T 0433/17 () of 4.2.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T043317.20200204
Datum der Entscheidung: 04 Februar 2020
Aktenzeichen: T 0433/17
Anmeldenummer: 12002061.5
IPC-Klasse: F16B 15/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 275 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Klammerstab zur Befestigung von Dämmplatten an Holzständern
Name des Anmelders: Joh. Friedrich Behrens AG
Name des Einsprechenden: Baussmann Collated Fasteners GmbH
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 2. Januar 2017 ein, mit der das Patent EP 2 642 137 widerrufen wurde.

II. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ausgehend von

D7: DE-U-299 03 556

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. 56 EPÜ).

III. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Für diese Entscheidung ist zusätzlich folgendes Dokument relevant:

D13: Gutachterliche Stellungnahme von Herr Dr. Holger Schopbach

V. Am 04.02.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

VI. Der unabhängige Anspruch hat folgenden Wortlaut:

"Klammerstab (10) mit einer Vielzahl von miteinander verbundenen Klammern (12) zur Befestigung von Dämmplatten an Holzständern, wobei

. jede der Klammern (12) einen Rücken (14) und zwei mit dem Rücken (14) verbundene, parallel zueinander angeordnete Schenkel (16) aufweist,

. die Länge der Schenkel (16) mindestens dreimal so groß ist wie die Breite des Rückens (14) und

. jeder Schenkel (16) einen zylindrischen Abschnitt (18) und einen Endabschnitt (20) aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

. jeder Endabschnitt (20) sich mit zunehmendem Abstand von dem zylindrischen Abschnitt (18) verjüngt und spitz in einem auf einer Mittellängsachse (22) des jeweiligen Schenkels (16) angeordneten Punkt (24) zusammenläuft, wobei

. der Endabschnitt (20) eines Schenkels (16) mindestens eine Schrägfläche (28) aufweist, die gegenüber der Mittellängsachse (22) des Schenkels (16) in einem Winkel im Bereich von 20° bis 60° geneigt ist".

VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) lassen sich, soweit für diese Entscheidung relevant, im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

D7 werde richtigerweise als nächstliegender Stand der Technik betrachtet. Diese Entgegenhaltung offenbare einen Klammerstab gemäß der Präambel des Anspruchs 1, der eine Meißelspitze aufweise.

Davon ausgehend sei die zu lösende Aufgabe, einen Klammerstab mit Klammern zur Befestigung von Dämmplatten an Holzständern zur Verfügung zu stellen, dessen Klammern geradliniger in die Dämmplatten eingetrieben werden können. Diese Aufgabe sei speziell auf die Befestigung von Dämmplatten an relativ schmalen Holzständern gerichtet (Abs. 8 und 12 des Patents). Dabei sei zwar das Eindringen in die Platte einfach, jedoch werde in diesem speziellen Anwendungsfall, wie anhand von Vergleichsversuchen gezeigt, kein geradliniger Verlauf der Klammer erreicht. Dies sei zunächst überraschend gewesen, da die Meißelspitzen symmetrisch gestaltet seien. Insofern sei es auch nicht naheliegend, zu erkennen, dass eine punktförmige Spitze die gestellte Aufgabe löst.

Die Formulierung der Aufgabe dürfe nicht darauf verengt werden, eine bessere Spitzengeometrie zu finden, weil so die Aufgabe einen Teil der Lösung beinhalten würde. Die Aufgabe sei breiter zu formulieren, da viele andere technische Maßnahmen denkbar seien, um das Verlaufen der Spitze zu vermeiden.

In den Unterlagen der Beschwerdegegnerin sei zudem kein belastbarer Hinweis darauf vorhanden, dass es dem Fachmann bekannt war, dass eine punktförmige Spitze geradliniger in ein Material eindringt als eine Meißelspitze. Der Einwand zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit stütze sich daher auf eine rückschauende Betrachtung und nicht auf eine tragfähige Begründung.

VIII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) lassen sich, soweit für diese Entscheidung relevant, im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Die Beschwerdegegnerin stimme dem Patentinhaber zu, dass D7 den nächstliegenden Stand der Technik darstelle und den Gegenstand der Präambel des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung offenbare. D7 offenbare jedoch nicht, welcher Typ Spitze für die Klammern vorzusehen sei.

Ausgehend von D7, und mit der Aufgabe, ein geradliniges Eintreiben sicherzustellen, sei es für den Fachmann naheliegend, eine Klammer mit einer Diamantspitze zu versehen, die ja einschließlich ihrer Vorteile gut bekannt sei. Auch sei es nicht erfinderisch, aus den wenigen in der (in D13 zitierten) EN 10230-1 gezeigten Möglichkeiten einer Spitzengeometrie auszuwählen.

Entscheidungsgründe

1. D7 stellt unstreitig den nächstliegenden Stand der Technik dar und es ist unstreitig, dass D7 die Merkmale der Präambel des Anspruchs 1 offenbart.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem Klammerstab der D7 in der speziellen Ausgestaltung der Klammerspitzen, nämlich dass

a) jeder Endabschnitt (20) sich mit zunehmendem Abstand von dem zylindrischen Abschnitt (18) verjüngt und spitz in einem auf einer Mittellängsachse (22) des jeweiligen Schenkels (16) angeordneten Punkt (24) zusammenläuft, wobei

b) der Endabschnitt (20) eines Schenkels (16) mindestens eine Schrägfläche (28) aufweist, die gegenüber der Mittellängsachse (22) des Schenkels (16) in einem Winkel im Bereich von 20° bis 60° geneigt ist.

3. Die Erfindung der D7 geht von Nägeln aus, die zur Befestigung von Holzwolleleichtbauplatten verwendet werden. Die Neuerung liegt darin, die Nägel (mit Köpfen und evtl. Unterlegscheiben) durch Klammern zu ersetzen, die leichter und schneller zu verarbeiten sind. In Bezug auf diese Neuerung wird in D7 hauptsächlich das Durchzugsverhalten der Klammerrücken im Vergleich zu Nagelköpfen thematisiert. Über die genaue Ausgestaltung der Klammerspitzen wird weder in der Beschreibung der D7 noch in der Abbildung explizit etwas offenbart.

4. Die Beschwerdeführerin ging bei der Formulierung der technischen Aufgabe offenbar davon aus, dass D7 eindeutig eine Meißelspitze offenbart, so dass man, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen, die vorhandene Meißelspitze entfernen, und sie durch eine punktförmige Spitze ersetzen müsste. Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen offenbart D7 jedoch nicht eindeutig, welche Form die Klammerspitze hat. Um eine Klammer zu gestalten, die geradlinig in Dämmplatten eingetrieben werden kann, ist es also nur nötig, eine geeignete Spitze zu wählen. Dies resultiert in einer etwas anderen Formulierung der technischen Aufgabe, nämlich "eine Spitzengeometrie für die bekannten Klammern zu definieren, so dass sie geradlinig in die Dämmplatten eingetrieben werden können", und nicht, wie von der Beschwerdeführerin vorgeschlagen "einen Klammerstab ... zur Verfügung zu stellen, dessen Klammern geradliniger in die Dämmplatten eingetrieben werden können". Die gewählte Formulierung der objektiven technischen Aufgabe beinhaltet zwar die Gestaltung der Spitzengeometrie. Dies stellt jedoch keinen Lösungsansatz dar, weil - wie oben ausgeführt - der Fachmann ausgehend von D7 auf jeden Fall gezwungen ist, Überlegungen zur Spitzengeometrie anzustellen.

5. Der Fachmann würde zur Lösung dieser Aufgabe das allgemeine Fachwissen, z.B. in Form genannten Normen zu Rate ziehen, und hätte folglich eine geringe Anzahl von möglichen und bekannten Spitzengeometrien zur Auswahl. Insbesondere zeigt die Abbildung 3 der in D13 genannten EN 10230-1 eine Auswahl von 5 Spitzen. Eine geringe Anzahl von Routineversuchen würde den Fachmann zu der Erkenntnis bringen, welche der dort gezeigten Spitzen die genannte Aufgabe erfüllen, und welche nicht. Um zu einem positiven Ergebnis zu gelangen, ist es somit nicht nötig, aus dem Fachwissen zusätzliche Hinweise darauf zu bekommen, welche Spitzengeometrie besonders vorteilhaft wäre. Es genügt, die wenigen vorhandenen Varianten durchzutesten.

6. Ausgehend von der D7 würde der Fachmann daher ohne erfinderischen Schritt zu einem Klammerstab gelangen, dessen Klammerspitzen auf einen zentralen Punkt zulaufen (Merkmal a)).

7. Bezüglich Merkmal b) (Schrägfläche der Spitze um 20° bis 60° geneigt) ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin kein Argument vorgebracht hat, warum dieses Merkmal eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte. Auch die Kammer ist der Auffassung, dass dieses Merkmal einen breiten Bereich definiert, der die gängigsten und daher naheliegenden Winkel umfasst, die ein Fachmann für den beschriebenen Zweck auswählen würde.

8. Aus diesen Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1, wie erteilt, nicht erfinderisch gegenüber D7 im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation