European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2021:T051517.20210122 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 22 Januar 2021 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0515/17 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06762175.5 | ||||||||
IPC-Klasse: | B21D22/14 B21K1/28 B21H1/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUM UMFORMEN EINER BLECHRONDE | ||||||||
Name des Anmelders: | WF Maschinenbau- und Blechformtechnik GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Leifeld Metal Spinning AG | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | - | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 24. Januar 2017 ein, mit der der Einspruch zurückgewiesen wurde.
II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2020 und vom 12. Januar 2021 teilte die Beschwerdegegnerin mit, dass das Patent in keinem Vertragsstaat mehr in Kraft sei und dass sie keine weiteren Anträge stelle.
Die Beschwerdegegnerin beantragte gemäß Regel 84(1) EPÜ die Fortsetzung des Verfahrens.
V. Der unabhängige Anspruch hat folgenden Wortlaut:
(Nummerierung wurde hinzugefügt)
1
Verfahren zum Umformen einer Blechronde (1), die auf einem um eine Achse (3) rotierenden ebenen Werkzeug (4) aufliegt und eine Dicke a1 sowie einen Durchmesser d1 aufweist, der kleiner als der Durchmesser des Werkzeugs (4) ist,
2
wobei mindestens eine Drückrolle (7) axial in das Material der Blechronde (1) eingetaucht und radial nach außen bewegt wird, so dass die Fläche der Blechronde (1) radial in allen Richtungen vergrößert wird,
so dass aus der Blechronde (1) mit dem Ausgangsdurchmesser d1 und der Dicke a1 ein rotationssymmetrisches Teil, nämlich eine weitere Blechronde mit einem größeren Durchmesser d2 und bis zum Außenumfang verringerten Dicke a2 geformt wird,
dadurch gekennzeichnet,
3
dass zur Herstellung der weiteren Blechronde mit größerem Durchmesser die Drückrolle (7)
3.1a
nahezu [sic] einem, einen Stift (5) zum verdrehsicheren Halten aufnehmenden zentrischen Loch (2)
3.1b
oder an dessen Rand
in die Blechronde mit kleinerem Durchmesser eintaucht
3.2
und unter Ausbildung der verringerten Dicke a2 radial nach außen bewegt wird,
3.3
wobei der Durchmesser d2 um mehr als 10% größer ist als der Ausgangsdurchmesser d1,
3.4
wobei mittels einer oder mehrerer frei drehbarer Niederhalterollen (8) ein Auswandern des Rondenmaterials in axialer Richtung verhindert wird.
VI. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) argumentierte im Hinblick auf die geltend gemachte unzulässige Erweiterung (Artikel 123(2) EPÜ) im Wesentlichen wie folgt:
Das Merkmal 3.1a, wonach die Drückrolle (7) "nahezu [sic] einem, einen Stift (5) zum verdrehsicheren Halten aufnehmenden zentrischen Loch (2)" eintaucht, gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus.
Dieses Merkmal bedeute, dass das Loch einen Stift zum verdrehsicheren Halten aufnehme.
Der Begriff des verdrehsicheren Haltens sei in der ursprünglichen Anmeldung nicht zu finden.
Das Merkmal gehe auch nicht implizit aus der genannten Beschreibungspassage auf Seite 3, Zeilen 7-13, hervor. Das Halten an einem zentrischen Loch diene üblicherweise nur der Zentrierung der Blechronde. Die drehfeste Fixierung werde üblicherweise anderweitig erreicht.
Die in Zeile 8 genannte Einspannung der Blechronde sei nur im Zusammenspiel mit der Gegenhalteeinrichtung (6) offenbart. Diese sei aber nicht im Anspruch enthalten, so dass in Bezug auf die spezielle Ausführungsform eine unerlaubte Verallgemeinerung vorliege.
VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) argumentierte im Hinblick auf die unzulässige Erweiterung (Artikel 123(2) EPÜ) im Wesentlichen wie folgt:
Sie verwies auf Seite 3, Zeilen 1-13, sowie Zeilen 23-26. Daraus ergebe sich insgesamt das streitige Merkmal.
Da das Werkzeug mit der daran gehaltenen Blechronde gedreht werde, sei für den Fachmann zumindest implizit ein verdrehsicheres Halten offenbart. Die Formulierung "Die Blechronde ist vorzugsweise am zentrischen Loch gehalten. Hierzu greift in ein zentrisches Loch zumindest ein Stift 5 ggf. auch spannend ein" stelle klar, dass dieses Halten durch den Stift realisiert werde. Dies decke auch verschiedene Ausgestaltungen des Stifts ab, ohne eine Zwischenverallgemeinerung darzustellen.
Entscheidungsgründe
1. Entscheidung über erloschenes Patent
Zwar ist das Patent in allen Vertragsstaaten erloschen, die Beschwerdeführerin hat jedoch Fortsetzung des Verfahrens beantragt, so dass das Einspruchsbeschwerdeverfahren fortzusetzen war (Regel 84(1) EPÜ.
2. Unzulässige Erweiterung - Artikel 123(2) EPÜ
2.1 Der erteilte Anspruch 1 basiert im Wesentlichen auf dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 (Merkmale 1 und 2) und den Ansprüchen 6 und 8 (Merkmale 3.3 und 3.4). Für die Merkmale 3 bis 3.2 wurde Seite 3 der ursprünglichen Beschreibung als Basis angegeben.
Das streitige Merkmal 3.1a, wonach die Drückrolle (7) "nahezu [sic] einem, einen Stift (5) zum verdrehsicheren Halten aufnehmenden zentrischen Loch (2)" eintaucht, bedeutet, dass die Verdrehsicherung durch die Aufnahme des Stifts (5) in dem Loch (2) erreicht wird: Der Stift wird "zum" Zweck des verdrehsicheren Haltens in dem Loch aufgenommen.
Explizit offenbart die ursprüngliche Anmeldung nichts über eine Verdrehsicherung der Blechronde.
Der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte und ursprünglich offenbarte Zusammenhang, dass sich das Werkzeug mit der Blechronde gemeinsam dreht, bedeutet ebenfalls nicht, dass die Verdrehsicherung durch die Aufnahme des Stifts in dem Loch erreicht wird.
Für die Beschwerdegegnerin offenbart die Beschreibung dies zumindest implizit, weil zum Halten der Blechronde der Stift in das zentrische Loch eingreife, gegebenenfalls auch spannend (Seite 3, Zeilen 7-8).
Eine implizite Offenbarung setzt voraus, dass der Fachmann das betreffende Merkmal automatisch mitliest, weil es sich zwingend ergibt. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Einerseits ist es in keiner Weise eindeutig, dass "spannend eingreifen" auch eine Verdrehsicherung beinhaltet. Andererseits kann die Sicherung gegen das Verdrehen einer Blechronde an einem Werkzeug auf verschiedene Weisen erfolgen, z.B. durch einen Magnethalter, Vakuumbefestigung, Andrücken der Drückrolle, formschlüssiges Anformen der Ronde an das Werkzeug etc.
Daher entnimmt der Fachmann der Beschreibung nicht unmittelbar und eindeutig, dass das zentrische Loch den Stift zum verdrehsicheren Halten aufnimmt.
Aus diesen Gründen geht das Merkmal 3.1a entgegen den Anforderungen des Artikels 123(2) EPÜ über die ursprüngliche Offenbarung hinaus.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Das Patent wird widerrufen.