T 1131/17 () of 20.3.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T113117.20190320
Datum der Entscheidung: 20 März 2019
Aktenzeichen: T 1131/17
Anmeldenummer: 09761408.5
IPC-Klasse: C08J 3/22
C08J 9/00
C08K 5/092
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: GESCHÄUMTE POLYESTER UND VERFAHREN ZU DEREN HERSTELLUNG
Name des Anmelders: 3A Technology & Management Ltd.
Name des Einsprechenden: 1. Gurit Italy S.r.l.
2. Armacell Enterprise GmbH & Co. KG
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
Schlagwörter: Zulässigkeit des neuen Hauptantags - (ja)
Neuheit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden 1 richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, wonach unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.

Der Entscheidung der Einspruchsabteilung lag folgender unabhängiger Anspruch zugrunde:

"1. Schaumkörper aus thermoplastischen Polyestern, mit hoher Homogenität, niedriger Offenzelligkeit und hoher Schubbruchdehnung, enthalten als Modifizierungsmittel Dianhydride von Tetracarbonsäuren, dadurch gekennzeichnet, dass der Polyesterschaum wenigstens ein thermoplastisches Elastomer der Untergruppen thermoplastische Styrolelastomere, thermoplastische Kautschukvulkanisate, thermoplastische Urethanelastomere, thermoplastische Polyamidelastomere, thermoplastische Copolyesterelastomere und nicht klassierte thermoplastische Elastomere enthält, wobei der Polyesterschaum eine Offenzelligkeit nach Airex-Methode 19 in Anlehnung an ASTM D1056-07 von kleiner als 8% aufweist."

II. In den Einspruchschriften erhoben beide Einsprechenden Einwände gemäß Artikel 100(a), 100(b) und 100(c) EPÜ und beantragten, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Folgende Dokumente wurden unter anderem erwähnt:

D3: JP 11 49883 A

D3Ü: Maschinelle englische Übersetzung von D3

D7: WO 93/12164 A1

Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass

- der Gegenstand der Ansprüche 1, 8 und 10 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt;

- die beanspruchte Erfindung die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt, und

- der Gegenstand der Ansprüche 1, 8 und 10 die Erfordernisse der Artikel 54 und 56 EPÜ erfüllt.

III. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende 1 (im Folgenden: die Beschwerdeführerin) Beschwerde ein und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des angegriffenen Patents. Ihrer Meinung nach sei der beanspruchte Gegenstand weder neu noch erfinderisch. Außerdem gehe er über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Zur Stütze ihrer Argumentation reichte sie folgende Dokumente ein und beantragte, diese Dokumente ins Verfahren zuzulassen:

D17: Erklärung vom Herrn Alessio Morino vom 20. Juni 2017

D18: Erklärung vom Professor Michele Laus vom 14. Juni 2017

D20: "A Thermoplastic Elastomer Engineered for Versatile Performance"

http://www.dupont.co.uk/products-and-services/plastics-polymers-resins/thermoplastics/brands/hytrel-thermoplastic-elastomer.html

D21: DuPont**(TM) Hytrel**(®) Thermoplastic Polyester Elastomer, Product Reference Guide

IV. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2018 teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Meinung mit.

V. Mit Schreiben vom 14. Februar 2019 legte die Beschwerdeführerin zusätzliche Argumente betreffend die Fragen der Neuheit, erfinderischen Tätigkeit und unzulässigen Erweiterung des beanspruchten Gegenstands vor und reichte das folgende Dokument ein:

D22: Zweite Erklärung vom Herrn Alessio Morino vom Februar 2018

VI. Mit Schreiben vom 3. März 2019 nahm die Patentinhaberin (im Folgenden: die Beschwerdegegnerin) erstmals Stellung zur Beschwerde und reichte zwei Hilfsanträge ein. Sie beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise, das Patent in eingeschränktem Umfang gemäß dem 1. oder 2. Hilfsantrag aufrechtzuerhalten.

VII. Am 20. März 2019 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer in Abwesenheit der Einsprechenden 2 (Verfahrensbeteiligte) statt, die mit Schreiben vom 18. Dezember 2018 mitgeteilt hatte, dass sie an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

Während der mündlichen Verhandlung nahm die Beschwerdegegnerin alle bisherigen Anträge zurück und reichte einen einzigen neuen Antrag (Hauptantrag) ein, der sich auf die Ansprüche 1 bis 7 des Hauptantrags der angefochtenen Entscheidung einschränkte.

VIII. Die Beschwerdeführerin argumentierte im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung, dass der neue Hauptantrag nicht zulässig sei, und dass der Gegenstand von Anspruch 1 des neuen Hauptantrags über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgehe und aufgrund der Offenbarung von D3Ü nicht neu sei. Sie nahm Bezug auf die in D17 und D18 dokumentierten Ergebnisse, welche beweisen sollten, dass die in D3Ü hergestellten Schaumkörper ebenfalls eine Offenzelligkeit aufwiesen, welche nach Airex-Methode 19 in Anlehnung an ASTM D1056-07 von kleiner als 8% ist.

IX. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung hingegen, dass der neue Hauptantrag zulässig sei, und dass der Gegenstand von Anspruch 1 des neuen Hauptantrags nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgehe und gegenüber der Offenbarung von D3Ü neu sei. Ihrer Meinung nach offenbart D3Ü nicht explizit Schaumkörper, die die beanspruchte Offenzelligkeit aufweisen. Betreffend D17 und D18 zog sie deren Ergebnisse in Zweifel und behauptete, dass die in diesen Dokumenten erwähnten Schaumkörper nicht nach der Lehre von D3Ü hergestellt worden seien. Ihrer Meinung nach habe die Beschwerdeführerin nicht hinreichend dargetan geschweige denn bewiesen, dass die Schaumkörper von D3 die beanspruchte Offenzelligkeit implizit offenbarten.

X. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 1) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

XI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, das Patent in eingeschränkter Fassung auf der Grundlage des zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hauptantrags aufrechtzuerhalten.

XII. Die Verfahrensbeteiligte (Einsprechende 2) hat keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

Zulässigkeit des Hauptantrags

1. Der Hauptantrag beschränkt sich auf Ansprüche 1 bis 7 des Anspruchssatzes der angefochtenen Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung. Obwohl dieser Antrag erst während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgelegt wurde, trägt dieser Gegenstand offensichtlich nicht zu einer zusätzlichen Komplexität des Verfahrens bei. Folglich hat er auch keine negative Wirkung auf den fortgeschrittenen Stand des Verfahrens und begegnet keine Bedenken bezüglich der Verfahrensökonomie. Folglich hat die Kammer den Hauptantrag gemäß Artikel 13 VOBK in das Verfahren zugelassen.

Neuheit

2. Die Beschwerdeführerin hat die Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 angesichts der Offenbarung von D3Ü (eine maschinelle englische Übersetzung von D3) bestritten.

Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags betrifft einen Schaumkörper, der folgende Komponenten enthält:

- Komponente A: thermoplastische Polyester

- Komponente B: Dianhydride von Tetracarbonsäuren und

- Komponente C: wenigstens ein thermoplastisches Elastomer der Untergruppe thermoplastische Styrolelastomere, thermoplastische Kautschukvulkanisate, thermoplastische Urethanelastomere, thermoplastische Polyamidelastomere, thermoplastische Copolyesterelastomere und nicht klassierte thermoplastische Elastomere,

wobei der Polyesterschaum hohe Homogenität, niedrige Offenzelligkeit und hohe Schubbruchdehnung aufweist,

und

wobei der Polyesterschaum eine Offenzelligkeit nach Airex-Methode 19 in Anlehnung an ASTM D1056-07 von kleiner als 8% aufweist.

3. Die Offenbarung von D3Ü

3.1 Beispiel 3 von D3Ü (Absätze [0027]-[0030] und [0033]) offenbart die Herstellung eines Schaumkörpers aus:

- 100 Gewichtsteilen PET, d.h. eines thermoplastischen Polyesters mit intrinsischer Viskosität von 0.70, der der Komponente A des angegriffenen Anspruchs 1 entspricht;

- 0,5 Gewichtsteile vom Pyromellitsäuredianhydrid, das der Komponente B des angegriffenen Anspruchs 1 entspricht; und

- 5 Gewichtsteile Polyesterelastomere (Hytrel 4507 Toray DuPont) als Modifizierer zur Verbesserung der Sprödigkeit, das der Komponente C des angegriffenen Anspruchs 1 entspricht.

Weitere Bestandteile des Schaumkörpers von Beispiel 3 sind:

- 0,01 Gewichtsteile Tetrafluroethylen; und

- 0,1 Gewichtsteile Natriumkarbonat.

Der Schaumkörper wurde mithilfe eines Tandem-Extruders mit einem Kaliber von 65 mm in beiden Stufen hergestellt. Als Treibmittel wurde Butan (0.3 Einheiten) verwendet.

3.2 Es ist unstreitig, dass Beispiel 3 nicht offenbart, dass der Schaumkörper hohe Homogenität, niedrige Offenzelligkeit und hohe Schubbruchdehnung aufweist. Da aber die Begriffe "hohe" und "niedrige", wie sie in Anspruch 1 verwendet werden, keine spezifisch definierte Bedeutung haben, müssen diese Begriffe breit ausgelegt werden, mit der Folge, dass sie nicht zur Einschränkung des Gegenstandes von Anspruch 1 gegenüber der Offenbarung von Beispiel 3 führen.

3.3 Es ist auch unstreitig, dass Beispiel 3 nicht offenbart, dass der Schaumkörper eine Offenzelligkeit nach Airex-Methode 19 in Anlehnung an ASTM D1056-07 von kleiner als 8% aufweist.

Die Beschwerdeführerin hat aber das Beispiel 3 von D3Ü nachgearbeitet (siehe D17 und D18: Probe P170522C Hytrel 4556 5%) und dadurch zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass der in diesem Beispiel hergestellte Schaumkörper implizit eine Offenzelligkeit nach Airex-Methode 19 in Anlehnung an ASTM D1056-07 aufweist, die in den beanspruchten Bereich fällt, d.h die kleiner als 8% ist.

In D17 ist die Herstellung eines Schaumkörpers im Versuchswege beschrieben, wobei Verfahrensbedingungen verwendet wurden, die die für die Schaumkörper von Beispiel 3 nächstliegenden Verfahrensbedingungen darstellten. Nach D18 (Tabelle auf Seite 4) weist der nachgearbeitete Schaumkörper eine Offenzelligkeit von 4,7± 0,2% auf, die damit weit unter dem beanspruchten Obergrenzwert von 8% liegt.

Trotz der unbestritten sachlich bestehenden und von der Beschwerdegegnerin gerügten Unterschiede zwischen der Herstellung des Schaumkörpers der Probe P170522C und einem Schaumkörper nach Beispiel 3 ist die Kammer aus folgenden Gründen der Auffassung, dass der Schaumkörper von Beispiel 3 eine Offenzelligkeit aufweist, die in den beanspruchten Bereich fällt.

3.3.1 Die Komponente A (thermoplastischer Polyester)

In der Probe P170522C wurde als Komponente A "M&G Cleartuf P76 PET" mit einer Viskosität von 0,74 anstelle des in Beispiel 3 eingesetzten Polyesters mit einer Viskosität von 0,70 verwendet. Der Unterschied von 0,04 ist allerdings sehr klein, vor allem in Anbetracht der Verwendung von Pyromellitsäuredianhydrid für die Herstellung des Schaumkörpers (Absatz [0028]), das die Rolle eines Kettenverlängerers der Komponente A spielt und eine Viskositätserhöhung dieser Komponente bewirkt. Wie die Beschwerdeführerin erklärt hat, ist dem Fachmann im Bereich der Polyester-Extrusionsschäume bewusst, dass die verwendete Menge des Kettenverlängerers (Komponente B), d.h. 0,5 Gewichtsteile, eine so massive Erhöhung der Endviskosität des Polyesters der Komponente A verursacht, dass der kleinere Unterschied in der Ausgangsviskosität unbeachtlich bleiben kann.

Der genannte Einfluss der Komponente B (Kettenverlängerer) auf die Endviskosität der Komponente A ist auch im streitigen Patent selbst offenbart (Seite 3, Zeilen 43-48).

Die massive Einwirkung von sogar noch kleineren Mengen des Kettenverlängerers (im Vergleich zur in der Probe P170522C und im Beispiel 3 verwendeten Menge) auf die Viskosität der Komponenten ist auch in D7 gezeigt. In Beispiel 2 wurde etwa die Ausgangsviskosität vom 0.70 dl/g eines Polyesters (PET) durch Kettenverlängerung mit 0,15 Gew% vom Pyromellitsäuredianhydrid auf 0.92 dl/g gesteigert. Die Beschwerdegegnerin hat keinen Beweis eingereicht, um das Gegenteil zu zeigen.

Daher ist offenkundig, dass der kleinere Unterschied von 0,04% in der Ausgangsviskosität der Komponente A keinen bedeutenden Einfluss auf die Endviskosität dieser Komponenten hat und daher auch nicht auf die Eigenschaften, einschließlich der Offenzelligkeit, des Schaumkörpers von Beispiel 3.

3.3.2 Die Komponente C (thermoplastisches Elastomer)

In der Probe P170522C wurde als Komponente C "Hytrel 4556" eingesetzt anstelle des im Beispiel 3 eingesetzten "Hytrel 4507". Die Beschwerdeführerin hat erklärt, dass sie "Hytrel 4507" nicht verwendet habe, weil dieses Produkt auf dem Markt nicht mehr erhältlich gewesen sei. Dem Fachmann sei aber angesichts des Coding Systems des Herstellers der Hytrel**(®) Produkte (D20 und D21) klar, dass "Hytrel 4556" äquivalent zu "Hytrel 4507" gewesen sei.

Die Beschwerdeführerin verwies hierzu insbesondere auf D21 (Seite 2, unter "Block Copolymer"), wonach die Eigenschaften des thermoplastischen Polyesterelastomers durch das Verhältnis von harten zu weichen Segmenten und die Zusammensetzung der Segmente bestimmt werden können. Sie war weiterhin der Auffassung, dass, da "Hytrel 4507" und "Hytrel 4556" die gleiche Blockcopolymerstruktur und auch die gleiche Shore D Härte hätten (beide tragen im Coding System die gleichen zwei ersten Ziffern, d.h. "45", die die Shore D Härte kennzeichnen), der Fachmann daraus schließen würde, dass beide Elastomere technisch äquivalent seien, und dass sie daher eine äquivalente Offenzelligkeit aufweisen müssen.

Die Beschwerdeführerin hat auch auf die Beispiele des streitigen Patents hingewiesen, die zeigten, dass selbst dann, wenn keine Komponente C verwendet würde (Vergleichsbeispiel der Tabelle 2), der Schaumkörper eine Offenzelligkeit von kleiner als 8% aufweist (sie beträgt tatsächlich 5.2%). Die Beschwerdeführerin hat weiter erklärt, dass Komponente C zwar wohl auf andere Eigenschaften des Schaumkörpers einen Einfluss haben könne, nicht aber auf dessen Offenzelligkeit.

Auch in diesem Fall, hat die Beschwerdegegnerin keinen technischen Beweis eingereicht, um das Gegenteil zu zeigen.

Auf dieser Basis kommt die Kammer bei Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis, dass die Verwendung von "Hytrel 4556" in der Probe 170522C anstelle des im Beispiel 3 eingesetzten "Hytrel 4507" keinen bedeutsamen Unterschied in der Offenzelligkeit verursacht.

Die Beschwerdegegnerin hat während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zum ersten Mal vorgetragen, dass die Hytrel Elastomere aufgrund der unterschiedlichen zwei letzten Ziffern im Coding System von D21 auch unterschiedliche Eigenschaften, einschließlich die Offenzelligkeit, hätten. Diese zu spät geltend gemachte Analyse des Inhalts von D21, die für die Kammer überraschend war, wurde gemäß Artikel 13 VOBK mit Blick auf das späte Stadium des Verfahrens nicht in das Verfahren zugelassen.

3.3.3 Natriumkarbonat

Es ist zwar zutreffend, dass in der Probe P170522C kein Natriumkarbonat verwendet wurde, während dagegen in Beispiel 3 Natriumkarbonat (0,1 Gewichtsanteile) zugesetzt wurde. Natriumkarbonat ist aber in diesem technischen Gebiet als Mittel zur Steuerung der Zellgröße und der Zellverteilung im Schaum bekannt (siehe Streitpatent: Seite 4, Zeilen 37-40). Da bei der Herstellung der Probe P170522C kein Natriumkarbonat verwendet wurde, waren die Bedingungen bei der Herstellung des Schaumkörpers eigentlich sogar schwieriger als bei der Herstellung des Schaumkörpers von Beispiel 3. Es folgt daraus, dass der Schaumkörper von Beispiel 3 eine Offenzelligkeit ausweisen soll, die kleiner ist als die Offenzelligkeit der Probe P170522C.

3.3.4 Treibmittel

Die Probe P170522C wurde mit Cyclopentan (1,9 Gew.%) als Treibmittel anstelle des in Beispiel 3 eingesetzten Butans (0,3 Einheiten) hergestellt. Die Bedingungen der Herstellung der Probe P170522C mit Cyclopentan (1,9 Gew.%) sind aber als weitaus schwieriger im Vergleich zu denen von Beispiel 3 anzusehen, weil dort eine größere Menge an Treibmittel (1,9% Cyclopentan im Vergleich zu 0,3% Butan) verwendet wurde. Es folgt daraus, dass der Schaumkörper von Beispiel 3 eine Offenzelligkeit aufweisen soll, die kleiner ist als die Offenzelligkeit der Probe P170522C.

3.3.5 Die Extrusionsparameter

Bei der Herstellung der Probe P1700522C wurde ein Extruder der Typenbezeichnung BC 180 von BCFoam Srl mit einem Durchmesser von 180 mm eingesetzt, anstelle des in Beispiel 3 eingesetzten Tandem-Extruders mit einem Durchmesser von 65 mm. Außerdem wurde keine explizite Temperatur angegeben, mit der gearbeitet wurde, während indessen in Beispiel 3 von D3Ü die Temperatur im Extruder angegeben wurde, die zwischen 240°C - 285°C variierte. Die Beschwerdegegnerin, die auf diese Unterschiede hingewiesen hat, hat aber keinen Beweis dafür vorgelegt, dass diese Unterschiede auch zu einem beachtlichen Unterschied bei der Offenzelligkeit führen.

Hier berücksichtigt die Kammer nun, dass das Streitpatent selbst nicht offenbart, dass diese Parameter einen Einfluss auf die Offenzelligkeit des Schaumkörpers hätten. Tatsächlich ist in Absatz [0027] offenbart, dass für die Herstellung des beanspruchten Schaumkörpers verschiedene Typen von Extrudern unter einem breiten Bereich von Temperaturen und Verweilzeiten verwendet werden könnten. Infolgedessen scheint die Beschwerdegegnerin selbst nicht davon ausgegangen zu sein, dass diese Parameter einen Einfluss auf die Offenzelligkeit des Schaumkörpers haben. Hinzu kommt aber wiederum, dass zumindest bezüglich der Verweilzeit und der Temperatur im Extruder in D17 angegeben ist (Seite 3, Zeilen 3-5), dass bei der Herstellung der Probe P1700522C den im Beispiel 3 von D3Ü enthaltenen Anweisungen gefolgt wurde. Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Extrusionsparameter bei der Herstellung der Probe P1700522C und der Herstellung des Schaumkörpers vom Beispiel 3 keine unterschiedlichen Folgen für die Offenzelligkeit haben können. Folglich ist mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen, dass auch ein Schaumkörper gemäß Beispiel 3 eine Offenzelligkeit von kleiner als 8% aufweist.

3.4 In Anbetracht der obigen Ausführungen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass das Beispiel 3 aus D3Ü mit der Probe P1700522C zutreffend nachgearbeitet wurde und dass ein derart hergestellter Schaumkörper die streitentscheidenden Eigenschaften wie mit dem Streitpatent beansprucht aufweist. Folglich ist der Gegenstand von Anspruch 1 nicht neu gegenüber D3Ü.

4. Die Beschwerdeführerin hat daneben auch argumentiert, dass der Gegenstand von Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfülle. Da aber die Kammer bereits zu dem Schluss gekommen ist, dass der Gegenstand dieses Anspruchs angesichts D3Ü nicht neu ist, erübrigt sich die Erörterung dieser Frage.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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