European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T090617.20190215 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Februar 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0906/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08019715.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16B 13/02 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Spreizdübel | ||||||||
Name des Anmelders: | KEW Kunststofferzeugnisse GmbH Wilthen | ||||||||
Name des Einsprechenden: | fischerwerke GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) Spät eingereichte Hilfsanträge |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 27. Januar 2017 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das europäische Patent Nr. 2 063 135 in der Fassung gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 1, das heißt unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen, sowie die Erfindung, die das Patent zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (Beschwerdeführerin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
III. Am 15. Februar 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 063 135.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, oder hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der am 14. Januar 2019 eingereichten Hilfsanträge 2, 3 oder 4.
V. Für die vorliegende Entscheidung haben die folgenden Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:
D4: |DE 821 412 |
D11:|DE 196 37 581 A1|
VI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, (die von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachtete Fassung) mit Merkmalsbezeichnungen der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) aus dem Einspruchsverfahren, lautet:
M1 |,,Spreizdübel (1) |
M2 |zur Befestigung von unterschiedlichen Baumaterialien und Bauteilen an verschiedenen Untergründen, wie Mauerwerk, Beton, Hohlkammerbaustoffe [sic] und dergleichen, |
M3 |umfassend einen im wesentlichen rohrförmigen Hülsenkörper (10) mit axialem Durchgang (11) zur Aufnahme bzw. zum Durchstecken eines Spreizelementes (30), wie einer Schraube, eines Ankers und dergleichen,|
M4 |und [sic] der Hülsenkörper (10) aus einem Schaftteil (12) und einem Spreizteil (13) ausgebildet ist, |
M5 |wobei das Schaftteil (12) und das Spreizteil (13) jeweils ein axiales Ende des Hülsenkörpers (10) bilden |
M6 |und das Spreizteil (13) eine bauchige Außenform aufweist, |
M7 |wobei die Wandstärke (W) des Spreizteiles (13) von seinen Enden in axialer Richtung zur Mitte hin die Ausbauchung bildend zunimmt, |
M8 |wobei der [sic] Spreizteil (13) ein konisch verlaufendes Endstück (E) aufweist |
M9 |sowie am Spreizteil (13) äußere Umfangsprofilierungen (14, 15) angeordnet sind, |
M10|und zwischen den Umfangsprofilierungen (14, 15) mindestens zwei sich in Längserstreckung des Spreizteiles (13) über dessen Länge erstreckende Längsschlitze (16) ausgebildet sind,|
M11|die bis in das Endstück (E) des Spreizteiles (13) hineinragen, |
|dadurch gekennzeichnet, |
M12|dass der [sic] Schaftteil (12) einen Fixierungsbereich (18) aufweist, |
M13|und die Wandstärke (S) des Schaftteiles (12) im Fixierungsbereich (18) abnimmt." |
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass am Ende das Merkmal hinzugefügt wurde wonach:
"der Fixierungsbereich (18) im Mittelteil des Schaftteiles (12) ausgebildet ist."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass spezifiziert wird dass der Spreizdübel "für die Durchsteckmontage" ist und zusätzlich am Ende das Merkmal hinzugefügt wurde wonach:
"Bauteile unterschiedlicher Dicke infolge der Verstärkung des Anpressdruckes näher und fester an den Bauuntergrund heranziehbar sind und der Fixierungsbereich (18) im Mittelteil des Schaftteiles (12) ausgebildet ist."
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 dadurch, dass zwischen den Merkmalen M6 und M7 das folgende Merkmal hinzugefügt wurde:
"und der Durchmesser des Spreizteiles (13) größer als der Durchmesser eines Bohrloches (40) eines Untergrundes (50) ist"
VII. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Hilfsantrag 1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem Spreizdübel für Wärmedämmplatten der D11 durch die Merkmale M6, M7 und M9. Die Unterscheidungsmerkmale lösten die Aufgabe, den Halt des Dübels im Verankerungsgrund zu verbessern.
Der Begriff "bauchig" in Merkmal M6 habe keine technische Bedeutung, sondern sei ein Alltagsbegriff, der keine Form bestimme und nur bedeute, dass etwas vorstehe. Merkmal M7 definiere Richtungen, in welchen die Wandstärke zunehme, und nicht eine Länge, so dass die dickste Wandstärke nicht unbedingt in der Mitte des Spreizbereichs liegen müsse.
Der Fachmann würde die anspruchsgemäße Lösung der gestellten Aufgabe in der D4 finden. Die keulenförmige Gestalt des Dübels der D4 sei ein Spreizteil gemäß den Merkmalen M6 und M7, und auch Umfangsprofilierungen gemäß Merkmal M9 seien im einleitenden Teil der D4 offenbart.
Die mit dem Dübel der D11 zu befestigenden Dämmstoffplatten würden mit einem Bohrhammer durchgebohrt, so dass sie zwingend leichte Beschädigungen aufweisen. Somit könnten auch Dämmstoffdübel mit einer bauchigen Außenform des Spreizteils durch die Bohrlöcher der Dämmplatte problemlos eingeführt werden, und mögliche durch den Dübel hervorgerufenen kleine Beschädigungen der Platte im Bereich der Bohrlöcher seien in der Praxis irrelevant. Darüber hinaus lehre die D4, dass das Spreizteil so geformt sei, dass es sich beim Einführen zusammendrücken lasse. Eine eventuelle Knickgefahr des Dübels bestehe nicht, da die Einführkräfte durch den Spreizstift übertragen würden. Folglich habe der Fachmann keinen Grund, die in der D4 offenbarte Lösung zu verwerfen.
Es sei somit für den Fachmann naheliegend, die Lehre der bauchigen Außenform und der Umfangsprofilierungen aus D4 auf den Spreizdübel der D11 zu übertragen, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Er würde somit, ohne erfinderisch Tätig zu werden, zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Zulassung der Hilfsanträge
Hilfsanträge 2 bis 4 seien ohne besondere Veranlassung verspätet eingereicht und sollten schon deswegen nicht in das Verfahren zugelassen werden. Insbesondere seien bei den Hilfsanträgen 3 und 4 Merkmale hinzugefügt worden, die aus der Beschreibung entnommen wurden. Diese werfen erhebliche Klarheitsproblemen auf. Da diese Anträge prima facie nicht gewährbar seien, sollten sie nicht in das Verfahren zugelassen werden.
Hilfsantrag 2
Das hinzugefügte Merkmal, wonach der Fixierungsbereich im Mittelteil des Schaftteils ausgebildet ist, sei eine beliebige Auswahl, die keine technische Aufgabe löse.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VIII. Die Beschwerdegegnerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Hilfsantrag 1
Es treffe zu, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 sich von dem Dübel der D11 durch die Merkmale M6, M7 und M9 unterscheide. Die von der Beschwerdeführerin formulierte zu lösende Aufgabe, den Halt des Dübels im Verankerungsgrund zu verbessern, sei auch zutreffend.
Die Merkmale M6 und M7 verlangten, dass das Spreizteil eine bauchige Außenform aufweist, und dass seine Wandstärke in axialer Richtung zur Mitte hin die Ausbauchung bildend zunimmt. Diese Merkmalskombination bedeute, dass das Spreizteil über seine gesamte Erstreckung konvex, und dass die Wandstärke in der Mitte am dicksten sein müsse. Dies sei bei dem in der D4 offenbarten Dübel nicht der Fall.
Selbst unter der Annahme, dass die D4 einen Spreizteil mit einer Form gemäß den Merkmalen M6 und M7 offenbare, würde der Fachmann die Außenform des Spreizbereiches des Dübels der D4 auf den Dübel der D11 nicht übertragen.
Der Dübel der D4 werde bei einer Vorsteckmontage verwendet, während der Dübel der D11 für eine Durchsteckmontage durch die zu befestigende Dämmstoffplatte verwendet werde. Folglich würde der Fachmann den Dübel gemäß D4 nicht einmal in Betracht ziehen wenn er einen Durchsteckdübel weiterentwickeln wollte. Ferner löse die D4 die Aufgabe, einen selbstsperrenden Dübel zu gestalten (siehe Zeilen 25-26) und nicht den Halt des Dübels im Verankerungsgrund zu verbessern. Schließlich würde das Durchstecken eines bauchigen Dübels die Dämmplatte beschädigen, was zu einer geringeren Dämmwirkung führe. Dazu bestehe eine Knickgefahr beim Übergang zur harten Wand, und es sei beim Einführen auch nicht möglich, den Spreizbereich mit der Hand zusammenzudrücken, wie bei einer Vorsteckmontage. Da kein einziger Dämmstoffdübel mit einer bauchigen Außenform des Spreizbereichs bekannt sei, habe der Fachmann anscheinend Vorurteile gegen einer solchen Geometrie bei Dämmstoffdübeln. Der Fachmann würde daher die Lehre der bauchigen Außenform nicht auf den Dübel der D11 übertragen. Ferner müsste der Fachmann, um auf den Gegenstand des Anspruchs 1 zu kommen, Merkmale aus zwei verschiedenen Ausführungsbeispielen der D4, nämlich den Ausführungsbeispielen in den Figuren 5 und 7, übertragen. Dies sei ein weiterer Beleg dafür, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann nicht naheliegend sei.
Zulassung der Hilfsanträge
Die Hilfsanträge 2 bis 4 stellten eine Reaktion auf die Mitteilung der Kammer dar. Die darin enthaltenen Änderungen seien nicht komplex.
Die Hilfsanträge 2 bis 4 sollten daher zugelassen werden.
Hilfsantrag 2
Das hinzugefügte Merkmal, wonach der Fixierungsbereich im Mittelteil des Schaftteiles ausgebildet ist, führe dazu, dass die radiale Kraft des verformten Fixierungsbereichs nicht an einen der Randbereiche des zu befestigenden Bauteils wirke. Somit löse es die Aufgabe, Aufplatzungen an dem zu befestigenden Bauteil zu vermeiden.
Diese Platzierung sei für den Fachmann nicht naheliegend, und somit beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Hilfsantrag 1
1.1 D11 (Figuren 1 bis 4) offenbart unstreitig:
M1 |Einen Spreizdübel (1) |
M2 |zur Befestigung von unterschiedlichen Baumaterialien und Bauteilen an verschiedenen Untergründen, wie Mauerwerk, Beton, Hohlkammerbaustoffen und dergleichen, |
M3 |umfassend einen im wesentlichen rohrförmigen Hülsenkörper mit axialem Durchgang zur Aufnahme bzw. zum Durchstecken eines Spreizelementes (7), wie einer Schraube, eines Ankers und dergleichen|
M4 |wobei der Hülsenkörper aus einem Schaftteil (3) und einem Spreizteil (2) ausgebildet ist |
M5 |wobei das Schaftteil (3) und das Spreizteil (2) jeweils ein axiales Ende des Hülsenkörpers bilden |
M8 |wobei das Spreizteil (2) ein konisch verlaufendes Endstück (die sich verjüngende Spitze des Spreizteils) aufweist |
M10|und mindestens zwei sich in Längserstreckung des Spreizteiles über dessen Länge erstreckende Längsschlitze (15) ausgebildet sind, |
M11|die bis in das Endstück des Spreizteiles (2) hineinragen, |
M12|und wobei das Schaftteil (3) einen Fixierungsbereich (9) aufweist, |
M13|und die Wandstärke des Schaftteiles (3) im Fixierungsbereich (9) abnimmt (Spalte 4, Zeilen 40-42). |
Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich davon durch die Merkmale M6, M7 und M9.
1.2 Es ist ebenso unstreitig, dass die durch die Unterscheidungsmerkmale gelöste Aufgabe darin liegt, den Halt des Dübels im Verankerungsgrund zu verbessern.
1.3 Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass der Dübel der D4 bei einer Vorsteckmontage und der Dübel der D11 bei einer Durchsteckmontage verwendet wird, und dass der Fachmann diese zwei Entgegenhaltungen daher nicht kombinieren würde.
Es stimmt, dass diese zwei Dübelformen unter gewissen Aspekten unterschiedlich sind. Die vorliegende technische Aufgabe tritt jedoch bei beiden Arten von von Dübeln auf. Deswegen würde der Fachmann von D11 ausgehend nach einer geeigneten Lösung der gestellten Aufgabe auch bei Dübeln für Vorsteckmontage suchen.
Der Fachmann würde daher zur Lösung der gestellten Aufgabe auch die D4 in Betracht ziehen.
1.4 Die Beschwerdegegnerin trug auch vor, dass die D4 die Merkmale M6 und M7 nicht offenbare. Der Ausdruck "bauchig" impliziere nämlich eine gewölbte, über die gesamte Erstreckung konvexe Form, die bei der geradlinigen Gestaltung des Dübels nach D4 nicht gegeben sei. Ferner bedeute das Merkmal M7, dass die maximale Wandstärke in der Mitte des Spreizteils gegeben sein müsse.
Es wurde nicht bestritten, dass der in Merkmal M6 verwendete Ausdruck "bauchig" im technischen Gebiet der Dübel keine spezifische, eindeutige technische Bedeutung hat. Der Ausdruck stammt vielmehr aus einem alltäglichen Gebrauch und muss somit in Hinblick auf den speziellen vorliegenden technischen Zusammenhang - wenn nötig breit - ausgelegt werden.
Anders als von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, gibt auch das Streitpatent selbst keinen Anlass den Ausdruck eingeschränkt in ihrem Sinne zu interpretieren. Vielmehr definiert im vorliegenden Fall der Wortlaut "bauchige Außenform" lediglich, dass die Außenform von ihrer Umgebung hervorstehen muss. Der Wortlaut schließt somit lediglich eine taillierte und eine zylindrische Form aus, ohne etwas spezifisches über die Geometrie des hervorstehenden Teils auszudrücken.
Das Merkmal M7 verlangt, dass die "Wandstärke des Spreizteils von seinen Enden in axialer Richtung zur Mitte hin ... zunimmt". Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin bedeutet dies, dass die Wandstärke in der Mitte des Spreizteils am dicksten sein muss. Der Wortlaut des Merkmals M7 gibt aber nur an in welcher Richtung die Dicke zunehmen muss und nicht bis zu welchem Punkt dies passieren soll. Dadurch lässt dieses Merkmal die Lage der maximalen Wanddicke entlang des Spreizteils offen.
Da D4 ein hervorstehendes Spreizteil offenbart, dessen Wandstärke zur Mitte hin zunimmt, offenbart sie eine bauchige Außenform des Spreizbereichs gemäß den Merkmalen M6 und M7 des Anspruchs 1.
1.5 Es stimmt zwar, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, dass in der D4 auf Zeilen 25 und 26 unterstrichen wird, dass die Geometrie des Spreizteils dazu führt, dass der Dübel selbstsperrend ist. Es ist jedoch für den Fachmann selbstverständlich, dass ein Spreizteil mit einer bauchigen Außenform, die zu einer Selbstsperrung führt, auch die Haltekraft des Dübels erhöht. Die Zeilen 27-30 besagen auch explizit, dass der Dübel mit einer Querriffelung versehen sein kann, um die Haft- und Sperrwirkung noch zu steigern.
1.6 Die Beschwerdegegnerin vertritt auch die Meinung, dass D4 nur Ausführungsformen offenbare, bei denen entweder eine keulenförmige Gestalt (siehe Figur 1) oder Riffelungen (siehe Figur 5) vorgesehen sei, so dass der Fachmann zunächst diese zwei Ausführungsformen kombinieren müsste, um sie dann auf den Dübel gemäß D11 zu übertragen.
Die keulenförmige Gestalt und die Querriffelung werden jedoch nicht als alternative Ausführungsformen dargestellt, sondern in den Zeilen 7-30 und in Anspruch 2 eindeutig in Kombination offenbart.
1.7 Die D4 lehrt folglich, dass ein Spreizbereich mit einer äußeren Keulenform (bauchige Außenform) mit Querriffelung (Merkmale M6, M7 und M9) den Halt eines Dübels verbessert und somit eine Lösung der gestellten Aufgabe darstellt.
1.8 Die Übertragung der keulenförmigen Gestalt des Spreizteils gemäß D4 auf den Dübel der D11 würde in der Tat einen größeren Durchmesser des Spreizteils im nicht zusammengedrückten Zustand bedeuten. Dies würde, anders als von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, den Fachmann jedoch nicht davon abhalten, die Lehre der D4 auf den Spreizdübel der D11 zu übertragen.
Der Dübel der D11 wird zur Befestigung von Dämmplatten verwendet. Dabei werden die Befestigungslöcher durch die schon geklebte Platte eingebracht, siehe Spalte 1, Zeilen 35-39. Da diese Wände in der Regel aus Beton, Ziegel oder ähnlich harten Baustoffen bestehen, werden die Bohrlöcher mit einem Schlagbohrer oder Bohrhammer erzeugt. Mit den dabei verwendeten Hartmetallbohrern werden keine perfekten Bohrlöcher in der Dämmplatte erzeugt, sondern eher unregelmäßige Löcher. Außerdem werden wegen der Hartmetallschneide und den Rüttelungen die Dämmplatten zwingend leicht beschädigt.
Eine eventuelle zusätzliche Beschädigung des Dämmstoffs durch ein Spreizteil mit keulenförmiger Gestalt ist für den Fachmann daher in der Praxis vernachlässigbar.
1.9 Der durch die keulenförmige Gestalt (bauchige Außenform) hervorgerufene größere Durchmesser des Spreizteils würde auch das Einführen in das Befestigungsloch der Wand nicht verhindern. Die D4, Spalte 1, Zeilen 14-16 lehrt nämlich explizit, dass sich das Spreizteil zum Einführen zusammendrückt. Der Fachmann würde daher in einem Spreizteil mit größerem Durchmesser kein Problem sehen, sondern das Spreizteil so gestalten, dass es sich beim Kontakt mit den Seitenflächen der Bohrlöcher der Dämmplatte und der Wand ausreichend zusammendrückt.
1.10 Bei dem Dübel der D11 wird eine Einführkraft von dem Spreizstift 7 über die Verjüngung 8 auf den Dübel übertragen, siehe Figuren 1 und 3. Die Krafteinwirkung erfolgt also am vorderen Ende des Schaftteils. Daher ist, anders als von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, keine Einknickgefahr bei der Einführung des Dübels am Übergang vom Bohrloch der Dämmplatte zum Bohrloch der Wand gegeben.
1.11 Somit sieht der Fachmann in einem durch eine keulenförmige Gestalt (bauchige Außenform) hervorgerufenen größeren Durchmesser des Spreizteils kein Hindernis, die in der D4 offenbarte Lösung in Form der äußeren Keulenform und der Querriffelung auf den Spreizdübel der D11 zu übertragen, um die gestellte Aufgabe zu lösen.
1.12 Dass, wie von der Beschwerdegegnerin argumentiert, keine Dämmstoffdübel mit einem vergrößerten Spreizteil bekannt sind, kann höchstens als nachrangiges Indiz dafür gewertet werden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen könnte. Es ist jedoch bedeutender, dass die D4 sowohl die gestellte Aufgabe betrifft, als auch den Fachmann eine anspruchsgemäße Lösung dieser Aufgabe lehrt, und somit den Gegenstand des Anspruchs 1 nahelegt.
1.13 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 (Hauptantrag) beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
2. Zulassung der Hilfsanträge 2-4
Die Hilfsanträge 2-4 sind verspätet eingereicht, stellen jedoch eine Reaktion auf die Mitteilung der Kammer dar.
2.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 besteht aus dem Zusammenfügen der erteilten Ansprüche 1 und 11.
Da die Änderungen nicht komplex sind und die Beschwerdeführerin sich mit dem hinzugefügten Merkmal schon in der Beschwerdebegründung befasst hatte, wird dieser Antrag in das Verfahren zugelassen (Artikel 13 (1) VOBK).
2.2 Bei den Hilfsanträgen 3 und 4 ist der Wortlaut "wodurch Bauteile unterschiedlicher Dicke infolge der Verstärkung des Anpressdruckes näher und fester an den Bauuntergrund heranziehbar sind" dem jeweiligen Anspruch 1 hinzugefügt worden. Dieser Wortlaut wurde der Beschreibung entnommen.
Die Definition "näher und fester" impliziert einen Vergleich. Womit verglichen wird geht aus dem Anspruch jedoch nicht hervor. Ferner hat der Fachmann bei alleiniger Betrachtung eines Spreizdübels keine Möglichkeit zu beurteilen, ob mit diesem Bauteile "näher und fester an den Bauuntergrund heranziehbar sind". Somit verstößt der jeweiligen Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 offensichtlich gegen die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.
Da diese Anträge prima facie nicht gewährbar sind, hat die Kammer entschieden, sie nicht in das Verfahren zuzulassen (Artikel 13 (1) VOBK).
3. Hilfsantrag 2
Das hinzugefügte Merkmal, wonach "der Fixierungsbereich im Mittelteil des Schaftteiles ausgebildet ist", löst ausgehend von dem Spreizdübel der D11 keine technische Aufgabe. Die von der Beschwerdegegnerin formulierte Aufgabe, Aufplatzungen an dem zu befestigenden Bauteil zu vermeiden, mag bei einigen anderen Baustoffen gelten. Bei dem Dämmstoffplattendübel der D11 ist es jedoch für die Funktion des Dübels und der Dämmstoffplatte ohne Belang, ob der sich radial erweiternde und die Dämmstoffplatte verformende Fixierungsbereich am hinteren Ende oder im Mittelteil des Schaftteils ausgebildet ist.
Somit ist das hinzugefügte Merkmal eine beliebige Auswahl.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.