T 0714/17 () of 17.6.2021

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2021:T071417.20210617
Datum der Entscheidung: 17 Juni 2021
Aktenzeichen: T 0714/17
Anmeldenummer: 09743840.2
IPC-Klasse: F16F 15/134
F16F 15/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: DÄMPFUNGSEINRICHTUNG MIT FLIEHKRAFTPENDEL
Name des Anmelders: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Name des Einsprechenden: Valeo Embrayages
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention R 103(1)(a)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0002/10
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einsprechende (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, den Einspruch gegen das Streitpatent zurückzuweisen.

II. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand der Ansprüche in der erteilten Fassung neu und erfinderisch sei.

III. Es fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, die als Videokonferenz durchgeführt wurde.

IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Weiterhin beantragte sie die Rückerstattung der Beschwerdegebühr wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Anspruch 1 des einzigen Antrags der Beschwerdegegnerin (Patent wie erteilt) lautet wie folgt:

"1. Dämpfungseinrichtung (1) mit zwei entgegen der Wirkung zumindest eines in einem radial außen angeordneten Ringraum (15) untergebrachten Energiespeichers (12) begrenzt gegeneinander verdrehbaren und aufeinander gelagerten Schwungmassen (27, 28) und einem einer Schwungmasse (28) wirksam zugeordneten Fliehkraftpendel (3) mit mehreren über den Umfang verteilten Pendelmassen (4), dadurch gekennzeichnet, dass die Pendelmassen (4) radial innerhalb und innerhalb des axialen Bauraums des Ringraums (15) radial außen begrenzt verschwenkbar an einem mit der Schwungmasse (28) wirksam verbundenen Aufnahmeprofil (8) mittels Wälzkörpern (6) abgestützt sind."

Folgende Merkmalsgliederung des Anspruchs 1 liegt den unten stehenden Ausführungen zugrunde:

[1] Dämpfungseinrichtung (1) mit

[2] zwei Schwungmassen (27, 28),

[2.1] die aufeinander gelagert sind und

[2.2] die begrenzt gegeneinander verdrehbar sind,

[2.3] und zwar entgegen der Wirkung zumindest eines Energiespeichers (12),

[2.4] der in einem radial außen angeordneten Ringraum (15) untergebracht ist,

und

[3] einem Fliehkraftpendel (3),

[3.1] das einer Schwungmasse (28) wirksam zugeordnet ist und

[3.2] mehrere über den Umfang verteilte Pendelmassen (4) aufweist,

wobei

[4] die Pendelmassen (4) mittels Wälzkörpern (6)

[4.1] radial innerhalb [des Ringraums],

[4.2] innerhalb des axialen Bauraums des Ringraums

abgestützt sind;

dabei sind die Pendelmassen (4) mittels der Wälzkörper

[4.3] radial außen

[4.4] begrenzt verschwenkbar

[4.5] an einem mit der Schwungmasse (28) wirksam verbundenen Aufnahmeprofil (8)

abgestützt.

VI. In der vorliegenden Entscheidung wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D1|DE 196 09 553 |

D2|DE 102 24 874 A1 |

D3|DE 10 2004 011 830 A1|

D7|DE 196 54 894 B4 |

VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit für die Entscheidung relevant, lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Neuheit

Die Entgegenhaltung D3 offenbare sämtliche Merkmale des

Anspruchs 1, sodass dieser nicht neu sei.

Erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei ausgehend von D1, D2, D3 oder D7 für den Fachmann nahegelegt gewesen.

Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspreche wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit, da die angefochtene Entscheidung auf Gründen basiere, zu denen sich die Einsprechende (Beschwerdeführerin) nicht habe äußern können, sodass ihr rechtliches Gehör verletzt worden sei.

VIII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin, soweit für die Entscheidung relevant, lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Neuheit

Die Entgegenhaltung D3 offenbare nicht die Merkmale [4.1] und [4.3], sodass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber D3 sei.

Erfinderische Tätigkeit

Der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, ausgehend von D1, D2, D3 oder D7 die darin jeweils offenbarte Dämpfungseinrichtung derart umzugestalten, dass er zu einer Dämpfungseinrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatents gelangt.

Entscheidungsgründe

1. Neuheit

1.1 Die Entgegenhaltung D3 offenbart in den Absätzen [0019]-[0024] und den Figuren 1-3 unstreitig eine (Bezugnahmen in runden Klammern beziehen sich auf D3)

[1] Dämpfungseinrichtung mit

[2] zwei Schwungmassen (3, 4),

[2.1] die aufeinander gelagert sind und

[2.2] die begrenzt gegeneinander verdrehbar sind

[2.3] und zwar entgegen der Wirkung zumindest eines Energiespeichers (11),

[2.4] der in einem radial außen angeordneten Ringraum untergebracht ist,

und

[3] einem Fliehkraftpendel,

[3.1] das einer Schwungmasse (3) wirksam zugeordnet ist und

[3.2] mehrere über den Umfang verteilte Pendelmassen (34) aufweist,

wobei

[4] die Pendelmassen (34) mittels Wälzkörpern (30)

[4.3] radial außen

[4.4] begrenzt verschwenkbar

[4.5] an einem mit der Schwungmasse (3) wirksam verbundenen Aufnahmeprofil (28)

abgestützt sind.

1.2 Hinsichtlich des Merkmals [4.1] enthält die D3 zum einen in Absatz [0004] und Anspruch 1 eine allgemeine Offenbarung, die es offen lässt, wo in Bezug auf den Ringraum die Abstützung der Pendelmassen erfolgt. Zum anderen offenbart die D3 in Absatz [0010] und Anspruch 7 (siehe auch Figur 3) eine bevorzugte Ausführungsform, in der die Abstützung der Pendelmassen (34) radial außerhalb des Ringraums erfolgt.

1.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte mit Verweis auf die Entscheidung G 2/10, dass die einzig andere mögliche Alternative zu der in Absatz [0010] und Anspruch 7 offenbarten bevorzugten Ausführungsform darin bestehe, dass sich die Pendelmassen radial innerhalb des Ringraums befinden. Es handle sich folglich um eine binäre Wahl, wobei die andere, nicht ausdrücklich in D3 beschriebene Alternative als von D3 offenbart angesehen werden sollte.

1.4 Die von der Beschwerdeführerin zitierte Entscheidung G 2/10 befasst sich im Allgemeinen mit der Frage der Zulässigkeit von Disclaimern unter Artikel 123 (2) EPÜ. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Frage, welcher Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zuzuschreiben ist. Die hierzu aufgestellten Grundsätze gelten gleicher­maßen für die Frage, welcher Offenbarungsgehalt einem Dokument des Standes der Technik zuzuschreiben ist, da das europäische Patentsystem in sich geschlossen sein muss und für die Zwecke der Artikel 54, 87 und 123 EPÜ dasselbe Offenbarungskonzept zugrunde zu legen ist (vgl. Punkt 4.6 der Entscheidungsgründe).

Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin bemühten logischen Schlussfolgerungen stellt die Entscheidung unter Punkt 4.5.3 der Entscheidungsgründe fest:

"Es gelten auch keine sogenannten Gesetze der Logik, wonach bei einer Anmeldung, die eine allgemeine Lehre und spezifische Ausführungsformen, Gruppen solcher Ausführungsformen oder Bereiche offenbart, implizit auch potenzielle Ausführungsformen oder Zwischen­verallgemeinerungen, die unter die allgemeine Lehre fallen (aber nicht als solche in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung offenbart sind) zwangsläufig mit offenbart würden."

Potenzielle, aber nicht als solche im Dokument offenbarte Ausführungsformen (wie im vorliegenden Fall die Abstützung der Pendelmassen radial innerhalb des Ringraums), die unter die allgemeine Lehre fallen (im vorliegenden Fall die des Absatzes [0004] und des Anspruchs 1), sind also nicht zwangsläufig mit offenbart.

Tatsächlich erforderlich ist dagegen eine Beurteilung aller technischen Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. Punkt 4.5.4 der Entscheidungsgründe).

1.5 Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der D3 um die Offenbarung einer Dämpfungseinrichtung in Form eines Zweimassenschwungrads. Ein solches Zweimassenschwungrad weist eine Vielzahl von Komponenten auf, die miteinander in Wirkbeziehung stehen. Im Allgemeinen sind dabei zwei Schwungmassen entgegen dem Widerstand von Energiespeichern relativ zueinander verdrehbar gelagert, um eine Antriebsleistung einer Brennkraftmaschine über eine Primärschwungmasse, die Energiespeicher und eine Sekundärschwungmasse an eine Eingangswelle eines Getriebes zu leiten.

Bei der konkret in den Abätzen [0010] sowie [0019]-[0024] und den Figuren 1-3 offenbarten Ausführungs­form ist die Primärschwungmasse 3 an einer Antriebswelle 2 einer Brennkraftmaschine befestigt und auf einer Lagerung 8 gelagert, und greift antriebsseitig mittels eines Beaufschlagungsbereichs 15 die Energiespeicher 11 ein, die in einem Ringraum untergebracht sind. Abtriebsseitig wirken die Energiespeicher 11 auf Beaufschlagungsbereiche 14 und 16 der Sekundär­schwungmasse 4, welche ebenfalls auf der Lagerung 8 gelagert ist. Radial außerhalb des Ringraums sind Pendelmassen 34-38 auf Wälzkörper­führungs­schalen 28 abgestützt. Der Bereich radial innerhalb des Ringraums ist durch weitere Bauteile belegt, wie beispielsweise das flanschartige Beaufschlagungsteil 20, das sich von der Lagerung 8 radial nach außen erstreckt und die Energiespeicher 11 eingreift, sowie die Lagerung und Befestigung der Schwungmassen, insbesondere der Schwungmasse 3 mittels Schrauben durch Bohrungen 9, an der Antriebswelle 2 (D3, Absätze [0020], [0021]; Figur 3).

Bei der von der Beschwerdeführerin angedachten alternativen Relativposition zwischen Pendelmassen und Ringraum wären daher nicht nur die Positionen, sondern auch die wirksamen Kopplungen einer Mehrzahl von Bauteilen betroffen. Sie würde also die Umgestaltung der gesamten Dämpfungs­einrichtung mit sich bringen, wozu die D3 keinerlei Angaben macht. Deshalb ist auszuschließen, dass der Fachmann der D3 eine Dämpfungseinrichtung unmittelbar und eindeutig entnehmen kann, bei der die Pendelmassen radial innerhalb des Ringraums angeordnet sind.

1.6 Die D3 offenbart also zumindest nicht das Merkmal, wonach

[4.1] die Pendelmassen (34) radial innerhalb des Ringraums abgestützt sind.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist folglich neu (Artikel 54 EPÜ).

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D3

2.1.1 Die in der Entgegenhaltung D3 offenbarte Dämpfungs­einrichtung kann als nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 1 betrachtet werden.

2.1.2 Ein aus dem Unterscheidungsmerkmal [4.1] resultierender technischer Effekt ist nicht ersichtlich.

Die Beschwerdeführerin formulierte demgemäß die objektive technische Aufgabe, die Federn und Pendelmassen innerhalb der Dämpfungs­einrichtung der D3 anders zu positionieren. Diese Aufgabenformulierung überzeugt jedoch nicht, da sie bereits Lösungselemente enthält, indem sie die Bauteile benennt, die anders angeordnet werden sollen. Die objektive technische Aufgabe ist vielmehr darin zu sehen, eine ein Fliehkraftpendel umfassende Dämpfungs­einrichtung mit alternativem Aufbau bereitzustellen.

2.1.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte zunächst mit Verweis auf D3, dass diese nur beispielhaft vorsehe, dass sich die Pendelmassen radial außerhalb der Federn bzw. des Ringraums befinden. Da der optionale Charakter dieses Merkmals in D3 klar erläutert sei, hätte der Fachmann im Bestreben, die Aufgabe zu lösen, die radiale Positionierung der Pendelmassen und der Federn offensichtlich umgekehrt, um einen alternativen Aufbau der Vorrichtung zu erhalten.

Wie oben unter Punkt 1.5 dargelegt, ist in der Dämpfungs­einrichtung der D3 der Bauraum radial innerhalb des Ringraums durch weitere Bauteile belegt, die wirksam miteinander gekoppelt sind. Der Fachmann hätte daher für den von der Beschwerde­führerin vorgeschlagenen alternativen Aufbau die Dämpfungseinrichtung der D3 grundlegend umgestalten müssen, wozu ihm die Veranlassung fehlte.

2.1.4 Gleiches gilt im Lichte der Entgegenhaltungen D2 oder D7, die ebenfalls von der Beschwerdeführerin herangezogen wurden. Beide Dokumente lehren eine ein Fliehkraftpendel umfassende Dämpfungsein­richtung mit alternativem Aufbau, bei der die Abstützung der Pendelmassen radial innerhalb des Ringraums erfolgt. Jedoch hätte die Anwendung der jeweiligen Lehre der D2 oder D7 auf die Dämpfungs­einrichtung der D3 aus denselben Gründen die grundlegende Umgestaltung der Dämpfungseinrichtung erfordert, wozu dem Fachmann die Veranlassung fehlte.

Entgegen der Argumentation der Beschwerdeführerin lässt sich eine Veranlassung auch nicht aus den Absätzen [0029] und [0030] der D2 herleiten, wonach die Pendelmassen sowohl radial innerhalb als auch radial außerhalb der Energiespeicher angeordnet werden können. Dieser Hinweis gilt für die in D2 gezeigte Ausgestaltung, bei der die Pendelmassen 19 mittels darin befindlicher Vertiefungen oder Ausnehmungen 25 an den Wälzkörpern 23 abgestützt sind (D2, Absatz [0031]; Figuren 1-3). Dies lässt sich jedoch aus den genannten Gründen (siehe obigen Punkt 1.5) nicht ohne Weiteres auf die Ausgestaltung der D3 übertragen, bei der die Abstützung der Pendelmassen 34-38 radial außerhalb des Ringraums auf Wälzkörper­führungs­schalen 28 erfolgt, und bei der der Bereich radial innerhalb des Ringraums durch andere Bauteile belegt ist, die wirksam miteinander gekoppelt sind.

2.1.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D3 (Artikel 56 EPÜ).

2.2 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2

2.2.1 Auch die in der Entgegenhaltung D2 offenbarte Dämpfungs­einrichtung kann als nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 1 betrachtet werden.

2.2.2 Die D2 offenbart in den Absätzen [0018], [0019] und [0027] und in den Figuren 1-4 eine (Bezugnahmen in runden Klammern beziehen sich auf D2)

[1] Dämpfungseinrichtung (1) mit

[2] zwei Schwungmassen (3, 4),

[2.1] die aufeinander gelagert sind und

[2.2] die begrenzt gegeneinander verdrehbar sind

[2.3] und zwar entgegen der Wirkung zumindest eines Energiespeichers (10),

[2.4] der in einem radial außen angeordneten Ringraum (11) untergebracht ist,

und

[3] einem Fliehkraftpendel (18),

[3.1] das einer Schwungmasse (4) wirksam zugeordnet ist und

[3.2] mehrere über den Umfang verteilte Pendelmassen (19) aufweist.

2.2.3 Die D2 offenbart ferner in den Absätzen [0029] und [0031] und in den Figuren 1-4, dass

[4] die Pendelmassen (19) mittels Wälzkörpern (23) abgestützt sind, und zwar

[4.1] radial innerhalb [des Ringraums],

[4.2] innerhalb des axialen Bauraums des Ringraums

[4.4] begrenzt verschwenkbar

[4.5] an einem mit der Schwungmasse (4) wirksam verbundenen Aufnahmeprofil (Ausnehmung 22/25 im scheibenartigen Bauteil (Pendelflansch) 15, verbunden mit der Schwungmasse über Nietverbindungen 16).

2.2.4 Die D2 offenbart unstreitig nicht das Merkmal, wonach

[4.3] die Pendelmassen (19) radial außen abgestützt sind.

Stattdessen erfolgt in der D2 die Abstützung in Vertiefungen beziehungsweise Ausnehmungen 22/25 der Pendelmassen 19 (siehe Absatz [0031]; Figuren 1-3).

2.2.5 Die Beschwerdeführerin argumentierte, in einer ersten Argumentationslinie, dass dieses Unterscheidungsmerkmal [4.3] die Herstellung der Dämpfungseinrichtung vereinfachen würde. Die objektive technische Aufgabe bestehe mithin darin, die Dämpfungs­einrichtung mit Fliehkraftpendel gemäß der D2 zu modifizieren, um ihre Herstellung zu vereinfachen. Da die D3 diese Aufgabe in den Absätzen [0002] und [0003] aufgreife und als Lösung lehre, die Pendelmassen radial außen abzustützen, sei dem Fachmann der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nahegelegt worden.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Aufgaben­formulierung der Beschwerdeführerin zutreffend ist, oder ob - mangels eines Belegs für die vereinfachte Herstellbarkeit - die objektive technische Aufgabe in der Bereitstellung einer alternativen Dämpfungs­einrichtung liegt. In beiden Fällen steht der weiteren Argumentation der Beschwerde­führerin nämlich entgegen, dass die Dämpfungs­einrichtung der D2 nicht ohne Weiteres so modifiziert werden kann, dass die Pendelmassen 19 radial außen abgestützt werden könnten. Zu einer wirksamen Abstützung radial außen bedarf es zumindest einer den Pendelmassen 19 gegengeordneten Auflagefläche für die Wälzkörper - wie beispielsweise der äußeren Wälzkörperführungsschalen 28 in D3. Der Fachmann müsste daher, wenn er die Lehre der D3 auf die Dämpfungs­einrichtung der D2 übertragen wollte, letztere umgestalten, um eine solche Auflagefläche bereit­zustellen.

An diesem Punkt ist aber nicht ersichtlich, warum der Fachmann versuchen sollte, die Auflagefläche in einem Bereich radial innerhalb des Ringraums zu erzeugen. Dieser Bereich ist nämlich durch das scheibenartige Bauteil 15 belegt, welches die Beaufschlagungsbereiche bzw. Arme 14 für die Energiespeicher 10 trägt (D2, Absätze [0021]-[0023]; Figuren 1-4) und daher nicht einfach weggelassen oder versetzt werden könnte. Wenn also der Fachmann überhaupt Veranlassung gehabt hätte, die Dämpfungs­einrichtung der D2 gemäß der Lehre der D3 umzugestalten, so hätte er auch das Konzept der D3, die Pendelmassen mittels Wälzkörpern radial außerhalb des Ringraums abzustützen, mit übernommen. Im Ergebnis wäre er damit nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.

2.2.6 In einer zweiten, entgegengesetzten Argumentations­linie trug die Beschwerdeführerin vor, dass das Unter­scheidungsmerkmal [4.3] keine Vereinfachung bewirke. Vielmehr handle es sich bei der streitpatent­gemäßen Ausgestaltung der Dämpfungs­ein­richtung um eine Verschlechterung, da diese fragiler sei. Eine Verschlechterung könne jedoch keine erfinderische Tätigkeit begründen.

Bei der Frage, ob eine Erfindung eine Verbesserung oder Verschlech­terung des Standes der Technik bewirkt, handelt es sich um eine Hilfserwägung (Beweisanzeichen) für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Eine Hilfserwägung kann aber nicht die technisch-fachmännische Bewertung der Erfindung gegenüber dem Stand der Technik ersetzen. Entscheidend bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit ist letztlich, ob sich die beanspruchte Erfindung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab. Dies ist vorliegend ausgehend von D2, wie vorstehend ausgeführt, nicht der Fall.

2.2.7 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht folglich auch auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D2 (Artikel 56 EPÜ).

2.3 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D1

2.3.1 Auch die in der Entgegenhaltung D1 offenbarte Dämpfungs­einrichtung kann als nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 1 betrachtet werden.

2.3.2 Die D1 offenbart insbesondere auf den Seiten 13-14 und in den Figuren 1-3 eine (Bezugnahmen in runden Klammern beziehen sich auf D1)

[1] Dämpfungseinrichtung mit

[2] zwei Schwungmassen (3, 13),

[2.1] die aufeinander gelagert sind und

[2.2] die begrenzt gegeneinander verdrehbar sind

[2.3] und zwar entgegen der Wirkung zumindest eines Energiespeichers (7),

[2.4] der in einem radial außen angeordneten Ringraum untergebracht ist,

und

[3] einem Fliehkraftpendel (22),

[3.1] das einer Schwungmasse (13) wirksam zugeordnet ist und

[3.2] mehrere über den Umfang verteilte Pendelmassen (100) aufweist, wobei

[4] die Pendelmassen (100) mittels Wälzkörpern (108) abgestützt sind, und zwar

[4.1] radial innerhalb [des Ringraums],

[4.4] begrenzt verschwenkbar

[4.5] an einem mit der Schwungmasse (13) wirksam verbundenen Aufnahmeprofil (104)

2.3.3 Die D1 offenbart unstreitig zumindest nicht, dass

[4.3] die Pendelmassen (100) radial außen abgestützt sind.

Stattdessen erfolgt in der D1 die Abstützung in Führungen 105 der Pendelmassen 100 (siehe Figuren 1 und 2).

2.3.4 Bezüglich der auf diesem Unterscheidungsmerkmal beruhenden Aufgabenformulierung und deren Lösung gelten obige Ausführungen ausgehend von D2 analog (siehe Punkt 2.2.5). Wenn der Fachmann überhaupt Veranlassung gehabt hätte, die Dämpfungs­einrichtung der D1 gemäß der Lehre der D3 umzugestalten, so hätte er auch das Konzept der D3, die Pendelmassen mittels Wälzkörpern radial außerhalb des Ringraums abzustützen, mit übernommen. Im Ergebnis wäre er damit nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.

2.3.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher auch auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 (Artikel 56 EPÜ).

2.4 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von D7

2.4.1 Die Entgegenhaltung D7 nimmt die Priorität der D1 in Anspruch und offenbart insbesondere in den Absätzen [0019] und [0021] und in Figur 1 eine (Bezugnahmen in runden Klammern beziehen sich auf D7)

[M1] Dämpfungseinrichtung mit

[M2] zwei Schwungmassen (3, 13),

[M2.1] die aufeinander gelagert sind und

[M2.2] die begrenzt gegeneinander verdrehbar sind

[M2.3] und zwar entgegen der Wirkung zumindest eines Energiespeichers (7),

[M2.4] der in einem radial außen angeordneten Ringraum untergebracht ist,

und

[M3] einem Fliehkraftpendel,

[M3.1] das einer Schwungmasse (13) wirksam zugeordnet ist und

[M3.2] mehrere über den Umfang verteilte Pendelmassen (22) aufweist.

2.4.2 Die D7 offenbart jedenfalls nicht, dass

[M4] die Pendelmassen (22) mittels Wälzkörpern abgestützt sind, und zwar

[M4.1] radial innerhalb [des Ringraums],

[M4.3] radial außen

[M4.4] begrenzt verschwenkbar

[M4.5] an einem mit der Schwungmasse (13) wirksam verbundenen Aufnahmeprofil.

Stattdessen lässt es die D7 ausdrücklich offen, wie die Pendelmassen 22 zu integrieren sind (D7, Absatz [0021]).

2.4.3 Der Offenbarungsgehalt der D7 geht folglich nicht über den der D1 hinaus, sodass obige Ausführungen unter Punkt 2.3 analog gelten.

2.4.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht also auch auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D7 (Artikel 56 EPÜ).

3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

3.1 Die Beschwerdeführerin beantragte die Rückzahlung der Beschwerdegebühr, weil ein wesentlicher Verfahrens­mangel vorliege, da die angefochtene Entscheidung auf Gründen basiere, zu denen sie sich nicht habe äußern können, sodass ihr rechtliches Gehör verletzt worden sei.

3.2 Nach Regel 103 (1) a) EPÜ wird die Beschwerdegebühr wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nur dann zurückgezahlt, wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Da die vorliegende Beschwerde nach dem oben Gesagten zurückzuweisen ist, kommt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr schon deshalb nicht in Betracht. Darüber hinaus vermag die Kammer, wie in ihrem Bescheid ausführlich dargelegt, keinen Verfahrensfehler zu erkennen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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