T 0969/17 (Schmutztopf/MAHLE) of 20.9.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T096917.20180920
Datum der Entscheidung: 20 September 2018
Aktenzeichen: T 0969/17
Anmeldenummer: 10751600.7
IPC-Klasse: B01D 35/153
B01D 35/16
B01D 36/00
F02M 37/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: FILTEREINRICHTUNG
Name des Anmelders: Mahle International GmbH
Name des Einsprechenden: Donaldson Company, Inc.
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Änderungen - zulässig (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent Nr. 2 477 711 zu widerrufen. Das Patent betrifft eine Filtereinrichtung.

II. In ihre Entscheidung kam die Einspruchsabteilung insbesondere zu dem Schluss, dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehe. Die Einspruchsabteilung befand u.a., dass das letzte Merkmal von Anspruch 1 wie erteilt (auch als Merkmal M1.8 bezeichnet; siehe Punkt V infra), wonach im Stutzen des Funktionselements Ablauföffnungen für gesammelten Schmutz bzw. für gesammeltes Wasser vorgesehen sind, zu einem Gegenstand führe, welcher nicht ursprünglich offenbart sei.

III. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung legte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein. Mit ihrer Beschwerdebegründung reichte sie zwei Hilfsanträge ein.

IV. Mit ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdegegnerin eine als "Anlage A" bezeichnete Zeichnung ein (siehe auch Seite 3 der Beschwerdeerwiderung), welche von der Anmelderin (nunmehr Patentinhaberin und Beschwerdeführerin) im Verfahren vor der Prüfungsabteilung eingereicht worden war.

V. Der Wortlaut von Anspruch 1 des Hauptantrags (Patent wie erteilt) und der Hilfsanträge 1 und 2 ist wie folgt:

Hauptantrag (erteilte Fassung)

"1. Filtereinrichtung mit einem in einem Filtergehäuse stehend angeordneten Ringfilterelement (1), das eine obere Endscheibe (2) und eine untere Endscheibe (3) aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

- an der unteren Endscheibe (3) ein Schmutztopf (5) mit einem darin angeordneten Wasserabscheider (6) vorgesehen ist,

- der Schmutztopf (5) einen abstehenden, stutzenförmigen Pin (7) aufweist,

- an einem in den Filtergehäusetopf der Filtereinrichtung einsetzbaren Funktionselement (8) ein komplementär zu dem Pin (7) ausgebildeter Kanal (9) vorgesehen ist, wobei ein Betrieb der Filtereinrichtung ausschließlich dann möglich ist, sofern der Pin (7) in den Kanal (9) eingreift,

- der Schmutztopf (5) eine bodenseitige Öffnung (10) aufweist,

- das Funktionselement (8) einen Stutzen aufweist, der die Öffnung (10) durchdringt,

- im Stutzen des Funktionselements (8) Ablauföffnungen (14) für gesammelten Schmutz bzw. für gesammeltes Wasser vorgesehen sind."

In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 sind zwischen dem vorletzten und letzten Spiegelstrich noch folgende Merkmale aufgenommen worden:

"- der Schmutztopf (5) Schmutzsammelraum und/oder Wassersammelraum ist und bodenseitig zumindest einen Ablauf für gesammelten Schmutz bzw. gesammeltes Wasser aufweist,".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, wobei zwischen dem ersten und dem zweiten Spiegelstrich noch folgende Merkmale aufgenommen worden sind:

"- der Wasserabscheider (6) als Coaleszer ausgebildet und an die untere Endscheibe (3) des Ringfilterelements (1) angeschweißt ist,

- der Schmutztopf (5) an die untere Endscheibe (3) des Ringfilterelements (1) angeschweißt ist,".

VI. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen wie folgt vor:

Das Merkmal, wonach im Stutzen des Funktionselements Ablauföffnungen für gesammelten Schmutz bzw. für gesammeltes Wasser vorgesehen sind (Merkmal M1.8), sei unmittelbar und eindeutig der zweiten Hälfte des ersten Absatzes auf Seite 2 in Zusammenschau mit den Zeichnungen der ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen. In den ursprünglichen Unterlagen schienen zunächst zwei Möglichkeiten offenbart zu sein, wie der gesammelte Schmutz bzw. das gesammelte Wasser durch die bodenseitige Öffnung 10 aus dem Schmutztopf 5 ablaufen könnten. Der Fachmann zöge dabei jedoch nur die nunmehr in Anspruch 1 wie erteilt beanspruchte Möglichkeit in Betracht, wonach nämlich der im Schmutztopf gesammelte Schmutz und/oder das im Schmutztopf gesammelte Wasser durch die Öffnungen im Stutzen abliefen. Die beanspruchte Funktionsweise sei in Anlage A, welche der im Verfahren vor der Prüfungsabteilung eingereichten erläuternden Zeichnung entspräche, dargestellt. Der Ausdruck "bodenseitig zumindest einen Ablauf für gesammelten Schmutz bzw. für gesammeltes Wasser aufweist" auf Seite 2 sei im Lichte der Zeichnung dahingehend zu verstehen, dass der in "Anlage A" gezeigte Wasserablauf gemeint sei, d.h. ein Ablauf, der sich im Inneren des Stutzens des Funktionselements und auf der Ebene des Bodens des Schmutztopfes befinde und durch die Öffnungen, welche in Fig. 2 der Patentschrift die Bezugsziffer 14 tragen, mit dem Innern des Schmutztopfes verbunden sei. Entsprechende Erwägungen ergäben sich für die Hilfsanträge. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100c) EPÜ stehe daher der Aufrechterhaltung des Patents in seiner erteilter Fassung nicht entgegen bzw. erfüllten die Hilfsanträge das Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ.

VII. Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen wie folgt vor:

Die Filtereinrichtung mit der beanspruchten Funktionsweise, wie sie in Anlage A dargestellt sei, ergebe sich weder aus den Zeichnungen noch aus der Beschreibung, insbesondere weil die ursprüngliche Offenbarung auf das Konzept eines stutzenförmigen Pins mit komplementär ausgebildetem Kanal und auf die Aufgabenstellung gerichtet sei, ausschließlich den Einsatz von autorisierten Filterelementen zu ermöglichen. Die eigentliche Funktionsweise der Filtereinrichtung hinsichtlich Filtration sei nicht beschrieben. Insbesondere könne den ursprünglichen Unterlagen nicht entnommen werden, wo der Schmutz bzw. das Wasser abfließen sollten.

VIII. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag). Hilfsweise beantrage sie die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage eines der beiden mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag

1.1 Streitig unter den Parteien ist insbesondere, ob das Merkmal in Anspruch 1, wonach "im Stutzen des Funktionselements Ablauföffnungen für gesammelten Schmutz bzw. für gesammeltes Wasser vorgesehen sind", (Merkmal M1.8) in den ursprünglichen Unterlagen unmittelbar und eindeutig offenbart ist.

1.2 Zwar ist der Beschwerdeführerin grundsätzlich darin zuzustimmen, dass bei den Erfordernissen nach Artikel 100c) bzw. 123(2) EPÜ der Maßstab anzulegen ist, wonach der Fachmann die ursprünglichen Unterlagen mit dem Willen liest, diese zu verstehen. Allerdings ergibt sich aus der zentralen, von der Beschwerdeführerin zitierten Passage auf Seite 2 der ursprünglichen eingereichten Anmeldung, erster Absatz, zweite Hälfte, lediglich, dass "zumindest ein[-] Ablauf" "bodenseitig" vorhanden ist. Dies versteht der verständige Fachmann dahingehend, dass auf der Bodenseite des Schmutztopfes, d.h. auf der Ebene des Bodens und zum Boden gehörig, ein solcher Ablauf vorhanden ist. Eine solche Auslegung des Begriffs "bodenseitig" ist auch im Einklang mit einer anderen Stelle in der Beschreibung, wo auf Seite 6 von einer "bodenseitige[n] Öffnung 10" gesprochen wird. In der ursprünglichen eingereichten Fig. 1 wird mittels Bezugszeichen 10 auch das untere Ende des Schmutztopfes bzw. die entsprechende Ebene bezeichnet. Hieraus entnimmt der Fachmann, dass der Schmutz bzw. das Wasser direkt am unteren Ende, d.h. am Boden, des Schmutztopfes ablaufen kann. Infolge der in den Zeichnungen dargestellten Konstruktion käme für den Fachmann daher allenfalls eine Konfiguration in Betracht, in der der Ablauf im Ringraum, welcher zwischen der die bodenseitige Öffnung 10 ringförmig umgebenden Wand und dem Stutzen gebildet wird, angeordnet ist, wie dies auch die Beschwerdeführerin vorträgt. Dem Argument, dass der Fachmann letztendlich diese Möglichkeit nicht in Betracht zöge, wie dies die Beschwerdeführerin vorträgt, vermag die Kammer nicht zu folgen. So kann die Öffnung 10 sehr wohl gegenüber dem Stutzen abgedichtet sein und gleichzeitig einen nach unten führenden, mit einem nicht näher erläuterten Ablaufkanal in Verbindung stehenden Ablauf verbunden sein, ohne dass Schmutz bzw. Wasser in das Filtrat gelangen.

Bei der in Anspruch 1 beschriebenen Funktionsweise, welche unstreitig in "Anlage A" dargestellt ist, wird nach Ansicht der Beschwerdeführerin das Ablaufen von Schmutz und Wasser aus dem Schmutztopf über Öffnungen im Stutzen (Bezugszeichen 14 im Streitpatent) bewerkstelligt, welche mit dem in "Anlage A" als "Wasserablauf" bezeichneten Kanal innerhalb des Stutzens in fluidischer Verbindung stehen. Der Fachmann würde jedoch diesen Kanal nicht als Ablauf, den der Schmutztopf "bodenseitig... aufweist" im Sinne der zitierten Passage auf Seite 2 bezeichnen, da er das Innere des Stutzens nicht zum Boden des Schmutztopfes zugehörig ansehen würde.

Darüber hinaus soll gemäß "Anlage A" Schmutz bzw. Wasser über die Öffnungen, welche im erteilten Patent die Bezugsziffer 14 tragen, ablaufen. Diese Öffnungen sind jedoch unstreitig oberhalb des Bodens bzw. der Öffnung 10 angeordnet, sodass gemäß "Anlage A" der Schmutz bzw. das Wasser gar nicht über einen "bodenseitig" angeordneten Ablauf aus dem Schmutz ablaufen können. Mit anderen Worten lässt sich die in "Anlage A" dargestellte Funktionsweise nicht unter den Wortlaut der einzigen als Grundlage für das fragliche Merkmal angeführten Stelle auf Seite 2, wonach der Schmutztopf "bodenseitig [...] einen Ablauf für gesammelten Schmutz bzw. für gesammeltes Wasser aufweist" subsumieren.

Aus Fig. 2 der ursprünglichen Offenbarung ist zudem nicht zweifelsfrei erkennbar, dass es sich bei den im Streitpatent mit dem Bezugszeichen 14 gekennzeichneten Öffnungen überhaupt um Abläufe handelt. Eine Erklärung dieses Bezugszeichens und der Funktion des dadurch beschriebenen Konstruktionsmerkmals ist in der ursprünglichen Beschreibung nicht enthalten.

1.3 Aus alledem ergibt sich, dass die ursprünglich eingereichten Unterlagen das in Streit stehende Merkmal M1.8 nicht unmittelbar und eindeutig offenbaren.

1.4 Der Einspruchsgrund nach Artikel 100c) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in seiner erteilten Fassung entgegen.

2. Hilfsanträge 1 und 2

2.1 Auch Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 enthält das in Streit stehende Merkmal. Die Aufnahme der Merkmale der zitierten Passage auf Seite 2 kann den Einwand hinsichtlich der ursprünglichen Offenbarung nicht beheben, da es dem in Streit stehenden Merkmal M1.8 nach wie vor an einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung in den ursprünglich eingereichten Unterlagen mangelt.

2.2 Dies gilt ebenso für Anspruch 1 von Hilfsantrag 2. Die Beschwerdeführerin trägt in diesem Zusammenhang vor, dass die gegenüber Hilfsantrag 1 eingefügten zusätzlichen Merkmale weiteren Einwänden der Beschwerdegegnerin Rechnung trügen. Dass diese Merkmale den hinsichtlich des Hauptantrags bzw. hinsichtlich Hilfsantrag 1 erhobenen Einwand beheben sollen, trägt die Beschwerdeführerin auch nicht vor.

2.3 Es ergibt sich somit, dass weder Hilfsantrag 1 noch Hilfsantrag 2 dem Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ genügen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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