eine solche Wirkung zum Ausdruck bringen könnten, fehlen in Anspruch 1.
12.5 Die Wirkung von Merkmal b) scheint somit zu sein, dass sie den Speicher 20 "löscht" und mit einem ungültigen Wert beschreibt, damit der Wert einer nicht überschriebenen Zelle nicht einen "alten", aber möglicherweise "gültigen" Wert behält und so zu unbeabsichtigten und schwer diagnostizierbaren Fehlern führen kann (vgl. auch die schon zitierte Beschreibung, Seite 14, Zeilen 16-21).
12.6 Ein solches Rücksetzen eines Speichers durch Überschreiben mit einem definierten, ungültigen Standardwert war dem Fachmann jedoch bekannt (wie etwa aus der Diskussion in D2 hervorgeht; vgl. insbesondere den letzten Satz in Absatz 19) und lag daher nach Ansicht der Kammer auch im Zusammenhang mit der Neuprogrammierung des Speichers 20 der D1 nahe.
12.7 Deshalb kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags keine erfinderische Tätigkeit aufweist, Artikel 56 EPÜ.
13. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass ihrer Kenntnis nach der Erfinder wie folgt vorgegangen sei.
13.1 Es sei zunächst entschieden worden, die Übertragung des Programmcodes durch Kompression zu beschleunigen. Aus durch die Beschwerdeführerin nicht ausgeführten Gründen, sei nur die Huffmancodierung in Frage gekommen. Zunächst sei dabei, wie im fraglichen technischen Gebiet zu dem Zeitpunkt üblich, der gesamte Speicher des Programmiergeräts übertragen worden. Dann sei erkannt worden - vielleicht angesichts der konkret verwendeten Huffmanncodes -, dass der attraktivste, weil kürzeste, Code regelmäßig für das uninteressanteste Datum verwendet wurde, nämlich den im Programmiergerät verwendeten "ungültigen Programmcode". Durch Setzen des Speichers im Steuergerät auf den ungültigen Programmcode konnte die Übertragung auf die tatsächlich genutzten Speicherbereiche beschränkt und die Übertragung damit noch weiter beschleunigt werden.
13.2 Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die beanspruchte Erfindung tatsächlich in etwa so gemacht worden ist (oder hätte gemacht worden sein können).
13.3 Hingegen muss für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ nicht der tatsächliche Erfindungsweg betrachtet werden. Wenn sich die Erfindung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, so gilt sie als nicht erfinderisch im Sinne von Artikel 56 EPÜ, selbst wenn der Erfinder tatsächlich in anderer Weise vorgegangen sein sollte.
13.4 Wie oben erläutert, ist die Kammer der Meinung, dass sich die zwei Unterschiedsmerkmale a) und b) in naheliegender Weise aus D1 und D2 ergeben. Darüber hinaus merkt die Kammer an, dass es ihrer Ansicht nach nahegelegen hätte, die Menge der zu übertragenden Daten auf die "genutzten" Speicherbereiche zu beschränken, um das Übertragungsvolumen auf das Nötige zu reduzieren. Eine solche Entscheidung wäre im Übrigen unabhängig davon, ob darüber hinaus eine Kompression stattfinden würde oder welche. Um Missverständnisse zu vermeiden, betont die Kammer, dass dieses Argument für den vorliegenden Anspruch nicht entscheidungserheblich ist, da die Übertragung nur von genutzten Speicherbereichen nicht beansprucht ist.
13.5 Allerdings konnte dieses Argument der Beschwerdeführerin die Kammer nicht einmal davon überzeugen, dass ein erfinderischer Gegenstand durch geeignete Änderung am Wortlaut des Anspruchs 1 hätte formuliert werden können.
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
14. Während der mündlichen Verhandlung regte die Beschwerdeführerin angesichts des von der Beschwerdekammer eingeräumten Verfahrensmangels (siehe Punkt 2 oben) eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr an, jedoch ohne einen förmlichen Antrag zu stellen. Die Kammer stellte fest, dass das nicht möglich sei, da es an einer zwingenden Voraussetzung für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 103(1)a) EPÜ, nämlich dem Erfolg der Beschwerde, fehle.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.