European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T186217.20191105 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 05 November 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1862/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 14172532.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65G 21/20 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Transportabschnitt einer Horizontalfördereinrichtung mit mindestens einem verstellbaren Führungselement | ||||||||
Name des Anmelders: | Krones Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin hat gegen die Entscheidung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 14 172 532.5 zurückgewiesen wurde, form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
II. Die Prüfungsabteilung hat die Patentanmeldung aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des Hauptantrags und aller Hilfsanträge zurückgewiesen.
III. Die vorliegende Entscheidung basiert auf dem folgenden Dokument:
D1: US 2011/079493 A1
IV. Das Beschwerde- und Antragsbegehren der Anmelderin richtete sich zu Beginn des Beschwerdeverfahrens, abgesehen von einzelnen Umnummerierungen ab Hilfsantrag 4a bzw. Hilfsantrag 5, zunächst auf dieselben Anträge, die bereits im Prüfungsverfahren behandelt waren.
V. Mit einer Mitteilung gemäß Regel 100(2) EPÜ teilte die Kammer der Anmelderin ihre vorläufige Beurteilung des Sach- und Rechtslage mit, der zufolge der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag 1 als nicht erfinderisch, allerdings der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 2 als erfinderisch angesehen wurde.
Die Anmelderin wurde aufgefordert, zu der vorläufigen Meinung der Kammer Stellung zu nehmen und die abhängigen Ansprüche gemäß dem zweiten Hilfsantrag und die entsprechend angepasste Beschreibung einzureichen. Die Anmelderin wurde ferner aufgefordert, in Anbetracht der vorläufigen Beurteilung der Kammer ihre Anträge zu prüfen.
VI. Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2019 reichte die Anmelderin einen einzigen neuen Anspruchssatz nebst einer daran angepassten Beschreibung ein, die beide mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2019 in Form eines neuen Anspruchssatzes und einer neuen Beschreibungsseite korrigiert wurden. Auf der Basis dieser beiden Schriftsätze ergibt sich folgende abschließende Antragslage der Anmelderin:
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und
ein europäisches Patent auf Grundlage des mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2019 eingereichten Anspruchssatzes nebst angepasster Beschreibung entsprechend den mit Schriftsatz vom 9. Juli 2019 in Reinschrift eingereichten Seiten 1 bis 18 und 20 bis 35 sowie der mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2019 in Reinschrift eingereichten Seite 19 sowie den in den ursprünglichen eingereichten Unterlagen enthaltenen Figuren 1 bis 7 zu erteilen.
Die Beschwerdeführerin beantragt ferner
die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
VII. Anspruch 1 nach dem einzigen Antrag der Anmelderin lautet:
Transportabschnitt (1) einer Horizontalfördereinrichtung zur Beförderung von Artikeln wie Flüssigkeitsbehältern oder Flaschen (15), die stehend oder hängend auf einer sich in horizontaler Förderrichtung erstreckenden Transportauflage (6) zwischen zwei ungefähr parallel in einem mindestens der Artikel- oder Behälterbreite entsprechenden Abstand angeordneten Führungselementen (3, 3') bewegt werden, wobei zumindest eines der beiden gegenüber liegend angeordneten Führungselemente (3, 3') über mehrere, an einem Maschinenrahmen (10) oder Gestell verankerte Verstellelemente (5, 5') quer zur Förderrichtung in seinem Abstand zum anderen Führungselement (3, 3') verstellbar ist, welche Verstellelemente (5, 5') über einen gemeinsamen Drehantrieb miteinander gekoppelt und annähernd synchronisiert sind, wobei jedes Verstellelement (5, 5') einen rotatorischen Antrieb des gemeinsamen Drehantriebs über eine oder mehrere Übersetzungsstufen (18) auf eine lineare Stellbewegung des daran aufgehängten Führungselements (3, 3') übertragt, dadurch gekennzeichnet, dass die ein oder mehreren Übersetzungsstufen (18) der Verstellelemente jeweils umfassen:
- mindestens ein an den Drehantrieb gekoppeltes und über den Drehantrieb rotierend antreibbares Antriebsmittel (30) mit Außenverzahnung und erster Zahnzahl n1 und
- mindestens ein dem Antriebsmittel (30) nachgeordnetes, drehendes und mit dem Antriebsmittel (30) in kämmendem Eingriff stehendes Übertragungsmittel (32) mit Außenverzahnung und zweiter Zahnzahl n2,
wobei die zweite Zahnzahl n2 des Übertragungsmittels (32) mindestens der 1,5-fachen Zahnzahl n1 des Antriebsmittels entspricht, wobei die Verstellelemente (5, 5') jeweils wenigstens eine Zahnstange (8, 8') aufweisen und die Übersetzungsstufen (18) jeweils wenigstens ein als rotierendes Zahnrad ausgebildetes Abtriebsmittel besitzen, das zur linearen Stellbewegung der Zahnstange (8, 8') kämmend mit der Zahnstange (8, 8') in Eingriff steht und wobei das wenigstens eine als rotierendes Zahnrad ausgebildete Abtriebsmittel und das Übertragungsmittel (32) drehfest miteinander gekoppelt sind und eine gemeinsame Drehachse aufweisen,
wobei das wenigstens eine verstellbare Führungselement (3, 3') einen kurvenförmigen Verlauf beschreibt und flexibel ausgebildet ist, wobei bei einer Änderung seines Abstandes zum anderen Führungselement (3, 3') der Radius des kurvenförmigen Verlaufs über die jeweiligen mehreren Verstellelemente (5, 5') durch eine elastische Verformung des flexiblen Führungselementes (3, 3') anpassbar ist und
wobei die lineare Stellbewegung des jeweiligen Verstellelementes (5, 5') auf jeweils einen zugeordneten und mit dem Führungselement (3, 3') gekoppelten Stützschuh (16, 16') übertragbar ist bzw. übertragen wird, welcher Stützschuh (16,16') jeweils eine mit dem Führungselement (3, 3') in Anlage gebrachte Kontaktfläche aufweist, die dem Verlauf des Führungselementes (3, 3') zumindest annäherungsweise folgt.
Entscheidungsgründe
1. Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 entspricht der Merkmalskombination der ursprünglichen Ansprüche 1, 2, 3, 4, 11 und 12.
Die Prüfungsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des im Prüfungsverfahren eingereichten Hilfsantrags 2, der dem vorliegenden Anspruch 1 entspricht, ausgehend vom Dokument D1 als nicht erfinderisch anzusehen sei (siehe Punkt 4 der Entscheidungsgründe). Insbesondere sei in Figuren 3A-3B der D1 ein "...mit dem Führungselement (22, 46) gekoppelten Stützschuh (23)..." offenbart.
1.1 Nach der Auffassung der Prüfungsabteilung wird in Figuren 3A-3B die Merkmalskombination des ursprünglichen Anspruchs 12 offenbart, wobei das Element (23) den beanspruchten Stützschuh darstellen soll. Wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, wird im Absatz [0051] der D1 das Element (23) als "continuous surface" bezeichnet. Das Element, das die Fläche (23) aufweist, ist das Führungselement selbst (siehe Figuren 3A und 3B) und kann daher nicht den Stützschuh darstellen, welcher eine zusammen mit dem Führungselement in Anlage gebrachte Kontaktfläche aufweist, wie gemäß Anspruch 1.
Entgegen der Auffassung der Prüfungsabteilung stellt das Element (23) indes keinen Stützschuh im Sinne von Anspruch 1 dar.
Wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem Transportabschnitt der D1 zusätzlich zu anderen Merkmalen durch die Merkmalskombination des ursprünglichen Anspruchs 12, nämlich dadurch dass,
"...die lineare Stellbewegung des jeweiligen Verstellelementes (5, 5') auf jeweils einen zugeordneten und mit dem Führungselement (3, 3') gekoppelten Stützschuh (16, 16') übertragbar ist bzw. übertragen wird, welcher Stützschuh (16, 16') jeweils eine mit dem Führungselement (3, 3') in Anlage gebrachte Kontaktfläche aufweist, die dem Verlauf des Führungselementes (3, 3') zumindest annäherungsweise folgt..."
1.2 Damit entfällt die Grundlage für die negative Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 durch die Prüfungsabteilung, mit der Folge, dass die angefochtene Entscheidung insoweit keinen Bestand haben kann.
Darüber hinaus ist Folgendes zu beachten:
Die Kammer sieht es für einen Fachmann als nicht erfinderisch an, die verstellbaren Führungselemente von D1, die einen Kurvenförmigen Verlauf darstellen, durch flexiblere Führungselemente zu ersetzen, durch derer elastische Verformung der Radius des kurvenförmigen Verlaufs anpassbar ist.
Allerdings ist die Kammer der Meinung, dass, obwohl der Fachmann in der Lage ist, eine solche technische Lösung zu implementieren, es offen bleibt, wie er dieses tatsächlich verwirklichte. In Dokument D7 wird eine Ausführungsform eines Transportabschnittes mit einem flexibleren Führungselement im Detail nicht beschrieben. Ferner sind keine Hinweise vorhanden, die flexibleren Führungselemente, die einen Kurvenförmigen Verlauf darstellen, durch Verstellelementen mit einem gekoppelten Stützschuh gemäß dem ursprünglichen Anspruch 12 zu verstellen.
Die Kammer vermag daher auch keinen anderen Grund zu erkennen, um die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 in Bezug auf die von der Prüfungsabteilung erwähnten Dokumente und auf das allgemeine Fachwissen zu bezweifeln.
1.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher als erfinderisch im Sinne vom Artikel 56 EPÜ zu betrachten.
2. Die Beschwerdeführerin hat die abhängigen Ansprüche und die Beschreibung entsprechend dem vorliegenden Anspruchs 1 angepasst.
Die Kammer sieht keinen Grund, der der Erteilung eines europäischen Patents auf der Basis der vorliegenden Unterlagen entgegensteht.
3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
3.1 Die Beschwerdeführerin beantragt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ohne ihren Antrag zu begründen.
3.2 Die Kammer sieht in der Regel 103 EPÜ keinen Grund zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr, der auf den vorliegenden Fall anwendbar wäre. Im Ergebnis liegt schon kein substantiierter Antrag der Beschwerdeführerin vor, da im Schriftsatz vom 9. Juli 2019 lediglich "um Überprüfung gebeten [wird], ob vorliegend die Voraussetzungen für die Rückzahlung der Beschwerdegebühren gegeben sind." Es fehlt damit an jeglichem Vorbringen zum Vorliegen eines etwaigen wesentlichen Verfahrensmangels, der nach Regel 103 (1) a) EPÜ die Rückzahlung der Beschwerdegebühr unter weiterer Voraussetzung ihrer Billigkeit erlaubte. Auch andere Rückzahlungstatbestände, die allesamt an eine Beschwerderücknahme gekoppelt sind, scheiden vorliegend aus.
3.3 Dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann daher nicht stattgegeben werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein europäisches Patent auf der Basis folgender Unterlagen zu erteilen:
Ansprüche 1 bis 9 eingereicht mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2019
Beschreibung Seite 1 bis 18 und 20 bis 35 eingereicht in Reinschrift mit Schriftsatz vom 9. Juli 2019 Seite 19 eingereicht in Reinschrift mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2019
Figuren 1 bis 7 der ursprünglich eingereichten Fassung
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.