T 0422/17 (Nasslack-Overspray Abtrennvorrichtung/Dürr) of 14.1.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T042217.20190114
Datum der Entscheidung: 14 Januar 2019
Aktenzeichen: T 0422/17
Anmeldenummer: 10177199.6
IPC-Klasse: B01D 46/10
B01D 46/24
B01D 46/00
B01D 46/52
B05B 15/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Abtrennen von Nasslack-Overspray
Name des Anmelders: Dürr Systems AG
Name des Einsprechenden: Eisenmann SE
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin 1) und der Einsprechenden (Beschwerdeführerin 2) betreffen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das europäische Patent EP-B1-2 258 485 in geänderter Form auf Basis des damaligen Hilfsantrags 2 den Bedingungen des EPÜ genüge.

II. Folgende Dokumente wurden in der angefochtenen Entscheidung genannt:

D1: DE 42 11 465 A1

D2: WO 96 00131 A1

D3: WO 97 18884 A1

D4: WO 97 14508 A1

III. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin 1 u.a. einen neuen Hauptantrag ein.

Die unabhängigen Ansprüche des Hauptantrags sind wie folgt:

"1. Anlage zum Lackieren von Gegenständen, insbesondere von Fahrzeugkarosserien, umfassend mindestens eine Lackierkabine (110) und mindestens eine Vorrichtung zum Abtrennen von Nasslack-Overspray aus einem Overspray-Partikel enthaltenden Abluftstrom (120), wobei die Overspray-Partikel in einem Applikationsbereich (108) der Lackierkabine (110) in den Abluftstrom (120) gelangen, wobei die Vorrichtung (126) zum Abtrennen von Nasslack-Overspray mindestens eine Abtrennvorrichtung zum Abtrennen des Oversprays aus zumindest einem Teil des Abluftstroms (120) umfasst, welche mindestens ein regenerierbares Oberflächenfilter (146) aufweist,

wobei der Strömungsweg des Abluftstroms (120) von dem Applikationsbereich (108) zu der Abtrennvorrichtung (145) mindestens einen verengten Bereich (140) aufweist,

wobei die Vorrichtung (126) zum Abtrennen des Nasslack-Oversprays eine Strömungskammer (128) umfasst, die durch Strömungsleitelemente (132) in einen oberen Abschnitt (136) und einen unteren Abschnitt (138) unterteilt ist, wobei der obere Abschnitt (136) und der untere Abschnitt (138) durch den verengten Bereich (140) miteinander verbunden sind und mindestens eine Abtrennvorrichtung (145) in dem unteren Abschnitt (138) vorgesehen ist, und

wobei der verengte Bereich (140) einen sich von einander gegenüberliegenden Strömungsleitelementen (132) aus nach unten erstreckenden Abluftschacht (188) umfasst, der auf seinen Längsseiten durch sich in einer Förderrichtung (106) der Gegenstände erstreckende Schachtseitenwände (190) begrenzt ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

a) von dem Nasslack-Overspray gereinigte Abluft aus einem Abluftkanal (160) zumindest teilweise zu einer Luftstromerzeugungseinrichtung (118) gelangt, welche die gereinigte Abluft über eine Zuführeinrichtung erneut dem Applikationsbereich (108) in der Lackierkabine (110) zuführt,

und/oder dass

b) das mindestens eine regenerierbare Oberflächenfilter (146) mehrere, vertikal ausgerichtete, nebeneinander angeordnete, im Wesentlichen plattenförmige Filterelemente (154) mit Filteroberflächen (156) und im Betrieb der Vorrichtung (126) eine feuchte Oberfläche aufweist,

wobei die Oberfläche des mindestens einen regenerierbaren Oberflächenfilters (146) kontinuierlich oder intervallweise abspülbar ist, um den an den Filteroberflächen (156) abgeschiedenen Nasslack-Overspray zu entfernen, wobei das regenerierbare Oberflächenfilter (146) mit einer geeigneten Spüleinrichtung versehen ist."

"8. Verwendung einer Anlage, umfassend mindestens eine Lackierkabine (110) und mindestens eine Vorrichtung (126) zum Abtrennen von Nasslack-Overspray aus einem Overspray-Partikel enthaltenden Abluftstrom (120), wobei die Overspray-Partikel in einem Applikationsbereich (108) der Lackierkabine (110) in den Abluftstrom (120) gelangen, wobei die Vorrichtung (126) zum Abtrennen von Nasslack-Overspray mindestens eine Abtrennvorrichtung zum Abtrennen des Oversprays aus zumindest einem Teil des Abluftstroms (120) umfasst, welche mindestens ein regenerierbares Oberflächenfilter (146) aufweist,

wobei der Strömungsweg des Abluftstroms (120) von dem Applikationsbereich (108) zu der Abtrennvorrichtung (145) mindestens einen verengten Bereich (140) aufweist, und

wobei

a) die Vorrichtung (126) zum Abtrennen des Nasslack-Oversprays im Wesentlichen horizontal ausgerichtete Strömungsleitelemente (132) umfasst, deren Oberseiten jeweils eine Strömungsleitfläche (135) bilden, welche den Abluftstrom (120) zu dem verengten Bereich (140) hin leitet,

und/oder

b) die Vorrichtung (126) zum Abtrennen von Nasslack-Overspray aus dem Abluftstrom asymmetrisch zu einer Längsmittelebene (194) der Lackierkabine (110) ausgebildet ist, wobei die regenerierbaren Oberflächenfilter (146) nur auf einer Seite der Längsmittelebene (194) angeordnet sind und der verengte Bereich (140) sich in einer Längsrichtung (106) der Lackierkabine (110) über im Wesentlichen die gesamte Länge der Lackierkabine (110) erstreckt,

zum Lackieren von Gegenständen, insbesondere von Fahrzeugkarosserien."

Die Ansprüche 2 bis 7 stellen bevorzugte Ausführungsformen des Anspruchs 1 dar.

IV. Die Argumente der Beschwerdeführerin 1 können wie folgt zusammengefasst werden:

Neuheit

D1 offenbare nicht die Unterteilung der Strömungskammer in einen oberen und einen unteren Abschnitt. Auch sei der Abluftschacht gemäß Anspruch 1 nicht in D1 vorhanden.

D4 offenbare nicht die im wesentlichen horizontal ausgerichteten Strömungsleitelemente und auch nicht, dass der verengte Bereich sich über die gesamte Länge der Lackierkabine erstreckt.

Erfinderische Tätigkeit

Variante a) aus Anspruch 1 sei nicht nahegelegt, da D1 nicht mit D2 kombiniert werden könne. D2 sei ein offenes System, in dem die ausgestoßene Luft nicht wieder in den Applikationsbereich zurückgeführt werde. Die platzsparende Anordnung sei nicht im Stand der Technik gelehrt. Aus diesem Grund allein sei Variante b) auch erfinderisch.

Variante a) aus Anspruch 8 gehe nicht aus D4 hervor, da die Figuren 13 bis 17 nicht in Kombination mit Figur 12 gelesen werden könnten. Auch sei ein regenerierbares Oberflächenfilter nicht in D4 offenbart.

Variante b) aus Anspruch 8 erlaube die Abscheidung zu verbessern, da weniger Partikel an Oberflächen haften blieben. Die Lehre den verengten Bereich über den gesamten Bereich der Lackierkabine anzubringen gehe nicht aus D4 oder D1 hervor.

V. Die Argumente der Beschwerdeführerin 2 können wie folgt zusammengefasst werden:

Neuheit

Anspruch 1, Variante a) sei nicht neu gegenüber D1. Die Strömungskammer werde durch die Mischkammer 7, die Absaugeleitung 8 sowie die Kammer 10 gebildet. Der obere Teil der Leitung 8 stelle einen Abluftschacht im Sinne des Anspruchs dar.

Anspruch 8, Variante a) sei nicht neu gegenüber D4. Figur 12 sei im Zusammenhang mit Figuren 13 bis 17 zu lesen. Selbst wenn Figur 12 nur die Figuren 4 bis 8 zugrunde gelegt würden, wären die Schuppen 6 oder die Lamellen 7 im Wesentlichen horizontal und als Strömungsleitelemente anzusehen. Aus Anspruch 18 der D4 gingen die Filter hervor.

Anspruch 8 Variante b) fehle es auch an Neuheit gegenüber D4, da der Fachmann die Möglichkeit der Längserstreckung des verengten Bereichs über die gesamte Länge der Lackierkabine in Figur 12 unmittelbar erkenne.

Erfinderische Tätigkeit

Anspruch 1, Variante a) beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit bei der Zusammenschau von D1 mit D2 bzw. D2 mit D1. Aus Figur 1 der D2 gehe unmittelbar hervor, dass die Strömungskammer durch Strömungsleitelemente (11) in einen oberen und einen unteren Bereich aufgeteilt werden könne, sodass die Aufgabe der platzsparenden Anordnung in naheliegender Weise gelöst sei. Oben und unten sei als vertikal unterschiedlich zu verstehen, was auch in D2 gezeigt sei.

Anspruch 1, Variante b) ergebe sich in naheliegender Weise aus einer Kombination von D1 mit D3. D3 lehre eindeutig Filteroberflächen, die im Betrieb der Vorrichtung eine feuchte Oberfläche aufweisen (Seite 2, letzter Absatz).

D4 führe den Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 8, Variante a). Es sei naheliegend, die Wände 1 der Figuren 13 bis 17 bei allen in D4 beschriebenen Kabinenarten zu verbauen.

Der Gegenstand des Anspruchs 8, Variante b) erlaube zwar die Abscheidung der Lackpartikel zu verbessern, da er weniger geneigte Flächen gegenüber einem trichterförmig ausgebildeten verengten Bereich habe, jedoch sei dies dem Fachmann bekannt, sodass er oder sie zur Lösung der Aufgabe der verbesserten Abscheidung den beanspruchten Aufbau in Betracht ziehe. Deshalb sei diese Variante von D1 und allgemeinem Fachwissen nahegelegt.

VI. Die Beschwerdeführerin 1 beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Basis des Hauptantrags, eingereicht mit der Beschwerdeschrift vom 21. Februar 2017, aufrechtzuerhalten. Alternativ wird beantragt, das Patent auf Basis der Hilfsanträge 1' bis 6', eingereicht mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2018, aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdeführerin 2 beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Artikel 54 EPÜ

1.1 Anspruch 1

1.1.1 Anspruch 1 betrifft eine Anlage zum Lackieren von Gegenständen, die eine Strömungskammer umfasst. Der Einspruchsabteilung ist darin zuzustimmen, dass eine Kammer ein von einer Wandung umgebener Raum ist. Diese Kammer ist in einen oberen und einen unteren Abschnitt unterteilt, wobei oben und unten als in der Vertikalen unterschiedlich in Richtung der Schwerkraft positioniert, angesehen wird. Der verengte Bereich, der sich zwischen dem oberen und unteren Abschnitt befindet, umfasst einen Abluftschacht, der sich nach unten erstreckt, was so ausgelegt wird, dass der Schacht mehr oder weniger senkrecht nach unten geht und sich dort die Öffnung befindet. Dabei ist der Schacht durch Schachtseitenwände begrenzt, was ihn von herkömmlichen Rohren unterscheidet.

1.1.2 D1 offenbart keine Strömungskammer im Sinne des Anspruchs 1. Den Inhalt der Mischkammer 7, der Absaugeleitung 8 sowie des Abscheiders 10 als eine Kammer anzusehen, ist nicht im Einklang mit dem gängigen Verständnis eines Fachmanns. Vielmehr kann jedes dieser Elemente als Kammer angesehen werden. Zudem wird die Absaugeleitung 8 nicht als ein sich nach unten erstreckender Abluftschacht im Sinne des Anspruchs angesehen, da das Rohr nicht mit einer Schachtseitenwand gleichgesetzt wird und sich das Rohr nicht mehr oder weniger senkrecht nach unten erstreckt, sondern seitlich abgeht.

1.2 Anspruch 8 - Variante a)

Die in dieser Variante verwendete Anlage umfasst im Wesentlichen horizontal ausgerichtete Strömungsleitelemente, deren Oberseiten eine Strömungsleitfläche bilden und den Strom zum verengten Bereich leiten. Das Merkmal "im Wesentlichen" wird so verstanden, dass die bei der Errichtung der Anlage üblichen und bautechnisch akzeptablen Schwankungen hinsichtlich der horizontalen Ausrichtung noch als unter den Anspruchswortlaut fallend anzusehen sind. Eine darüber hinausgehende Abweichung der horizontalen Ausrichtung wird nicht mehr durch das Merkmal "im Wesentlichen" gedeckt.

D4 offenbart in Figur 12 den Schnitt durch eine Lackierkabine. Die Wand 1 ist dort, wo die Oberfläche eine Strömungsleitfläche bildet, nicht horizontal. Die Wände, die in D4 beschrieben sind können einerseits Schuppenstrukturen, wie in Figuren 4a bis 7b gezeigt, aufweisen (Seite 4, Zeilen 29 und 30) oder gestuft sein, wie in Figuren 13 bis 17 gezeigt. Das in Figur 12 gezeigte Ausführungsbeispiel enthält erfindungsgemäß ausgebildete Wandabschnitte 1 (Seite 6, Zeilen 16 und 17). Da bis dahin nur die Schuppenstrukturen beschrieben wurden, versteht der Fachmann am ehesten, dass die Wand 1 aus Figur 12 auch solche Strukturen besitzt. Obwohl die in Figuren 4b bis 8b gezeigten Schuppen 6 nach oben gegenüber der Horizontalen geneigt sind, kann nicht geschlussfolgert werden, dass diese Neigung zwingend zu einer im Wesentlichen horizontalen Anordnung führt, wenn die Schuppen auf der nach unten geneigten Wand 1 der Figur 12 angebracht sind. Vielmehr ist die Neigung der Schuppen eher gering, da sie nur den Austritt des Gases durch die Öffnungen 3 erlauben muss. Zudem wäre die Wand 1 dann auch nicht als nach unten geneigt dargestellt, wenn die darauf angebrachten Schuppen die Neigung kompensieren würden. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Wand 1 doch die gestufte Struktur, wie in Figuren 13 bis 17 gezeigt, besäße, dann wäre es immer noch nicht eindeutig, dass die Wand 1 horizontale Elemente enthalte, da eine Wand wie in Figur 19 gezeigt, wahrscheinlicher erscheint. Eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung von horizontal ausgerichteten Strömungsleitelementen befindet sich also in Figur 12 nicht. Zudem offenbart Figur 12 kein regenerierbares Oberflächenfilter und kann auch angesichts der Offenbarung von Anspruch 18 aus D4, der sowohl Zyklon als auch generell Filter erwähnt, nicht zwingend implizit als in Figur 12 vorhanden angesehen werden. Variante a) ist deshalb neu.

1.3 Anspruch 8 - Variante b)

Diese Variante erfordert, dass die regenerierbaren Oberflächenfilter nur auf einer Seite der Längsmittelebene (194) angeordnet sind und der verengte Bereich (140) sich in einer Längsrichtung (106) der Lackierkabine (110) über im Wesentlichen die gesamte Länge der Lackierkabine (110) erstreckt. Das Merkmal "im Wesentlichen" wird auch hier so wie für Variante a) ausgelegt.

Aus Figur 14 geht hervor, dass der Overspray nur auf eine Seite abgeleitet wird. Selbst wenn angenommen wird, dass dieser einer Abscheidevorrichtung zugeführt wird, so ist nicht unmittelbar und eindeutig erkennbar, ob es sich dabei um ein Zyklon oder ein Filter, insbesondere ein regenerierbares Oberflächenfilter, handelt. Zudem enthält D4 keine Offenbarung, dass die in Figur 12 gezeigte Verengung über die gesamte Länge der Lackierkabine vorhanden ist. Die einzige in D4 vorhandene Offenbarung der Längsausdehnung der Lackierkabine ist in Figur 23 zu sehen, die zeigt, dass die Wände im Wesentlichen trichterförmig aufeinander zulaufen (Seite 10, Zeilen 5 bis 7).

1.4 Die Bedingungen des Artikels 54 EPÜ sind somit erfüllt.

2. Artikel 56 EPÜ

2.1 Anspruch 1 - Variante a)

2.1.1 Als nächstliegender Stand der Technik wird D1 angesehen, da es, wie die beanspruchte Vorrichtung, auch Nasslack betrifft.

D2 ist weniger geeignet, da es Pulverlack betrifft und keine Rückführung der gereinigten Abluft vorsieht.

2.1.2 Die gegenüber D1 zu lösende Aufgabe wird darin gesehen eine kompakte Anlage bereitzustellen, die eine vorzeitige Abscheidung von Nasslack-Overspray reduziert (Absatz [0020] des Streitpatents).

2.1.3 Die Aufgabe wird durch eine Anlage gemäß Anspruch 1 gelöst, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung zum Abtrennen des Nasslack-Oversprays eine Strömungskammer umfasst, die durch Strömungsleitelemente in einen oberen Abschnitt und einen unteren Abschnitt unterteilt ist, und der verengte Bereich einen sich von einander gegenüberliegenden Strömungsleitelementen aus nach unten erstreckenden Abluftschacht umfasst, der auf seinen Längsseiten durch sich in einer Förderrichtung der Gegenstände erstreckende Schachtseitenwände begrenzt ist.

2.1.4 Es steht außer Frage, dass die Aufgabe erfolgreich gelöst ist, da die Unterteilung der Strömungskammer in einen oberen und einen unteren Abschnitt es ermöglicht, die Strömungsleitelemente und das Oberflächenfilter möglichst platzsparend anzubringen. Es mag sein, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Oberflächenfilter und die Trennwand beliebig weit auseinander liegen können, doch ist dies dem Fachmann ein eher unüblicher Aufbau, da die Optimierung des Platzverbrauchs aus rein ökonomischen Gründen immer im Vordergrund steht. Bei einem Aufbau wie beansprucht, wird der Fachmann den oberen und unteren Abschnitt zwingend optimal ausnutzen.

Zudem erlaubt es der nach unten weisende Abluftschacht, ein Absetzen der Nasspartikel zu reduzieren, da keine Krümmung wie in der Absaugeleitung 8 der D1 vorliegt, die eine Ablagerung solcher Partikel begünstigt.

2.1.5 Es bleibt zu untersuchen, ob die vorgeschlagene Lösung für den Fachmann naheliegend war.

D1 zeigt nur die seitliche Anordnung des Oberflächenfilters und gibt keinen Hinweis die Mischkammer, das Saugrohr und den Abscheider 10 von oben nach unten in einer Kammer anzubringen. Vielmehr gibt es keinen Grund, den Aufbau der Figur 1, angesichts der anderen vorhandenen Elemente (z.B. Zufuhrleitungen und Behälter), zu ändern. Deshalb gibt es auch keinen Hinweis darauf, die Absaugeleitung 8 als sich nach unten erstreckenden Abluftschacht auszubilden. Im Nachhinein mag die beanspruchte Aufbauweise als evident erscheinen, jedoch beruht dies auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.

D2 offenbart zwar in Figur 2 die in Punkt 2.1.3 aufgeführten Unterscheidungsmerkmale, jedoch betrifft D2 Pulverlack und keine Rückführung der gereinigten Abluft. Vielmehr wird in D2 die Einwirkung von Druckluft-Impulsen vermieden, was zu einem speziellen Verfahren zur Rückspülung der Filter führt, das nicht kompatibel mit dem Aufbau der D1 ist (D2: Seite 1, letzter Satz und Seite 2, erster Absatz; Seite 13, 3. Absatz bis Seite 14, 3. Absatz). Insbesondere verlangt diese Rückspülung ein offenes System, das die Rückführung wie in D1 ausschließt. Die Aufnahme nur eines Teils der Elemente der D2 in D1 basiert auf einer rückschauenden Betrachtungsweise, die der Fachmann nur unter Kenntnis der vorliegenden Erfindung täte.

Deshalb lehrt weder D1, noch D2, oder deren Kombination die vorgeschlagene Lösung in naheliegender Weise.

2.2 Anspruch 1 - Variante b)

Unbeschadet der Frage, welche zusätzlichen Unterscheidungsmerkmale diese Variante gegenüber D1 aufweist und ob D1 mit D3 kombiniert würde, sind auf jeden Fall die in Punkt 2.1.3 aufgezählten Merkmale auch in dieser Variante vorhanden, sodass auch diese mindestens die in 2.1.2 dargelegte Aufgabe löst. Die Schlussfolgerung der Variante a) ist somit weiterhin gültig.

2.3 Anspruch 8 - Variante a)

2.3.1 Als nächstliegender Stand der Technik wird D1 angesehen, da es auf dem Gebiet der Nasslackierung liegt und explizit die Kombination eines Filters mit einem Strömungsweg, der zwischen dem Applikationsbereich und der Abtrennvorrichtung verengt ist, aufweist.

Wie bereits unter Punkt 1.2.1 (oben) dargelegt, offenbart D4 weder eine Anlage mit einer Lackierkabine, die im Wesentlichen horizontal ausgerichtete Strömungsleitelemente umfasst, noch ein regenerierbares Oberflächenfilter als Teil einer solchen Lackierkabine. D4 ist deshalb weniger geeignet als nächstliegender Stand der Technik als D1.

2.3.2 Die gegenüber D1 zu lösende Aufgabe kann darin gesehen werden, eine alternative Anlage zu verwenden.

2.3.3 Als Lösung wird die Verwendung gemäß Anspruch 8, Variante a) vorgeschlagen, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung zum Abtrennen des Nasslack-Oversprays im Wesentlichen horizontal ausgerichtete Strömungsleitelemente umfasst, deren Oberseiten den Abluftstrom zu dem verengten Bereich hin leiten.

2.3.4 In D1 (Figur 1) ist die Mischkammer in Form eines Trichters ausgebildet. Diese Form dient dazu, die Partikel in die Absaugeleitung zu leiten; einen Hinweis, diesen Trichter durch horizontal ausgerichtete Strömungsleitelemente zu ersetzen, findet sich in D1 nicht.

D4 betrifft, wie die D1, auch das Nasslack-Spritzlackieren von Gegenständen (z.B. Anspruch 14). Wie bereits unter Punkt 1.2.1 erwähnt, offenbart D4 für den Wandaufbau einerseits Schuppenstrukturen, wie in Figuren 4a bis 7b gezeigt, andererseits die gestufte Struktur, wie in Figuren 13 bis 17 gezeigt. Der Einbau dieser Elemente in der Anlage der D1 würde eine wesentliche Veränderung der Mischkammer aus D1 bedingen, da zusätzlich Düsenschlitze angebracht werden müssten, die es erlauben, das Gas zuzugeben, um das gewünschte Gaspolster auszubilden (D4: Anspruch 1, Seite 6, Zeile 30 bis Seite 7, Zeile 11). Ein Fachmann auf der Suche nach einer Alternative würde dies nicht tun. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass ein Fachmann beide Möglichkeiten des Wandaufbaus für D1 in Betracht ziehen würde, so würde er oder sie nicht zur vorgeschlagenen Lösung gelangen. Der Einbau der Schuppenstrukturen in die trichterförmige Mischkammer 7 hätte keine Auswirkung auf die Ausrichtung der Wände. Das gleiche gilt für den Einbau der gestuften Struktur, denn diese würde zu einem Trichter wie in Figur 19 der D4 führen. Die einzige Figur in D4, die ähnlich wie in D1 die Lackierung von einem Fahrzeug zeigt, ist Figur 12 und auch diese zeigt eine trapezförmige Strömungskammer. Eine Änderung einer solchen im Sinne der Figur 13 würde eher zu einem Wandaufbau wie in Figur 19 führen, sodass keine horizontal ausgerichteten Strömungsleitelemente vorhanden wären. Die Argumentation der Beschwerdeführerin 2, dass der Fachmann die trapezförmige Struktur aus Figur 12 durch eine horizontal ausgerichtete, gestufte Struktur wie in Figur 13 ersetzen würde, basiert auf einer rückschauenden Betrachtungsweise, da D4 mehrere Lackierkabinen mit trapezförmigem Unterbau offenbart, bei denen die Wand wie in Figur 13 gestuft ist (z.B. Figuren 19 und 21), jedoch keine mit einer horizontal, gestuften Ausrichtung. Auch findet die Beschreibung der Figur 13 ohne Rückbezug auf die Figur 12 statt, was auch durch die Terminologie "dargestellten Ausführungsbeispiel" zum Ausdruck kommt (letzter Absatz, Seite 6).

2.3.5 Die vorgeschlagene Lösung ist somit nicht naheliegend.

2.4 Anspruch 8 - Variante b)

2.4.1 Auch für diese Variante war es unstreitig, dass D1 nächstliegender Stand der Technik ist.

2.4.2 Im Einklang mit den Parteien kann die gegenüber D1 zu lösende Aufgabe darin gesehen werden, die Abscheidung an den Begrenzungswänden zu verringern.

2.4.3 Als Lösung wird die Verwendung gemäß Anspruch 8, Variante b) vorgeschlagen, dadurch gekennzeichnet, dass der verengte Bereich (140) der Vorrichtung sich in einer Längsrichtung (106) der Lackierkabine (110) über im Wesentlichen die gesamte Länge der Lackierkabine (110) erstreckt.

2.4.4 Es war unbestritten, dass die Aufgabe erfolgreich gelöst wird.

2.4.5 D1 zeigt in den Figuren nur einen Schnitt durch die Lackieranlage, aus dem nicht hervorgeht, wie weit sich der verengte Bereich erstreckt. Angesichts der Tatsache, dass die Mischkammer in eine Absaugeleitung mündet, versteht der Fachmann den Aufbau eher so wie er in Figur 3 der D4 gezeigt ist (D4: Seite 10, Zeilen 4 bis 7). Für die Annahme, dass der verengte Bereich der Mischkammer 7 in D1 sich über die gesamte Länge der Lackierkabine erstrecken soll, gibt es keinen Hinweis. D1 betrifft nicht das Problem der Abscheidung an den Begrenzungswänden im speziellen, sodass D1 keinen Anreiz schafft, hier einen speziellen Aufbau vorzusehen.

Wie bereits mehrfach erwähnt, offenbart D4 in Figur 12 auch eine Lackieranlage, jedoch geht auch aus dieser Figur nicht hervor, wie der Untergrund der Lackierkabine in Längsrichtung aussieht. Die einzige solche Offenbarung ist die in Figur 23. D4 befasst sich mit dem Niederschlagen der Lackpartikel an den Auffangflächen, jedoch wird als Lösung die Ausbildung eines Gaspolsters vorgeschlagen, sodass der Fachmann keinen Anreiz hat, sich zur Lösung der gestellten Aufgabe auf den Aufbau der Lackierkabine zu konzentrieren.

2.4.6 Die vorgeschlagene Lösung ist deshalb durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

3. Deshalb ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 sowohl neu als auch erfinderisch. Dies gilt demzufolge auch für den Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 7.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird mit der Anordnung an die erste Instanz zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage des Hauptantrags, eingereicht mit der Beschwerdeschrift vom 21.Februar 2017, und einer allenfalls anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.

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