T 1402/17 (galvanische Abscheidung/Enthone) of 3.6.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T140217.20200603
Datum der Entscheidung: 03 Juni 2020
Aktenzeichen: T 1402/17
Anmeldenummer: 02022718.7
IPC-Klasse: C25D3/58
C25D3/60
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 306 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Elektrolyt zur galvanischen Abscheidung von Bronzen
Name des Anmelders: Enthone Inc.
Name des Einsprechenden: Atotech Deutschland GmbH
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4) (2007)
RPBA2020 Art 025(2) (2020)
Schlagwörter: Vor der Einspruchsabteilung zurückgenommenen Antrag - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0003/90
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP 1 408 141 zu widerrufen.

II. Im Einspruchsverfahren, zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, nahm die Patentinhaberin ihren Hauptantrag (Zurückweisung des Einspruchs) zurück und machte den damals vorliegenden 1. Hilfsantrag zum neuen Hauptantrag.

III. Die Einspruchsabteilung entschied, dass das Streitpatent in der geänderten Fassung gemäß diesem Hauptantrag, sowie der weiteren (umbenannten) Hilfsanträge 1 bis 7 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfülle. Der damals anhängige weitere Hilfsantrag 8 wurde nicht ins Verfahren zugelassen.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein und gab an, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Einspruch zurückzuweisen sei. In ihrer Beschwerdebegründung hielt sie an diesem mit der Beschwerdeeinlegung gestellten Antrag fest.

V. Das Streitpatent bezieht sich auf Verfahren und Elektrolyten zur galvanischen Abscheidung von Bronzen.

Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:

"Verfahren zur galvanischen Abscheidung von Bronzen mit einem Kupferanteil von > 10 Gew.-%, wobei ein zu beschichtendes Substrat in einem sauren Elektrolyten bei einer eingestellten Stromdichte zwischen 0,1 bis 120 A/dm**(2)metallisiert wird, wobei der Elektrolyt zumindest Zinn- und Kupferionen, ein aromatisches nichtionisches Netzmittel sowie Methansulfonsäure aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

xin dem Elektrolyten eine Zinnionenkonzentration von 2 bis 75 g/l, eine Kupferionenkonzentration von 2 bis 70 g/l und eine Methansulfonsäurekonzentration von wenigstens 238 g/l eingestellt wird und dem Elektrolyten Bismut und/oder Zink zugesetzt wird."

Der unabhängige Produktanspruch 6 bezieht sich auf die Zusammensetzung des sauren Elektrolyten.

VI. In ihrer Beschwerdebegründung argumentierte die Beschwerdeführerin insbesondere, warum das beanspruchte Verfahren, bei dem eine Methansulfonsäurekonzentration von wenigstens 238 g/l eingestellt wird, eindeutig und unmittelbar aus der ursprünglichen Anmeldung hervorgehe.

VII. In ihrer Mitteilung vom 5. März 2020 in Vorbereitung der bereits anberaumten mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Antrag auf die erteilte Fassung des Streitpatents zurückgehe, über die von der Einspruchsabteilung nicht entschieden wurde. Die Kammer führte aus, dass zu erwarten sei, dass die Kammer ihr Ermessen gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 (zusammen mit Artikel 25(2) VOBK 2020) dahin ausüben werde, den vorliegenden Antrag (Zurückweisung des Einspruchs, d.h. Aufrechterhaltung der erteilten Fassung des Patents) nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen (Punkt 6.4 der Mitteilung).

Die Kammer wies die Parteien darüber hinaus darauf hin, dass überdies derselbe Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ, welcher der Grund für den Widerruf des Streitpatents in der angefochtenen Entscheidung war und von der Einsprechenden (Beschwerdegegnerin) im Beschwerdeverfahren erneut erhoben wurde, auch das Streitpatent in der erteilten Fassung betreffe, nämlich die Angabe der Methansulfonsäurekonzentration von 238 g/l im beanspruchten Verfahren.

VIII. Die Beschwerdeführerin machte keine weiteren Angaben zur Sache, sondern teilte mit Schreiben vom 15. Mai 2020 mit, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde.

IX. Die Beschwerdegegnerin teilte mit Schreiben vom 18. Mai 2020 mit, dass auch sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde, sofern die Kammer an ihrer vorläufigen Meinung festhalte.

X. Die Kammer hob den Termin für die mündliche Verhandlung auf (Mitteilung vom 26. Mai 2020).

XI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung

1.1 Die Erklärung der Beschwerdeführerin, nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen zu werden (Punkt VIII.), ist als Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung zu werten (T 3/90, Abl. 1992, 737, Leitsatz).

1.2 Die Beschwerdegegnerin hat eine mündliche Verhandlung nur hilfsweise beantragt (Beschwerdeerwiderung vom 27. Oktober 2017, Seite 1, erster Absatz) und zudem ebenfalls erklärt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, sofern die Kammer an ihrer vorläufigen Meinung festhält (Punkt IX.).

1.3 Daher bestand keine Notwendigkeit für eine mündliche Verhandlung.

2. Zulässigkeit des Antrags, den Einspruch zurückzuweisen

2.1 Die Beschwerdeführerin geht mit ihrem einzigen Antrag auf die erteilte Fassung des Streitpatents zurück, über die von der Einspruchsabteilung nicht entschieden wurde.

Der Antrag auf Zurückweisung des Einspruchs, d.h. auf Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, wurde zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung zurückgenommen und durch den damaligen Hilfsantrag 1 ersetzt (Punkt 1 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung; Teil I Punkt 9 der Entscheidung der Einspruchsabteilung). Somit wurde wissentlich eine Entscheidung der Einspruchsabteilung zu den erteilten Ansprüchen vermieden, deren Richtigkeit nun mit der Beschwerde überprüft werden könnte, wie es der Sinn des Beschwerdeverfahrens ist. Insbesondere wurde keine Entscheidung darüber getroffen, ob das Fehlen einer Obergrenze der Methansulfonsäurekonzentration unter Artikel 100 c) EPÜ zu beanstanden ist (Seite 6 der Einspruchsentscheidung, zweiter und dritter Absatz).

2.2 Die Beschwerdeführerin hat keinerlei Ausführungen dazu gemacht, warum der Antrag dennoch berücksichtigt werden sollte, und die vorläufige Meinung der Kammer nicht erwidert.

2.3 Daher lässt die Kammer in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 (zusammen mit Artikel 25(2) VOBK 2020) den vorliegenden Antrag (Zurückweisung des Einspruchs, d.h. Aufrechterhaltung der erteilten Fassung des Patents) nicht in das Beschwerdeverfahren zu.

2.4 Wie im Bescheid der Kammer vom 5. März 2020 unter den Punkten 6.3 und 7.1 bis 7.8 im Einzelnen ausgeführt, wäre der Antrag auch inhaltlich wegen des in Anspruch 1 enthaltenen Verstoßes gegen Artikel 123(2) EPÜ (Zwischenverallgemeinerung des Merkmals betreffend eine Methansulfonsäurekonzentration von 238 g/l) nicht gewährbar gewesen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

3. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation