T 1203/17 () of 25.6.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T120317.20200625
Datum der Entscheidung: 25 Juni 2020
Aktenzeichen: T 1203/17
Anmeldenummer: 12708810.2
IPC-Klasse: E01C19/26
E01C19/28
F01P5/02
F01P3/18
E02D3/026
E02D3/032
E02D3/046
E02D3/02
F02B29/04
F02M25/07
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: BODENVERDICHTER
Name des Anmelders: Hamm AG
Name des Einsprechenden: BOMAG GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(2) (2007)
European Patent Convention Art 56 (2007)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (ja)-implizierte Offenbarung
Neuheit - Hilfsantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0486/05
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde wendet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Streitpatent in geänderter Fassung gemäß Hilfsantrag 2 (eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung) aufrechtzuerhalten.

Die Einspruchsabteilung kam im Einspruchsverfahren ferner zu der Entscheidung, dass der Hauptantrag (erteiltes Patent), sowie der Hilfsantrag 1 (eingereicht mit Schreiben vom 7.9.2016) nicht die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ erfüllt.

II. Die Kammer lud zu einer mündlichen Verhandlung.

a) In der beigefügten Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung mit, wonach der Gegenstand des Hauptantrags zwar neu zu sein scheine, aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Gegenstand des Hilfsantrags 1 scheine dagegen entgegen der Entscheidung der Einspruchsabteilung neu und erfinderisch zu sein.

b) In dieser Mitteilung teilte die Kammer zudem mit, wie sie den im unabhängigen Anspruch des Hilfsantrags 1 verwendeten Begriff ,,zweite Kühleranordnung erstreckt sich ausgehend von ihrem der ersten Kühleranordnung nahe liegenden Bereich in Richtung von der Nebenabtriebsseite des Dieselantriebsaggregats weg und nach unten" versteht.

III. Es fand am 25. Juni 2020 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der Hilfsanträge (Hilfsantrag 1 eingereicht mit Schreiben vom 7. September 2016 und Hilfsantrag 2 eingereicht mit der Beschwerdebegründung) aufrechtzuerhalten. Als Hilfsantrag 3 beantragte die Beschwerdeführerin, das Patent, wie aufrechterhalten gemäß Hilfsantrag 2 aus der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren, aufrechtzuerhalten.

V. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VI. Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

VII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat den folgenden Wortlaut:

"Selbstfahrendes Baugerät, insbesondere Bodenverdichter, umfassend ein turbogeladenes Dieselantriebsaggregat (20) mit einer ersten Kühleranordnung (38) zum Kühlen von Ladeluft und einer zweiten Kühleranordnung (40) zum Kühlen von Kühlflüssigkeit oder/und Hydrauliköl, dadurch gekennzeichnet dass, der ersten Kühleranordnung (38) ein erstes Kühlergebläse (46) zugeordnet ist und der zweiten Kühleranordnung (40) ein zweites Kühlergebläse (48) zugeordnet ist und das erste Kühlergebläse (46) und das zweite Kühlergebläse (48) voneinander im Wesentlichen unabhängig betreibbar sind."

VIII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hat den folgenden Wortlaut:

"Selbstfahrendes Baugerät, insbesondere Bodenverdichter, umfassend ein turbogeladenes Dieselantriebsaggregat (20) mit einer ersten Kühleranordnung (38) zum Kühlen von Ladeluft und einer zweiten Kühleranordnung (40) zum Kühlen von Kühlflüssigkeit oder/und Hydrauliköl, wobei der ersten Kühleranordnung (38) ein erstes Kühlergebläse (46) zugeordnet ist und der zweiten Kühleranordnung (40) ein zweites Kühlergebläse (48) zugeordnet ist und das erste Kühlergebläse (46) und das zweite Kühlergebläse (48) voneinander im Wesentlichen unabhängig betreibbar sind, wobei die erste Kühleranordnung (38) und die zweite Kühleranordnung (40) an einer Nebenabtriebsseite (28) des Dieselantriebsaggregats (20) angeordnet sind und die erste Kühleranordnung (38) zur im Wesentlichen horizontalen Durchströmung mit Kühlluft im Wesentlichen vertikal orientiert angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Kühleranordnung (40) ausgehend von ihrem der ersten Kühleranordnung (38) nahe liegenden Bereich (42) sich in Richtung von der Nebenabtriebsseite (28) des Dieselantriebsaggregats (20) weg und nach unten erstreckt."

IX. In der vorliegenden Entscheidung wird auf folgendes Dokument Bezug genommen:

E7 US 7 134 518 B

X. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei entgegen der Entscheidung der Einspruchsabteilung neu gegenüber E7, da das dort verwendete Antriebsaggregat nicht zwingend ein Dieselantriebsaggregat sei.

b) Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 sei aus den selben Gründen wie der Hauptantrag bereits neu. Zudem zeige E7 aber auch nicht, dass die zweite Kühleranordnung ausgehend von ihrem der ersten Kühleranordnung naheliegenden Bereich sich in Richtung von der Nebenabtriebsseite des Dieselantriebsaggregats weg und nach unten erstrecken würde. Die aus E7 bekannte Kühleranordnung würde sich nur zur Seite erstrecken.

c) Darüber hinaus werde der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 vom Stand der Technik nicht nahegelegt. Ausgehend von E7 habe der Fachmann keine Veranlassung, die zweite Kühleranordnung in ihrer Lage und/oder Geometrie zu verändern, insbesondere aber nicht so zu verändern, dass sich die zweite Kühleranordnung, ausgehend vom der ersten Kühleranordnung nahe liegenden Bereich, nach unten erstreckt.

XI. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag 1 sei nicht neu gegenüber E7. Nachdem im Baubereich nahezu alle Verbrennungsmotoren Dieselmotoren seien, würde E7 implizit offenbaren, dass auch der dort verwendete Motor 8 mit Ladeluftkühler 11 ein Dieselantriebsaggregat sei. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerdeführerin auf die Entscheidung T0486/05.

b) Zumindest aber sei die Verwendung eines Dieselantriebsaggregats bei einer Baumaschine für den Fachmann naheliegend.

c) Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 sei nicht neu gegenüber E7, da gemäß Figur 2 der E7 die zweite Kühleranordnung 13 sich von der Nebenabtriebsseite des Dieselaggregats weg und gegenüber der Nebenabtriebsseite nach unten erstrecke.

d) Zumindest sei dieses Merkmal aber nahegelegt:

Da es mit keinem technischen Effekt verbunden sei, stelle dieses Merkmal nur eine offensichtliche Alternative dar, die der Fachmann aufgrund seiner handwerklichen Kenntnisse zweifelsfrei ausführen könne.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

1. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 ist neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.

1.1 Das Dokument E7 betrifft ein selbstfahrendes Baugerät in Form eines hydraulischen Baggers (siehe Spalte 2, Zeile 34/35). Das Baugerät umfasst ein turbogeladenes (siehe Spalte 3, Zeile 6/7: ,,inter-cooler" weist auf einen Turbolader hin) Antriebsaggregat (8) mit einer ersten Kühleranordnung (10) zum Kühlen von Ladeluft und einer zweiten Kühleranordnung (13) zum Kühlen von Hydrauliköl (siehe Spalte 3, Zeilen 6-13).

Der ersten Kühleranordnung (10) ist ein erstes Kühlergebläse (12) zugeordnet und der zweiten Kühleranordnung (13) ist ein zweites Kühlergebläse (14) zugeordnet, wobei das erste Kühlergebläse (12) und das zweite Kühlergebläse (14) voneinander im Wesentlichen unabhängig betreibbar sind (siehe Spalte 3, Zeile 12/13: das zweite Kühlergebläse 14 wird von einem eigenständigen Motor angetrieben).

1.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem aus E7 bekannten Baugerät nur dahingehend, dass das Antriebsaggregat ein Dieselantriebsaggregat ist.

1.3 Die Beschwerdegegnerin argumentiert hierzu unter Verweis auf T0486/05, dass der überaus größte Teil der Baumaschinen mit Dieselmotoren ausgestattet sei und daher E7 implizit auch ein Dieselantriebsaggregat offenbaren würde.

1.4 Eine implizite Offenbarung setzt jedoch in diesem Fall voraus, dass aufgrund der in E7 verfügbaren Informationen der Fachmann unmittelbar und zweifelsfrei erkennen würde, das es sich bei dem Antriebsaggregat nur um ein Dieselantriebsaggregat handeln kann. Die Beschwerdegegnerin konnte zwar nachweisen, dass der überaus größte Teil der Baumaschinen mit Dieselmotoren ausgestattet ist, jedoch nicht, dass bei Baumaschinen ausschließlich Dieselmotoren verwendet werden, während andere (insbesondere turbogeladene) Motoren für den Fachmann eindeutig und zweifelsfrei ausgeschlossen sind. Deshalb kann E7 nicht zugestanden werden, dass es implizit als Antriebsaggregat ein Dieselantriebsaggregat offenbart.

1.5 Der in der in diesem Zusammenhang von der Beschwerdegegnerin zitierten Entscheidung T0486/05 angewandte Maßstab ist dabei hier nicht anwendbar, da der Fachmann für Baumaschinen eben gerade nicht implizit in E7 mitliest, dass jedes Antriebsaggregat im Bauwesen ein turbogeladenes Dieselantriebsaggregat ist.

1.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist daher neu gegenüber E7.

1.7 Es wurden darüber hinaus keine weiteren Argumentationslinien zur Neuheit von der Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren vorgebracht.

Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

2.1 Die Wahl eines Dieselantriebaggregats für den Antrieb des aus E7 bekannten hydraulischen Baggers ist naheliegend, da der Fachmann - was zwischen den Parteien unbestritten ist - diese Antriebsform als überaus übliche und weit verbreitete Antriebsart im Baumaschinenbereich kennt.

2.2 Daher würde der Fachmann auch bei dem aus E7 bekannten Bagger ein Dieselantriebsaggregat als Antriebsaggregat verwenden und so ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.

3. Der Hauptantrag erfüllt daher nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ, so dass das Streitpatent nicht auf Basis des Hauptantrags aufrechterhalten werden kann.

Hilfsantrag 1

4. Im Vergleich zum Hauptantrag wurden dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 die folgenden Merkmale hinzugefügt:

i) Die erste Kühleranordnung und die zweite Kühleranordnung sind an einer Nebenabtriebsseite des Dieselantriebsaggregats angeordnet;

ii) Die erste Kühleranordnung ist zur im Wesentlichen horizontalen Durchströmung mit Kühlluft im Wesentlichen vertikal orientiert angeordnet; und

iii) Die zweite Kühleranordnung erstreckt sich ausgehend von ihrem der ersten Kühleranordnung nahe liegenden Bereich in Richtung von der Nebenabtriebsseite des Dieselantriebsaggregats weg und nach unten.

Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

5. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 ist neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.

5.1 Das Dokument E7 zeigt zwar auch, dass die erste Kühleranordnung und die zweite Kühleranordnung an einer Nebenabtriebsseite des Dieselantriebsaggregats angeordnet sind. Wie Figur 1 zu entnehmen ist, treibt der Antrieb 8 auf der Hauptabtriebsseite die hydraulische Pumpe 9 an, während das Kühlergebläse 12 mit dem Nebenabtrieb des Antriebs 8 verbunden ist. Die in Figur 2 rückseitige Stirnseite des Antriebs 8 stellt somit die Nebenabtriebsseite des Antriebsaggregats im Sinne des Streitpatents dar.

5.2 E7 zeigt des weiteren auch, dass die erste Kühleranordnung im Wesentlichen vertikal orientiert angeordnet ist, so dass die Durchströmung mit Kühlluft im Wesentlichen in horizontaler Richtung erfolgt. Dies wird in Spalte 3, Zeilen 31 - 39 beschrieben und durch den Pfeil F1 in der Figur 2 angedeutet.

5.3 Dies wird übereinstimmend auch von den Parteien so gesehen.

5.4 Strittig zwischen den Parteien ist jedoch, ob die zweite Kühleranordnung ausgehend von ihrem der ersten Kühleranordnung nahe liegenden Bereich sich in Richtung von der Nebenabtriebsseite des Dieselantriebsaggregats weg und nach unten erstreckt.

5.5 Die Kammer ist der Auffassung, dass dieses Merkmal dahingehend zu verstehen ist, dass die zweite Kühleranordnung einen Bereich aufweist, der der ersten Kühleranordnung nahe liegt. In E7 ist das die Seitenfläche der zweiten Kühleranordnung 13, die der ersten Kühleranordnung 10 zugewandt ist.

Ausgehend von diesem Bereich als Referenz muss sich die zweite Kühleranordnung in Richtung von der Nebenabtriebsseite des Antriebs weg, aber auch nach unten erstrecken. Der Begriff ,,erstrecken" verlangt dabei nur, dass die Kühleranordnung Abmessungen aufweist, die - bezogen auf den Bereich der Kühleranordnung, der als Referenz gewählt wurde - eine Erstreckung in den beiden genannten Raumrichtungen darstellen. Die zweite Kühleranordnung 13 der E7 erstreckt sich dabei unbestritten in Richtung von der Nebenabtriebsseite des Antriebsaggregats 8 weg, weist jedoch nach Auffassung der Kammer keine Erstreckung nach unten auf.

5.6 Die Beschwerdegegnerin argumentiert hierzu zwar, dass bezogen auf die Stirnseite des Antriebsaggregats 8 die zweite Kühleranordnung sich nach unten erstrecken würde, da die untere Kante der zweiten Kühleranordnung tiefer liegt als der tiefste Punkt der Stirnfläche des Antriebsaggregats, wie in Figur 2 gezeigt sei.

5.7 Dies ist jedoch aus Sicht der Kammer nicht maßgeblich, da der Anspruch als Referenz der Erstreckung nicht die Nebenabtriebsseite des Antriebsaggregats verwendet, sondern den Bereich der zweiten Kühleranordnung, der der ersten Kühleranordnung nahe liegt, d. h. die der ersten Kühleranordnung zugewandte Seitenfläche. Der Hinweis auf die Nebenabtriebsseite erfolgt nur, um die Erstreckungsrichtung "von der Nebenabtriebsseite weg" zu definieren, stellt jedoch nicht den Referenzpunkt der Erstreckung (bzw. im vorliegenden Fall die Referenzfläche, von der die Erstreckung ausgeht) dar.

5.8 Die Kammer ist zudem auch der Auffassung, dass die Auslegung der Beschwerdegegnerin keine alternativ mögliche Auslegung ist, sondern dem Wortlaut des Anspruchs widerspricht. Dem Wortlaut des Anspruchs folgend kann die Erstreckung nur relativ zum Bereich verstanden werden, der der ersten Kühleranordnung nahe ist. Dies wird durch die Formulierung "ausgehend von ..." zweifelsfrei klar.

5.9 Unabhängig davon ist - wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt - das Antriebsaggregat der E7 nicht zwingend ein Dieselantriebsaggregat.

5.10 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich daher von dem aus E7 bekannten Baugerät dahingehend, dass

a) das Antriebsaggregat ein Dieselantriebsaggregat ist; und

b) die zweite Kühleranordnung sich ausgehend von ihrem der ersten Kühleranordnung nahe liegenden Bereich nicht nur in Richtung von der Nebenabtriebsseite des Dieselantriebsaggregats weg, sondern auch nach unten erstreckt.

5.11 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber E7. Weitere Neuheitsangriffe wurden von der Beschwerdegegnerin in Hinblick auf Hilfsantrag 1 nicht vorgetragen.

Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

6. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 wird auch nicht durch den vorliegenden Stand der Technik nahegelegt und beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

6.1 Ausgehend von E7 hat der Fachmann keine Veranlassung, die zweite Kühleranordnung in ihrer Lage und/oder Geometrie zu verändern, insbesondere aber nicht so zu verändern, dass sich die zweite Kühleranordnung, ausgehend vom der ersten Kühleranordnung nahe liegenden Bereich, nach unten erstreckt.

6.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert hierzu, dass im Streitpatent keine Angabe zum technischen Effekt gemacht werde, der mit der Erstreckung nach unten verbunden sei. In Absatz [0010] des Streitpatent werde zwar eine Raumersparnis und damit eine verbesserte Sicht des Betriebspersonals genannt, jedoch nur für für die spezielle Ausbildung der zweite Kühleranordnung, die bezüglich einer Vertikallinie geneigt angeordnet ist und bei der die Kühlluft die Kühleranordnung von unten nach oben durchströmt. Der unabhängige Anspruch ist jedoch nicht hierauf beschränkt.

Nachdem daher mit der Erstreckung der zweiten Kühleranordnung nach unten kein technischer Effekt verbunden sei, stelle dies nur eine offensichtliche Alternative dar, die der Fachmann aufgrund seiner handwerklichen Kenntnisse zweifelsfrei ausführen könne.

Der Fachmann kenne aufgrund seines Fachwissens eine Vielzahl an Baugeräten, die mehrere, räumlich zueinander höhenversetzt angeordnete Kühler aufweisen, wobei selbst E7 einen Versatz zwischen dem Ladeluftkühler 11 und der ersten Kühleranordnung 10 zeige.

6.3 Die Kammer folgt dieser Sichtweise nicht, da sie keinen Grund sieht, warum der Fachmann eine Modifikation der zweiten Kühleranordnung des aus E7 bekannten Baggers vornehmen würde. Selbst wenn der Fachmann es in Betracht ziehen könnte, die zweite Kühleranordnung so zu modifizieren, dass sie eine Erstreckung auch nach unten aufweisen würde, gibt es keinen Grund, warum er dies auch tatsächlich tun würde.

6.4 Zudem scheinen die beiden Kühleranordnungen der E7 gleich groß zu sein und sich im Wesentlichen über die gesamte Höhe des rückwärtigen Bereichs des drehbaren Abschnitts des Baggers zu erstrecken. Dieser über dem Fahrwerk angeordnete, drehbare Abschnitt müsste aber zum Ermöglichen einer Erstreckung der zweiten Kühleranordnung nach unten auch lokal an der Stelle der zweiten Kühleranordnung nach unten erweitert werden, so dass diese Erweiterung des Gehäuses mit dem Fahrwerk beim Drehen kollidieren würde. Daher würde der Fachmann - selbst wenn er eine solche Änderung in Betracht ziehen würde - eine derartige Modifikation der Geometrie der zweiten Kühleranordnung sofort wieder verwerfen.

6.5 Daher ist es zwar analog wie zum Hauptantrag naheliegend, als Antriebsaggregat ein Dieselantriebsaggregat zu verwenden, eine Modifikation des aus E7 bekannten Baggers gemäß dem unterscheidenden Merkmal b) wird aber nicht ausgehend von E7 nahegelegt.

6.6 Der Gegenstand des unabhängigen Anspruch 1 erfüllt daher auch die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.

7. Nachdem der Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht überzeugen kann, kann dahingestellt bleiben, ob die Kammer den erstmalig in der mündlichen Verhandlung erhobenen und substantiierten Einwand fehlender erfinderischer Tätigkeit in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13(1) VOBK 2020 zum Verfahren zulässt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Beschreibung:

Absätze [0001], [0002], [0004], [0009] bis [0011] wie für den Hilfsantrag 1 eingereicht am 7. September 2016, sowie die Absätze [0003], [0005] bis [0008] und [0012] bis [0032] des Patents wie erteilt

Ansprüche:

Nr. 1 bis 11 des Hilfsantrags 1 eingereicht mit Schreiben vom 7. September 2016

Figuren:

Nr. 1 bis 3 des Patents wie erteilt

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