European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T080517.20191009 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 October 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0805/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04725595.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61C 13/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Rohling zur Herstellung zahnmedizinischer Rekonstruktionen und Herstellungsverfahren desselben | ||||||||
Name des Anmelders: | Ivoclar Vivadent AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Ingenieurbüro Sax IBS Dental Direkt GmbH White Peaks Dental Systems GmbH & Co. KG 3M Deutschland GmbH (DE)/ 3M Innovative Properties Company (US) CeramTec GmbH DOCERAM GmbH Renishaw plc R+K CAD CAM Technologie GmbH & Co. KG Straumann Holding AG Kaltenbach & Voigt GmbH Poetsch, Edmund |
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Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 30. Januar 2017 zur Post gegebenen Entscheidung wurde das europäische Patent Nr. EP-B-1613237 widerrufen.
II. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
III. Am 9. Oktober 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdegegnerinnen 1, 3, 6, 8 und 11 waren trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend. Das Verfahren wurde gemäß Regel 115(2) EPÜ ohne sie fortgesetzt.
Die Einsprechende 5 hatte ihren Einspruch bereits mit Schreiben vom 21. August 2015 zurückgenommen und war daher am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.
IV. Am Ende der am 9. Oktober 2019 abgehaltenen mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag) sowie hilfsweise
- Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung, zur Prüfung der erteilten Ansprüche auf die Voraussetzungen der Artikel 54, 56 und 83 EPÜ.
- weiter hilfsweise, die Aufrechterhaltung des Patents gemäß eines der Hilfsanträge 1 bis 10, eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 6. Juni 2017 (Hilfsanträge 1 bis 8) und mit Schreiben vom 9. September 2019 (Hilfsanträge 9 und 10).
In Hinblick auf die Hilfsanträge 1 bis 3 beantragte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) zudem die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der Voraussetzungen der Artikel 54, 56 und 83 EPÜ.
In Hinblick auf Hilfsantrag 4 beantragte die Beschwerdeführerin die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Die Beschwerdegegnerinnen 2 bis 4, 6-11 sowie der Beschwerdegegner 12 beantragten die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung der angefochtenen Entscheidung.
V. Folgende Dokumente waren für die vorliegende Entscheidung relevant:
S1: Filser, F. T. "Direct Ceramic Machining of Ceramic Dental Restaurations", Dissertation, ETH Zürich, 2001;
P6: US2002/0155412;
P19: WO-A-02/45614;
P21: WO-A-99/47065;
B9: Flyer der Xavex AG: "CAD/CAM Produktionssystem für Zahnersatz aus Zirkonoxid-Keramik (nicht datiert, beschriftet mit "von mir auf DVD archiviert per 3. April 2003);
B17: Erklärung Dr. Brodbeck vom 19. Oktober 2016;
B23: Erklärung Dr. Brodbeck vom 2. Juni 2017;
B25: Erklärung Herr F. Rothbrust vom 5. September 2019;
B26: Tosoh Corporation, Produktinformation: Zirconia powder ZT-3YSB-C, aufgedrucktes Datum 9/98;
B27: J. Reed: "Introduction to the principles of ceramic processing", Wiley + Sons (1988), Seiten 329-351;
B28: Römpp Chemie Lexikon, 9. Auflage, 1995, Eintrag "Zirkoniumdioxid".
VI. Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags (Patent wie erteilt) haben folgenden Wortlaut:
Anspruch 1:
"Rohling für die Herstellung zahnmedizinischer Rekonstruktionen, wie Brückengerüsten, Kappen oder Implantaten, dadurch gekennzeichnet, dass er aus einem ungesinterten oder nicht endgesinterten Keramikmaterial besteht und die Form einer runden oder quasi-runden Scheibe mit einem Durchmesser von grösser 50 mm aufweist."
Anspruch 8:
"Verfahren zur Herstellung eines Rohlings nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei aus diesem Rohling in mindestens einem spanabhebenden Vorgang auf einer Bearbeitungsstation zahnmedizinische Rekonstruktionen, wie Brücken, Kappen oder Implantate, hergestellt werden, dadurch gekennzeichnet, dass durch eine vollisostatische oder quasi-isostatische Pressung eines Keramik-Materials ein zylindrischer oder quasi-zylindrischer Pressling geformt wird, und dass aus dem so gefertigten Pressling rechtwinklig zu seiner Achse eine Vielzahl scheibenförmiger Rohlinge (3) verschiedener Dicken abgeschnitten werden."
VII. Hilfsanträge, unabhängige Ansprüche:
a) Hilfsantrag 1:
Die unabhängigen Ansprüche sind wie erteilt (lediglich umnummeriert).
b) Hilfsantrag 2:
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags folgende zusätzliche Merkmale (unterstrichen):
"Rohling für die Herstellung zahnmedizinischer Rekonstruktionen, wie Brückengerüsten, Kappen oder Implantaten über mindestens eine CAD/CAM-Bearbeitungsstation,
wobei der Rohling dadurch erhältlich ist, dass durch eine vollisostatische oder quasi-isostatische Pressung eines Keramik-Materials ein zylindrischer oder quasi-zylindrischer Pressling geformt wird und dass aus dem so gefertigten Pressling rechtwinklig zu seiner Achse eine Vielzahl scheibenförmiger Rohlinge (3) verschiedener Dicken abgetrennt werden".
Im unabhängigen Verfahrensanspruch (Anspruch 6) ist nun spezifiziert, dass "... aus diesem Rohling in mindestens einem spanabhebenden Vorgang auf einer CAD/CAM Bearbeitungsstation zahnmedizinische Rekonstruktionen, wie Brücken, Kappen oder Implantate, hergestellt werden...".
c) Hilfsantrag 3
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 durch folgende Änderungen:
"Rohling für die Herstellung zahnmedizinischer Rekonstruktionen, wie Brückengerüsten, Kappen oder Implantaten [deleted: über mindestens] mindestens über eine CAD/CAM-Bearbeitungsstation, dadurch gekennzeichnet, dass
er aus einem ungesinterten oder nicht endgesinterten Keramikmaterial besteht und die Form einer runden [deleted: oder] [deleted: quasi-runden] Scheibe mit einem Durchmesser von größer 50 mm aufweist,
wobei der Rohling dadurch erhältlich ist, dass durch eine vollisostatische oder quasi-isostatische Pressung des Keramik-Materials ein zylindrischer [deleted: oder quasi-zylindrischer] Pressling geformt wird und dass aus dem so gefertigten Pressling rechtwinklig zu seiner Achse eine Vielzahl scheibenförmiger Rohlinge (3) verschiedener Dicken abgetrennt werden".
Der Verfahrensanspruch (Anspruch 6) ist unverändert zum Verfahrensanspruch des Hilfsantrags 2.
d) Hilfsantrag 4
Zusätzlich zu Hilfsantrag 3 sind die Begriffe quasi-isostatisch (Gegenstandsanspruch und Verfahrensanspruch) und quasi-zylindrisch (Verfahrensanspruch) gestrichen.
e) Hilfsantrag 5:
Anspruch 1 enthält zusätzlich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 die Merkmale der erteilten Ansprüche 4 und 5 (konzentrische Eindrehung als Mittel für eine kraftschlüssige Einspannung des Rohlings). Der Verfahrensanspruch enthält das entsprechende Merkmal.
Anspruch 1 lautet:
Anspruch 1, Hilfsantrag 4 +
"...und wobei der Rohling in Umfangsrichtung Mittel (6) für seine kraftschlüssige Einspannung in einem Halterungswerkzeug (4) einer CAD/CAM-Bearbeitungsstation aufweist, wobei es sich bei dem Mittel (6) um mindestens eine konzentrische Eindrehung handelt"
Der Verfahrensanspruch (Anspruch 5) entspricht Anspruch 6 des Hilfsantrags 4 mit der folgenden Hinzufügung:
"...wobei der Rohling (3) bei zylindrischer Form in Umfangsrichtung eine konzentrische Eindrehung erhält".
f) Hilfsantrag 6
Anspruch 1 entspricht Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 mit der folgenden Änderung:
"...wobei es sich bei dem Mittel (6) um [deleted: mindestens] [deleted: eine] zwei konzentrische Eindrehungen handelt"
Der Verfahrensanspruch (Anspruch 5) entspricht Anspruch 5 des Hilfsantrags 5 mit der folgenden Änderung:
"...wobei der Rohling (3) bei zylindrischer Form in Umfangsrichtung [deleted: eine] zwei konzentrische Eindrehungen erhält".
g) Hilfsantrag 7:
Anspruch 1 ist eingeschränkt auf Rohlinge mit einem Durchmesser von mindestens 80 mm (das gilt durch den Rückbezug auch für den Verfahrensanspruch, der ansonsten unverändert ist), d.h. in Anspruch 1 ist "größer 50 mm" durch "mindestens 80 mm" ersetzt:
"...und die Form einer runden Scheibe mit einem Durchmesser von [deleted: grösser 50 mm] mindestens 80 mm aufweist, wobei..."
h) Hilfsantrag 8
Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 ist eingeschränkt auf ein Verfahren zur Herstellung von zahnmedizinischen Rekonstruktionen mit Bearbeitung an den planaren Flächen.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
i) Hilfsantrag 9:
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 entsprechen den unabhängigen Ansprüchen des Hilfsantrags 5 (dortige Ansprüche 1 und 5) mit folgenden zusätzlichen Merkmalen:
- das Keramikmaterial besteht aus einem Zirkonoxid
- der Rohling weist die Form einer runden Schiebe mit einem Durchmesser von mindestens 80 mm auf.
Der Verfahrensanspruch ist weiterhin durch das Merkmal an den Gegenstandsanspruch angepasst, wonach der Rohling bei zylindrischer Form in Umfangsrichtung mindestens eine konzentrische Eindrehung erhält.
j) Hilfsantrag 10
Die unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags 10 entsprechen denen des Hilfsantrags 9, mit der Beschränkung des Gegenstandsanspruchs (und damit auch des Verfahrensanspruchs) auf Rohlinge aus einem nicht endgesinterten Keramikmaterial, d.h. mit der Streichung der Alternative eines aus ungesintertem Keramikmaterial bestehenden Rohlings.
VIII. Zur Stützung ihrer Anträge haben die Beschwerdegegnerinnen im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Keine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
Eine Zurückverweisung des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge zur Behandlung der Frage einer mangelnden Ausführbarkeit sei nicht gerechtfertigt, da die Thematik bereits in Hinblick auf Hilfsantrag 3 vor der Einspruchsabteilung diskutiert worden sei. Zudem kenne das EPÜ kein absolutes Recht auf eine Behandlung einer Frage durch zwei Instanzen.
Auch eine Zurückverweisung aufgrund eines angeblichen schweren Verfahrensmangels komme nicht in Betracht.
Das Dokument S1, das angeblich verfahrensfehlerhaft zugelassen wurde, sei von der Beschwerdeführerin selbst in ihren Schriftsätzen bereits vor der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren argumentativ verwendet worden. Überdies habe die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung nach Anhörung der Beschwerdeführerin das Dokument in korrekter Ausübung ihres Ermessens in das Verfahren zugelassen, wobei der Beschwerdeführerin ausreichend Zeit zugestanden wurde, um sich mit den wenigen relevanten Seiten vertraut zu machen.
Auch ein Begründungsmangel sei nicht zu erkennen. Die relevanten Stellen der S1 seien in der Entscheidung genannt. Im Übrigen stützte sich die angeblich mangelhafte Begründung auch auf ein weiteres, unstreitig im Verfahren befindliches Dokument, so dass jedenfalls kein für die Entscheidung kausaler Verfahrensmangel vorliege.
Die Anträge auf eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung, oder eine Erstattung der Beschwerdegebühr seien daher abzulehnen.
Zulassung der Dokumente B25 bis B28 in das Verfahren
Die Dokumente B25 bis B28 seien nicht in das Verfahren zuzulassen, da sie bereits auf den ersten Blick nicht relevant seien. Keines der Dokumente betreffe die Herstellung zahnmedizinischer Rekonstruktionen oder die Herstellung von Rohlingen der beanspruchten Größe. B26 sei zudem als Firmenbroschüre nicht geeignet zum Nachweis des allgemeinen Fachwissens. Dass, wie in B25 geschehen, ein Mitarbeiter der Beschwerdeführerin erkläre, er habe Jahre nach der Einreichung der ursprünglichen Anmeldung die Erfindung nacharbeiten können, stelle keinen Nachweis dafür dar, dass dies dem Durchschnittsfachmann zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung möglich gewesen sei. Überdies beabsichtige der Beschwerdegegner 12, das in B25 beschriebene Herstellungsverfahren kritisch nachzuarbeiten und zu überprüfen. Eine Nacharbeitung der Lehre des Patents sei aufgrund der spärlichen Angaben bislang nicht möglich gewesen. Für die Nacharbeitung des in B25 beschriebenen Verfahrens habe die Zeit vor der mündlichen Verhandlung jedoch nicht ausgereicht, so dass im Falle einer Zulassung von B25 eine Vertagung beantragt werden müsse.
Mangelnde Ausführbarkeit
Das Patent betreffe einen Rohling bzw. ein Verfahren zu dessen Herstellung, wobei der Rohling eine ganz bestimmte Eignung für eine spanende Bearbeitung zur Herstellung zahnmedizinischer Rekonstruktionen aufweisen müsse. Diese Eignung erfordere unabdingbar, siehe Paragraph [0008] der Patentschrift, eine homogene definierte physikalische Struktur der Rohlinge, durch die die Schrumpfung beim Endsinterprozess im Zusammenhang mit den hergestellten Zahnrekonstruktionen exakt im Voraus feststehe. Obwohl das zu verwendende Material und dessen Verarbeitung zum Erreichen dieser Eigenschaften entscheidend sei, finde sich in der Patentschrift kein einziges Ausführungsbeispiel. Auch fehlten Angaben über die chemische Zusammensetzung, die Korngröße des Pressgranulats, das zu verwendende Bindemittel, eventuelle Zusatzstoffe, die beim vorgeschlagenen isostatischen Pressen anzuwendenden Drücke, Aufheizraten, Haltezeiten und Kompressionsraten. Dies sei umso erstaunlicher, als das Patent selbst im Zusammenhang mit dem Stand der Technik gemäß P21 von einer "aus Herstellungsgründen kurzen Länge" spreche und bezüglich der eigenen Rohlinge, siehe B9, Seite 1, von der Notwendigkeit einer mehrjährigen Forschungs- und Entwicklungsarbeit. Zudem werde, siehe S9, Seite 409, von einem aufwändigen Herstellungsverfahren zur Optimierung und Homogenisierung des kristallinen Gefüges berichtet. Wie in B17 zugestanden, hätten die Erfinder jedoch gar nicht über die entsprechenden Kenntnisse verfügt, sondern sich zur Herstellung der Rohlinge an die Firma Metoxit gewandt. Auch sei in B17 die Rede von einer "Entwicklung der Rohlinge". Es sei daher davon auszugehen, dass zur Herstellung der Rohlinge weitere, im Patent nicht genannte Informationen erforderlich seien, die den Erfindern selbst schlichtweg nicht bekannt waren. Das erforderliche Wissen sei also das interne Wissen einer Spezialfirma gewesen, und gehöre somit nicht zum allgemeinen Fachwissen. Angesichts dieser massiven, durch Äußerungen der beschwerdeführenden Patentinhaberin selbst genährten Zweifel an der Ausführbarkeit allein aus dem zum Anmeldezeitpunkt bestehenden Fachwissen heraus obliege es im vorliegenden Falle der Beschwerdeführerin, diese Zweifel zu zerstreuen.
Die zum Nachweis des allgemeinen Fachwissens eingereichte Druckschrift B27 bleibe jedoch sehr allgemein, ohne jeden Bezug zu einer Herstellung zahnmedizinischer Rekonstruktionen. Weder werde das mechanische Verhalten der Presslinge einer bestimmten Größe thematisiert, noch die Homogenität der physikalischen Struktur oder das Schrumpfverhalten. Auch die genannten Ausgangsmaterialien und zu verwendenden Verfahrensparameter würden nur wenig spezifiziert, so dass der Fachmann, um das Patent nachzuarbeiten, letztlich aus einer Vielzahl möglicher Stellgrößen auswählen müsse, um einen Rohling zu erzeugen, von dem dann noch zu überprüfen sei, ob die beanspruchte Eignung überhaupt bestehe. Dies stelle einen Forschungsauftrag dar, nicht aber eine nacharbeitbare Lehre.
B26 offenbare zwar bestimmte Zirkonoxid-Pulver. Es sei jedoch völlig unklar, warum der Fachmann ausgerechnet diese Pulver als Ausgangsmaterial zur Herstellung der Rohlinge auswählen solle. Tatsächlich seien die in B26 genannten Pulver explizit für das uniaxiale Pressen, nicht aber für isostatisches Pressen entwickelt worden. Sie würden außerdem bei einem anderen Temperaturbereich gesintert, als in der Patentschrift angegeben. Der Fachmann hätte B26 daher gar nicht erst berücksichtigt.
Die Angaben in der Patentschrift seien somit, selbst unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin zum Nachweis des allgemeinen Fachwissens eingereichten Unterlagen, nicht ausreichend, um die Erfindung auszuführen. Das Patent sei daher zu widerrufen.
Diese Argumentation gelte auch für alle Hilfsanträge, da bei der Ausführung des dort beanspruchten Gegenstands bzw. Verfahrens ebenfalls nicht ausreichend offenbart sei, wie ein Rohling mit der beanspruchten spezifischen Eignung hergestellt werden könne.
IX. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
Die Einspruchsabteilung habe im Einspruchsverfahren keine Entscheidung zur Frage der Ausführbarkeit des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 getroffen. Die Sache solle daher an die Einspruchsabteilung zur Prüfung des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 b) EPÜ zurückverwiesen werden.
Bezüglich Hilfsantrag 4 habe die Einspruchsabteilung durch Zulassung des verspäteten Dokuments S1 während der mündlichen Verhandlung der Beschwerdeführerin keine Möglichkeit gegeben, zu den darauf basierenden Argumenten adäquat Stellung zu nehmen. Dies stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Zudem sei die angeblich fehlende erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 nicht ausreichend begründet. Diese schweren Verfahrensmängel rechtfertigten eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr und ebenfalls eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung.
Zulassung der Dokumente B25 bis B28
Bei der Prüfung der Ausführbarkeit der Erfindung sei das allgemeine Fachwissen zu berücksichtigen. Dazu seien die Dokumente B27 und B28 als Kopien aus allgemein anerkannten Lehrbüchern, sowie B26 als Produktbroschüre eines kommerziell erhältlichen Keramikpulvers geeignet und sollten daher in das Verfahren zugelassen werden.
B25 zeige lediglich, dass, unter Verwendung des Keramikpulvers aus B26 und unter Einhaltung der in den Lehrbüchern B26, B27 offenbarten Verfahren und Verfahrensparameter, ein Rohling wie beansprucht hergestellt werden könne. B25 solle daher ebenfalls in das Verfahren zugelassen werden.
Ausführbarkeit
Bei einem erteilten Patent sei zunächst von seiner Ausführbarkeit auszugehen. Es obliege der Einsprechenden, Nachweise für die angebliche Nicht-Ausführbarkeit zu erbringen. Dies sei bisher in keiner Weise erfolgt.
Dagegen zeige B27, dass es sich beim isostatischen Pressen um ein übliches Verfahren handle, insbesondere für "dicke" Keramikprodukte. Dort seien auch die beim isostatischen Pressen zu verwendenden Druckparameter, sowie die Dekompressionsrate erwähnt. Bezüglich der zu verwendenden Pulver werde auf Seite 350, zweiter Absatz, zweiter Satz darauf verwiesen, dass ganz ähnliche Pulver wie beim axialen Pressen zur Anwendung kämen. Der Passage des Lehrbuchs zum axialen Pressen könne somit auch die übliche Korngröße, die zu verwendenden Bindemittel und ihr Gehalt entnommen werden. Dass bei Zirkonoxid üblicherweise ein Stabilisierungsmittel zu verwenden sei, sei dem Fachmann, wie durch B28 belegt, ebenfalls bekannt. Der Fachmann hätte somit keinerlei Schwierigkeiten unter Verwendung eines kommerziell erhältlichen Zirkonoxid Pulvers, siehe B26, und der im allgemeinen Fachwissen üblichen Verfahren und Verfahrensparameter zu den beanspruchten Rohlingen zu gelangen.
Insbesondere gebe es auch keinen wesentlichen technischen Unterschied zwischen der Herstellung von zahnmedizinischen Produkten und sonstigen Keramikkörpern. Allenfalls seien kleinere Anpassungen der in B27 offenbarten Verfahren vorzunehmen, die jedoch als Routinemodifikationen anzusehen seien, die der Fachmann im Rahmen seines fachmännischen Handelns ausführe.
Auch wenn die Erfinder als Zahnmediziner bzw. Zahntechniker sich zur Herstellung der Rohlinge an eine spezialisierte Firma gewandt hätten, bedeute dies nicht, dass die Herstellung der Rohlinge nicht im Rahmen des allgemeinen Fachwissens, wie durch B26-B28 belegt, möglich gewesen sei.
Die Erfindung sei somit im Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.
Diese Argumentation treffe in gleicher Weise auch für die Hilfsanträge zu.
Entscheidungsgründe
1. Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Behandlung des Einspruchsgrunds nach Artikel 100 b) EPÜ (Hauptantrag, Hilfsanträge 1-3)
Die Einspruchsabteilung war zu dem Schluss gekommen (Entscheidung, Punkt 37), dass das Patent wie erteilt aufgrund einer unzulässigen Erweiterung nicht aufrechterhalten werden könne. Der Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ wurde von der Einspruchsabteilung erst in Zusammenhang mit dem Hilfsantrag 3 behandelt (Entscheidung, Punkt 43).
Da die Einspruchsabteilung nicht geprüft habe, ob die erteilten Ansprüche die Voraussetzungen der Artikel 54, 56 und 83 EPÜ erfüllen, beantragt die Beschwerdeführerin die Sache zur weiteren Prüfung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
Wie bereits in der Mitteilung vom 31. Juli 2019 ausgeführt (Punkt 5.2), sieht die Kammer keinen Grund für eine Zurückverweisung insbesondere zur Frage der Ausführbarkeit der Erfindung.
Die Einspruchsabteilung und die Parteien haben sich während der mündlichen Verhandlung bei der Diskussion des Hilfsantrags 3 bereits mit dem Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ auseinandergesetzt (a.a.O). Diese Diskussion lässt sich, da die Fakten insoweit gleich sind, auf den Hauptantrag übertragen. Die Kammer sieht daher keinen Grund für eine Zurückverweisung. Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass das EPÜ kein absolutes Recht auf die Behandlung einer Sachfrage durch zwei Instanzen kennt.
2. Antrag auf Zurückverweisung des Hilfsantrags 4 wegen eines angeblichen schweren Verfahrensfehlers
a) Einführung der S1 in das Verfahren während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung
Es ist streitig, ob S1 bereits durch die Bezugnahme der Beschwerdeführerin auf dieses Dokument im Schriftsatz vom 12. Oktober 2012, Seite 18 im Verfahren war. Selbst wenn dies zu verneinen wäre, so hätte die Einspruchsabteilung ein Ermessen, verspätet vorgebrachte Dokumente in das Verfahren zuzulassen. Dieses Ermessen hat die Einspruchsabteilung nach Anhören der Parteien (Niederschrift, Seiten 24-26) unter Abwägen der vorgebrachten Argumente ausgeübt und die Zulassung von 6 Seiten des Dokuments in das Verfahren begründet (Entscheidung, Punkt 45). Der Beschwerdeführerin wurden anschließend 35 Minuten eingeräumt, um sich mit dem Inhalt der zugelassenen Seiten auseinanderzusetzen (Niederschrift, Seite 26, letzte 6 Zeilen). Die Kammer kann nicht erkennen, dass das Ermessen nach den falschen Kriterien oder in unangemessener Weise ausgeübt worden wäre (s. G 7/93, Punkt 2.6 der Entscheidungsgründe) und dass die Zulassung der S1 eine Verletzung des rechtlichen Gehörs begründen würde.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich die Begründung zum Nicht-Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit in Punkt 46 der Entscheidung nicht nur auf die Kombination mit der Offenbarung der S1, sondern in gleicher Weise auch auf die Kombination mit der Offenbarung der P6 stützt. Somit wäre selbst bei Nicht-Zulassung der S1 keine andere Entscheidung zu treffen gewesen. Der angebliche Verfahrensmangel ist somit zumindest nicht kausal für die getroffene Entscheidung und damit nicht wesentlich im Sinne der Regel 103(1)(a) EPÜ.
b) Angeblicher Begründungsmangel in der Entscheidung
Die Beschwerdeführerin sieht einen Begründungsmangel darin, dass die Einspruchsabteilung auf Seite 44, 7. Absatz der Entscheidung lediglich auf eine "weitgehend" aus dem Stand der Technik, z.B. aus S1, P6 bekannte Lösung verweist, ohne anzugeben, welche Passagen dieser Dokumente sie für relevant hält, oder ihre Entscheidung in sonstiger Weise zu begründen. Allerdings kann die beanstandete Passage nicht isoliert von der übrigen Diskussion zur erfinderischen Tätigkeit in Punkt 46 der Entscheidung gesehen werden. Hier nennt die angefochtene Entscheidung in Zusammenschau mit dem Vorbringen der Einsprechenden die relevante Lehre der Dokumente S1 und P6 (vgl. z.B. erster Absatz von Punkt 46 der Entscheidung oder Seite 42, erster Absatz). Aus dem Kontext der Entscheidung wird somit klar, welche Passagen der Dokumente gemeint sind.
2.1.2 Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspricht daher weder der Billigkeit, noch ist eine Zurückverweisung aufgrund eines wesentlichen Verfahrensmangels an die Einspruchsabteilung gerechtfertigt.
3. Zulassung /Nicht-Zulassung der Dokumente B25-B28
Die Dokumente B25-B28 wurden mit Schreiben vom 9. September 2019 nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereicht. Ihre Zulassung unterliegt daher dem Ermessen der Kammer gemäß Artikel 13(1) und (3) VOBK.
B27 und B28 sind Artikel aus einem Fachbuch bzw. einem Lexikon und als Beleg des allgemeinen Fachwissens in das Verfahren zuzulassen. B26 ist ein Produktdatenblatt, wobei das Produkt als Ausgangsprodukt für Keramik käuflich zu erwerben war. Die Kammer geht hier zu Gunsten der Beschwerdeführerin davon aus, dass ein Fachmann, in der Absicht einen der Rohlinge aus dem bevorzugten Material Zirkonoxid herzustellen, die kommerziell verfügbaren Ausgangsmaterialien angesehen und das in B26 beschriebene Produkt zumindest in Erwägung gezogen hätte. Vor diesem Hintergrund wird auch B26 in das Verfahren zugelassen.
B25 dagegen stellt eine experimentelle Untersuchung dar. Der Beschwerdegegner 12 hat vorgebracht, dass er diese Untersuchung kritisch nacharbeiten und ggf. die Ergebnisse erschüttern wolle. Dies sei ihm in der kurzen Zeit seit Einreichung der B25 nicht möglich gewesen. Die Nacharbeitung einer experimentellen Untersuchung ist eine übliche Vorgehensweise, um sich mit den auf ihr beruhenden Argumenten auseinanderzusetzen und zu ihnen Stellung zu nehmen. Dies zu tun ist das Recht einer Partei und wird durch Artikel 113(1) EPÜ garantiert. Ein Zeitraum von einem Monat ist für eine derartige Untersuchung eine relativ kurze Zeit. Der Antrag auf Verlegung der Verhandlung für den Fall der Zulassung der Untersuchung B25 wäre daher gerechtfertigt. Da den Beteiligten die Behandlung der B25 somit ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist, ist B25 gemäß Artikel 13(3) VOBK nicht zuzulassen.
4. Ausführbarkeit - Hauptantrag
4.1.1 Gemäß Artikel 101(2) und 100 b) EPÜ ist das Patent zu widerrufen, wenn es die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
4.1.2 Anspruch 1 des Patents wie erteilt ist gerichtet auf einen Rohling für die Herstellung zahnmedizinischer Rekonstruktionen, wie Brückengerüste, Kappen oder Implantate. Der Rohling besteht aus einem ungesinterten oder nicht endgesinterten Keramikmaterial und weist die Form einer runden oder quasi-runden Scheibe mit einem Durchmesser von größer 50 mm auf. Der Verfahrensanspruch ist auf die Herstellung eines Rohlings gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche gerichtet und definiert ebenfalls, dass aus diesem Rohling in mindestens einem spanabhebenden Vorgang auf einer Bearbeitungsstation zahnmedizinische Rekonstruktionen wie Brücken, Kappen oder Implantate hergestellt werden.
4.1.3 Die anspruchsgemäße Eignung erfordert somit, dass das ungesinterte oder nicht endgesinterte Material ausreichend mechanisch stabil ist, um die spanabhebende Bearbeitung zu ermöglichen. Im Falle des Verfahrensanspruchs muss zudem das Abschneiden einer Vielzahl scheibenförmiger Rohlinge von einem Pressling mit Durchmesser größer 50 mm möglich sein.
Nach der spanenden Bearbeitung, bei der ein um die zu erwartende Schrumpfung des Materials beim Endsintern vergrößerter Zahnersatz hergestellt wird, wird das Material endgesintert. Damit die Schrumpfung beim Endsinterprozess im Zusammenhang mit dem hergestellten Zahnrekonstruktionen exakt im Voraus feststeht, ist eine homogene definierte physikalische Struktur der Rohlinge Voraussetzung (Patent, Paragraph [0008], Zeilen 54 ff). Diese homogene Struktur muss unabhängig vom Sektor des Rohlings sein, da bei nicht maßstabgerechtem oder ungleichmäßigem Schrumpfen der Bauteile diese nach dem Sintern unbrauchbar wären (Erklärung von Herrn Gubler vom 25. Mai 2019, Seite 2, vorletzter Absatz).
4.1.4 Die Beschwerdegegnerinnen haben vorgebracht, dass das Patent keine ausreichenden Informationen enthalte, die es dem Fachmann ermöglichten, einen Rohling mit den anspruchsgemäßen Eigenschaften, insbesondere mit der oben diskutierten Eignung (s. Punkt 4.1.3), herzustellen.
So fehlten Informationen zum verwendeten Material, zur chemischen Zusammensetzung, zu Korngröße, Stabilizer und Bindemittel des zur Herstellung der Rohlings verwendeten Keramik-Pulvers, sowie Informationen zu den insbesondere beim Pressen verwendeten Parametern (Druck, Druckaufbau, Haltezeiten, Temperatur, Dekompressionsraten). Dies sei umso erstaunlicher, als im Patent selbst in Zusammenhang mit dem Stand der Technik (P21) auf eine "aus Herstellungsgründen kurze Länge" der Rohlinge verwiesen werde, und die nun beanspruchten Rohlinge als Produkt eines aufwendigen, mittels mehrjähriger Forschung gefundenen Herstellungsverfahrens beschrieben würden. Allerdings gestünden die Erfinder, vgl. B17, dritter Absatz, sogar zu, dass sie gar nicht über Möglichkeiten zur Herstellung von Rohlingen verfügt, sondern dazu mit einem externen Kooperationspartnern, nämlich der Firma Metoxit AG zusammengearbeitet hätten. Die zur Ausführung der Erfindung nötigen Informationen seien somit internes Wissen einer auf Dentalkeramik spezialisierten Firma gewesen und nicht Teil des allgemeinen Fachwissens.
Die Beschwerdeführerin war dagegen der Ansicht, dass die Angaben im Patent unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens wie in B26-B28 offenbart ausreichend seien, um die beanspruchten Rohlinge herzustellen. Im Übrigen obliege es den Beschwerdegegnerinnen ausreichende Argumente oder Versuche beizubringen, um die Ausführbarkeit des Patents zu erschüttern. Dies sei nicht geschehen.
4.1.5 Es ist richtig, dass für ein geprüftes und erteiltes Patent zunächst die Vermutung gilt, dass Ausführbarkeit gegeben ist. Es trifft auch zu, dass es den Einsprechenden (jetzt Beschwerdegegnerinnen) obliegt, diese Vermutung zu erschüttern. Dies kann insbesondere durch Nacharbeiten der Lehre des Patents geschehen. Die Beschwerdegegnerinnen haben vorgebracht, dass ihnen dies jedoch aufgrund der zu geringen Informationen im Patent gar nicht möglich gewesen sei.
In der Tat sind die Informationen zur Herstellungsweise des Rohlings im Patent äußerst spärlich und erschöpfen sich im Wesentlichen in folgenden Punkten:
- der Rohling besteht aus einem Keramikmaterial (Anspruch 1, Paragraph [0005])
- das Keramik-Material kann Zirkonoxid sein (Paragraph [0019])
- das Keramik-Material besteht aus einem scheiben- oder puckförmigen Rohling, welcher seinerseits aus einem Pressling gewonnen wird, das [sic] bei vollisostatischer oder quasi-isostatischer Pressung entsteht (Paragraph [0006]).
Lediglich in Zusammenhang mit der nach der spanenden Bearbeitung durchzuführenden Sinterung werden weitere Informationen gegeben (Patent, Paragraph [0019]), z.B. zum zu verwendenden Ofen, der zu verwendenden Temperatur, der Dauer und des zu erreichenden spezifischen Gewichts einer zahnmedizinischen Rekonstruktion bei der Sinterung.
Ein spezifisches Ausführungsbeispiel zur Herstellung der beanspruchten Rohlinge gibt es nicht.
4.1.6 Dagegen sagt das Patent bezüglich der Rohlinge des dort genannten Stands der Technik (P21) aus, dass diese "aus Herstellungsgründen" eine kurze Länge aufweisen (Paragraph [0003]). Eine Information, wie diese "Herstellungsgründe" überwunden werden können, um zu längeren oder größeren Rohlingen zu gelangen, wird nicht gegeben.
Auch die Beschwerdeführerin selbst weist auf eine erst nach "mehrjähriger Forschung und Entwicklungszeit" gelungene Marktreife des Produkts Xawex-Zirkonoxid (B9, Seite 1, mittlere Spalte) bzw. auf die notwendige Optimierung und Homogenisierung des kristallinen Gefüges im teilgesinterten Zustand "dank eines aufwändigen Herstellungsverfahrens" (S9, Seite 409, rechte Spalte, letzter Absatz) hin. Dazu passend spricht die Beschwerdeführerin diesbezüglich in B17 (Seite 2, dritter Absatz) auch von einer noch nicht abgeschlossenen "Entwicklung der Rohlinge". Diese Hinweise sind dazu geeignet, Zweifel an der Verfügbarkeit eines Herstellungsverfahrens für einen Rohling mit der beanspruchten Eignung (vgl. Punkt 4.1.3) im zum Anmelde- oder Prioritätszeitpunkt zugängigen allgemeinen Fachwissen zu wecken.
4.1.7 Damit begründet bereits der Vortrag der Beschwerdeführerin Zweifel daran, dass die aus dem Patent zu entnehmenden spärlichen Informationen zusammen mit dem allgemeinen Fachwissen ausreichen, um den Fachmann dazu in die Lage zu versetzen, die beanspruchte Lehre auszuführen.
4.1.8 Die Ausführbarkeit der Erfindung läge deshalb nur vor, wenn die beanspruchte Lehre zum technischen Handeln bereits dem allgemeinen Fallwissen in solcher Deutlichkeit zu entnehmen wäre, dass die wenigen weiteren Hinweise in der Patentschrift die Ausführbarkeit der Erfindung begründen könnten.
4.1.9 Die Beschwerdeführerin hat zum Nachweis des
allgemeinen Fachwissens die in das Verfahren zugelassenen Dokumente B26-B28 vorgelegt.
B27 behandelt allgemein die Herstellung von Keramik-Rohlingen durch Pressen. Die Produktpalette reicht dabei von keramischen Isolatoren für Hochspannung bis zu Produkten zur schleifenden Bearbeitung (Seite 350, erster Absatz, vorletzter Satz). Rohlinge für zahnmedizinische Produkte werden nicht erwähnt. Hinweise auf eine mechanische Festigkeit, die große nicht oder nur teilweise gesinterter Rohlinge für die spanende Bearbeitung geeignet machen oder auf eine exakt vorausbestimmbare Schrumpfung finden sich ebenfalls nicht. Entsprechend der breiten Produktpalette sind auch die genannten Parameter für die Pressung sehr allgemein gehalten (bis 200 MPa, bis 500 MPa). Hinsichtlich der beim isostatischen Pressen zu verwendenden Pulver wird zwar ausgesagt, dass diese sehr ähnlich denen für das trockene Pressen seien, jedoch "mit weicheren Körnern" (Seite 350, zweiter Absatz). Ähnlich unspezifisch bleiben die Angaben zur Korngröße (B27, Figur 20.3) und zu den Bestandteilen der "sehr ähnlichen" Pulver (Seite 331, letzter Absatz - Seite 332). Insgesamt finden sich in B27 breite Parameterbereiche, sowie allgemeine Hinweise für insbesondere das axiale aber auch das isostatische Pressen, aus denen der Fachmann jeweils eine Auswahl treffen müsste, um einen bestimmten Rohling zu erzeugen. Anschließend wäre jeweils zu überprüfen, ob der gewonnene Rohling die beanspruchte Eignung (s. Punkt 4.3.3) besitzt. Dieser Prozess wäre so lange zu wiederholen, bis ein entsprechend geeigneter Rohling produziert wurde. Dies ist jedoch in der Tat ein Forschungsprogramm, nicht aber eine ausführbare Lehre und stellt eine unzumutbare Hürde für die Ausführung des Patents dar.
Zwar würde sich der Fachmann eventuell auf Zirkoniumoxid als bevorzugtes Material für den Rohling konzentrieren. Warum er dabei aber ausgerechnet das in B26 offenbarte, kommerziell erhältliche Pulver verwenden sollte, ist nicht ersichtlich. Einen Verweis in B27 auf ein derartiges Pulver gibt es nicht. Außerdem ist das Pulver explizit für ein uni-axiales Pressverfahren entwickelt worden ("especially designed for uni-axial pressing"), während der Fachmann der Lehre des Patents folgend ein isostatisches oder quasi-isostatisches Pressverfahren auszuführen trachtet. Auch bezüglich der Sintertemperatur weicht die Angabe in B26 von der Angabe in Paragraph [0019] des Patents ab.
Aus den Ausführungen eines der Erfinder (B17, 3. Abschnitt) ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin selbst nicht über Möglichkeiten zur Herstellung der Rohlinge verfügte. Es überrascht daher nicht, dass sich im Patent kaum Angaben zur Herstellung der Rohlinge finden. Die vorgelegten Dokumente B26-B28 vermögen allerdings nicht zu belegen, dass ein Fachmann zum Einreichungszeitpunkt über das zur Herstellung der beanspruchten Rohlinge (mit der oben diskutierten Eignung) notwendige Fachwissen verfügt hat.
4.1.10 Der Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegen.
5. Hilfsanträge - mangelnde Ausführbarkeit
Die Argumentation unter obigem Punkt 4 trifft auch für die Hilfsanträge zu, da sie entweder einen Rohling wie bereits diskutiert betreffen, oder auf das Herstellungsverfahren der isostatischen Pressung oder auf Zirkonoxid als Material eingeschränkt sind (bereits diskutiert), oder andere strukturelle Modifikationen des Rohlings betreffen (Eindrehungen) für die es jedoch ebenfalls zunächst erforderlich ist, einen derartigen Rohling zu gewinnen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.