European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T188917.20220318 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 März 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1889/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04763393.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61L 15/60 A61L 15/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | PULVERFÖRMIGE, WASSERABSORBIERENDE POLYMERE MIT MITTELS THERMOPLASTISCHEN KLEBSTOFFEN GEBUNDENEN FEINTEILCHEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Evonik Operations GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Nippon Shokubai Co., Ltd. | ||||||||
Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerde hinreichend begründet (ja) Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) Ausreichende Offenbarung - (ja) Nicht begründeter Beschwerdegrund - nicht berücksichtigt |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Europäische Patent EP 1 648 603 unter Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.
II. Im Einspruchsverfahren wurde das Patent unter Artikel 100(a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit (Artikel 54 EPÜ) und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), sowie unter Artikel 100(b) EPÜ angegriffen.
III. Unter anderem wurde auf die folgenden Dokumente verwiesen, die auch für die vorliegende Entscheidung relevant sind:
D1: Japanese Patent Application Publication,
Tokukaihei, No. 8-217909
D1a: Maschinenübersetzung von D1
D8: F.L. Buchholz, A.T Graham, Modern
Superabsorbent Polymer Technology,
Wiley-VCH, 1998, Seiten 44, 45, 93-95, 103,
143, 265, 266
D9: Japanese Patent Application Publication,
Tokukaishou, No. 63-105064
D9a: Englische Teilübersetzung von Dokument D9
D15: Japanese Patent Application Publication,
Tokukaihei, No. 6-279672
(Englische Übersetzung)
D39: Experimental Report, example 8 of D15
D40: F.E. Bailey, Jr., J.V. Koleske,
POLY(ETHYLENE OXIDE), Academic Press,
New York, San Francisco, London, 1976,
contents und Seiten 1, 128, 139, 168
D43: Fluidics Instruments, Umrechnung von Mesh in
Micron
D44: A. Mitsui, A. Moriya, Japan Tappi Journal,
Vol. 22, no. 7, 1986, Seiten 375-381,
und Teilübersetzung davon
IV. In der Einspruchsentscheidung wurden die vorgebrachten Einspruchsgründe unter Artikel 100(a) und (b) EPÜ verworfen. Die Einspruchsabteilung erachtete die beanspruchte Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Artikel 83 EPÜ). Der beanspruchte Gegenstand sei auch neu, unter anderem gegenüber der Offenbarung der Dokumente D1 und D15 (Artikel 54 EPÜ), und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von Dokument D1 als nächstliegendem Stand der Technik (Artikel 56 EPÜ).
V. Gegen diese Entscheidung wurde von der Einsprechenden Beschwerde eingelegt.
VI. Von der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) wurden in Erwiderung auf die Beschwerdebegründung Argumente vorgebracht zu Neuheit und erfinderischer Tätigkeit des Gegenstands ihres Hauptantrags (des Patents in erteilter Form) sowie zu Hilfsantrag 1, der zusammen mit Hilfsantrag 2 bereits im Einspruchsverfahren vorgelegt worden war (Artikel 54 und 56 EPÜ).
VII. In einer Mitteilung nach Regel 115(1) EPÜ wurden die Parteien zur mündlichen Verhandlung geladen.
VIII. In einer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK wurden die Parteien über die vorläufige Einschätzung der Kammer informiert, dass keiner der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründe die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung rechtfertige.
IX. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2021 hat die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Mit Mitteilung vom 13. Dezember 2021 hat die Kammer den Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben.
X. Anspruch 1 des erteilten Patents (vorliegenden Hauptantrags) hat den folgenden Wortlaut:
Pulverförmige wasserabsorbierende Polymere, beinhaltend als Bestandteile:
- 0,01 bis 20 Gew.-% eines Feinteilchens mit einer Teilchengröße von weniger als 200 mym,
- 0,001 bis 10 Gew.-% eines thermoplastischen Klebstoffs,
- 60 bis 99,989 Gew.-% eines wasserabsorbierenden Polymerteilchens mit einer Teilchengröße von 200 mym und mehr,
wobei
die Feinteilchen mit der Oberfläche des wasserabsorbierenden Polymerteilchens über den thermoplastischen Schmelzklebstoff verbunden sind und die pulverförmigen wasserabsorbierenden Polymere entweder
- einen Fließ-Wert (FFC) im Bereich von 1 bis 13, oder
- einen Staubanteil von höchstens 6 zeigen.
XI. In ihrer Beschwerdebegründung und im weiteren Verfahren brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die Erfindung nicht über die gesamte beanspruchte Breite ausführbar sei (Artikel 83 EPÜ). Der beanspruchte Gegenstand sei zudem nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber den Dokumenten D1 und D15 (Artikel 54 und 56 EPÜ).
XII. In ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung und im weiteren Verfahren brachte die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen vor, dass Neuheit und erfinderische Tätigkeit für den Gegenstand des Hauptantrags mit Blick auf die Offenbarungen der Dokumente D1 und D15 gegeben sei. Die Beschwerdegegnerin beanstandete zudem, dass von der Beschwerdeführerin keine Argumente vorgebracht wurden, aus denen ersichtlich sei, inwiefern die Beurteilung der Ausführbarkeit durch die Einspruchsabteilung fehlerhaft sei. Daher sei die Beschwerde in Ermangelung einer Begründung unzulässig.
XIII. Anträge der Parteien:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Sie beantragt zudem hilfsweise die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung für die Beurteilung der bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten Hilfsanträge 1 und 2.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise beantragt sie die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der Patentfähigkeit der Hilfsanträge 1 und 2, oder weiter hilfsweise die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zur Aufrechterhaltung auf der Basis der Hilfsanträge 1 oder 2.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung ihre Auffassung geäußert, die Beschwerde sei unzulässig, da von der Beschwerdeführerin die Beanstandung hinsichtlich mangelnder Offenbarung nicht mit Gründen versehen sei.
Die Kammer erachtet die Beschwerde als zulässig. Sie wurde zumindest hinsichtlich der Einspruchsgründe unter Artikel 100(a) EPÜ begründet, und erfüllt damit die Erfordernisse des Artikels 108, Satz 3, EPÜ (siehe T 846/01).
2. Entscheidung in der Sache ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Von beiden Parteien wurde hilfsweise Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Die Beschwerdeführerin hat jedoch erklärt, dass sie an der zunächst für den 31. Januar 2022 anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Daher kann auch ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung gegen sie getroffen werden, ohne ihr unter Artikel 113(1) EPÜ gewährtes rechtliches Gehör zu verletzen.
Eine Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist im vorliegenden Fall zudem statthaft, da, wie nachfolgend dargelegt, dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückweisung der Beschwerde stattgegeben wird, und somit ihr rechtliches Gehör ebenfalls nicht verletzt wird.
Die vorliegende Entscheidung ergeht daher im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung (Artikel 12(8) VOBK).
Hauptantrag - Patent wie erteilt
3. Offenbarung (Artikel 100(b) EPÜ)
3.1 In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung den vorgebrachten Einspruchsgrund mangelnder Offenbarung (Artikel 100(b) EPÜ) verworfen. Sie hat dies damit begründet, dass sich die vorgebrachten Argumente lediglich auf eventuelle Unklarheiten der Ansprüche im Sinne von Artikel 84 EPÜ bezögen, die es jedoch selbst in ihrer Summe dem Fachmann nicht unmöglich machten, die Erfindung nachzuarbeiten. Des weiteren sei der Beschreibung beispielsweise in Form von Beispielen eine klare Anleitung zu entnehmen, wie die Erfindung auszuführen sei. Schließlich führe auch das Fehlen der Angabe von Messbedingungen zur Bestimmung des Fließ-Wertes FFC lediglich zu einer gewissen Unklarheit in der Definition von Randwerten, die ebenfalls nicht zu einem Ausführungsmangel führte.
3.2 Die Beschwerdeführerin verwies in ihrer Beschwerdebegründung und in ihrem weiteren Schriftsatz lediglich auf ihre Eingaben während des Einspruchsverfahrens. Sie brachte keine Argumente vor, warum die Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung in Frage gestellt wird. Auch verwies sie nicht auf eine fehlerhafte rechtliche oder tatsächliche Begründung seitens der Einspruchsabteilung in deren Entscheidung. Insbesondere ging sie nicht darauf ein, warum die Beurteilung der Einspruchsabteilung, wonach sich die vorgebrachten Argumente lediglich auf etwaige Unklarheiten im Sinne des Artikels 84 EPÜ bezögen, fehlerhaft sein sollte.
3.3 Vorrangiges Ziel des Beschwerdeverfahrens ist die gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung. Daher ist es erforderlich, dass eine Beschwerdeführerin angibt, aus welchen Gründen beantragt wird, die angefochtene Entscheidung aufzuheben (Artikel 12(2) VOBK). Hierzu muss in der Beschwerdebegründung insbesondere darauf eingegangen werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung fehlerhaft ist, d.h. es muss auf die in der angefochtenen Entscheidung genannten Gründe eingegangen werden. Dies dient insbesondere dazu, dass sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Kammer zu erkennen vermögen, aus welchem Grund die angefochtene Entscheidung für falsch erachtet wird. Die Kammer erachtet den bloßen Verweis auf das Vorbringen während des Einspruchsverfahrens durch die Beschwerdeführerin nicht als ausreichende Begründung zur Stütze des Einspruchsgrunds unter Artikel 100(b) EPÜ. Daher berücksichtigt die Kammer das diesen Grund betreffende Vorbringen der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren nicht (Artikel 12(4) VOBK 2007).
4. Neuheit (Artikel 100(a) und 54 EPÜ)
4.1 In der Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde Neuheit des beanspruchten Gegenstands unter anderem gegenüber der Offenbarung der Dokumente D1/D1a und D15 anerkannt. Dieser Beurteilung widerspricht die Beschwerdeführerin.
Dokument D1/D1a
4.2 Die Einspruchsabteilung argumentierte in ihrer Entscheidung, Neuheit gegenüber D1/D1a wäre zumindest deshalb gegeben, da aus der Offenbarung des Dokuments mehrfach Merkmale ausgewählt und kombiniert werden müssten, um zur Merkmalskombination des Anspruchs 1 des Streitpatents zu gelangen. Die Kombination der Merkmale "eines thermoplastischen Klebstoffs" und der "Teilchengröße von 200 mym und mehr" für die wasserabsorbierenden Polymerteilchen sei deshalb im Dokument D1 nicht direkt und eindeutig offenbart.
4.3 Die Beschwerdeführerin brachte keine Argumente vor, warum die Beurteilung der Einspruchsabteilung bezüglich mehrfach zu tätigender Auswahl fehlerhaft sei.
4.4 Uneinigkeit zwischen den Parteien bestand darüber, ob der im Dokument D1/D1a als Tensid bezeichnete Bestandteil Polyethylenglykol unter die Definition eines "thermoplastischen Klebstoffs" gemäß Anspruch 1 des Streitpatents fällt.
4.5 Nach Auffassung der Kammer wird das Merkmal eines thermoplastischen Kunststoffs im Dokument D1/D1a nicht eindeutig und unmittelbar offenbart.
Die Substanz "polyethylene glycol" wird im Dokument D1/D1a als einer der Ausgangsstoffe für die Herstellung wasserabsorbierender Harzzusammensetzungen offenbart (Absätze [0007] und [0018]). Sie wird dort jedoch als Tensid ("surfactant") bezeichnet. Informationen dahingehend, dass es sich hierbei um einen thermoplastischen Klebstoff im Sinne des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent handelt, finden sich in D1/D1a selbst nicht.
4.5.1 Auch den Verweis der Beschwerdeführerin auf die Offenbarung der Dokumente D40 und D44 erachtet die Kammer nicht als überzeugend.
Zwar existieren, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht wurde, Polyethylenoxide, die thermoplastische Eigenschaften aufweisen. Jedoch trifft dies nicht zwangsläufig auf alle Vertreter dieser Verbindungsklasse zu. So wird im Dokument D40 zwischen Polyethylenoxiden mit höheren und niedrigeren Molekularmassen unterschieden (Seite 1). Lediglich diejenigen dieser Verbindungen mit höheren Molekularmassen weisen gemäß Dokument D40 thermoplastische Eigenschaften auf (Zeile 5 im Absatz 2). Diese Verbindungen werden als Polyethylenoxide bezeichnet (Zeile 12 im Absatz 1). Im Gegensatz hierzu weisen die als Polyethylenglykole bezeichneten Vertreter eine geringere Molekularmasse auf (Zeilen 9 bis 11 im Absatz 1). Diese Verbindungen liegen in Formen vor zwischen viskosen Flüssigkeiten und wachsartigen Feststoffen (Zeilen 3 bis 4 im Absatz 2). Thermoplastische Eigenschaften werden den Polyethylenglykolen im Dokument D40 nicht zugeschrieben.
Diese Unterscheidung wird auch im Dokument D44 getroffen. Auch darin werden höhermolekulare Verbindungen als Polyethylenoxid bezeichnet, die thermoplastische Eigenschaften aufweisen (Punkt (4) im Absatz 4.1 der Teilübersetzung). Im Zusammenhang mit den als Polyethylenglykol bezeichneten Verbindungen mit niedrigeren Molekularmassen wird diese Eigenschaft nicht erwähnt.
Somit kann auch durch diese Dokumente nicht gezeigt werden, dass es sich bei den in D1/D1a offenbarten Polyethylenglykolen um thermoplastische Kunststoffe handelt.
4.6 Bereits aus diesem Grund ist die Beurteilung der Neuheit durch die Einspruchsabteilung korrekt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1/D1a.
Dokument D15
4.7 Die Einspruchsabteilung hat Neuheit auch gegenüber der Offenbarung des Dokuments D15 anerkannt. Insbesondere seien darin die Merkmale der anspruchsgemäßen Teilchengrößen nicht offenbart.
4.8 Einigkeit zwischen den Parteien bestand darüber, dass im Beispiel 1 des Dokuments D15 keine Teilchengrößen für die wasserabsorbierenden Polymerteilchen oder die Feinteilchen angegeben werden.
4.9 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei dieses Merkmal jedoch implizit offenbart. Sie verwies zunächst auf Dokument D8. Darin werde insbesondere beschrieben, dass durch eine Kombination bestimmter Maßnahmen Partikelgrößen von 200 bis 800 mym erhalten werden könnten (Seite 93, Abschnitt 3.2.6, erster Absatz). Diese Lehre sei auf die Teilchen gemäß D15 übertragbar. Zudem werde durch Versuchsbericht D39 gezeigt, dass die Nacharbeitung des Beispiels 1 von D15 zu Partikeln mit einer Größe von 554 mym führe, und damit zu einer Größe, die innerhalb des anspruchsgemäßen Bereichs von "200 mym und mehr" liege. Auch werde im Absatz [0017] von D15 offenbart, dass "superfine particulate silica" zugegeben wurde, wofür in D39 "Aerosil 200" mit einer Teilchengröße von 12 nm verwendet worden sei.
4.10 Die Kammer gelangt zu der Auffassung, dass aus Dokument D15 auch unter Zuhilfenahme der Dokumente D39 und D8 die Merkmale der Teilchengrößen nicht eindeutig hervorgehen. Insbesondere werden in D15 weder die Methode der Pulverisierung der wasserabsorbierenden Polymerteilchen, noch die Natur der Feinteilchen offenbart. Da zudem in D15 weder ein Hinweis auf D8 enthalten ist, noch auf die Verwendung von "Aerosil 200" als "superfine particulate silica" verwiesen wird, sind weder D8 noch D39 geeignet, die Offenbarungslücke zu schließen. Die Behauptung, dass der Fachmann zur Pulverisierung zwangsläufig auf die Offenbarung des Dokuments D8 zurückgreife, da in D15 selbst keine entsprechende Methode genannt sei, überzeugt ebenfalls nicht. Auch der Verweis im Streitpatent selbst auf die Verwendung von "Aerosil 200" (Absatz [0026]) kann die Behauptung, diese Substanz werde auch in D15 verwendet, nicht stützen.
4.11 Daher ist die Beurteilung von Neuheit gegenüber der Offenbarung des Dokuments D15 durch die Einspruchsabteilung ebenfalls korrekt (Artikel 54 EPÜ).
5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100(a) und 56 EPÜ)
5.1 Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 anerkannt. Ihrer Ansicht nach unterschieden sich die im Streitpatent beanspruchten Polymere von den in D1 offenbarten durch Auswahl der Teilchengröße der wasserabsorbierenden Polymerteilchen und durch den Einsatz eines thermoplastischen Klebstoffs. Als gelöste technische Aufgabe sah sie die Bereitstellung weiterer pulverförmiger wasserabsorbierender Polymere. Die streitpatentgemäße Lösung beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, da dem Stand der Technik, insbesondere den Dokumenten D9 und D15, kein Hinweis zu entnehmen sei, alternativ zu den in D1 offenbarten Tensiden thermoplastische Klebstoffe einzusetzen. Dokument D9 offenbare keinen thermoplastischen Klebstoff und könne daher nicht zur Lösung des gestellten Problems beitragen. Dokument D15 befasse sich nicht mit der Problematik der Staubbindung.
5.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte lediglich dahingehend, dass die im Streitpatent genannte technische Aufgabe des Fliessverhaltens (Absatz [0015]) nicht über die gesamte Anspruchsbreite gelöst werde. Der anspruchsgemäße Fließ-Wert (FFC) im Bereich von 1 bis 13 umfasse nämlich Ausführungsformen, bei denen keine Fließfähigkeit vorliege. Zumindest für diesen Bereich könne das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit daher nicht anerkannt werden.
5.3 Das Vorbringen der Beschwerdeführerin überzeugt nicht. Die Lösung der genannten technischen Aufgabe erfordert lediglich die Bereitstellung weiterer pulverförmiger wasserabsorbierender Polymere. Von der Beschwerdeführerin wurde nicht gezeigt, dass das anspruchsgemäße Vorgehen, nämlich der Einsatz thermoplastischer Klebstoffe, nicht zu einer Lösung dieser technischen Aufgabe führt. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Behauptung, dass nicht alle anspruchsgemäßen Polymere ein ausreichendes Fließverhalten zeigten, wurde nicht durch nachprüfbare Tatsachen untermauert. Es wurde insbesondere nicht gezeigt, für welche der vom Anspruch umfassten thermoplastischen Klebstoffe keine pulverförmigen wasserabsorbierenden Polymere erhalten werden können, die auch ein ausreichendes Fließverhalten zeigen.
Daher schließt sich die Kammer der Argumentation der Einspruchsabteilung auch dahingehend an, dass das technische Problem ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 in nicht-naheliegender Weise über die gesamte beanspruchte Breite gelöst wurde. Die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ werden daher ebenfalls erfüllt.
Hilfsanträge und Antrag auf Zurückverweisung
6. Die Kammer folgt dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin, die Beschwerde zurückzuweisen. Somit behält das Patent in seiner erteilten Form Gültigkeit. Da die Anträge der Parteien auf Rückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung nur hilfsweise für den Fall gestellt wurden, dass das Patent nicht in seiner erteilten Fassung aufrechterhalten wird, können diese Anträge unberücksichtigt bleiben. Somit erübrigt sich auch eine Entscheidung über die von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Hilfsanträge.
7. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Beschwerde durch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht überzeugend begründet wurde und die Beschwerde deshalb zurückzuweisen ist.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.