European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T118117.20190927 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 27 September 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1181/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 12706461.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | B32B 7/06 B65D 65/40 B65D 77/20 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERBUNDFOLIE | ||||||||
Name des Anmelders: | Amcor Flexibles Singen GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Constantia Flexibles International GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.3.09 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde des Patentinhabers richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent EP 2 678 154 zu widerrufen.
II. Der Einsprechende hatte den Widerruf des Patents im gesamten Umfang gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) beantragt.
III. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem vorgelegt:
D3:|WO 2006/042940 A1 |
D5:|EP 0 312 302 A1 |
D6:|GB 2 003 415 A |
D7:|J. Schultz et al., "Adhesion mechanisms of grafted polyolefins", Makromol. Chem. Macromol. Symp. 23, 343-353 (1989)|
D8:|EUR ADH 94, Preprints "Adhesion", European conference, September, 12-15, 1994, Mulhouse, France (11 Seiten). |
IV. Der Entscheidung der Einspruchsabteilung lagen die erteilten Ansprüche (Hauptantrag) sowie die Hilfsanträge 1 bis 3 zugrunde.
Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Verbundfolie mit einer Trägerschicht (14) aus einer Metallfolie und einer mit der Metallfolie verbundenen Siegelschicht zum Verschliessen eines Behälters (40) durch Siegelung der Verbundfolie gegen eine umlaufende Siegelfläche (34) des Behälters (40) oder eines mit dem Behälter (40) zu verbindenden Deckelrings (30), wobei die Siegelschicht eine Coextrusionsschicht mit einer kohäsiv brechenden Mittelschicht (18) und auf beiden Seiten der Mittelschicht (18) angeordneten Haftvermittlerschichten (16, 20) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass die Haftvermittlerschichten aus einem mit Maleinsäureanhydrid modifizierten Polypropylen (MAH-PP) bestehen und als Mittelschicht ein thermoplastischer Kunststoff enthaltend mehr als 50 Gew-% Polypropylen (PP) eingesetzt wird."
Die Einspruchsabteilung sah die verspätet eingereichten Dokumente D6 bis D8 als prima facie relevant an und ließ sie in das Verfahren zu. Ferner entschied sie, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) ausgehend von D3 als nächstliegendem Stand der Technik in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen sowie D6, D7 oder D8 nicht erfinderisch sei. Ebenso wurden der Gegenstand der Hilfsanträge 1 bis 3 als nicht erfinderisch angesehen.
V. Gegen diese Entscheidung legte der Patentinhaber (Beschwerdeführer) Beschwerde ein. Er beantragte die Entscheidung aufzuheben und das Patent im Umfang der erteilten Ansprüche aufrechtzuerhalten sowie D6, D7 und D8 nicht in das Verfahren zuzulassen.
VI. Mit seiner Erwiderung auf die Beschwerde beantragte der Einsprechende (Beschwerdegegner) die Beschwerde zurückzuweisen.
VII. Nach der Ladung der Parteien zu einer mündlichen Verhandlung, reichte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Mai 2019 einen Hilfsantrag ein, der dem Hilfsantrag 3 vor der Einspruchsabteilung entsprach. Anspruch 1 des Hilfsantrags lautet folgendermaßen:
"Verfahren zum Verschliessen eines Behälters (40) durch Siegelung einer Verbundfolie gegen eine umlaufende Siegelfläche (34) des Behälters (40) oder eines mit dem Behälter (40) zu verbindenden Deckelrings (30), wobei die Verbundfolie eine Trägerschicht (14) aus einer Metallfolie und eine mit der Metallfolie verbundene Siegelschicht aufweist, und die Siegelschicht eine Coextrusionsschicht mit einer kohäsiv brechenden Mittelschicht (18) aus einem thermoplastischen Kunststoff enthaltend mehr als 50 Gew-% Polypropylen (PP) und auf beiden Seiten der Mittelschicht (18) angeordneten Haftvermittlerschichten (16, 20) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die Siegelfläche (34) aus blankem Weissblech besteht, das Weissblech mit einer Tauchpassivierung mit einem Chromauftrag von 1 bis 3 mg/m**(2), einer kathodischen Passivierung mit einem Chromauftrag von 3.5 bis 9 mg/m**(2) oder mit einer elektrochemischen Passivierung mit einem Chromauftrag von 5 bis 9 mg/m**(2) versehen ist und die Haftvermittlerschichten aus einem mit Maleinsäureanhydrid modifizierten Polypropylen (MAH-PP) bestehen."
VIII. Der Beschwerdegegner beantragte in einem weiteren Schreiben den Hilfsantrag nicht in das Verfahren zuzulassen und nahm zur erfinderischen Tätigkeit Stellung. In der mündlichen Verhandlung, die am 27. September 2019 vor der Kammer stattfand, nahm der Beschwerdegegner den Antrag auf Nichtzulassung des Hilfsantrags zurück.
IX. Die Argumente des Beschwerdeführers können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:
Zulassung von D6, D7 und D8:
Die Einspruchsabteilung habe das Kriterium der Prima-facie-Relevanz falsch angewandt.
Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit:
Die Schichten der Verpackungsfolie des nächstliegenden Standes der Technik D3 (Fig. 2a und 10b) hätten zwar dieselbe Funktion wie die Schichten in der Verbundsfolie gemäß Anspruch 1. Jedoch unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Lehre der D3 darin, dass a) die mit dem Behälter zu verbindende Haftvermittlerschicht aus einem Maleinsäureanhydrid-modifizierten Polypropylen (MAH-PP) bestehe (in D3 basiere die entsprechende Siegelschicht auf Polypropylen), und b) die Haftvermittlerschicht an der Trägerschicht aus einem mit Maleinsäureanhydrid modifizierten Polypropylen (MAH-PP) bestehe (in D3 basiere die entsprechende Verbindungsschicht auf einem Maleinsäureanhydrid-modifizierten Polyolefin).
Eine zu lösende technische Aufgabe sei es, eine Siegelung sowohl gegen unbeschichtete metallische Siegelflächen als auch gegen heißsiegelbar modifizierte Siegelflächen zu ermöglichen. Aus dem Stand der Technik, insbesondere aus den spezifischen Offenbarungen der D6 bis D8, erhalte der Fachmann keine Anregung zur anspruchsgemäßen Lösung.
Hilfsantrag:
Die Verwendung von Weißblech sei im Zusammenhang mit dem nächstliegenden Stand der Technik D3 nicht angeregt.
X. Die Argumente des Beschwerdegegners können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:
Zulassung von D6, D7 und D8:
Die Einspruchsabteilung habe die Dokumente D6 bis D8 zurecht als prima facie relevant angesehen.
Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit:
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von D3 in der Zusammensetzung beider Haftvermittlerschichten. Für jede der beiden Haftvermittlerschichten lasse sich eine getrennte Teilaufgabe formulieren, nämlich zum einen die Haftvermittlerschicht, die mit dem Behälter verbunden werden soll, so auszugestalten, dass eine verbesserte Siegelung gegen unbeschichtete metallische Siegelflächen ermöglicht werde, und zum anderen ein geeignetes Polyolefin für die Haftvermittlerschicht an der Trägerschicht auszuwählen. Die Lösung beider Teilaufgaben sei für den Fachmann in Zusammenschau mit der Lehre aus D5 bis D8 naheliegend.
Hilfsantrag:
D5 und D6 belegten, dass passiviertes Weißblech ein gängig verwendeter Werkstoff für Behälter aus Metall sei. Die Passivierung des Materials nach einer DIN-Norm sei dem Fachmann ebenfalls bekannt und naheliegend.
Entscheidungsgründe
1. Antrag, D6 bis D8 nicht in das Verfahren zuzulassen
1.1 Der Einsprechende (nun Beschwerdegegner) hat die Dokumente D6 bis D8 nach Ablauf der Einspruchsfrist aber noch innerhalb des nach Regel 116 (1) EPÜ gesetzten Zeitpunkts eingereicht. Die Einspruchsabteilung hat das Ermessen, verspätet eingereichte Beweismittel in das Verfahren aufzunehmen und zu berücksichtigen (Artikel 114 (2) EPÜ). Ein dabei angewendetes Kriterium ist oft die Prima-facie-Relevanz.
1.2 Der Beschwerdeführer bemängelt, die Einspruchsabteilung habe dieses Kriterium nicht richtig angewandt. Sie habe nicht zunächst die Relevanz der Dokumente geprüft und über deren Zulässigkeit entschieden, sondern die Relevanz der Dokumente direkt im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes besprochen.
1.3 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von verspätet vorgebrachten Dokumenten kann es zwar zweckmäßig sein, als verfahrensleitende Maßnahme zunächst über die Zulässigkeit der Dokumente zu entscheiden und eine Zwischenentscheidung darüber zu verkünden, bevor weitere Streitpunkte erörtert werden. Im vorliegenden Fall war jedoch nur die erfinderische Tätigkeit zu erörtern. Die Vorgangsweise der Einspruchsabteilung, die Parteien zur Zulässigkeit der Dokumente D6 bis D8 im Rahmen der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit zu hören, ist daher nachvollziehbar. Die Kammer kann darin keine inkorrekte Ausübung des Ermessens sehen.
1.4 Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen falsch oder willkürlich ausgeübt hätte. Sie hat die Parteien zur Zulässigkeit der Dokumente gehört (Niederschrift über die mündliche Verhandlung, Punkt 3) und ihre Ermessensentscheidung begründet (angefochtene Entscheidung, Seite 4, erster Absatz). Die Relevanz dieser Dokumente für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist schon aus dem weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens offensichtlich. D6 bis D8 haben in Kombination mit dem nächstliegenden Stand der Technik D3 dazu geführt, dass der Hauptantrag als nicht erfinderisch angesehen wurde.
1.5 Daher sieht die Kammer keine Veranlassung, die Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und D6 bis D8 aus dem Verfahren zu nehmen.
2. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
2.1 Das Streitpatent betrifft eine Verbundfolie zum Verschließen eines Behälters durch Siegelung der Verbundfolie gegen eine umlaufenden Siegelfläche des Behälters oder eines damit verbundenen Deckelrings. Die Verbundfolie weist eine Trägerschicht aus einer Metallfolie auf und eine damit verbundene Siegelschicht. Diese Siegelschicht umfasst eine kohäsiv brechenden Mittelschicht und zwei Haftvermittlerschichten, die an beiden Seiten der Mittelschicht angeordnet sind. So verbindet eine Haftvermittlerschicht die Mittelschicht mit der Metallfolie, und die zweite Haftvermittlerschicht wird mit der zu siegelnden Fläche in Kontakt gebracht. Die Verbundfolie soll eine Dichtsiegelung gegen unbeschichtete metallische Siegelflächen und gegen heißsiegelbar modifizierte Siegelflächen sowie eine leicht erkennbare Erstöffnungsgarantie ermöglichen, welche durch die kohäsiv brechende Mittelschicht erzielt wird. Bei der Öffnung des versiegelten Behälters bricht die Mittelschicht und ein visuell erkennbarer Anteil des Siegelmediums der Verbundfolie verbleibt auf der Siegelfläche des Behälters.
2.2 Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Beschwerdegegner sind in der mündlichen Verhandlung von D3, insbesondere dem in den Figuren 2a und 10b gezeigten Ausführungsbeispiel, als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen. Die Kammer stimmt dem zu.
2.2.1 D3 betrifft Verpackungsfolien nach Art metalloplastischer, mehrschichtiger Folien. Diese Verpackungsfolien umfassen eine Befestigungsschicht ("couche de fixation") und eine Trägerschicht ("couche de support"). Letztere setzt sich zusammen aus zwei dünnen, über eine Zwischenschicht aus Kunststoff miteinander verbundene Aluminiumfolien, nämlich eine innere, dem Behälter zugewandte und eine äußere. Diese Maßnahme führt zu einer Materialeinsparung (Seite 1, erster Absatz; Seite 2, letzter Absatz bis Seite 3, Zeile 12).
2.2.2 D3 beschreibt verschiedene Ausführungsformen der Verpackungsfolien, insbesondere der Befestigungsschichen.
In Fig. 2a und 10b und den entsprechenden Abschnitten der Beschreibung (Seite 9, letzter Absatz bis Seite 10, letzter Absatz; Seite 15 Zeile 8 bis Seite 16, erster Absatz) ist eine Ausführungsform beschrieben, deren Befestigungsschicht durch Coextrusion hergestellt wird. Sie umfasst eine Verbindungsschicht ("couche de liaison"), die mit der inneren Aluminiumfolie verbunden ist. An die Verbindungsschicht schließt sich zunächst eine Zwischensiegelschicht ("couche intérmediaire de scellage"), die kohäsiv brechend ausgestaltet ist, und anschließend eine Siegelschicht ("couche de scellage") an. Die Zwischensiegelschicht umfasst Polypropylen und 1 bis 15 Gew.-% eines Füllstoffs, der den Kohäsionsbruch gewährleistet. Die Verbindungsschicht umfasst mindestens ein mit Säure- oder Anhydridgruppen, beispielsweise ein Maleinsäureanhydrid, modifiziertes Polyolefin. Dieses hat die Eignung, sowohl an einer Aluminiumschicht als auch an einer Schicht aus Thermoplast zu haften.
2.3 In dem mehrschichtigen Folienverbund von D3 und in der Verbundfolie von Anspruch 1 werden die einzelnen Schichten unterschiedlich bezeichnet: in der D3 ist von (übersetzt) Verbindungsschicht / Zwischensiegelschicht / Siegelschicht und in Anspruch 1 von Haftvermittlerschicht / Mittelschicht / Haftvermittlerschicht die Rede. Es steht jedoch außer Frage, dass die einzelnen Schichten in den jeweiligen Verbünden dieselbe Funktion ausüben.
Es ist zutreffend, dass die Trägerschicht von D3 zwingend aus zwei Aluminiumfolien besteht, die über eine (mehrlagige) Zwischenschicht aus Kunststoff miteinander verbunden sind. Dies stellt allerdings gegenüber der Trägerschicht nach Anspruch 1 keinen Unterschied dar. Anspruch 1 des Streitpatents fordert lediglich eine Trägerschicht aus einer Metallfolie, die mit der Siegelschicht verbunden ist. Der weitere Aufbau der Trägerschicht ist jedoch nicht näher spezifiziert; insbesondere wird in Anspruch 1 das Vorhandensein weiterer Schichten, die sich an die Trägerschicht auf der der Siegelschicht abgewandten Seite anschließen können, nicht ausgeschlossen. Im Gegenteil, gemäß Streitpatent sind weitere Schichten auf der Trägerschicht auch vorgesehen, zum Beispiel eine Schutzlackschicht (Absatz [0019] und Figur 1).
Wie auch schon in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, unterscheidet sich somit der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Offenbahrung der D3 folgendermaßen:
a) die Haftvermittlerschicht, die mit dem Behälter verbunden werden soll, besteht aus einem mit Maleinsäureanhydrid modifizierten Polypropylen (MAH-PP) (in D3 basiert die entsprechende Siegelschicht auf Polypropylen); und
b) die Haftvermittlerschicht, die die Trägerschicht/Metallfolie mit der kohäsiv brechenden Mittelschicht verbindet, besteht aus einem mit Maleinsäureanhydrid modifizierten Polypropylen (MAH-PP) (in D3 wird allgemein auf ein mit Maleinsäureanhydrid modifiziertes Polyolefin verwiesen).
2.4 Die Einspruchsabteilung hat in der angefochtenen Entscheidung ausgehend von D3 für jedes der beiden Unterscheidungsmerkmale a) und b) getrennte Teilaufgaben formuliert. Begründet hat sie dies damit, dass zwischen den Merkmalen kein kombinatorischer technischer Effekt bestehe, der anders ausfalle als die Summe der technischen Wirkungen der Einzelmerkmale. Im Beschwerdeverfahren hat der Beschwerdegegner weiterhin die technische Aufgabe als zwei Teilaufgaben angesehen. Die Kammer schließt sich dem an.
Es steht außer Frage, dass die Siegelschicht von D3 bereits eine gute Siegelung gegen heißsiegelbar modifizierte Siegelflächen erzielt. Wie der Beschwerdeführer ausgeführt hat, soll durch das Unterscheidungsmerkmal a) eine verbesserte Siegelung gegen unbeschichtete metallische Siegelflächen, beispielsweise aus blankem Aluminium oder blankem Weißblech, erreicht werden. Mit dem Unterscheidungsmerkmal b) wird lediglich das in D3 allgemein genannte Polyolefin für die Haftvermittlerschicht an der Trägerschicht konkretisiert bzw. ausgewählt.
Somit besteht die objektive technische Aufgabe darin, zwei Teilaufgaben zu lösen, nämlich:
a) die Haftvermittlerschicht, die mit dem Behälter verbunden werden soll, so auszugestalten, dass eine verbesserte Siegelung gegen unbeschichtete metallische Siegelflächen, insbesondere Siegelflächen aus blankem Weißblech oder blankem Aluminium ermöglicht wird; und
b) ein Polyolefin für die Haftvermittlerschicht an der Trägerschicht auszuwählen.
Diese Aufgaben können als gelöst angesehen werden.
2.5 Lösung der Teilaufgabe a)
2.5.1 Die Druckschriften D6, D7 oder D8 befassen sich allesamt damit, den Verbund zwischen einer Metalloberfläche und einer Polymerschicht zu verbessern:
- Die Patentanmeldung D6 betrifft die Herstellung von Behältern aus Metall (zum Beispiel Aluminium oder Stahl), wobei auf mindestens eine Oberfläche eine Kunststofffolie laminiert wird (Seite 1, Zeilen 125 bis 128). Dabei wird ein Haftmaterial verwendet, das so auszuwählen ist, dass es sowohl mit dem Metall als auch mit der Folie verklebbar ist. Als wirksames Haftmaterial für eine Folie aus Polypropylen oder Ethylen/Propylen-Copolymer wird ein Maleinsäureanhydrid-modifiziertes Polypropylen als besonders bevorzugt beschrieben (Seite 2, Zeilen 69 bis 78).
- In der wissenschaftliche Veröffentlichung D7 ist beschrieben, dass die Haftkraft von Polyolefinen auf Metallen wie Aluminium sehr schwach ist. Die Haftung kann durch die Derivatisierung von Polyolefinen mit organischen Säuregruppen verbessert werden (Seite 343, Absatz 1 und 2). Die Haftung von Maleinsäureanhydrid-modifiziertem Polypropylen an Aluminium in Abhängigkeit des Maleinsäureanhydridgehalts wird auf Seite 349 (unten) in Verbindung mit Fig. 5 besprochen.
- In dem Konferenzbeitrag D8 wird die Haftung von Polypropylen und zwei mit Maleinsäureanhydrid modifizierten Polypropylenen auf einem Aluminiumsubstrat verglichen. Dabei wird festgestellt, dass die Derivatisierung von Polypropylen dessen Haftung auf der Aluminiumoberfläche verbessert und die "peel-strength" erhöht wird (Seite 462).
Somit belegt jedes einzelne der Dokumente D6, D7 und D8, dass die Modifizierung von Polypropylen mit Maleinsäureanhydrid die Haftung bzw. die Siegelung von Polypropylen auf Metallen verbessert.
2.5.2 Für den Fachmann ist es daher naheliegend, zum Lösen der Teilaufgabe a) für die Haftvermittlerschicht zwischen der Mittelschicht, die mehr als 50 Gew-% Polypropylen enthält, und der vorgesehenen (metallischen) Siegelfläche ein mit Maleinsäureanhydrid modifiziertes Polypropylen (MAH-PP) zu verwenden.
2.5.3 Der Beschwerdeführer hat mit Hinweis auf die in D8 angeführten Ergebnisse argumentiert, dass nicht alle Modifizierungen von Polypropylen mit Maleinsäureanhydrid die Haftung an Aluminium verbessern.
Es ist zutreffend, dass D8 (Tabelle, Seite 462) einen Einfluss der Zusammensetzung des Maleinsäureanhydrid-modifizierten Polypropylens auf die Haftung zeigt, und dass die Haftung niedrig ausfallen kann. Allerdings überzeugt dieses Argument die Kammer nicht, da anspruchsgemäß jedes mit Maleinsäureanhydrid modifizierte Polypropylen als Haftvermittler uneingeschränkt beansprucht wird. Im vorliegenden Fall ist es für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit daher unerheblich, wie gut die erzielte Verbesserung der Siegelung ist.
2.6 Lösung von Teilaufgabe b)
2.6.1 D5 betrifft ein mit Polymermaterialien laminiertes Metallblech zur Herstellung von Dosenkörpern sowie von Dosenendteilen von Behältern für Nahrungsmittel und Getränke (Seite 2, Zeilen 2 bis 7).
In einer Ausführungsform ist die Laminierung mit einer Polyolefinschicht ("polyolefin layer") vorgesehen. Dabei wird auf dem Metallblech zunächst eine Bindeharzschicht ("bonding resin layer") aus säure-modifiziertem, zum Beispiel mit Maleinsäureanhydrid modifiziertem, Polyolefinharz aufgebracht. Zweck der Bindeharzschicht ist es, die Polyolefinschicht an die Metalloberfläche zu binden. Wie in Anspruch 1 für die Haftvermittlerschicht (16) dient die Bindeharzschicht der D5 als Haftvermittler zwischen einer Metalloberfläche und einer Polyolefinschicht. Insbesondere wird eine Bindeharzschicht auf Basis von Polypropylen vorgeschlagen, wenn die Polyolefinschicht ein Polypropylen-Homopolymer ist (Seite 5, Zeilen 20 bis 30 sowie 45 bis 49).
2.6.2 Für den Fachmann ist es daher naheliegend, zum Lösen der Teilaufgabe b) für die Haftvermittlerschicht zwischen der Trägerschicht aus einer Metallfolie und der Mittelschicht enthaltend mehr als 50 Gew-% Polypropylen ein mit Maleinsäureanhydrid modifiziertes Polypropylen (MAH-PP) zu verwenden.
2.7 Somit ist die Lösung beider Teilaufgaben a) und b) für den Fachmann naheliegend, und der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
3. Hilfsantrag
3.1 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags betrifft ein Verfahren zum Verschließen eines Behälters, in welchem die Verbundfolie gemäß Hauptantrag eingesetzt wird, und wobei die Siegelfläche aus blankem, spezifisch passiviertem Weißblech besteht (siehe Punkt VII).
3.2 Es war unstrittig, dass D3 nach wie vor den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, da dieses Dokument explizit die Siegelung gegen Metallflächen anspricht (Metallring; Seite 6).
3.3 Wie bereits oben gezeigt, beruht die Verbundfolie gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Bereitstellung einer solchen Verbundfolie mit verbesserter Siegelung gegen unbeschichtete metallische Siegelflächen, insbesondere Siegelflächen aus blankem Weißblech oder blankem Aluminium, ergibt sich für den Fachmann auf naheliegende Weise aus dem zitierten Stand der Technik. Im Streitpatent wird nicht gezeigt, dass bei der Siegelung gegen ein passiviertes, blankes Weißblech durch die Verwendung einer Haftvermittlerschicht aus einem mit Maleinsäureanhydrid modifizierten Polypropylen (MAH-PP) ein besonderer technischer Effekt erzielt wird.
3.4 Somit besteht gegenüber D3 die technische Aufgabe lediglich darin, geeignete Materialien für die Siegelflächen der Behälter auszusuchen.
3.5 Aus dem bereits besprochenen Dokument D5 ist bekannt, in Verpackungen mit zinnbeschichteten Stahl (d.h. Weißblech) einzusetzen, der vorzugsweise durch herkömmliche Chrombehandlungen passiviert ist (Seite 4, Zeile 24). Ebenso ist aus D6 bekannt, in Behältern für Lebensmittel und Getränke mit Chromauftrag versehenes Weißblech einzusetzen (Seite 2, Zeilen 28 bis 34).
3.6 Im Verfahren von Anspruch 1 kann somit der Einsatz eines Behälters mit einer Siegelfläche aus passiviertem Weißblech keinen erfinderischen Beitrag leisten. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass im Streitpatent Siegelflächen aus Weißblech und aus Aluminium als gleichwertige Alternativen offenbart sind (erteilte Ansprüche 6 und 7). Die Einschränkung auf eine der beiden offenbarten Alternativen kann keine erfinderische Tätigkeit begründen. Schließlich ist es auch unstreitig, dass die spezifischen, in Anspruch 1 des Hilfsantrags angegebenen, DIN-Norm-gemäßen Passivierungen des Weißblechs dem Fachmann bekannt sind, sodass er diese Materialien ohne erfinderischen Zutun einsetzen würde.
3.7 Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.