European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T142517.20210326 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 26 März 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1425/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07111577.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65H 29/68 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Bogenbremsensystem zum Bremsen von Druckbogen | ||||||||
Name des Anmelders: | Heidelberger Druckmaschinen AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Koenig & Bauer AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) Verspätetes Vorbringen - Rechtfertigung der Verspätung (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende hat gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die geänderte Fassung, in der das europäische Patent Nr. 1 882 662 (nachfolgend als "das Patent" bezeichnet) und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) genüge, Beschwerde eingelegt.
II. Von den in der Entscheidung der Einspruchsabteilung erwähnten Druckschriften sind vor allem die Folgenden für das Beschwerdeverfahren relevant:
K1: DE 102 19 001 A1
K2: DE 199 41 633 A1
K3: DE 101 57 118 A1
K4: DE 101 03 235 A1
III. Die Kammer erließ am 4. November 2020 eine Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020, ABl. EPA 2019, A63).
IV. Mit Schreiben vom 25. Januar 2021 reichte die Beschwerdeführerin die folgenden weiteren Druckschriften zur Stützung ihres Vortrags zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit ein:
K11: DE 24 60 504 A1
K12: DD 285 326 A5
K13: JP 2586002 Y2
V. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 26. März 2021 statt.
VI. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VII. Der Anspruch 1 des einzigen der Kammer vorliegenden Antrags lautet wie folgt (die von der Kammer verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern angegeben):
"[a] Bogenbremsensystem (3) zum Bremsen von Druckbogen, [b] umfassend in einer Reihe angeordnete Bogenbremsen (5a, 5b, 5c) mit zueinander verfahrbar angeordneten Modulträgern (8) zum Tragen von Bremsmodulen (10, 11), [c] die an und von den Modulträgern (8) an- und abkoppelbar ausgebildet sind, wobei [d] in einer Betriebsart an einem der Modulträger (8) zwei der Bremsmodule (10, 11) angekoppelt sind,
dadurch gekennzeichnet,
dass [e] die Bremsmodule (10, 11) umlaufende Bremselemente umfassen, [f] welche endlose Bremsbänder (12) oder -riemen sind."
VIII. Die Beteiligten haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
a) Erfinderische Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift K1
i) Beschwerdeführerin
Die Offenbarung der Druckschrift K1 unterscheide sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 durch das Merkmal f, nämlich dadurch, dass die Bremselemente endlose Bremsbänder oder -riemen seien. Die im Hinblick auf dieses Merkmal gelöste objektive technische Aufgabe sei es, die Bremskraft des Bogenbremsensystems zu erhöhen. Die erfindungsgemäße Lösung sei dem Fachmann dabei ausgehend von der Druckschrift K1 sowohl in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen - belegt durch die Druckschriften K11, K12 und K13 - als auch in Kombination mit der Druckschrift K3 nahegelegt worden.
So sei es dem Fachmann bereits aus seinem Fachwissen heraus bekannt gewesen, dass ein Bremsband auf Grund seiner geometrischen Ausdehnung gegenüber einem Saugring eine größere Bogenkontaktfläche aufweise und damit eine höhere Haltekraft beim Bremsen auf einen Bogen übertrage. Zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns hätte dabei neben der Verwendung von Bremsbändern als Alternative zu Saugringen auch die Verwendung eines Bremsbandes in Kombination mit einem Saugring gehört. Letzteres sei durch die Druckschriften K11, K12 und K13 (siehe jeweils Figuren) belegt. Die Tatsache, dass mehrere Druckschriften diesen Sachverhalt zeigten, demonstriere, dass es sich dabei um allgemeines Fachwissen handle. Der Fachmann hätte unter Berücksichtigung dieses allgemeinen Fachwissens in naheliegender Weise ein Bremsband über den Saugring der Druckschrift K1 gelegt, um die Bremsfläche und somit die Bremskraft zu erhöhen. Je nach Druckauftrag hätten diese Bänder dann auch wieder abgenommen werden können. Es habe dabei auch keiner Synchronisation der Umläufe von Saugring und Saugband bedurft, da die Saugringe der Druckschrift K1 jeweils eine Vielzahl an Saugöffnungen aufwiesen und somit sichergestellt sei, dass es immer wieder zu einer Überlagerung einer Saugöffnung des Saugrings mit einer Öffnung im Bremsband komme. Auch weitere konstruktive Veränderungen an dem Bogenbremssystem der Druckschrift K1 seien hierfür nicht nötig gewesen. Die von der Beschwerdegegnerin angesprochenen Möglichkeiten, die Bremskraft mittels eines höheren Unterdrucks oder breiteren Saugringen zu erhöhen, stünden dem Fachmann ferner nur begrenzt zur Verfügung, da er ohnehin die Saugkraft immer maximal einstelle und eine maximale Saugringbreite wähle. Um eine noch größere Bremskraft zu erreichen, hätte der Fachmann jedoch ein Bremsband vorgesehen.
Im Hinblick auf die Frage der Zulassung der Druckschriften K11, K12 und 13 führte die Beschwerdeführerin aus, dass diese als Reaktion auf die von der Kammer aufgeworfene entscheidungserhebliche Frage der konkreten konstruktiven Ausführungsmöglichkeiten einer Bogenbremse relevant geworden seien (siehe Mitteilung der Kammer vom 4. November 2020, Abschnitt 6.1.3 a)). Es lägen somit außergewöhnliche Umstände vor, die eine Berücksichtigung dieser Druckschriften rechtfertigten.
Der mit der Lösung der Aufgabe betraute Fachmann hätte ferner die Druckschrift K3 zur Kenntnis genommen, welche ebenso wie die Druckschrift K1 eine Bogenbremse in der Auslage einer Bogendruckmaschine betreffe. Dabei offenbare die Druckschrift K3 in Spalte 1, Zeilen 38 bis 43: "Die Bremswirkung ergibt sich durch die zwischen den Saugkörpern und dem Druckbogen wirkenden Reibkräften. Damit eine genügend große Bremswirkung erreicht wird, muss der Saugkörper eine entsprechend große Saugfläche aufweisen und es muss ein möglichst hoher Unterdruck anliegen." Der Fachmann hätte dieser Stelle den Einsatz von Bremsbändern entnommen, da er allein aus dem Wortlaut "große Saugfläche" den wesentlichen Vorteil von umlaufenden Bremsbändern erkannt hätte. Es sei Tatsache, dass umlaufende Saugringe mit abzubremsenden Bogen lediglich Berührungslinien aufwiesen, da ein den Saugring-Umfang berührender Bogen als Tangente lediglich eine Berührungslinie bilden könne. Eine Saugfläche könne durch einen Saugring eben nicht gebildet werden. Eine "große Saugfläche" könne daher in diesem Kontext nur durch ein Bremsband erzeugt werden. Zwar zeige Fig. 1 der Druckschrift K3 eine Saugwalze. Dies sei aber nur ein Ausführungsbeispiel zur Verdeutlichung der in der Druckschrift K3 diskutierten Unterdruckverläufe. Dem auf der Suche nach einer Verbesserung der Bremskraft seines Bogenbremsensystems befindlichen Fachmann lehre die Druckschrift K3 vielmehr, dass eine erhöhte Bremswirkung durch eine große Saugfläche, d.h. ein Bremsband, erreicht würde.
ii) Beschwerdegegnerin
Die Druckschriften K11, K12 und K13 seien nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen, da sie zu spät eingereicht worden seien. Sie seien nicht prima facie relevant, da sie nicht neuheitsschädlich seien. Ferner hätten sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt werden können, zumal der geltende Anspruch 1 auch bereits im Verfahren vor der Einspruchsabteilung von der Patentinhaberin eingereicht worden sei. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern stellten ferner Patentschriften nur ausnahmsweise allgemeines Fachwissen dar. Dies könne möglicherweise beispielsweise bei Forschungsgebieten der Fall sein, die so neu seien, dass das entsprechende technische Wissen noch nicht in Standardlehrbüchern enthalten sei. Dies sei bei dem hier betroffenen technischen Gebiet der Bogenbremssysteme jedoch nicht der Fall. Somit könnten die Druckschriften K11, K12 und K13 auch kein allgemeines Fachwissen belegen.
Die Druckschrift K1 offenbare ferner nicht die Ausgestaltung von Bremselementen als Bremsbänder oder Bremsriemen oder lege diese nahe. Hätte der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K1 eine Erhöhung der Bremskraft angestrebt, hätte er vielmehr - wie in Abs. [0006] der Druckschrift K1 angeregt - die Breite der Saugringe oder den Saugunterdruck angepasst. Bei ihren von der Druckschrift K1 ausgehenden Einwänden habe die Beschwerdeführerin auch nicht berücksichtigt, dass es aufgrund der konstruktiven Gegebenheiten in der Druckschrift K1 nicht nahegelegen hätte, die dortigen Saugringe durch Bremsbänder oder Bremsriemen zu ersetzen. In der Druckschrift K1 seien die Saugringe Bestandteile einer Saugwalze 8, die aus den Saugringen und Zwischenstücken bestehe (Spalte 3, Zeilen 27 bis 28 und Spalte 4, Zeilen 1 bis 2). Eine solche Saugwalze ließe sich aber aus Bremsbändern oder Bremsriemen gar nicht zusammensetzen. Bei einer hypothetischen Hinzufügung von Bändern zu den Saugwalzen der Druckschrift K1 sei ferner zu berücksichtigen, dass diese Saugwalzen eine Vielzahl verteilter Saugöffnungen aufwiesen, so dass eine Synchronisierung der Saugöffnungen der Saugwalze mit den Öffnungen eines Bremsbandes nur schwer möglich sei. Selbst bei nur einer Reihe von Öffnungen wie in der Druckschrift K12 sei dies nur durch den Einsatz von Noppen möglich. Letztere wären aber bei der Saugwalze der Druckschrift K1 gar nicht vorhanden. Bremsbänder seien in der Praxis außerdem sehr starken Belastungen ausgesetzt, so dass selbst das Vorsehen einer einzigen Reihe von Öffnungen darin konstruktionstechnisch schwierig sei. Der Fachmann hätte daher ein Bremsband nicht ohne Weiteres mit weiteren Löchern versehen.
Die Druckschrift K3 weise ferner in Abs. [0003] auf Saugbänder als Alternative zu Saugwalzen hin, jedoch nicht auf eine Kombination der beiden. Bremsbänder mögen dem Fachmann auch allgemein bekannt gewesen sein. Dies beträfe jedoch nur ihre Verwendung in Kombination mit einem Saugkasten. Eine Kombination eines Bremsbandes mit einem Saugring sei hingegen etwas Spezielles. Eine solche Ausgestaltung sei nicht geläufig und gehöre nicht zum allgemeinen Fachwissen.
b) Erfinderische Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift K4
i) Beschwerdeführerin
Die Offenbarung der Druckschrift K4 unterscheide sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 durch das Merkmal d, nämlich dadurch, dass in einer Betriebsart an einem der Modulträger zwei der Bremsmodule angekoppelt seien. Die im Hinblick auf dieses Merkmal gelöste objektive technische Aufgabe sei es, die Bremskraft des Bogenbremsensystems zu erhöhen.
Die erfindungsgemäße Lösung sei dem Fachmann ausgehend von der Druckschrift K4 sowohl in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen als auch in Kombination mit einer der Druckschriften K1 oder K2 nahegelegt worden.
Es sei dem Fachmann bereits aus seinem Fachwissen heraus bekannt gewesen, dass durch eine doppelte Anordnung von Bremsbändern eine zumindest annähernd doppeltgroße Halte- bzw. Bremskraft erzielt werden könne. Damit hätte der von der Druckschrift K4 ausgehende Fachmann bei der Lösung der Aufgabe, die Bremskraft des Bogenbremsensystems zu verbessern, zumindest in einer Betriebsart an einem der Modulträger zwei der Bremsmodule angekoppelt und wäre damit ohne erfinderische Tätigkeit zum beanspruchten Gegenstand gelangt. Der Fachmann wäre hiervon auch nicht durch einen Platzmangel abgehalten worden. Er hätte vielmehr zur Lösung der genannten objektiven technischen Aufgabe den Einsatz weiterer Bremsbänder vorgesehen. Die Annahme, dass der Modulträger hierzu vergrößert und damit eventuell andere Bauteile umgestaltet werden müssten, sei rein spekulativ. Vielmehr sei dem Fachmann bewusst gewesen, dass jede Bogenbremse eine Lagerung, einen Antrieb und zumindest einen Saugluftanschluss benötige. Diese nötigen technischen Mittel bedeuteten einen enormen Platzbedarf. Statt durch eine komplizierte Anordnung weiterer Bogenbremsen die ganze Vorrichtung umzugestalten, hätte der Fachmann sich bereits aus seinem einfachen Konstruktionswissen dafür entschieden, lediglich eine leichte konstruktive Anpassung eines Modulträgers vorzunehmen und so das zweite Bremsband platzsparend am gleichen Modulträger anzuordnen. Hierzu hätte er mit Leichtigkeit beispielsweise ausgehend von der in Fig. 11 der Druckschrift K4 gezeigten Ausgestaltung die Saugluftzufuhr und die Lagerung nach unten verlegt und den so gewonnenen Platz genutzt, um ein zweites Bremsmodul anzuordnen.
Der mit der Aufgabe betraute Fachmann hätte bei seinen Recherchen auch die Druckschriften K1 oder K2 zur Kenntnis genommen, wobei sowohl K1 als auch K2 eine Bogenbremse in der Auslage einer Bogendruckmaschine beträfen und damit auf dem Sachgebiet der Druckschrift K4 lägen, sodass der Fachmann sie in Betracht gezogen hätte. Dabei offenbare die Druckschrift K1 das Merkmal d beispielsweise gemäß Fig. 2 und 3 bzw. den dazugehörigen Textstellen, und die Druckschrift K2 offenbare dieses Merkmal beispielsweise gemäß Fig. 2 und 6 bzw. den dazugehörigen Textstellen. Dem Fachmann sei dabei bewusst gewesen, dass der alleinige Zweck einer Bogenbremse darin bestehe, durch möglichst große Bremskraft eine Bogenbremsung zu verwirklichen. Der Fachmann hätte in Anbetracht der konkreten Anregung die Vorteile der beidseitigen Anordnung von Bremselementen, die die Halte- und damit Bremskraft nahezu verdoppele, erkannt. In den Druckschriften K1 und K2 würden zwar Saugringe verwendet werden. Es werde aber genau gezeigt, wie zusätzliche Bremskörper platzsparend an der Bogenbremse eingesetzt werden könnten. Statt zusätzlich nötiger Lager, Antriebe und Luftführungsleitungen werde gezeigt, dass die vorhandenen Lager, Antriebe und Luftführungsleitungen für jeweils einen weiteren Bremskörper mitgenutzt werden könnten. Allein dieser Hinweis hätte dem Fachmann schon genügt, um ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
Die Druckschrift K4 habe in Abs. [0044] ferner dem Fachmann den Hinweis gegeben, auch andere Ausgestaltungen als die in Fig. 11 gezeigte in Betracht zu ziehen. Insbesondere sei dort die Ausgestaltung als Bremswalze genannt. Dieser Hinweis wäre für den Fachmann eine Motivation gewesen, auch die Druckschriften K1 und K2 zu Rate zu ziehen, die sich mit Saugwalzen befassten. Der Fachmann hätte die dort beschriebene Konstruktion mit zwei an einem Modulträger angeordneten Bremsmodulen daher auch bei dem Bogenbremssystem der Druckschrift K4 eingesetzt, wobei er eine Ausführung mit Bremsbändern gewählt hätte, um die Bremskraft zu erhöhen.
ii) Beschwerdegegnerin
Der Fachmann hätte die in der Druckschrift K4 beschriebene Konstruktion mit Bremsbändern nicht mit Saugwalzen, wie sie in den Druckschriften K1 und K2 offenbart seien, kombiniert. Bei ihrer Argumentation habe die Beschwerdeführerin zu wenig die in der Druckschrift K4 vorliegenden konstruktiven Gegebenheiten berücksichtigt, die in Fig. 11 der Druckschrift K4 gut zu erkennen seien. Der Modulträger habe auf seiner linken Seite einen Freiraum, in welchen das Bremsmodul eingesetzt sei. Auf der rechten Seite des Modulträgers seien verschiedene Einrichtungen angeordnet, welche für das links angeordnete Bremsmodul erforderlich seien. Dazu würden Einrichtungen zur Lagerung (Indexstift 68), zur Saugluftzufuhr (Saugkanal 76), zur Verriegelung (Blattfeder 72) und zum Antrieb (Kupplung 58) dieses Bremsmoduls gehören. Aufgrund des Vorhandenseins dieser Einrichtungen auf der rechten Seite des Modulträgers gebe es dort keinen Bauraum, in welchen ein weiteres Bremsmodul eingesetzt werden könnte. Es sei also klar, dass aufgrund des Platzbedarfs zur Montage des ersten Bremsmoduls für ein zweites Bremsmodul kein Platz vorhanden sei und dass die Umgestaltung des Modulträgers in einer Weise, das ein zweites Bremsmodul darauf Platz finden könnte, erhebliche Änderungen erfordern würde, wenn sie denn überhaupt möglich wäre. Es sei nämlich nicht ersichtlich, in welcher Weise der Modulträger dann umgestaltet werden müsste, weil die auf der rechten Seite angeordneten Einrichtungen zur Lagerung, zur Saugluftzufuhr, zur Verriegelung und zum Antrieb des ersten Bremsmoduls nicht einfach woanders platziert werden könnten. Für das zweite Bremsmodul wären dann ebenfalls solche Einrichtungen erforderlich gewesen. Für deren Anordnung würde erst recht der Platz fehlen. Ferner sei durch eine Verlagerung der in Fig. 11 der Druckschrift K4 gezeigten Lagerung, Saugluftzufuhr, etc. (wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen) die in dieser Druckschrift angestrebte Auftrennbarkeit der Verbindung des Bremskörpers mit der Antriebswelle und der Saugluftzufuhr nicht mehr auf einfache Weise zu realisieren.
Darüber hinaus hätte der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K4 mit dem Ziel einer Bremskrafterhöhung möglicherweise weitere Bogenbremsen der in der Druckschrift beschriebenen Art hinzugefügt oder den Ansaugunterdruck erhöht. Er hätte jedoch keinen Hinweis darauf gehabt, zwei Bremsmodule auf einem Modulträger vorzusehen. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragene Argumentation sei vielmehr das Ergebnis einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung der Druckschriften K11, K12 und K13
1.1 Die Beschwerdeführerin reichte die Druckschriften K11, K12 und K13 mit Schreiben vom 25. Januar 2021 zum Nachweis einer "möglichen konkreten Ausgestaltung einer Bogenbremse mit Bremsbändern bzw. -riemen" ein. Sie bezog sich dabei auf die in Abschnitt 6.1.3 a), letzter Absatz, der Mitteilung vom 4. November 2020 enthaltene Bemerkung der Kammer, wonach die Beschwerdeführerin bislang nicht dargelegt habe, wie der Fachmann die Saugwalze der Druckschrift K1 mit Bremsbändern ausgeführt hätte.
1.2 Nach Ansicht der Kammer konnte die Beschwerdeführerin diese Bemerkung als Hinweis verstehen, dass die Kammer nicht grundsätzlich abgeneigt war, einen zeitnah vorgelegten diesbezüglichen Nachweis des allgemeinen Fachwissens zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund durfte die Beschwerdeführerin daher davon ausgehen, dass ein derartiger Nachweis von der Kammer nicht von vornherein unbeachtet bleiben würde. Wie die Beschwerdeführerin mit stichhaltigen Gründen aufgezeigt hat, liegen hinsichtlich einer möglichen Zulassung der Druckschriften K11, K12 und K13 außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK 2020 vor.
1.3 Bei den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Druckschriften K11, K12 und K13 handelt es sich um eine deutsche Offenlegungsschrift (Druckschrift K11), eine deutsche Patentschrift (Druckschrift K12) und eine japanische Gebrauchsmusterschrift (Druckschrift K13).
Die Beschwerdegegnerin weist zurecht darauf hin, dass das allgemeine Fachwissen nach geltender Rechtsprechung in der Regel Patentliteratur nicht einschließt (siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, I.C.2.8.2). Allerdings haben sich in der Rechtsprechung einige Ausnahmen von dieser Regel herausgebildet. Unter anderem wurde in einigen Entscheidungen anerkannt, dass eine Mehrzahl von Patentdokumenten ebenso geeignet sein kann, um das allgemeine Fachwissen nachzuweisen, sofern diese Dokumente ein konsistentes Bild des allgemeinen Fachwissens in einem bestimmten Gebiet bereitstellen (siehe z.B. T 452/05, Entscheidungsgründe, Punkt 2.4.1. (b)(ii); vgl. auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, I.C.2.8.2 und dort zitierte Entscheidungen).
In Anbetracht dieser Rechtsprechung musste der Versuch, den von der Kammer als bislang versäumt betrachteten Nachweis des allgemeinen Fachwissens durch Vorlage von Patentdokumenten bzw. Gebrauchsmustern zu erbringen, von der Beschwerdeführerin nicht von vornherein als aussichtslos betrachtet werden. Vielmehr durfte sie annehmen, dass die Kammer die Druckschriften K11, K12 und K13 nicht allein schon deshalb als geeigneten Nachweis für das von der Beschwerdeführerin behauptete allgemeine Fachwissen ablehnen würde, weil es sich dabei um Patentdokumente bzw. Gebrauchsmuster handelt.
1.4 Die Druckschriften K11, K12 und K13 wurden etwa zwei Monate nach der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 und etwa zwei Monate vor dem anberaumten Termin der mündlichen Verhandlung eingereicht. Sie haben ferner jeweils einen überschaubaren Umfang. Die Beschwerdegegnerin hat auch nicht vorgetragen, dass sie sich aus Zeitgründen nicht mehr mit diesen Druckschriften habe auseinandersetzen können.
1.5 Die Kammer betrachtet die Vorlage der Druckschriften K11, K12 und K13 daher als zeitnahen und nicht von vornherein ungeeigneten Versuch der Beschwerdeführerin, den von der Kammer bislang vermissten Nachweis des allgemeinen Fachwissens zu erbringen. Ob die Kammer tatsächlich zu der Auffassung gelangt, dass diese Druckschriften das von der Beschwerdeführerin behauptete allgemeine Fachwissen hinreichend belegen, ist für die Frage der Zulassung dieser Druckschriften unerheblich.
1.6 In Anbetracht dieser Erwägungen hat die Kammer daher in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13 (2) VOBK 2020 entschieden, die Druckschriften K11, K12 und K13 als Nachweis des allgemeinen Fachwissens in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.
2. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von der
Druckschrift K1
2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Druckschrift K1 unstrittig durch das Merkmal f. Die im Hinblick auf dieses Merkmal gelöste objektive technische Aufgabe sehen die Beteiligten übereinstimmend in der Bereitstellung eines Bogenbremssystems mit erhöhter Bremskraft. Die Kammer schließt sich dieser Ansicht an. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K1 in Kombination mit seinem allgemeinen Fachwissen oder in Kombination mit der Druckschrift K3 zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt wäre.
2.2 Kombination der Druckschrift K1 mit dem allgemeinen Fachwissen
2.2.1 Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K1 entweder alternativ oder zusätzlich zu den dort offenbarten Saugringen Bremsbänder vorgesehen hätte. Dem Fachmann sei aufgrund seines allgemeinen Fachwissens bekannt gewesen, dass Bremsbänder eine größere Bogenkontaktfläche aufwiesen und daher eine höhere Bremskraft ermöglichten.
2.2.2 Zwischen den Beteiligten ist unstrittig, dass dem Fachmann Bremsbänder vor dem Prioritätstag des Streitpatents grundsätzlich bekannt waren. Die Kammer schließt sich dieser Ansicht an. Die Kenntnis der Existenz von Bremsbändern allein stellte für den Fachmann jedoch keine hinreichende Motivation dar, die Saugringe, die gemäß der Druckschrift K1 zu einer Saugwalze zusammengefügt werden, durch Bremsbänder zu ersetzen.
Die Beschwerdeführerin hat zunächst nicht aufgezeigt, dass es zum allgemeinen Fachwissen gehörte, Bremsbänder anstelle von Saugringen zur Verbesserung der Bremskraft zu verwenden. Somit fehlte dem Fachmann bereits die Motivation, ausgehend von dem Bogenbremssystem der Druckschrift K1, in welchem eine durch Saugringe gebildete Saugwalze eingesetzt ist, Bremsbänder oder Bremsriemen vorzusehen. Es ist ferner aber auch nicht ersichtlich, wie der Fachmann die Saugwalze der Druckschrift K1 mit Bremsbändern ausgeführt hätte.
Ferner enthält die Druckschrift K1 in Abs. [0006] den Hinweis, dass dort "breitere Saugringe mit größeren Haltekräften einsetzbar sind". Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, entnahm der Fachmann dieser Textstelle möglicherweise den Hinweis, zur Verbesserung der Bremskraft die Breite der Saugringe zu erhöhen. Ein Hinweis auf die Verwendung von Bremsbändern findet sich jedoch in der Druckschrift K1 nicht.
Die Kammer ist daher der Auffassung, dass es dem Fachmann nicht nahegelegen hätte, ausgehend von der Druckschrift K1 Bremsbänder oder -riemen anstelle der in dieser Druckschrift offenbarten Saugringe zu verwenden.
2.2.3 Zur Stützung ihrer alternativen Argumentation, dass der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K1 Bremsbänder über die dort vorgesehenen Saugringe gelegt hätte und somit in naheliegender Weise zum Anspruchsgegenstand gelangt wäre, verweist die Beschwerdeführerin auf die Druckschriften K11, K12 und K13. Diese Druckschriften belegten ihrer Auffassung nach das allgemeine Fachwissen, endlose Bänder oder Riemen in Kombination mit Saugringen zur Erhöhung der Bremskraft einzusetzen. Die Beschwerdeführerin verweist dabei auf die Figuren der eingereichten Druckschriften, ohne die aus ihrer Sicht jeweils im einzelnen relevanten Stellen der Beschreibungen zu nennen.
Die Druckschrift K11 offenbart Bogenfördervorrichtungen an Druckmaschinen (siehe z.B. Fig. 1) mit einer Saugkammer (3), die den zu fördernden Bogen (2) auf Transportmitteln ansaugt. Die Transportmittel sind dabei als schmale Transportbänder (1) ausgebildet, die im Bereich der Saugkammer (3) den zu transportierenden Bogen (2) tragen.
Die Druckschrift K12 offenbart Saugbandförderer (siehe z.B. Fig. 2 und Spalte 1, Zeilen 54 bis 58) für Auslagen von Druckmaschinen mit einem zwischen Umlenkrolle (9) und Antriebsrolle (10) angeordneten Saugkasten (12). Um den abzulegenden Bogen (5) auch im Bereich der Umlenkrolle (9) mit Saugluft zu beaufschlagen, sind am Umfang der Umlenkrolle (9) hohl ausgebildete Noppen (11) angeordnet, die mit einer Ansaugbohrung (15) versehen sind, wobei die Noppen formschlüssig den Saugöffnungen (13) des Saugbandes zugeordnet sind. Hierdurch soll die Saugöffnungszahl bei gleicher Saugbandförderlänge erhöht werden, wodurch mit gleichem Unterdruck größere Normalkräfte erzeugt werden sollen. Der formschlüssige Eingriff der Noppen in das Saugband soll ferner eine exakte Bandführung gewährleisten.
Die Druckschrift K13 offenbart ein Bogenbremssystem (siehe Fig. 1 und 3) mit einem endlosen flachen Band (39), das eine Gleitfläche (39b) aufweist und in dem Saugöffnungen (39a) vorgesehen sind. Unterhalb des Bandes (39) ist eine trichterförmige Ansaugleitung (40) vorgesehen (Abs. [0020]). Während des Betriebes wird Luft durch die Saugöffnungen (39a) in die Ansaugleitung (40) gesaugt, wodurch der Bogen in Kontakt mit der Gleitfläche (39b) des Bandes (39) gebracht wird, um den Bogen abzubremsen (Abs. [0021]). Die Antriebsscheibe (31) des Bandes ist ferner als Saugrad mit Luftdurchgängen (31b) ausgebildet (Abs. [0022]). Laut Abs. [0024] dient dies dazu, die Luft nicht nur im Bereich der horizontalen Gleitfläche (39b) des Bandes, sondern auch im Bereich einer bogenförmigen Fläche (39c) um die Antriebsscheibe (31) herum anzusaugen. Hierdurch soll einerseits die Bremswirkung erhöht werden und andererseits das Ansaugen auch dann gewährleistet werden, wenn die Saugöffnungen (39a) und die Ansaugleitung (40) nicht zueinander ausgerichtet sind.
Das von der Beschwerdeführerin behauptete allgemeine Fachwissen sieht die Kammer durch die Druckschriften K11, K12 und K13 allerdings nicht belegt.
Die Druckschrift K11 offenbart offenkundig keine Saugringe und kann somit nicht als Nachweis für das behauptete Fachwissen dienen.
Die Druckschrift K12 gab dem Fachmann möglicherweise den Hinweis, ausgehend von einem Bremssystem, das auf einem Saugband mit einem Saugkasten basiert, die Umlenkrolle des Saugbandes mit Noppen zu versehen, in denen Ansaugöffnungen ausgebildet sind. Die Druckschrift K13 geht in ähnlicher Weise von einem Bremssystem mit endlosem Band und Saugkasten aus und schlägt ausgehend hiervon vor, zusätzlich die Antriebsscheibe des Bandes mit Luftdurchgängen zu versehen. Allerdings entspricht weder die Umlenkrolle der Druckschrift K12 noch die Antriebsscheibe der Druckschrift K13 einer Saugwalze (im Sinne der Druckschrift K1) oder einem zur Bildung einer Saugwalze dienenden Saugring. Diese Druckschriften gehen vielmehr von einem Bremssystem mit einem Endlosband und einer im gerade verlaufenden Bereich des Endlosbandes angeordneten Saugleitung aus und schlagen vor, die Umlenkrolle (siehe Druckschrift K12) oder die zum Antrieb des Bandes verwendete Antriebsscheibe des Bandes (siehe Druckschrift K13) mit Ansaugöffnungen zu versehen - schon darin unterscheiden sich die beiden Druckschriften voneinander. Der Ausgangspunkt der beiden Druckschriften stellt somit kein Bremssystem mit Saugwalze (wie in der Druckschrift K1) dar, dessen Bremskraft verbessert werden soll, sondern ein Bremssystem mit Bremsbändern. Darüber hinaus stellt weder die Umlenkrolle der Druckschrift K12 noch die Antriebsscheibe der Druckschrift K13 eine Saugwalze oder einen Saugring (beispielsweise mit in Achsrichtung verteilten Saugöffnungen) dar, wie sie in der Druckschrift K1 verwendet werden.
Die Bremssysteme der Druckschriften K11, K12 und K13 unterscheiden sich somit in den hier diskutierten Merkmalen voneinander, so dass diesbezüglich nicht von einem "allgemeinen" Fachwissen ausgegangen werden kann, sondern von jeweils recht speziellen Ausgestaltungen. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass die oben genannten Merkmale in den einzelnen Druckschriften teilweise explizit als Mittel zur erfindungsgemäßen Lösung der jeweils genannten technischen Aufgaben beschrieben werden. Die Druckschriften gehen somit offenbar selbst nicht davon aus, dass die dort gezeigten Ausgestaltungen zum jeweils relevanten Zeitpunkt allgemein bekannt waren. Dass sich Elemente der in diesen Druckschriften offenbarten Erfindungen im Laufe der Zeit zu einem "allgemeinen" Fachwissen verdichtet hätten, hat die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt.
Aber auch ungeachtet dessen können die Druckschriften K11, K12 und K13 das von der Beschwerdeführerin behauptete Fachwissen nicht belegen, da sie keine Saugwalze oder zur Ausbildung einer Saugwalze dienende Saugringe offenbaren, deren Bremskraft durch Hinzufügen von Bremsbändern erhöht wird. Die Kammer teilt die Sichtweise der Beschwerdegegnerin, dass sich die diesbezügliche Argumentation der Beschwerdeführerin vielmehr als Ergebnis einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung darstellt.
2.2.4 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber einer Kombination der Druckschrift K1 mit dem allgemeinen Fachwissen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
2.3 Kombination der Druckschriften K1 und K3
2.3.1 Die Beschwerdeführerin ist ferner der Auffassung, dass der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K1 durch die Druckschrift K3, insbesondere Spalte 1, Zeilen 38 bis 43, den Hinweis bekam, endlose Bänder oder Riemen in Kombination mit Saugringen zur Erhöhung der Bremskraft einzusetzen. Die hier relevant erscheinende Stelle lautet: "Damit eine genügend große Bremswirkung erreicht wird, muss der Saugkörper eine entsprechend große Saugfläche aufweisen und es muss ein möglichst hoher Unterdruck anliegen."
2.3.2 In der von der Beschwerdeführerin zitierten Stelle sind endlose Bänder oder Riemen allerdings nicht erwähnt. Die Beschwerdeführerin führt jedoch hierzu aus, dass der Fachmann diese Passage so verstünde, dass die dort genannte "große Saugfläche" nur durch ein Bremsband erzeugt werden könne.
Die Beschwerdeführerin hat jedoch nicht dargelegt, warum es zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns gehört haben sollte, dass der Einsatz eines Bremsbandes die Saugfläche vergrößert. Dies erscheint technisch im Übrigen auch unzutreffend. Selbst wenn, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert, ein Bremsband über einen der Saugringe der Druckschrift K1 gelegt würde, hätte dies keinen Einfluss auf die Saugfläche, sondern würde lediglich möglicherweise die Kontaktfläche zum Bogen und somit die Bremsfläche vergrößern. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Stelle der Druckschrift K3 gab dem Fachmann daher keinen Hinweis, zur Verbesserung der Bremskraft die Verwendung von Bremsbändern oder Bremsriemen in Erwägung zu ziehen.
2.3.3 Ausgehend von der Druckschrift K1 wäre der Fachmann daher auch in Anbetracht der Druckschrift K3 nicht auf nahelegende Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.
2.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit ausgehend von der Druckschrift K1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. Erfinderische Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift K4
3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von der Druckschrift K4 unstrittig durch das Merkmal d. Die im Hinblick auf dieses Merkmal gelöste objektive technische Aufgabe sieht die Beschwerdeführerin in der Bereitstellung eines Bogenbremssystems mit verbesserter Bremskraft. Sie ist der Ansicht, dass der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K4 in Kombination mit seinem allgemeinen Fachwissen oder in Kombination mit einer der Druckschriften K1 und K2 in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt wäre.
3.2 Kombination der Druckschrift K4 mit dem allgemeinen Fachwissen
3.2.1 Die Kammer ist nicht der Auffassung, dass es zum allgemeinen Fachwissen gehörte, zur Verbesserung der Bremskraft eines Bogenbremssystems zwei als Bremsbänder ausgebildete Bremsmodule an einen verschiebbar gelagerten Modulträger anzukoppeln. Zwar schlägt die Druckschrift K4 vor, die Anzahl der Bogenbremsen zu verändern (siehe z.B. Abs. [0041]). Ein Hinweis darauf, die Bogenbremsen bzw. Trägermodule jeweils mit mehreren Bremsmodulen zu bestücken, ist der Druckschrift K4 jedoch nicht zu entnehmen.
3.2.2 Die Argumentation der Beschwerdeführerin, dass der Fachmann die Anzahl der Bremsmodule pro Bogenbremse erhöht hätte, um die Bremskraft weiter zu erhöhen, wenn bereits eine maximale Anzahl von Bogenbremsen erreicht und der Ansaugdruck maximal eingestellt wäre, scheint spekulativ. Ein solches Szenario, in dem der Ansaugdruck und die Anzahl der Bogenbremsen bereits das jeweilige Maximum erreicht hätten, ist der Druckschrift K4 nicht zu entnehmen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bogenbremssystem immer mit einem maximalen Ansaugdruck und einer maximalen Anzahl von Bogenbremsen betrieben wird. Die Beschwerdeführerin hat ferner weder dargelegt, dass dies ein Szenario ist, mit dem sich der Fachmann üblicherweise beschäftigt, noch, dass es ihm allgemein bekannt ist, in diesem Fall die Anzahl der Bremsmodule pro Bogenbremse zu erhöhen. Die diesbezügliche Argumentation der Beschwerdeführerin scheint vielmehr auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise zu beruhen.
Dasselbe gilt für das Argument der Beschwerdeführerin, der Fachmann hätte bei der Erhöhung der Anzahl von Bogenbremsen erkannt, dass sich ein platzsparenderer Aufbau ergäbe, wenn er zwei Bremsmodule auf der gleichen Bogenbremse anordnen würde.
Die Druckschrift K4 enthält zunächst keinen Hinweis darauf, durch das Vorsehen von zwei Bremsmodulen auf einem Modulträger den Platzbedarf zu reduzieren. Das Argument, der Fachmann hätte, um die von der Beschwerdeführerin formulierte objektive technische Aufgabe zu lösen, zunächst erwogen, das Bremssystem der Druckschrift K4 zu modifizieren, indem er die Anzahl der Bogenbremsen erhöht, um dann festzustellen, dass der Platzbedarf dafür recht hoch wäre, wodurch er dazu veranlasst worden wäre, mehrere Bremsmodule auf einer Bogenbremse vorgesehen, stellt sich als das Ergebnis einer rückschauenden Betrachtung dar. Ferner hat die Beschwerdeführerin aber auch gar nicht dargelegt, dass es überhaupt zum allgemeinen Fachwissen gehörte, zwei als Bremsbänder ausgestaltete Bremsmodule auf einem Modulträger vorzusehen, um einen platzsparenderen Aufbau zu erreichen.
Die Kammer hält außerdem das Argument der Beschwerdegegnerin für überzeugend, dass durch eine Verlagerung der in Fig. 11 der Druckschrift K4 gezeigten Lagerung, Saugluftzufuhr, etc. (wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen) die in der Druckschrift K4 angestrebte Auftrennbarkeit der Verbindung des Bremskörpers mit der Antriebswelle und der Saugluftzufuhr nicht mehr auf einfache Weise zu realisieren ist. Dieser Gesichtspunkt ist vorliegend jedoch weniger relevant, da der Fachmann nach Ansicht der Kammer noch nicht einmal einen Hinweis darauf hatte, in Erwägung zu ziehen, die Bogenbremsen der Druckschrift K4 mit zwei Bremsmodulen zu versehen.
3.3 Kombination der Druckschriften K4 und K1 bzw. K4 und K2
3.3.1 Die Druckschriften K1 und K2 beschreiben jeweils Bremssysteme mit Saugringen bzw. Saugwalzen. Aufgrund der konstruktionstechnischen Unterschiede zwischen Bremssystemen mit Bremsbändern (wie in der Druckschrift K4) einerseits und Bremssystemen mit Saugringen (wie in den Druckschriften K1 und K2) andererseits ist zunächst nicht erkennbar, dass der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K4 diese beiden Druckschriften überhaupt zu Rate gezogen hätte.
Die Beschwerdeführerin verweist hierzu auf Abs. [0044] der Druckschrift K4. Dieser Absatz beschreibt, dass "sich der Bremskörper anstatt in Form eines eine Antriebsrolle und wenigstens eine Umlenkrolle umschlingenden Bremsbandes einer Bandbremse in Form einer Bremswalze" darstellen kann. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin gab dies dem Fachmann den Hinweis, auch Druckschriften in Betracht zu ziehen, die sich mit Bremswalzen befassen, wie beispielsweise die Druckschriften K1 oder K2.
Die Beschwerdegegnerin weist in diesem Zusammenhang jedoch zutreffend darauf hin, dass eine Ausgestaltung der Bremskörper als Bremswalze von der beanspruchten Erfindung wegführt, da diese nach Merkmal f endlose Bremsbänder oder -riemen vorsieht. Die Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach der Fachmann von der Ausgestaltung der Druckschrift K4 mit Bremsbändern über den Hinweis in Abs. [0044] der Druckschrift K4 zu den Druckschriften K1 oder K2 mit den dort offenbarten paarweisen Anordnungen von Saugringen gelangt wäre, diese sodann in dem Bremssystem der Druckschrift K4 implementiert hätte, aber am Ende dann doch Bremsbänder vorgesehen hätte, kann nach Ansicht der Kammer nur als Ergebnis einer unzulässigen Ex-Post-Facto-Betrachtung angesehen werden.
Die Kammer ist daher der Auffassung, dass der Fachmann ausgehend von der Druckschrift K4 die Druckschriften K1 und K2 aufgrund der konstruktionstechnischen Unterschiede zwischen Bogenbremssystemen mit Bremsbändern einerseits und Bogenbremssystemen mit Saugringen andererseits nicht zu Rate gezogen hätte, um die von der Beschwerdeführerin formulierte technische Aufgabe zu lösen.
3.3.2 Auch ausgehend von der Druckschrift K4 hat der Gegenstand des Anspruchs 1 daher nicht nahegelegen.
4. Zusammenfassung
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ 1973. Dies gilt auch für die auf einen Bogenausleger bzw. auf eine Druckmaschine gerichteten Ansprüche 8 und 9, die aufgrund ihrer Rückbezüge jeweils alle Merkmale von Anspruch 1 enthalten.
Folglich steht der einzige von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einwand der Aufrechterhaltung des Patents in der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden geänderten Fassung nicht entgegen. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.