European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T064317.20200402 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 April 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0643/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 12195586.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B65D 77/04 B65D 77/06 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Transport- und Lagerbehälter für Flüssigkeiten | ||||||||
Name des Anmelders: | PROTECHNA S.A. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.07 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Anmelderin (Beschwerdeführerin) hat gegen die Entscheidung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 12 195 586.8 form- und fristgemäß Beschwerde eingelegt.
II. Die Anmeldung wurde von der Prüfungsabteilung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des ursprünglich eingereichten unabhängigen Anspruchs 1 ausgehend vom Dokument D1 (EP 1 439 130 A1) als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit Dokument D2 (DE 297 19 830 U1) oder in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).
III. Die Anmelderin beantragt
die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage des mit Schriftsatz vom 12. März 2020 eingereichten Anspruchssatzes.
IV. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem einzigen Antrag der Anmelderin, der dem ursprünglich eingereichten unabhängigen Anspruch 1 entspricht, auf dessen Basis die angefochtene Entscheidung getroffen wurde, lautet wie folgt:
"Transport- und Lagerbehälter (10) für Flüssigkeiten mit einem palettenartigen Untergestell (29) für einen Innenbehälter (11) aus Kunststoff mit vier Seitenwänden (12 bis 15), einem unteren und einem oberen Boden (16, 17), einem am oberen Boden (17) angeformten, verschließbaren Einfüllstutzen (19) und einem am unteren Abschnitt einer Seitenwand (12) angeformten Auslaufstutzen (20) mit einer Entnahmearmatur (21) sowie einem Gittermantel (22) mit horizontalen und vertikalen Gitterstäben (23, 24, 71) aus Metall zur Aufnahme des Innenbehälters, wobei Enden (25, 27, 70) der als Hohlprofile ausgebildeten vertikalen Gitterstäbe (24, 71) an einem unteren und einem oberen, umlaufenden Randprofil (28, 26) des Gittermantels angeschweißt sind, wobei zumindest das obere Randprofil zur Ausbildung von Verbindungsbereichen für eine Schweißverbindung mit den oberen Enden der vertikalen Gitterstäbe einen quer zu den vertikalen Gitterstäben verlaufenden Steg (50) aufweist, und zumindest die oberen Enden der vertikalen Gitterstäbe für die Schweißverbindung mit dem oberen Randprofil einen Verbindungsabschnitt (39) mit einem durch Umformung ausgebildeten reduzierten Querschnitt aufweisen, wobei die vertikalen Gitterstäbe zwischen dem Verbindungsabschnitt und einem linearen Längsabschnitt (38) mit Rohrquerschnitt (42) einen Bogenabschnitt (41) aufweisen,
dadurch gekennzeichnet,
dass zumindest die oberen Enden der vertikalen Gitterstäbe im Übergang vom Verbindungsabschnitt zum Bogenabschnitt auf ihrer dem Innenbehälter zugewandten Innenseite (32) eine konvexe Querschnittskontur (58) aufweisen."
V. Die entscheidungserheblichen Argumente der Anmelderin beziehen sich im Kern darauf, dass die Prüfungsabteilung die den Gegenstand des Anspruchs 1 vom nächstliegenden Stand der Technik gemäß Dokument D1 unterscheidenden Merkmale nicht in ihrer Gesamtheit bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt habe.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensaspekte
Die vorliegende Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren gemäß Artikel 12 (8) VOBK 2020. Die Beschwerdesache ist unter Wahrung der Rechte der Beschwerdeführerin gemäß Artikel 113 und 116 EPÜ auf der Grundlage der zu überprüfenden angefochtenen Entscheidung und dem Beschwerdevorbringen der Beschwerdeführerin, insbesondere deren neuen Anspruchssatzes vom 12. März 2020, bei Stattgabe des Beschwerdebegehrens entscheidungsreif.
2. Erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ
2.1 Offenbarung von Dokument D1
D1 offenbart einen Transport- und Lagerbehälter (1) für Flüssigkeiten (siehe Figur 1) mit einem palettenartigen Untergestell (20) für einen Innenbehälter (2) aus Kunststoff mit vier Seitenwänden (3 bis 6), einem unteren und einem oberen Boden (7, 8), einem am oberen Boden (8) angeformten, verschließbaren Einfüllstutzen (9) und einem am unteren Abschnitt einer Seitenwand (3) angeformten Auslaufstutzen (11) mit einer Entnahmearmatur (12) sowie einem Gittermantel (13) mit horizontalen und vertikalen Gitterstäben (14, 15) aus Metall zur Aufnahme des Innenbehälters (2), wobei Enden (16, 17) der als Hohlprofile ausgebildeten vertikalen Gitterstäbe (15) an einem unteren und einem oberen, umlaufenden Randprofil (18, 19) des Gittermantels (13) angeschweißt sind, wobei zumindest das obere Randprofil (19) zur Ausbildung von Verbindungsbereichen für eine Schweißverbindung mit den oberen Enden (17) der vertikalen Gitterstäbe (15) einen quer zu den vertikalen Gitterstäben (15) verlaufenden Steg (37) aufweist, und zumindest die oberen Enden (17) der vertikalen Gitterstäbe (15) für die Schweißverbindung mit dem oberen Randprofil (19) einen Verbindungsabschnitt mit einem durch Umformung ausgebildeten reduzierten Querschnitt aufweisen, wobei die vertikalen Gitterstäbe (15) zwischen dem Verbindungsabschnitt und einem linearen Längsabschnitt mit Rohrquerschnitt einen Bogenabschnitt (52) (siehe Figur 5) aufweisen.
2.2 Unterscheidungsmerkmal
Das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1, wonach "zumindest die oberen Enden der vertikalen Gitterstäbe im Übergang vom Verbindungsabschnitt zum Bogenabschnitt auf ihrer dem Innenbehälter zugewandten Innenseite eine konvexe Querschnittskontur aufweisen", ist aus D1 nicht bekannt.
2.3 Technische Wirkung
Dieses Unterscheidungsmerkmal ermöglicht eine erhöhte Knicksicherheit der vertikalen Gitterstäbe im Bereich des knickgefährdeten Übergangs bei Verwendung von Rohrmaterial mit einer vergleichsweise reduzierten Wandstärke (siehe ursprünglich eingereichte Anmeldungsunterlagen auf Seite 3, Zeilen 14-17).
2.4 Aufgabe
Ausgehend von dem aus D1 bekannten Transport- und Lagerbehälter kann die zu lösende Aufgabe daher darin gesehen werden, die erforderliche Sicherheit gegen ein Bauteilversagen der vertikalen Gitterstäbe im Bereich des knickgefährdeten Übergangs zu ermöglichen (siehe ursprünglich eingereichte Anmeldungsunterlagen auf Seite 3, Zeilen 3-8).
2.5 Diskussion der erfinderischen Tätigkeit
2.5.1 Nach Auffassung der Prüfungsabteilung offenbart Dokument D2 (siehe Seite 2, Zeile 37, bis Seite 3, Zeile 5; Figuren 3, 5) die im Anspruch 1 definierte Form des Rohrs, um die Stärke des Rohrs zu erhöhen. Daher ist es für den Fachmann naheliegend, ausgehend von D1, zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe die Lehre des Dokuments D2 in Kombination mit der Lehre des Dokuments D1 zu verwenden und die Struktur der beanspruchten Erfindung zu erreichen.
2.5.2 Diese Auffassung hält einer Überprüfung nicht stand.
Dokument D2 betrifft die Verbindung zweier gradlinig ausgebildeter Rohre in einem Kreuzungsbereich über eine Schweißverbindung (Figuren 2 und 3). Durch die Anwendung eines profilierten Rohres sollen "potentiell örtliche Spannungskonzentration" (Seite 2, letzte Zeile) vermieden werden, um einem mechanischen Versagen in Folge einer "Rissbildung" (Seite 2, zweite Zeile) vorzubeugen.
D2 ist nicht zu entnehmen, dass an dem Kreuzungsbereich zweier Rohre eine Knickbelastung auftritt, da die Rohre geradlinig ausgebildet und nicht, wie gemäß dem beanspruchten Gegenstand vorgesehen, in einem Bereich bogenförmig ausgebildet sind, als Voraussetzung für das Entstehen einer Knickbelastung. Mangels eines Hinweises auf das zugrunde liegende Problem, scheint daher für den Fachmann keine Veranlassung zu bestehen, D2 bei der Suche nach einer Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe überhaupt heranzuziehen.
Selbst wenn der Fachmann D2 berücksichtigte, fände er in D2 keine Anregung auf das oben genannte Unterscheidungsmerkmal, dass obere Enden der vertikalen Gitterstäbe im Übergang von einem Verbindungsabschnitt zu einem Bogenabschnitt auf ihrer dem Innenbehälter zugewandten Innenseite eine konvexe Querschnittskontur aufweisen. Somit kann auch eine Kombination der Lehre von D1 mit der Lehre von D2 den Fachmann nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen.
2.5.3 Die Prüfungsabteilung führt aus, dass es für den Fachmann ausgehend von D1 naheliegend ist, um die Knicksicherheit des Gitterstabs zu verbessern, die Lehre der Eulerkraftformeln zu verwenden, um die beanspruchte Erfindung zu erreichen.
2.5.4 Auch diese Argumentation hält einer Überprüfung nicht stand.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es noch weitere Lösungsansätze gibt, die der Fachmann zur Verbesserung der Knicksicherheit ausprobierte, wie beispielsweise eine Erhöhung der Wandstärke.
Einen schlüssigen Beweis, warum im vorliegenden Fall der Fachmann zur Lösung des zugrundeliegenden Problem eine konvexe Querschnittskontur gemäß dem Unterscheidungsmerkmal des Anspruchs 1 gewählt hätte, bringt die Prüfungsabteilung nicht vor.
2.6 Die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 ist somit anzuerkennen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
Ansprüche
1 bis 10 eingereicht mit Schriftsatz
vom 12. März 2020;
Beschreibung
Seiten 1 und 3 bis 12 der ursprünglich eingereichten
Fassung, und
Seiten 2 und 2a eingereicht mit Schriftsatz vom
16. Dezember 2013;
Figuren
1 bis 14 der ursprünglich eingereichten
Fassung.