European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T058717.20190904 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 September 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0587/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11707684.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | C08F220/06 A61L15/60 C08F6/00 C08J3/24 C08K5/42 C08K5/53 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG WASSERABSORBIERENDER POLYMERPARTIKEL MIT VERBESSERTER FARBSTABILITÄT | ||||||||
Name des Anmelders: | BASF SE | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Nippon Shokubai Co., Ltd. | ||||||||
Kammer: | 3.3.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Synergismus nicht für gesamte beanspruchte Breite glaubhaft - naheliegende Ausführungsformen vom beanspruchten Gegenstand eingeschlossen | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die am 11. Januar 2017 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent 2 547 705 widerrufen wurde. Der Entscheidung lagen ein Hauptantrag, ein Hilfsantrag 1 und ein Hilfsantrag 2 zu Grunde. Ansprüche 1 bis 6 des Hilfsantrags 2 wurden in der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2016 eingereicht.
II. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautete wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel durch Polymerisation einer Monomerlösung oder -suspension, enthaltend
a) mindestens ein ethylenisch ungesättigtes, säuregruppentragendes Monomer, das zumindest teilweise neutralisiert sein kann,
b) mindestens einen Vernetzer,
c) mindestens einen Initiator,
d) optional ein oder mehrere mit den unter a) genannten Monomeren copolymerisierbare ethylenisch ungesättigte Monomere und
e) optional ein oder mehrere wasserlösliche Polymere,
umfassend die Schritte Polymerisation der Monomerlösung zu einem Polymergel i), optional Zerkleinerung des erhaltenen Polymergels ii), Trocknung des Polymergels iii), Mahlung und Klassierung des getrockneten Polymergels zu Polymerpartikeln iv), und optional thermischer Oberflächennachvernetzung der klassierten Polymerpartikel v), dadurch gekennzeichnet, dass vor, während oder nach einem der Schritte i) bis v) getrennt oder zusammen
- mindestens eine anorganische Phosphorsäure und/oder deren Salz und
- mindestens eine organische 2-Hydroxysäure und/oder deren Salz,
zugesetzt wird, wobei der Phosphor in der anorganischen Phosphorsäure eine Oxidationszahl von weniger als +V und die organische 2-Hydroxysäure keine ethylenisch ungesättigten Gruppen aufweist, dass die organische 2-Hydroxysäure und/oder deren Salz vor Schritt i) zugesetzt wird, dass die organische 2-Hydroxysäure und/oder deren Salz 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure, 2-Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure und/oder deren Natriumsalz ist und dass die Einsatzmenge an organischer 2-Hydroxysäure oder deren Salz, bezogen auf die wasserabsorbierenden Polymerpartikel, von 0,05 bis 0,75 Gew.-% beträgt."
Die Ansprüche 2 bis 5 stellten abhängige Ansprüche des Verfahrensanspruchs 1 dar, während Anspruch 6 des Hilfsantrags II lautete "6. Wasserabsorbierende Polymerpartikel, erhältlich nach einem Verfahren der Ansprüche 1 bis 5".
III. Vor der Einspruchsabteilung wurde unter anderem auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D1: WO 2010/012762 A2
D4: WO 2009/060062 A1
D5: WO 2004/084962 A1
D6: WO 2004/085496 A1
D7: WO 2009/011717 A1
D14: US 2009/0275470 A1.
IV. Die Gründe der angefochtenen Entscheidung, die für die vorliegende Beschwerde von Relevanz sind, betreffen lediglich den Hilfsantrag 2 und können folgendermaßen zusammengefasst werden. Zur Ermittlung der erfinderischen Tätigkeit bilde das Beispiel 6 der Entgegenhaltung D14 den nächstliegenden Stand der Technik. Der beanspruchte Gegenstand unterscheide sich davon nur durch (i) die Verwendung einer der im Anspruch 1 genannten anorganischen Phosphorsäure und/oder deren Salz und (ii) den Zusatz einer der im Anspruch 1 definierten organischen 2-Hydroxysäuren und/oder deren Salz. Dem nächstliegenden Stand der Technik gegenüber bestehe die als durch den beanspruchten Gegenstand gelöste Aufgabe in der bloßen Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Herstellung von farbstabilen Superabsorberpolymeren. Die Verwendung der im Anspruch 1 genannten anorganischen Phosphorsäure und/oder deren Salz sei für den Fachmann im Hinblick auf die Absätzen [0047] bis [0050] der D14 naheliegend. Es wurde auch festgestellt, dass sich die im Anspruch 9 von D14 als bevorzugt beschriebene Menge an 2-Hydroxysäure von 0,001 bis 0,5% mit dem beanspruchten Bereich von 0,05 bis 0,75% überlappe. Darüber hinaus seien 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure und 2-Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure als farbstabilisierende Additive Bestandteil des kommerziellen Farbstabilisators Brüggolit**(®)FF-7, der in D1 als Oberflächenfarb-stabilisator aufgetragen worden sei. D4 offenbare auf Seite 2-3, dass 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure als Brüggolit**(®)FF-7 zur Farbstabilisierung der Polymerisationslösung zugesetzt werden könne. D4 selbst betrachte die Zugabe dieser Verbindung als Farbstabilisator in jeder Phase der Herstellung von Superabsorbern als bevorzugte Ausführungsform (Seite 17, Zeile 6). D5 bis D7 würden sich ebenfalls mit der Zugabe von Brüggolit**(®)als Farbstabilisator befassen, deren Zugabe in D5 mit der Polymerisationsmischung erfolge. Damit sei die Verwendung von Brüggolit**(®)FF-7 als naheliegende Alternative für den Fachmann offensichtlich. Aus dem Absatz [0039] von D14 sei ersichtlich, dass die Basis für die farbstabilisierende Wirkung eine Komplexbildung sei. Das Argument der Patentinhaberin, dass die in D14 verwendeten Hydroxysäuren Additive als Komplexbildner und nicht als Farbstabilisatoren beschrieben seien, sei daher nicht stichhaltig. Aus diesen Gründen sei der Zusatz einer der im Anspruch 1 definierten organischen 2-Hydroxysäuren und/oder deren Salz durch D14, D1 und D4 bis D7 nahegelegt. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 6 sei daher nicht erfinderisch.
V. Gegen diese Entscheidung erhob die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde. Mit der Beschwerdebegründung, eingereicht mit Schreiben vom 3. Mai 2017, reichte die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag ein, der dem während der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2016 vorgelegten Hilfsantrag 2 entsprach.
VI. Die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) gab mit Schreiben vom 14. Mai 2019 lediglich an, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
VII. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde eine Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK erlassen, in der die Kammer ihre vorläufige Meinung hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit mitteilte.
VIII. Mit Schreiben vom 17. Juni 2019 nahm die Beschwerdeführerin zur vorläufigen Meinung der Kammer Stellung.
IX. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 4. September 2019 statt.
X. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
a) Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheide sich vom Beispiel 6 von D14 dadurch, dass (i) mindestens eine anorganische Phosphorsäure und/oder deren Salz, wobei der Phosphor eine Oxidationszahl von weniger als +V aufweise, zugesetzt werde und dass (ii) 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure, 2-Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure und/oder deren Natriumsalz in einer Menge von 0,05 bis 0,75 Gew.-%, bezogen auf die wasserabsorbierenden Polymerpartikel, vor der Polymerisation der Monomerlösung zugesetzt werde.
b) Es bestehe gemäß Absatz [0013] des Streitpatents die Aufgabe, wasserabsorbierende Polymerpartikel mit verbesserter Farbstabilität bereitzustellen. Die Beispiele des Streitpatents würden zeigen, dass die Aufgabe gelöst worden sei.
c) Weiterhin sei gefunden worden, dass die erfindungsgemäßen Merkmale (i) und (ii) synergistisch wirken würden (Absatz [0026] des Streitpatents). Dies sei durch die Beispiele 1 bis 6 und 8 des Streitpatents belegt worden, wobei Beispiele 1 bis 3 und 6 Vergleichsbeispiele darstellen würden. In den Beispielen seien die hergestellten wasserabsorbierenden Polymerpartikel einem Alterungstest unterzogen worden und anschließend sei deren CIE-Farbzahl gemessen worden. Der Alterungstest im Streitpatent sei mit dem in der D14 offenbarten Alterungstest nicht direkt vergleichbar, da der Alterungstest im Streitpatent bei niedrigerer Temperatur, höherer Luftfeuchtigkeit und längerer Dauer durchgeführt worden sei.
d) Die Beispiele 2 und 3 des Streitpatents würden zeigen, dass durch das Merkmal (ii) die Helligkeit (L-Wert) deutlich verbessert werden könne, der Einfluss auf die Vergilbung (b-Wert) aber gering sei. Das Beispiel 6 zeige, dass durch das Merkmal (i) ebenfalls die Helligkeit verbessert werden könne, der Einfluss auf die Vergilbung aber wieder gering sei. Die wasserabsorbierenden Polymerpartikel der Beispiele 4 und 5 würden dagegen eine deutliche Verbesserung bei der Vergilbung zeigen, womit die HC 60-Werte der Beispiele 4 und 5 höher liegen würden. Der gute HC 60-Wert in Beispiel 4 sei erreicht worden, obwohl im Vergleich zu Beispiel 3 nur 40% der Menge an Dinatriumsalz der 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure und im Vergleich zu Beispiel 6 nur 50% der Menge an Natriumhypophosphit eingesetzt worden sei. Das Dinatriumsalz der 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure bzw. Natriumhypophosphit allein führe dagegen selbst bei höherer Dosierung zu keiner signifikanten Verbesserung bei der Vergilbung. Mit Beispiel 8, in dem 2-Hydroxy-2-phosphonatoessig-säure anstatt 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure verwendet worden sei, seien ebenfalls gute Ergebnisse für Helligkeit und Vergilbung erzielt worden.
e) Der somit im Streitpatent erzielte Synergismus sei überraschend. Es sei kein Dokument zitiert worden, das ein solchen synergistischen Effekt nahelegen würde.
f) Ferner sei in Absatz [0039] von D14 kein Hinweis zu finden, dass die in D14 verwendeten Chelatbildner die Farbstabilität verbessern würden. Daher würde der Fachmann den im Beispiel 6 von D14 verwendeten Chelatbildner lediglich durch einen anderen Chelatbildner und nicht durch eine Substanz, von der er lediglich weiß, dass sie die Farbstabilität erhöht, ersetzen. Darüber hinaus sei dem Fachmann von den Entgegenhaltungen D1 und D4 bis D7 nicht nahegelegt, dass 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure als Chelatbildner wirke.
g) Somit beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit.
XI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Antrags aufrecht zu erhalten.
XII. Die Beschwerdegegnerin hat keinen Antrag gestellt. Sie hat weder zu der angefochtenen Entscheidung noch zu den Angaben der Beschwerdeführerin Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
1. Der einzige Grund für den Widerruf des Streitpatents lag in der mangelnden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche 1 und 6 ausgehend von der Offenbarung der Entgegenhaltung D14.
Nächstliegender Stand der Technik und Aufgabe
2. Die Feststellung der Einspruchsabteilung hinsichtlich der Wahl des nächstliegenden Standes der Technik, nämlich das in Beispiel 6 von D14 beschriebene Verfahren zur Herstellung eines wasserabsorbierenden Polymers und die damit hergestellten wasserabsorbierenden Polymerpartikel, wurde nicht in Frage gestellt und die Kammer sieht keinen Anlass eine andere Meinung zu vertreten. Die Entgegenhaltung D14 betrifft gemäß ihrem Anspruch 1 ein teilchenförmiges wasserabsorbierendes Material, das ein wasserabsorbierendes Polymer (Polyacrylsäure oder Polyacrylat), einen Chelatbildner und eine Phosphorverbindung enthält. In Beispiel 6 von D14 werden Tetranatrium-3-Hydroxy-2,2'-iminodisuccinat und Natrium-dihydrogenphosphat als die zwei im Anspruch 1 dieser Entgegenhaltung genannten Additive verwendet. Es ist nicht strittig, dass sich der Gegenstand des Verfahrens gemäß Anspruch 1, bzw. des Produkts nach Anspruch 6, der nach einem Verfahren des Anspruchs 1 erhältlich ist, vom nächstliegenden Stand der Technik lediglich dadurch unterscheidet, dass:
(i) mindestens eine anorganische Phosphorsäure und/oder deren Salz, wobei der Phosphor in der anorganischen Phosphorsäure eine Oxidationszahl von weniger als +V aufweist, anstatt Natriumdihydrogenphosphat (P mit einer Oxidationszahl von +V) verwendet wird, und
(ii) mindestens 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure, 2-Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure und/oder deren Natriumsalz, anstatt des Natriumsalzes der 3-Hydroxy-2,2'-iminodisuccinicsäure, vor der Polymerisation der Monomerlösung in einer Menge von 0,05 bis 0,75 Gew.-%, bezogen auf die wasserabsorbierenden Polymerpartikel, zugesetzt wird.
Aufgabe
3. In Ermangelung eines Vergleichs mit dem nächstliegenden Stand der Technik, stellte die Einspruchsabteilung fest, dass die gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik durch den beanspruchten Gegenstand erfolgreich gelöste Aufgabe in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Herstellung von farbstabilen Superabsorberpolymeren lag. Dies wird von der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Beispiele 1 bis 6 des Streitpatents bestritten. Gemäß den Ausführungen der Beschwerdeführerin sollen die erfindungsgemäßen Merkmalen (i) und (ii) miteinander synergistisch wirken.
3.1 Die Beispiele 1 bis 6 des Streitpatents zeigen keinen Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik, da diese die Verwendung der in Beispiel 6 von D14 benutzten Additive, d.h. Natriumdihydrogenphosphat und das Natriumsalz der 3-Hydroxy-2,2'-iminodisuccinic-säure, nicht betreffen. Eine Verbesserung gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik kann daher durch die Beispiele 1 bis 6 des Streitpatents nicht belegt werden.
3.2 Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte synergistische Wirkung, die bei einem Alterungstest festgestellt wurde, wurde außerdem nur für eine einzige Kombination vom Natriumhypophosphit (+I) und dem Dinatriumsalz der 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure gezeigt (Beispiele 4 und 5 in den Absätzen [0114] bis [0119]; Tabelle 1 im Absatz [0154] des Streitpatents), während der vorliegende Anspruch 1 die Verwendung von weiteren anorganischen Phosphorsäuren mit einer Oxidationszahl von weniger als +V und/oder deren Salz, und darüber hinaus als organische 2-Hydroxysäure die Verwendung von 2-Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure und/oder deren Natriumsalz ermöglicht. Es wurden aber weder weitere experimentelle Beweise, noch eine technische Erklärung vorgelegt, um glaubhaft darzulegen, dass ein Synergismus bei einem Alterungstest für andere Kombinationen einer anorganischen Phosphorsäure mit einer Oxidationszahl von weniger als +V und/oder deren Salz mit 2-Hydroxy-2-sulfonatoessig-säure, 2 Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure und/oder deren Natriumsalz, welche Kombinationen vom vorliegenden Anspruch 1 ebenfalls gedeckt sind, ebenfalls vorliegt.
3.3 Das Argument der Beschwerdeführerin, dass das Experiment gemäß Beispiel 8 des Streitpatents in dem 2-Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure und Natriumhypophosphit (+I) verwendet werden, ebenfalls gute Ergebnisse nach dem Alterungstest zeige, reicht nicht aus, um einen eintretenden Synergismus zwischen diesen beiden im Beispiel 8 verwendeten Additiven zu belegen, weil ein Vergleich mit der alleinigen Verwendung von 2-Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure nicht vorliegt. Darüber hinaus gibt es keinen Grund zur Annahme, dass 2-Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure allein quantitativ die gleiche Wirkung wie 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure hat, so dass ein direkter Vergleich mit den Vergleichs-beispielen, in denen nur 2-Hydroxy-2-sulfonato-essigsäure enthalten ist, nicht aussagekräftig sein kann. Das Argument der Beschwerdeführerin, dass der festgestellte Synergismus für die Kombination vom Natriumhypophosphit (+I) und dem Dinatriumsalz der 2-Hydroxy-2-sulfonato-essigsäure für den Fachmann als überraschend zu betrachten ist, und die Tatsache, dass keine technische Erklärung, selbst aus heutiger Sicht, für das Vorhandenseins eines solchen Synergismus vorliegt, erlaubt es der Kammer nicht, aufgrund etwaiger gemeinsamer struktureller Merkmale zwischen den im Anspruch 1 definierten Additiven, davon auszugehen, dass der geltend gemachte Synergismus für die gesamte Breite des Anspruchs 1 besteht.
3.4 Infolgedessen kommt die Kammer zur Schlussfolgerung, dass die von der Beschwerführerin geltend gemachten Vorteile gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik nicht hinreichend belegt sind und somit für die Formulierung der Aufgabe, die durch den beanspruchten Gegenstand erfolgreich gelöst wird, nicht berücksichtigt werden können. Ausgehend vom Beispiel 6 der D14 als nächstliegendem Stand der Technik liegt dem Streitpatent somit lediglich die objektive Aufgabe zugrunde, ein weiteres Verfahrens zur Herstellung von farbstabilen Superabsorberpolymeren, bzw. weitere farbstabile Superabsorberpolymere, bereitzustellen.
Naheliegen der Lösung
4. Es bleibt zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte Aufgabe durch die Bereitstellung des anspruchsgemäßen Verfahrens zu lösen, welches durch die kombinierte Verwendung der im obigen Punkt 2 dargelegten Maßnahmen (i) und (ii), nämlich die Verwendung mindestens einer anorganischen Phosphorsäure mit einer Oxidationszahl von weniger als +V und/oder deren Salz und (ii) den Zusatz vor der Polymerisation der Monomerlösung von mindestens 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure, 2 Hydroxy-2-phosphonatoessigsäure und/oder deren Natriumsalz in einer Menge von 0,05 bis 0,75 Gew.-%, bezogen auf die wasserabsorbierenden Polymerpartikel, definiert ist.
4.1 Da es nicht bewiesen wurde, dass die Maßnahmen (i) und (ii) über die gesamte Breite des Verfahrens nach Anspruch 1 in einer funktionellen Wechselwirkung zueinander stehen, gilt es zu untersuchen, ob sich die Maßnahmen (i) und (ii) jeweils für sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik herleiten lassen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA, 9. Auflage, 2019, I.D.9.2.2). In diesem Zusammenhang hat die Einspruchsabteilung auf die Dokumente D1, D4 bis D7 und D14 Bezug genommen.
4.2 Insbesondere befand die Einspruchsabteilung, dass die Maßnahme (i), d.h. die Verwendung einer anorganischen Phosphorsäure und/oder deren Salz, wobei der Phosphor in der anorganischen Phosphorsäure eine Oxidationszahl von weniger als +V aufweist, für den Fachmann im Hinblick auf die Absätze [0047] bis [0050] der Entgegenhaltung D14 naheliegend war. Die Kammer stellt fest, dass der Absatz [0050] von D14, der allgemeinen Lehre im Anspruch 1 von D14 entsprechend, Phosphorverbindungen allgemein zu verwenden, die Verwendung von anderen Phosphorverbindungen als Natriumdihydrogenphosphat lehrt. Unter anderem wird die Verwendung von Phosphonsäure, in der Phosphor in einer Oxidationszahl von +III vorliegt, oder Phosphinsäure, in der Phosphor in einer Oxidationszahl von +I vorliegt, angeregt. Dieser Absatz lehrt ebenfalls die Verwendung von Salzen dieser zwei genannten Phosphorverbindungen. Die Kammer kommt daher zur Schlussfolgerung, dass es für den Fachmann ausgehend vom Beispiel 6 von D14 naheliegend war, diese in D14 genannten spezifischen alternativen Phosphorverbindungen anstatt Natriumdihydrogenphosphats zu verwenden, wenn er lediglich ein weiteres Verfahrens zur Herstellung von farbstabilen Superabsorberpolymeren, bzw. weitere farbstabile Superabsorberpolymere, bereitstellen wollte.
4.3 Hinsichtlich der Maßnahme (ii) bestreitet die Beschwerdeführerin, dass sich in Absatz [0039] von D14 ein Hinweis darauf finde, dass die in D14 verwendeten Chelatbildner die Farbstabilität verbessern. Diese sollen, diesem zitierten Absatz von D14 nach, Übergangsmetallionen und andere Metallionen komplexieren. Ausgehend vom Beispiel 6 von D14 würde daher, nach Meinung der Beschwerdeführerin, der Fachmann, der die im Punkt 3.4 oben genannte Aufgabe lösen wollte, lediglich den in diesem Beispiel verwendeten Chelatbildner durch einen anderen Chelatbildner und nicht diesen durch eine Substanz, von der er lediglich weiß, dass sie die Farbstabilität erhöht, ersetzen. Darüber hinaus sei dem Fachmann von den Entgegenhaltungen D1 und D4 bis D7 nicht nahegelegt, dass 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure als Chelatbildner wirke.
4.4 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin zu, insofern, dem Absatz [0039] von D14 allein nicht zu entnehmen ist, dass die Verwendung des Chelatbildners der Farbstabilität dient. Der Gesamtoffenbarung der Entgegenhaltung D14 ist jedoch zu entnehmen, dass D14 zum Ziel hat, die Farbstabilität der Superabsorberpolymere zu erhöhen, und dass diese Aufgabe durch die Verwendung sowohl einer anorganischen Phosphorverbindung als auch eines Chelatbildners gelöst wird (Anspruch 14, Absätze [0004], [0030], [0031], [0045], [0061]). Aus den Absätzen [0128], [0132] und [0134] von D14 ist des Weiteren zu entnehmen, dass Übergangsmetallionen zu einer Reduzierung der Farbstabilität führen, so dass die Komplexierung dieser durch Verwendung eines Chelatbildners eine Möglichkeit zur Verbesserung der Farbstabilität darstellt. Eine naheliegende Lösung für den Fachmann, um die im Punkt 3.4 oben genannte Aufgabe zu lösen, bestand daher darin, den Chelatbildner aus dem Beispiel 6 von D14 durch eine andere Verbindung zu ersetzen, die entweder als Chelatbildener für Übergangsmetallionen bekannt ist, oder deren Struktur dem Fachmann nahegelegt hätte, dass dies der Fall sein sollte. Darüber hinaus würde der Fachmann, um die oben genannte Aufgabe zu lösen, ebenfalls die Verwendung einer Komponente in Betracht ziehen, die für die gleiche Funktion (d.h. die Farbstabilisierung von Superabsorberpolymeren) bekannt ist, unabhängig davon, ob es bekannt ist, dass diese Komponente als Chelatbildner wirkt oder sie durch einen anderen Mechanismus die gleiche Funktion hat. In diesem Zusammenhang ist die von der Einspruchsabteilung angezogene Entgegenhaltung D4 relevant.
4.5 In dem Absatz von D4, der die Seiten 2 und 3 überbrückt, wird beschrieben, dass der Zusatz der reinen 2-Hydroxy-2-Sulfonatoessigsäure (Brüggolit® FF-7) zur Farbstabilisierung der Polymerisationslösung in "WO-A- 2004/084962" (d.h. D5 im vorliegenden Verfahren) gelehrt wird. D4 betrifft die Verwendung von Reduktionsmitteln beinhaltend ein Sulfonat, ein Salz eines Sulfonates oder Mischungen davon bei der Herstellung wasserabsorbierender Polymergebilde (Anspruch 1). Zu solchen Verbindungen gehört das Dinatriumsalz der 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure in reiner Form (siehe Beispiele 1 bis 3, Seite 32, ab Zeile 15 und Seite 33). Diese Reduktionsmittel werden bevorzugt in einer Menge von 0,01 bis 1 Gew.-% eingesetzt (Seite 21, Zeilen 17-21). Die Kammer stellt fest, dass die Beispiele 1 bis 3 und das Vergleichsbeispiel von D4 zeigen, dass der Zusatz des Dinatriumsalzes der 2-Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure in reiner Form zu dem erhaltenen Polymerisat in einer Menge von 0,15, 0,2 oder 0,25 Gew.-% die Farbstabilität des Polymerisats verbessert. Ferner, wie in der Entscheidung der Einspruchsabteilung festgehalten wurde, stellt die Zugabe dieser Verbindung als Farbstabilisator in jeder Phase der Herstellung von Superabsorbern, eine bevorzugte Ausführungsform von D4 dar (Seite 17, Zeilen 6-12), insbesondere die Zugabe des Reduktionsmittels zur Monomerlösung.
4.6 Aus dem Obigen folgt, dass es für den Fachmann ausgehend vom Beispiel 6 von D14 ebenfalls naheliegend war, Hydroxy-2-sulfonatoessigsäure und/oder deren Natriumsalz in einer anspruchsgemäßen Menge in der Monomerlösung zu verwenden, wenn er lediglich ein weiteres Verfahrens zur Herstellung von farbstabilen Superabsorberpolymeren, bzw. weitere farbstabile Superabsorberpolymere, bereitstellen wollte.
4.7 Da sowohl die Verwendung von Phosphonsäure (Oxidationszahl des Phosphors +III) oder Phosphinsäure (Oxidationszahl des Phosphors +I), bzw. deren Salzen, als auch die Verwendung von Hydroxy-2-sulfonatoessig-säure und/oder deren Natriumsalz in einer anspruchsgemäßen Menge in der Monomerlösung für den Fachmann nahelag, kommt die Kammer zu der Schlussfolgerung, dass das Verfahren gemäß vorliegendem Anspruch 1 naheliegende Ausführungsformen einschließt. Folglich kann keine erfinderische Tätigkeit sowohl für dieses beanspruchte Verfahren, als auch für die wasserabsorbierenden Polymerpartikel, die nach diesem Verfahren erhältlich sind, d.h. das Produkt gemäß vorliegendem Anspruch 6, anerkannt werden.
5. Der einzige Antrag der Beschwerdeführerin ist somit wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 52 (1) und 56 EPÜ nicht gewährbar.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.