T 0153/17 () of 1.7.2021

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2021:T015317.20210701
Datum der Entscheidung: 01 Juli 2021
Aktenzeichen: T 0153/17
Anmeldenummer: 09780136.9
IPC-Klasse: A61L 15/22
A61L 15/60
C08J 3/12
C08J 3/24
C08J 11/04
C08J 11/06
C08L 101/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG WASSERABSORBIERENDER POLYMERPARTIKEL
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: Nippon Shokubai Co., Ltd.
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54 (2007)
European Patent Convention Art 56 (2007)
European Patent Convention Art 83 (2007)
European Patent Convention Art 123(2) (2007)
European Patent Convention Art 123(3) (2007)
Schlagwörter: Änderungen - zulässig (ja)
Änderungen - Erweiterung des Patentanspruchs (nein)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1329/04
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent EP-B-2 307 062 in geänderter Form unter Artikel 101(3)(a) EPÜ aufrechtzuerhalten.

II. Im Einspruchsverfahren war das Patent auf der Grundlage von Artikel 100(a), 100(b) und 100(c) EPÜ angegriffen worden wegen mangelnder Neuheit (Artikel 54 EPÜ), mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), mangelnder Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ) sowie wegen unzulässiger Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ).

III. Unter anderem wurde auf folgende Dokumente verwiesen, die auch für die vorliegende Entscheidung relevant sind:

D1: WO 2007/074167

D2: EP 0 496 594

D3a: Maschinenübersetzung von JP-A-2001-079829

D4: EP 1 690 887

D7: "Modern Superabsorbent Polymer Technology",

1998, pp. 69-103

D10: WO 2009/153196

D11: WO 2004/018006

D23: Versuchsprotokoll Dr. Pfeiffer vom 22.07.2016

IV. Im Einspruchsverfahren verteidigte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) das Patent in geänderter Form. Hinsichtlich des vorgelegten Hauptantrags kam die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zu dem Schluss, dass der Einwand bezüglich mangelnder Klarheit nicht zulässig und zudem nicht zutreffend sei (Artikel 84 EPÜ), dass der Antrag keine unerlaubten Änderungen enthalte (Artikel 123(2) EPÜ), und dass das beanspruchte Verfahren ausreichend offenbart werde (Artikel 83 EPÜ). Des Weiteren sei der Anspruchsgegenstand neu gegenüber D1 bis D4, D10 und D11 (Artikel 54 EPÜ) und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, ausgehend von der technischen Lehre des Dokuments D4 (Artikel 56 EPÜ).

V. Der im Einspruchsverfahren vorgelegte Hauptantrag, der auch dieser Entscheidung zugrunde liegt, enthält einen unabhängigen Anspruch, der den folgenden Wortlaut hat:

1. Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel durch Polymerisation einer Monomerlösung oder -Suspension, enthaltend

a) mindestens ein ethylenisch ungesättigtes, säuregruppentragendes Monomer,

b) mindestens einen Vernetzer,

c) mindestens einen Initiator,

d) optional ein oder mehrere mit den unter a) genannten Monomeren copolymerisierbare ethylenisch ungesättigte Monomere und

e) optional ein oder mehrere wasserlösliche Polymere,

umfassend die Schritte

i) Polymerisation der Monomerlösung oder -suspension zu einem Polymergel,

ii) Trocknung des Polymergels,

iii) Zerkleinerung des getrockneten Polymergels und

iv) Klassierung, wobei Unterkorn abgetrennt wird,

wobei das abgetrennte Unterkorn zumindest teilweise vor Schritt ii) rückgeführt wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass die wasserabsorbierenden Polymerpartikel vor Schritt iv) oberflächennachvernetzt werden,

dass nach Schritt iii) und vor der Oberflächennachvernetzung zusätzlich klassiert und Unterkorn abgetrennt wird und

dass zumindest eine Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit mindestens einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet ist,

wobei sie vor Schritt iv) und nach der Oberflächennachvernetzung mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet wird.

VI. In ihrer Beschwerdebegründung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen folgendes vor:

Der während des Prüfungs- und Einspruchsverfahrens geänderte Anspruch 1 finde keine Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Zudem sei der beanspruchte Schutzbereich gegenüber der erteilten Fassung erweitert worden. Die Beschwerdeführerin argumentierte weiterhin, dass der Fachmann nicht in der Lage sei, das beanspruchte Verfahren über den gesamten beanspruchten Bereich auszuführen. Auch sei der beanspruchte Gegenstand nicht neu im Hinblick auf die Offenbarung der Dokumente D1 bis D4, D10 und D11, und basiere nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wobei von der Beschwerdeführerin hierzu sowohl Dokument D1 als auch Dokument D4 als nächstliegender Stand der Technik herangezogen wurde. Der Einwand bezüglich mangelnder Klarheit wurde im Beschwerdeverfahren nicht weiterverfolgt.

VII. In ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung brachte die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen folgendes vor:

Der geänderte Anspruch 1 finde eine Basis insbesondere im ursprünglich eingereichten Anspruch 6. Somit liege keine unzulässige Änderung vor. Weiterhin gebe es durch die geänderten Ansprüche keine Erweiterung des Schutzbereichs im Vergleich zum erteilten Patent. Auch sei es dem Fachmann durchaus möglich, das beanspruchte Verfahren über die gesamte Anspruchsbreite auszuführen, er müsse hierzu lediglich an sich bekannte Verfahrensschritte in der angegebenen Reihenfolge ausführen. Der in Zusammenhang mit mangelnder Ausführbarkeit im Hinblick auf das Erreichen hoher Zentrifugenretentionskapazitäten (CRC) vorgebrachte Einwand der Beschwerdeführerin sei als unzulässig zu verwerfen, da er erstmalig im Beschwerdeverfahren vorgetragen wurde. Die Beschwerdegegnerin argumentierte ferner, die Neuheitseinwände seien unbegründet, da keines der herangezogenen Dokumente die anspruchsgemäßen Verfahrensschritte in der geforderten Reihenfolge offenbare. Zudem werde das beanspruchte Verfahren ausgehend von Dokument D1 auch nicht nahegelegt. Der vorgebrachte Einwand an mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D4 sei ebenfalls als unzulässig zu verwerfen, da auch dieser erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebracht worden sei.

VIII. Mit Schreiben vom 8. Januar 2018 zog die Beschwerdeführerin ihren mit der Beschwerdebegründung hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

IX. Anträge

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3. Ebenfalls hilfsweise beantragte sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Von der Beschwerdegegnerin wurde hilfsweise Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Da, wie nachfolgend dargelegt, ihrem höherrangigen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde stattgegeben wird, ist eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren statthaft.

Hauptantrag

3. Änderungen (Artikel 123(2) und (3) EPÜ)

3.1 Die Beschwerdeführerin brachte wie bereits während des Einspruchsverfahrens vor, Anspruch 1 sei gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung unzulässig geändert worden. Sie vertrat die Auffassung, die Beurteilung der Einspruchsabteilung insbesondere im Zusammenhang mit dem Merkmal, "dass zumindest eine Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit mindestens einem Reduktionsmittel und/oder organischen Partikeln beschichtet ist", sei fehlerhaft.

3.2 Die Kammer ist aus den nachfolgend angeführten Gründen der Auffassung, dass die Beurteilung der Einspruchsabteilung bezüglich der Zulässigkeit der im Erteilungs- und Einspruchsverfahren durchgeführten Änderungen korrekt ist.

3.3 Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung wurde im Erteilungsverfahren durch Aufnahme der Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 2 und 3, sowie während des Einspruchsverfahrens zusätzlich durch Aufnahme der weiteren Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 5 und 6 geändert. Die genannten ursprünglich eingereichten Ansprüche waren auf den jeweils vorangehenden Anspruch (im Falle der Ansprüche 2 und 3), oder auf mehrere der vorangehenden Ansprüche (im Falle des Anspruchs 5 auf die Ansprüche 1 bis 4, im Falle des Anspruchs 6 auf die Ansprüche 2 bis 5) rückbezogen.

3.4 Die für die durchgeführten Änderungen relevanten Ansprüche 1 bis 3, 5 und 6 lauten in ihrer ursprünglich eingereichten Form wie folgt:

1. Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel durch Polymerisation einer Monomerlösung oder -Suspension, enthaltend

a) mindestens ein ethylenisch ungesättigtes, säuregruppentragendes Monomer,

b) mindestens einen Vernetzer,

c) mindestens einen Initiator,

d) optional ein oder mehrere mit den unter a) genannten Monomeren copolymerisierbare ethylenisch ungesättigte Monomere und

e) optional ein oder mehrere wasserlösliche Polymere,

umfassend die Schritte

i) Polymerisation der Monomerlösung oder -suspension zu einem Polymergel,

ii) Trocknung des Polymergels,

iii) Zerkleinerung des getrockneten Polymergels und

iv) Klassierung, wobei Unterkorn abgetrennt wird,

wobei das abgetrennte Unterkorn zumindest teilweise vor Schritt ii) rückgeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest eine Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit mindestens einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet ist.

2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die wasserabsorbierenden Polymerpartikel vor Schritt iv) oberflächennachvernetzt werden.

3. Verfahren gemäß Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass nach Schritt iii) und vor der Oberflächennachvernetzung zusätzlich klassiert und Unterkorn abgetrennt wird.

5. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Teilmenge des rückgeführten Unterkorns, die mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet ist, vor Schritt iv) beschichtet wird.

6. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Teilmenge des rückgeführten Unterkorns, die mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet ist, nach der Oberflächennachvernetzung beschichtet wird.

3.5 Der ursprünglich eingereichte Anspruch 6, der auf die vorangehenden Ansprüche 2 bis 5 rückbezogen ist, offenbart somit die Kombination der Merkmale der Ansprüche 6, 5, und 1 bis 3. Alle - und nur - diese Merkmale sind im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag enthalten.

Daher werden die Erfordernisse der Absätze 2 und 3 des Artikels 123 EPÜ erfüllt.

3.6 Die Beschwerdeführerin argumentierte, Anspruch 1 in der ursprünglich eingereichten Form schließe aus, dass ausschließlich Unterkorn rückgeführt werde, welches vor der Oberflächennachvernetzung abgetrennt werde (in der Entscheidung der Einspruchsabteilung als Fraktion 1 bezeichnet). Im Verfahren gemäß ursprünglich eingereichtem Anspruch 1 werde nämlich notwendigerweise das im Schritt iv) erhaltene Unterkorn rückgeführt (in der Entscheidung der Einspruchsabteilung als Fraktion 2 bezeichnet). Die Einspruchsabteilung habe in ihrer Entscheidung jedoch bestätigt, dass der Wortlaut des geänderten Anspruchs 1 auch die genannte, ursprünglich ausgeschlossene Ausführungsform erlaube.

3.7 Die Kammer kann dieser Argumentation nicht folgen. Im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 wird nicht, wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, ein zusätzlicher Schritt einer Abtrennung von Unterkorn ausgeschlossen. Ein derartiger Schritt ist zwar in Anspruch 1 nicht erwähnt, doch lässt die Formulierung unter Verwendung des Begriffs "enthaltend" offen, ob das beanspruchte Verfahren zusätzliche Schritte enthält. Zudem wird sowohl in Anspruch 3, als auch auf Seite 3, Zeilen 19 bis 23 der Beschreibung eindeutig eine zusätzliche Klassierung und Abtrennung von Unterkorn offenbart. Somit wird vom geänderten Anspruch 1 kein Verfahren umfasst, welches dem ursprünglichen Offenbarungsgehalt nicht zu entnehmen ist. Vielmehr ist auch die Rückführung von Unterkorn der Fraktion 1 explizit offenbart, nämlich im Anspruch 3 in Abhängigkeit von Anspruch 1. Auch eine Ausführungsform, wobei auch während einer vorangehenden Charge beschichtetes Unterkorn rückgeführt wird, wird weder vom Verfahren gemäß Hauptantrag ausgeschlossen, noch gemäß ursprünglicher Offenbarung.

3.8 Die Beschwerdeführerin argumentierte weiter, insbesondere die Aufnahme des Merkmals, wonach die Beschichtung zumindest eines Teils des Unterkorns vor dem Klassierungsschritt iv) und nach dem Schritt der Oberflächennachvernetzung erfolge, führe zu einem während des Einspruchsverfahrens unzulässig geänderten Anspruch 1.

Ihrer Ansicht nach lasse nämlich der Wortlaut des Anspruchs 1 des erteilten Patents zunächst offen, ob im beanspruchten Verfahren Unterkorn rückgeführt werde, welches vor der Oberflächennachvernetzung (in der Entscheidung der Einspruchsabteilung als Fraktion 1 bezeichnet), oder aber welches nach dem Klassierungsschritt iv) (in der Entscheidung der Einspruchsabteilung als Fraktion 2 bezeichnet), anfalle. Falls Unterkorn der Fraktion 2 rückgeführt werde, sei dies zwingend zusammen mit der Produktfraktion des getrockneten Polymergels beschichtet worden, und zwar nach dem Verfahrensschritt der Oberflächennachvernetzung und vor dem Schritt iv) der Klassierung und Abtrennung. Dies ergebe sich auch beispielsweise aus Absatz [0018] des erteilten Patents.

Eine derartige Einschränkung sei jedoch dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags nicht mehr zu entnehmen, auch weil der entsprechende Absatz [0018] des Patents im Verlaufe der Beschreibungsanpassung während des Einspruchsverfahrens gestrichen worden sei. Vielmehr sei nun anspruchsgemäß, entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung, auch die Rückführung separat beschichteten Unterkorns möglich, welches beispielsweise aus einem anderen Verfahren stammen könne. Dies werde auch durch die Beispiele der Beschreibung gestützt. Dieses rückgeführte Unterkorn müsse daher nicht - entgegen dem in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen offenbarten Verfahren - zusammen mit der Produktfraktion beschichtet werden. Diese Beschränkung sei im Verfahren gemäß Hauptantrag nicht mehr zwingend, was zu einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung führe. Zudem ergebe sich dadurch auch eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs. Die geänderte Formulierung des Anspruchswortlauts erlaube nämlich eine ursprünglich nicht offenbarte Auslegung.

3.9 Die Kammer kann sich auch dieser Argumentationslinie nicht anschließen. Da sich der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag unzweifelhaft aus der Kombination der Merkmale von ursprünglich eingereichten abhängigen Ansprüchen ergibt, geht auch das von der Beschwerdeführerin dargestellte Szenario ebenfalls bereits aus den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen hervor. Insbesondere ergibt sich aus diesen Unterlagen nicht zwingend, dass nur Unterkorn rückgeführt wird, welches zusammen mit der Produktfraktion, und zwar nach dem Oberflächennachvernetzungsschritt und vor der Klassierung mit Abtrennung von Unterkorn, beschichtet wird. Somit wurde durch die durchgeführte Änderung auch keine zwingend vorhandene Beschränkung entfernt.

3.10 Die Kammer kommt daher zu der Auffassung, dass die durchgeführten Änderungen die Erfordernisse der Absätze (2) und (3)des Artikels 123 EPÜ erfüllen.

4. Offenbarung (Artikel 83 EPÜ)

4.1 In der Einspruchsentscheidung wurden die von der Einsprechenden/Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente zu mangelnder Ausführbarkeit verworfen. Die Beschwerdeführerin beanstandete auch im Beschwerdeverfahren die Ausführbarkeit des beanspruchten Verfahrens.

4.2 Die Kammer ist aus den nachfolgend angeführten Gründen der Auffassung, dass das beanspruchte Verfahren im Patent so deutlich und vollständig offenbart wird, dass der Fachmann es ohne unzumutbaren Aufwand über die gesamte beanspruchte Breite ausführen kann.

4.3 Beansprucht wird ein Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerartikel durch Polymerisation einer Monomerlösung oder -suspension. Im Verfahren gemäß Anspruch 1 wird die Monomerlösung oder -suspension dadurch definiert, dass sie die Bestandteile a) bis e) enthält. Anspruchsgemäß umfasst das Verfahren neben den Schritten i) bis iv) weitere Schritte, nämlich einen Schritt der zusätzlichen Klassierung und Abtrennung von Unterkorn, einen Schritt der Oberflächennachvernetzung, und einen Beschichtungsschritt. Das Verfahren verlangt zudem, dass abgetrenntes Unterkorn zumindest teilweise vor Schritt ii) rückgeführt wird. Im Anschluss an Schritt iv) wird angegeben, in welcher Reihenfolge bestimmte Verfahrensschritte durchgeführt werden müssen.

4.4 Um das beanspruchte Verfahren ausführen zu können, muss der Fachmann in die Lage versetzt werden, mit den im Patent enthaltenen Informationen unter Zuhilfenahme seines allgemeinen Fachwissens eine Monomerlösung oder -suspension enthaltend die angegebenen Bestandteile bereitzustellen, und die Verfahrensschritte in der angegebenen Reihenfolge durchzuführen. Dadurch muss er wasserabsorbierende Polymerartikel erhalten können. Um einen Mangel an Ausführbarkeit festzustellen, müssen ernsthafte Zweifel bestehen, die durch nachprüfbare Tatsachen erhärtet werden. Die Argumentation der Beschwerdeführerin hierzu ist nicht überzeugend.

4.5 Zur Stützung ihres Einwands hat die Beschwerdeführerin mehrere Punkte vorgebracht, die von der Kammer wie folgt beurteilt werden:

4.5.1 Das beanspruchte Verfahren umfasse Ausführungsformen, bei denen Unterkorn aus früheren Chargen rückgeführt werde. Wenn solches Unterkorn nach dessen Abtrennung von der Produktfraktion, und somit nicht zusammen mit dieser Fraktion, beschichtet werde, sei der Zeitpunkt der Beschichtung willkürlich. In der Folge fielen auch Ausführungsformen unter das beanspruchte Verfahren, die nicht zu den im Streitpatent angegebenen Vorteilen führten, nämlich beispielsweise solche, die in D23, "Ablauf B (Vergleich)", als nicht erfindungsgemäß beschrieben seien. Wie aus D23 ersichtlich, sei daher die Erfindung nicht über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar.

Die Kammer schließt sich dieser Auffassung nicht an. Gemäß Wortlaut des Anspruchs 1 beinhaltet das beanspruchte Verfahren zwingend einen Schritt der Beschichtung einer Teilmenge des rückgeführten Unterkorns. Zudem hat die Beschichtung zwingend vor Schritt iv) und nach der Oberflächennachvernetzung zu erfolgen. Der Zeitpunkt der Beschichtung ist somit nicht willkürlich, sondern Teil des beanspruchten Verfahrens. Zudem verlangt der Anspruch nicht, dass die hergestellten Polymerpartikel neben wasserabsorbierenden Eigenschaften weitere Eigenschaften aufweisen müssen. Einen Mangel an Ausführbarkeit kann das vorgebrachte Argument daher nicht belegen.

4.5.2 In der Beschreibung des Streitpatents werde auf die Bedeutung der Reinheit der verwendeten Ausgangsverbindungen hingewiesen, die vom Fachmann abhängig vom Reinheitsgrad des für die Polymerisation verwendeten Monomers jeweils eingestellt werden müssten. Ohne weitere konkrete Angaben hierzu stelle es für den Fachmann einen unzumutbaren Aufwand dar, monomerabhängig jeweils die erforderlichen Reinheiten der Ausgangsverbindungen zu bestimmen. Zudem gebe das Patent keine Hinweise darauf, wie vorzugehen sei, wenn durch Verunreinigungen hervorgerufene Effekte aufträten, insbesondere für Fälle, für die das Patent keine Methoden zur Entfernung solcher Verunreinigungen beschreibe.

Die Kammer ist der Auffassung, dass der Fachmann Versuche durchführen kann, um die Auswirkungen der Reinheit von Ausgangsmaterialien zu bestimmen. Auch hat die Beschwerdeführerin keine Nachweise oder überzeugende Argumente vorgebracht, warum der Fachmann nicht in der Lage sein sollte, Ausgangsverbindungen in den erforderlichen Reinheiten bereitzustellen. Auch diese Argumentation vermag daher nicht zu überzeugen.

4.5.3 Das Patent enthalte keine anspruchsgemäßen Ausführungsbeispiele, insbesondere keine, bei denen die Beschichtung des rückzuführenden Unterkorns zusammen mit der Produktfraktion durchgeführt werde. Dies sei insbesondere für Anspruch 10 relevant. Darin werde nämlich für die Zentrifugenretentionskapazität (CRC) der verfahrensgemäß hergestellten Polymerpartikel ein nach oben unbegrenzter Bereich angegeben. Gemäß Streitpatent, Absatz [0046], sinke dieser Wert mit steigendem Vernetzergehalt. Weder gemäß D23, noch gemäß Beispielen des Streitpatents könne jedoch ein als typisch bezeichneter Wert (Absatz [0087]) erreicht werden, obwohl bereits eine nahezu an der unteren Grenze angegebene Menge an Vernetzer verwendet werde. Somit sei für den Fachmann nicht ersichtlich, wie die anspruchsgemäß unbegrenzt hohen CRC-Werte erreicht werden könnten.

Die Argumentation der Beschwerdeführerin ist nicht überzeugend. Insbesondere wurde lediglich behauptet, der Fachmann könne in Ermangelung von Beispielen eine gemeinsame Beschichtung von rückzuführendem Unterkorn und Produktfraktion nicht durchführen. Warum dies nicht möglich sein sollte, wurde nicht erläutert. Von der Beschwerdeführerin wurde auf Tabelle 1 des Streitpatents, sowie auf die im Dokument D23 offenbarten Ergebnisse verwiesen. Diese Beispiele zeigen, dass - wie in Anspruch 10 gefordert - ein Verfahren durchgeführt werden kann, das zu wasserabsorbierenden Polymerartikeln mit Zentrifugenretentionskapazität von mindestens 15 g/g führt.

4.5.4 Aus dem Streitpatent gehe nicht hervor, wie eine Beschichtung von rückzuführendem Unterkorn mit einem Reduktionsmittel erreicht werden solle. Insbesondere werde zwar gemäß Beispiel 2 Unterkorn mit Natriumbisulfit behandelt, dies führe jedoch augenscheinlich nicht zu einer Beschichtung, wie aus Tabelle 1 hervorgehe. Der Fachmann werde darüber im Unklaren gelassen, warum es nicht zu einer Beschichtung gekommen sei. Des Weiteren werde ihm nicht erläutert, wie eine solche zu erreichen wäre.

Die Beschichtung von abgetrenntem Unterkorn mit einem Reduktionsmittel wird in den Vergleichsbeispielen 3 und 4 des Streitpatents beschrieben (siehe die Absätze [0115], [0118] und [0022]). Von der Beschwerdeführerin wurde nicht dargelegt, warum der Fachmann nicht ausgehend von den Vergleichsbeispielen 3 und 4 durch Zugabe von Beschichtungsmittel vor der Unterkornabtrennung in der Lage sein sollte, eine Beschichtung zu erreichen. Die Kammer sieht auch keine Gründe, warum dies dem Fachmann nicht möglich sein sollte.

4.5.5 Gemäß der Ansprüche 5 und 7 werde das Verfahren dadurch eingeschränkt, dass lediglich ein Teil des Unterkorns beschichtet werde. Falls Unterkorn während der Beschichtung jedoch nicht getrennt von der Produktfraktion vorliege, sei es dem Fachmann nicht möglich zu ermitteln, welcher Anteil des Beschichtungsmittels das Unterkorn, und welcher die Produktfraktion beschichte. Zudem spiele das Verhältnis der Teilchengröße von anorganischen Partikeln zu Teilchengröße von Unterkorn eine Rolle. Der Anteil an tatsächlich erreichter Beschichtung von Unterkorn sei deshalb nicht vorhersehbar. Auch enthalte das Patent keine Messmethode zur Bestimmung des Beschichtungsgrades.

Die Kammer findet in diesem Punkt die Argumentation der Beschwerdegegnerin überzeugender. Diese hat dargelegt, dass der Fachmann, insbesondere bei einem - zumindest jenseits des Labormaßstabs - kontinuierlich betriebenen Verfahren, Gewichtsanteile in den Mengenströmen berechnen und messen kann. Somit sollte es dem Fachmann keine unüberwindbare Schwierigkeiten bereiten, den Anteil an Beschichtungsmittel zu bestimmen, der zur Beschichtung von Unterkorn notwendig ist. Die Kammer ist der Auffassung, dass dies auch bei diskontinuierlichen Verfahren möglich ist. Auch hat die Beschwerdeführerin nicht belegt, inwiefern der Anteil an tatsächlich erfolgter Beschichtung nicht durch experimentelles Vorgehen bestimmbar sein sollte, oder auf welche unüberwindbaren Hindernisse der Fachmann hierbei stoßen würde.

4.5.6 Eine Unterscheidung zwischen den Begriffen "anorganische Partikel" und "polyvalente Kationen" sei nicht möglich. Daher sei der Fachmann nicht in der Lage, festzustellen, ob er innerhalb des patentgemäßen Verfahrens arbeite.

Die Kammer erachtet diesen Einwand nicht relevant für die Frage der Ausführbarkeit des beanspruchten Verfahrens. Zunächst ist der beanstandete Begriff "polyvalente Kationen" nicht Teil der anspruchsgemäßen Definition. Darüber hinaus werden dem Fachmann in der Beschreibung anspruchsgemäß verwendbare anorganische Partikel offenbart (siehe Absatz [0025]). Inwiefern der Fachmann diese Lehre nicht umzusetzen vermag wurde von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt.

4.6 Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ erfüllt.

5. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

5.1 In der Entscheidung der Einspruchsabteilung war Neuheit gegenüber der Offenbarung der Dokumente D1-D4, D10 und D11 anerkannt worden. Die Beschwerdeführerin stützte ihre Neuheitseinwände auch im Beschwerdeverfahren auf diese Dokumente. Ein wesentlicher Aspekt ihrer Eingaben beruhte auf ihrer Ansicht, dass der Zeitpunkt der Beschichtung von rückgeführtem Unterkorn nicht relevant für den beanspruchten Gegenstand sei. Die Argumentation der Beschwerdeführerin vermag die Kammer jedoch nicht davon zu überzeugen, dass die Beurteilung durch die Einspruchsabteilung fehlerhaft ist. Die Gründe hierfür sind die folgenden:

5.2 Das beanspruchte Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerartikel umfasst zwei Verfahrensschritte, bei denen klassiert und Unterkorn abgetrennt wird. Dies geschieht zunächst "nach Schritt iii) und vor der Oberflächennachvernetzung", sowie ein weiteres Mal gemäß Schritt "iv) Klassierung, wobei Unterkorn abgetrennt wird".

Außerdem wird das abgetrennte Unterkorn "zumindest teilweise vor Schritt ii) rückgeführt".

Das Verfahren verlangt zudem zwingend, "dass zumindest eine Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit mindestens einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet ist, wobei sie vor Schritt iv) und nach der Oberflächennachvernetzung mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet wird."

Eine Beschichtung von Unterkorn erfolgt anspruchsgemäß somit zwingend nach dem Verfahrensschritt der Oberflächennachvernetzung der wasserabsorbierenden Polymerpartikel, und vor der Klassierung und Abtrennung von Unterkorn gemäß Schritt iv). Sowohl dieser Beschichtungsschritt als solcher, als auch der Zeitpunkt der durchgeführten Beschichtung, ist Teil des beanspruchten Verfahrens.

5.3 Dokument D1

5.3.1 Die Einspruchsabteilung vertrat die Ansicht, dass drei der anspruchsgemäßen Verfahrensschritte, nämlich die Beschichtung einer Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln (in der Entscheidung als Schritt iii-3) bezeichnet), die Klassierung, wobei Unterkorn abgetrennt wird (Schritt iv) des beanspruchten Verfahrens), und die zumindest teilweise Rückführung von abgetrenntem Unterkorn (in der Entscheidung als Schritt v) bezeichnet), im Dokument D1 als optionale Schritte erwähnt seien. Bezüglich der Reihenfolge dieser Schritte sei jedoch lediglich festgelegt, dass sie alle der Oberflächennachvernetzung (in der Entscheidung als Schritt iii-2) bezeichnet) nachgeordnet seien. Nicht offenbart werde in D1, ob der optionale Beschichtungsschritt (iii-3) vor oder nach den optionalen Klassierungs- und Rückführungsschritten (iv und v) stattzufinden habe.

5.3.2 Dieser Beurteilung widersprach die Beschwerdeführerin. Ihrer Ansicht nach werde in D1 offenbart, dass eine Beschichtung der Produktfraktion des Polymers mit anorganischen Partikeln nach dem Schritt der Oberflächennachvernetzung stattfinde. Sie verwies hierzu auf die Zeilen 4 bis 12 der Seite 14 von D1. Zudem sei für den Fachmann offensichtlich, die Klassierung als letzten Verfahrensschritt durchzuführen, auch wenn dies in D1 nicht explizit offenbart werde. Dies gewährleiste nämlich, dass das gesamte Unterkorn entfernt werde. Somit seien in D1 nicht nur die einzelnen Verfahrensschritte des beanspruchten Verfahrens, sondern auch deren Reihenfolge offenbart.

5.3.3 Die Kammer kann sich der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht anschließen.

Auch die Kammer stellt zunächst nicht in Frage, dass für das im Dokument D1 offenbarte Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerartikel alle anspruchsgemäßen Verfahrensschritte als solche angeführt werden.

Uneinigkeit bestand zwischen den Parteien jedoch darin, ob die Beschichtung zumindest einer Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit mindestens einem Reduktionsmittel und/oder organischen Partikeln im Verfahren gemäß D1 vor Schritt vi), nämlich der "Klassierung, wobei Unterkorn abgetrennt wird", durchgeführt wird. Dies wurde sowohl von der Einspruchsabteilung, als auch von der Beschwerdegegnerin verneint.

5.3.4 Auch nach Auffassung der Kammer wird diese Reihenfolge, und damit das beanspruchte Verfahren, aus den nachfolgend genannten Gründen im Dokument D1 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.

5.3.5 Gemäß dem im Dokument D1 offenbarten Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerartikel wird eine wässrige Monomerlösung nach Zugabe eines Initiators vernetzt, das erhaltene Gel getrocknet, gemahlen und gesiebt (Seite 9, Zeilen 10 bis 19; Seite 11, Zeilen 8 bis 13; Seite 11, Zeilen 21 bis 26). Teilchenfraktionen mit einer Teilchengröße unterhalb einer Mindestteilchengröße können als Harzpulver in das Verfahren zurückgeführt werden (Seite 11, Zeilen 26 bis 30).

5.3.6 Das Verfahren gemäß D1 führt in einer bevorzugten Ausführung zu wasserabsorbierenden Harzen mit verbesserten Absorptionseigenschaften. Hierfür werden die "getrockneten, vorzugsweise gemahlenen und abgesiebten Polymerpartikel" oberflächennachvernetzt (Seite 11, Zeilen 32 bis Seite 13, Zeile 15). Diese optionale Nachvernetzung beinhaltet "in der Regel einen Temperaturbehandlungsschritt" (Seite 13, Zeilen 5 bis 11). Optional kann man "nach der Wärmebehandlung (...) erneut sieben, und Teilchen, die eine vorbestimmte Mindestgröße unterschreiten, können abgetrennt und als Harzpulver in das (...) Verfahren zurückgeführt werden" (Seite 13, Zeilen 13 bis 15).

Somit offenbart Dokument D1 ein bevorzugtes Verfahren, bei dem optional getrocknetes, zerkleinertes und abgesiebtes Polymergel oberflächennachvernetzt, das dadurch erhaltene Material klassiert und die abgetrennte Unterkornfraktion ins Verfahren zurückgeführt wird.

Eine Beschichtung zumindest einer Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln, insbesondere eine derartige Beschichtung nach der Oberflächennachvernetzung und vor der Klassierung und Abtrennung von Unterkorn, wird für diese bevorzugte Ausführungsform nicht offenbart.

5.3.7 Dokument D1 offenbart weitere optionale Modifikationen des beschriebenen Verfahrens. Eine als Modifizierung der Polymere bezeichnete Vorgehensweise besteht in der "Zumischung feinteiliger anorganischer Feststoffe" (Seite 14, Zeilen 4 bis 5). Diese Zumischung "erfolgt bevorzugt nach der Oberflächenmodifizierung durch Vernetzung/Komplexbildung, kann aber auch vor oder während diesen Oberflächenmodifizierungen durchgeführt werden" (Seite 14, Zeilen 10 bis 12).

Somit offenbart Dokument D1 auch ein Verfahren, bei dem optional Polymere mit anorganischen Partikeln beschichtet werden, und bei dem diese Beschichtung bevorzugt nach der Oberflächennachvernetzung durchgeführt wird. Jedoch wird eine Klassierung und Abtrennung von Unterkorn nach der Beschichtung mit anorganischen Partikeln in dieser bevorzugten Ausführungsform nicht offenbart.

5.3.8 Die besagten Schritte der Klassierung und Abtrennung werden lediglich im Zusammenhang mit der Oberflächennachvernetzung beschrieben, und schließen diese ab (Seite 13, Zeilen 1 bis 25).

Im Dokument D1 wird nicht offenbart, den Vernetzungsvorgang durch einen zusätzlichen Beschichtungsschritt so zu ergänzen, dass die Beschichtung durchzuführen ist zwischen dem Aufsprühen der Vernetzer-Lösung mit anschließender Wärmebehandlung, also der Oberflächennachvernetzung (Seite 13, Zeilen 1 bis 13), und erneutem Sieben und Abtrennen von Feingut (Seite 13, Zeilen 13 bis 15).

Andererseits wird im Dokument D1 ebenfalls nicht offenbart, dass sich an den Beschichtungsschritt gemäß Seite 14, Zeilen 4 bis 12, eine Klassierung mit Abtrennung von Unterkorn anschließt.

Somit geht aus den von der Beschwerdeführerin herangezogenen Passagen nicht hervor, dass eine erneute Klassierung und Abtrennung von Unterkorn nach einer Oberflächennachvernetzung und sich daran anschließender Beschichtung durchgeführt wird. Die Kammer vermag eine derartige Lehre auch den verbleibenden Passagen des Dokuments nicht zu entnehmen.

5.3.9 Dokument D1 offenbart daher nicht unmittelbar und eindeutig, dass zumindest eine Teilmenge des rückgeführten Unterkorns nach einer Oberflächenvernetzung, und vor einer Klassierung und Abtrennung von Unterkorn, mit mindestens einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet wird.

5.3.10 Die Beschwerdeführerin hat zudem vorgebracht, dass im Verfahren gemäß Dokument D1 auch ein Gemisch aus Harzpulver und Füllstoffen, insbesondere anorganischen Teilchen, rückgeführt werden könne (Seite 7, Zeilen 7 bis 20). Die Zugabe eines solches Unterkorn enthaltenden Harzpulvers zusammen mit anorganischen Teilchen führe zu einer Beschichtung des Harzpulvers. Beim Harzpulver könne es sich dabei um entnommenes Unterkorn aus einem anderen Produktionsprozess handeln (Seite 5, Zeilen 19 bis 21).

Auch diese Argumentationslinie vermag jedoch nicht zu überzeugen. Die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Passagen beziehen sich auf den Verfahrensschritt der Polymerisation, da die Zugabe von Additiv in das Reaktionsgemisch erfolgt, welches polymerisiert wird (Seite 4, Zeilen 4 bis 16). Somit fände eine Beschichtung von Unterkorn, falls es bei dieser Vorgehensweise zu einer Beschichtung rückgeführten Unterkorns kommen sollte, erst nach einer etwaigen Klassierung und Abtrennung statt. Dies entspricht jedoch nicht der Reihenfolge im anspruchsgemäßen Verfahren. Zudem lässt es Dokument D1 offen, ob es sich bei dem aus einem anderen Produktionsprozess stammenden Harzpulver um oberflächennachvernetztes Material handelt. Dieser Schritt wird in D1 als optional angegeben (Seite 5, Zeilen 19 bis 21 und Seite 11, Zeilen 32 bis 34).

5.3.11 Neuheit des beanspruchten Verfahrens gegenüber der Lehre des Dokuments D1 ist somit gegeben.

5.4 Dokument D2

5.4.1 Die Beschwerdeführerin erachtet das beanspruchte Verfahren auch nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D2. Sie verweist betreffend die anspruchsgemäß nach der Oberflächennachvernetzung und vor Schritt iv) durchzuführende Beschichtung von Unterkorn insbesondere auf die Zeilen 36 bis 41 der Seite 6 sowie auf die Ansprüche 4 und 19 von Dokument D2. Hinsichtlich des Verfahrensschritts der Oberflächennachvernetzung verweist sie insbesondere auf die Ansprüche 22, 34, 36 und 37 sowie auf verschiedene Abschnitte der Seiten 6 bis 8 der Beschreibung.

5.4.2 Nach Auffassung der Kammer wird dem Fachmann jedoch auch in Dokument D2 aus den folgenden Gründen kein anspruchsgemäßes Verfahren offenbart:

Die zitierten Stellen beschreiben die Zugabe eines Reduktionsmittels (Seite 6, Zeile 37) oder eines wasserunlöslichen anorganischen Pulvers (Anspruch 19) während eines Mischvorgangs, bei dem Polymergel (A) und Unterkorn (B) gemischt werden, bevor der Polymerisationsgrad der Mischung erhöht wird (Anspruch 1). Die Beschwerdeführerin argumentiert, dies führe unter den im Anspruch 4 angegebenen Bedingungen zu einer zumindest teilweisen Beschichtung des rückgeführten Unterkorns (B).

5.4.3 Aus der zitierten Stelle geht jedoch nicht hervor, dass eine Beschichtung von Unterkorn vor dem Schritt der Klassierung und Abtrennung von Unterkorn stattfindet, sondern gegebenenfalls erst während des Mischens mit Polymergel (A), also bereits nach der Rückführung. Die von der Beschwerdeführerin zunächst herangezogenen Passagen können daher die Neuheit des beanspruchten Verfahrens nicht vorwegnehmen.

5.4.4 Auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin zusätzlich genannten Passagen lässt sich Dokument D2 eine anspruchsgemäße Verfahrensführung nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen. Zwar wird in der Beschreibung auf die Möglichkeit einer Oberflächennachvernetzung von Unterkorn (B) und dessen Rückführung verwiesen (Ansprüche 22, 34 bis 37; Seite 8, Zeilen 32 bis 38), jedoch ist in dieser Ausführungsform nicht zwingend der optionale Schritt der Zugabe eines Reduktionsmittels (Seite 6, Zeile 37) oder eines wasserunlöslichen anorganischen Pulvers (Anspruch 19) vor dem Mischvorgang vor Erhöhung des Polymerisationsgrades enthalten.

Somit werden zwar im Dokument D2 die einzelnen Schritte des beanspruchten Verfahrens als solche offenbart, nicht jedoch die anspruchsgemäß geforderte Reihenfolge.

5.5 Dokument D3

Auch die Argumentation der Beschwerdeführerin in Bezug auf Dokument D3 kann die Kammer nicht überzeugen. Zwar geht aus Absatz [0055] des Dokuments hervor, dass neben rückgeführtem Unterkorn (Absatz [0053]) auch anorganische Substanzen ins Polymergel zugegeben werden können (Absatz [0054]), jedoch wird das rückgeführte Unterkorn hierbei nicht vor einem Klassierungsschritt und anschließender Abtrennung und Rückführung mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet, selbst wenn es während des Einarbeitungsprozesses ins Polymergel zu einer Beschichtung kommen sollte, was von der Beschwerdegegnerin angezweifelt wurde. Somit wird in D3 insbesondere keine Rückführung nach der Oberflächennachvernetzung und vor der zweiten Klassierung beschichteten Unterkorns, und somit auch nicht die anspruchsgemäße Reihenfolge der Verfahrensschritte, offenbart.

5.6 Dokument D4

5.6.1 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass gemäß Absatz [0017] des Dokuments D4 rückgeführtes Unterkorn beispielsweise mit einem Reduktionsmittel vor der Rückführung vermengt werde. Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin führe das Vermengen von rückgeführtem Unterkorn mit einem Reduktionsmittel jedoch nicht zur Bildung von mit Reduktionsmittel beschichtetem Unterkorn. Bezüglich der Schrittreihenfolge von Klassierung und Rückführung verweist die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf die Absätze [0056] sowie [0062] und [0020].

5.6.2 Die Kammer ist der Auffassung, dass auch Dokument D4 kein Verfahren offenbart, das unter den Wortlaut des beanspruchten Verfahrens fällt, und zwar unabhängig davon, ob das Vermengen von rückgeführtem Unterkorn mit einem Reduktionsmittel wie beispielsweise Natriumbisulfit (Beispiel 3 in D4) und anschließender Trocknung des dadurch erhaltenen Agglomerats zu einer Beschichtung des Unterkorns führt.

Wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht, werden im Dokument D4 Verfahren offenbart, bei denen eine Klassierung und Rückführung von Unterkorn sowohl vor, als auch nach einer Oberflächennachvernetzung durchgeführt wird (Absatz [0056] bzw. Absatz [0062], jeweils in Verbindung mit Absatz [0021]).

Keine der Varianten führt jedoch zu einem anspruchsgemäßen Verfahren. Im ersten Fall - Klassierung und Rückführung vor der Oberflächennachvernetzung (Absatz [0056]) - wird Unterkorn nicht "nach der Oberflächennachvernetzung mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln beschichtet". Im zweiten Fall - Klassierung und Rückführung nach der Oberflächennachvernetzung (Absatz [0062]) - findet eine etwaige Beschichtung mit einem Reduktionsmittel nicht vor einem Schritt der Klassierung und Abtrennung von Unterkorn statt, sondern allenfalls erst nachdem Unterkorn abgetrennt, mit Reduktionsmittel vermengt, und rückgeführt wurde (Absatz [0017]).

5.6.3 Somit wird eine Beschichtung von rückgeführtem Unterkorn mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln vor einem anspruchsgemäßen Schritt iv) und nach der Oberflächennachvernetzung im Dokument D4 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, das beanspruchte Verfahren ist daher auch neu gegenüber der Lehre dieses Dokuments.

5.7 Dokument D10

5.7.1 Im Verfahren gemäß Dokument D10 wird neben den Schritten der Polymerisation, Trocknung, Zerkleinerung (Mahlung) und Klassierung auch eine zumindest teilweise Rückführung des bei der Klassierung anfallenden Unterkorns durchgeführt (Seite 1, Zeilen 5 bis 9). Bevorzugt umfasst das Verfahren mindestens eine Oberflächennachvernetzung, wobei diese üblicherweise nach Trocknung der Polymerpartikel durchgeführt wird (Seite 11, Zeilen 11 bis 15), und wobei ebenfalls bevorzugt sowohl vor als auch nach der Oberflächennachvernetzung klassiert wird (Seite 4, Zeilen 31 bis 33 und Seite 12, Zeilen 16 bis 18).

5.7.2 Dokument D10 offenbart zudem, dass oberflächennachvernetzte Partikel beispielsweise mit anorganischen inerten Substanzen beschichtet werden können (Seite 12, Zeilen 20 bis 28), oder dass vor, während, oder nach der Oberflächennachvernetzung polyvalente Kationen auf die Partikeloberfläche aufgebracht werden können (Seite 10, Zeile 35 bis Seite 11, Zeile 5). Eine einer solchen Beschichtung nachfolgende erneute Klassierung und Abtrennung von Unterkorn wird hier jedoch nicht offenbart.

5.7.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte, der Fachmann gehe implizit davon aus, dass ein in D10 offenbartes Verfahren zwingend mit einem Klassierungsschritt abgeschlossen werde. Dies werde auch durch Beispiel 8 bestätigt. Dieses Argument kann die Kammer jedoch nicht überzeugen, da, wie von der Beschwerdegegnerin unter Verweis auf D11 (Seite 18, Zeilen 32 bis 37) vorgebracht, auch Verfahren bekannt sind, bei denen dies nicht notwendig ist. Zwar wird im Beispiel 8 in der Tat als letzter Schritt des Verfahrens eine Klassierung durchgeführt, jedoch wird in diesem Beispiel nicht offenbart, dass Unterkorn nach erfolgter Oberflächennachvernetzung und vor erneuter Klassierung und Abtrennung beschichtet wird. Das beanspruchte Verfahren ist daher auch neu gegenüber der Offenbarung von D10.

5.8 Dokument D11

5.8.1 Schließlich ist die Kammer auch nicht der Ansicht, dass im Dokument D11 ein anspruchsgemäßes Verfahren offenbart wird.

5.8.2 Die Beschwerdeführerin brachte vor, dass gemäß Dokument D11 sowohl ein Verfahren umfassend Rückführung von Unterkorn, als auch eine Beschichtung von Unterkorn mit anorganischen Partikeln offenbart werde.

5.8.3 Im Gegensatz zum anspruchsgemäßen Verfahren findet in D11 jedoch eine Beschichtung von Unterkorn mit anorganischen Partikeln (Ton) während, nicht aber nach der Oberflächennachvernetzung statt (Seite 6, Zeilen 32 bis 34; Seite 7, Zeile 6; Seite 11, Zeilen 19 bis 20; Zeilen 33 bis 34 und Zeilen 39 bis 40; Seite 18, Zeilen 32 bis 35; Seite 26, Zeilen 2 bis 6; Beispiel 3). Bereits aus diesem Grund ist das beanspruchte Verfahren auch neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D11.

6. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100(a) und 56 EPÜ)

Nächstliegender Stand der Technik

6.1 In der Entscheidung der Einspruchsabteilung wird erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument D1 bejaht. Im Beschwerdeverfahren wurde seitens der Beschwerdeführerin erfinderische Tätigkeit sowohl ausgehend von Dokument D1, als auch von Dokument D4 argumentiert. Die Beschwerdegegnerin hat beantragt, den auf D4 als nächstliegendem Stand der Technik basierenden Einwand nicht zum Verfahren zuzulassen.

6.2 Auch die Kammer vertritt die Auffassung, dass die auf Dokument D4 als nächsliegendem Stand der Technik basierende Argumentation, die nie im Einspruchsverfahren vorgebracht wurde und somit nicht Teil der angefochtenen Entscheidung ist, nicht zu berücksichtigen ist, da das vorrangige Ziel des Beschwerdeverfahrens die gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist (Artikel 12(2) VOBK).

6.3 Die Kammer erachtet in Übereinstimmung mit der Auffassung der Einspruchsabteilung das auch von den Parteien hierfür vorgeschlagene Dokument D1 als geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.

Unterscheidungsmerkmal

6.4 Im Dokument D1 wird ein Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerartikel offenbart, von dem sich das beanspruchte Verfahren dadurch unterscheidet, dass die Beschichtung einer Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln nach der Oberflächennachvernetzung und vor Schritt "iv) Klassierung, wobei Unterkorn abgetrennt wird" durchgeführt wird (siehe unter Punkt 5.3 dieser Entscheidung).

Technische Wirkung und objektive technische Aufgabe

6.5 Die Einspruchsabteilung hatte die mit Dokument D23 von der Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin eingereichten Versuchsergebnisse als geeignet angesehen, eine gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik D1 gezeigte technische Wirkung anzuerkennen. Sie hat die objektive technische Aufgabe definiert als die Bereitstellung eines alternativen Herstellungsprozesses für wasserabsorbierende Polymerartikel mit einem verringerten Gehalt an Restmonomeren (Remos) sowie einer erhöhten Permeation des gequollenen Gelbetts (SFC).

6.6 Von der Beschwerdeführerin wurde unter Verweis auf die Entscheidung T 1329/04 bestritten, dass die Definition der objektiven technischen Aufgabe auf der von der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin herangezogenen technischen Wirkung erfolgen könne. Insbesondere im Absatz [0085] des Streitpatents sei zu erkennen, dass ein Zusammenhang nicht ableitbar sei zwischen dem Unterscheidungsmerkmal und der vermeintlich darauf basierenden technischen Wirkung.

6.7 Die Kammer ist von den Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht überzeugt.

In der Beschreibung des Streitpatents wird die Aufgabe der Erfindung angegeben als "Bereitstellung eines verbesserten Verfahrens zur Rückführung des bei der Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel anfallenden Unterkorns" (Absatz [0014]). Als Vorteile werden eine höhere Anquellgeschwindigkeit, weniger Restmonomere, weniger Agglomerate und eine weiße Farbe mit geringerem Gelbanteil genannt (Absatz [0132]). Mit einem verbesserten Verfahren wird der Fachmann insgesamt auch eine Verbesserung der Qualität der hergestellten Polymerpartikel verbinden. Somit lässt sich aus der Beschreibung entnehmen, dass sich eine erwünschte Verbesserung eines Verfahrens zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel beispielsweise in einer Verringerung des Anteils an Restmonomeren gesehen werden kann (Absatz [0132]). Im Streitpatent wird vorgeschlagen, die gestellten Probleme durch das beanspruchte Verfahren zu lösen. Hierzu dienen in besonderer Weise die bevorzugten Verfahrensführungen gemäß der abhängigen Ansprüche. Daher kann zunächst davon ausgegangen werden, dass die in den Ansprüchen - im Besonderen in den abhängigen Ansprüchen - definierten Gegenstände grundsätzlich zur Lösung der im Patent angegebenen Probleme geeignet sein sollten. Auch das durch den ursprünglich eingereichten Anspruch 6 definierte Verfahren sollte diese Anforderung erfüllen. Die Merkmale des ursprünglich eingereichten Anspruchs 6 definieren jedoch zumindest teilweise das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags (siehe unter Punkt 3.5 dieser Entscheidung).

Daher ist die Kammer davon überzeugt, dass eine mit dem vorstehend angegebenen Unterscheidungsmerkmal in Verbindung gebrachte technische Wirkung für die Definition der zu lösenden objektiven technischen Aufgabe herangezogen werden kann.

Im Dokument D23 werden Versuche beschrieben, die auf eine technische Wirkung abzielen, die augenscheinlich mit dem genannten Unterscheidungsmerkmal in Zusammenhang steht.

Die Kammer stimmt daher mit der Auffassung der Einspruchsabteilung überein, das zu lösende objektive technische Problem wie unter Punkt 6.5 angegeben zu definieren.

6.8 Auch der Verweis der Beschwerdeführerin auf T 1329/04 kann die Kammer nicht vom Gegenteil überzeugen. Die im zitierten Fall entscheidende Kammer sah es nicht als plausibel an, dass eine beanspruchte Verbindung tatsächlich geeignet sei, ein in der der Entscheidung zugrunde liegenden Anmeldung angegebenes technisches Problem zu lösen. Im vorliegenden Fall ist ein solcher Zusammenhang jedoch nach Auffassung der Kammer nicht anzuzweifeln.

Beanspruchte Lösung der Aufgabe

6.9 Zur Lösung der gestellten Aufgabe wird das anspruchsgemäße Verfahren vorgeschlagen, welches insbesondere verlangt, dass die Beschichtung einer Teilmenge des rückgeführten Unterkorns mit einem Reduktionsmittel und/oder anorganischen Partikeln nach der Oberflächennachvernetzung, und vor Schritt "iv) Klassierung, wobei Unterkorn abgetrennt wird", durchgeführt wird.

6.10 Von der Beschwerdeführerin wurde vorgebracht, es sei nicht glaubhaft, dass die von der Einspruchsabteilung definierte objektive technische Aufgabe - zumindest nicht über die gesamte beanspruchte Breite - auch tatsächlich gelöst werde. Auch die in D23 beschriebenen Versuche seinen nicht geeignet, einen diesbezüglichen Nachweis zu erbringen. Daher müsse die als gelöst anzusehende technische Aufgabe in die Bereitstellung eines zu D1 lediglich alternativen Verfahrens umformuliert werden.

6.11 Auch von dieser Argumentation ist die Kammer nicht überzeugt.

Im Dokument D23 werden Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel gegenübergestellt, bei denen die Beschichtung von rückgeführtem Unterkorn zwar jeweils nach der Oberflächennachvernetzung, aber entweder vor einem Schritt der Klassierung (Ablauf A), oder nach einem solchen Schritt durchgeführt wird (Ablauf B). Ablauf A beschreibt somit eine anspruchsgemäße Reihenfolge von für die Beurteilung von erfinderischer Tätigkeit relevanten Verfahrensschritten, Ablauf B hingegen nicht.

6.12 Die Beschwerdeführerin behauptete, "Ablauf B" gemäß D23 falle unter den Wortlaut des beanspruchten Verfahrens, weil der Zeitpunkt der Beschichtung willkürlich sei. Dieser Auffassung kann sich die Kammer nicht anschließen. Anspruch 1 verlangt, dass eine Beschichtung im Verfahren nach der Oberflächennachvernetzung, aber vor Schritt iv) durchgeführt wird.

6.13 Da sich die gegenübergestellten Verfahren im Wesentlichen lediglich in diesem Merkmal unterscheiden, kann davon ausgegangen werden, dass eine beobachtete technische Wirkung auf dieses Merkmal zurückzuführen ist.

Gemäß Tabelle 1 von D23 führt der Verfahrensablauf A (Beispiele 1 und 2) gegenüber Verfahrensablauf B (Beispiele 3 und 4) zu einer Verbesserung insbesondere des Gehaltes and Restmonomeren (Remos (ppm)). Für Versuche unter Verwendung von anorganischen Partikeln zur Beschichtung (Beispiele 3 und 1) ändert sich der beobachtet Wert von 2398 nach 1653, im Falle der Beschichtung mit einem Reduktionsmittel (Beispiele 4 und 2) von 1248 nach 811.

Aus den Ergebnissen ist daher ersichtlich, dass eine anspruchsgemäße Verfahrensführung insgesamt zu einer Verbesserung des Verfahrens führt. Es wird damit auch gezeigt, dass diese Verbesserung auf dem Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik beruht.

6.14 Die Kammer ist zudem davon überzeugt, dass die technische Aufgabe im Wesentlichen über die gesamte beanspruchte Breite gelöst wird. Zunächst wird die technische Wirkung für Vertreter beider im Anspruch genannten Beschichtungsstoffe gezeigt (Beschichtung mit einem Reduktionsmittel - Beispiele 2 und 4 - oder mit anorganischen Partikeln - Beispiele 1 und 3). Des Weiteren wurde die Lösung des technischen Problems über die gesamte Anspruchsbreite von der Beschwerdeführerin zwar angezweifelt, allerdings wurde hierzu lediglich vorgebracht, dies sei nicht glaubhaft sei, insbesondere nicht, weil lediglich jeweils ein Vertreter der anspruchsgemäßen Klassen von Beschichtungsstoffen untersucht worden sei. Nachweise wurden hierzu jedoch nicht vorgelegt.

Naheliegen der beanspruchten Lösung

6.15 Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, es sei für den Fachmann naheliegend, ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 die anspruchsgemäße Verfahrensführung auszuwählen. Für die Reihenfolge der Verfahrensschritte gebe es nämlich lediglich zwei Möglichkeiten, und der Fachmann würde durch bloßes Ausprobieren letztendlich zwangsläufig zur beanspruchten Lösung gelangen. Zudem werde ihm die getätigte Auswahl auch aus D7 nahegelegt.

6.16 Diese Betrachtungsweise kann jedoch nicht überzeugen, da sie die gelöste objektive technische Aufgabe nicht berücksichtigt. Von der Beschwerdeführerin wurden keine Argumente vorgebracht, warum der Fachmann die anspruchsgemäße Änderung des im Dokument D1 offenbarten Verfahrens durchführen würde, um dadurch zu einer Verbesserung, insbesondere zu einer Verbesserung hinsichtlich des Gehalts an Restmonomeren, zu gelangen. Auch in D7 finden sich mit Blick auf die zu lösende technische Aufgabe keine Hinweise auf das anspruchsgemäße Vorgehen. Zudem erachtet die Kammer auch das Argument der Beschwerdegegnerin als überzeugend, wonach der Fachmann aus wirtschaftlichen Erwägungen eine Beschichtung von Unterkorn eher nach dessen Abtrennung von der Produktfraktion durchführen würde, weil er damit Beschichtungsmaterial und somit Kosten sparen könnte.

6.17 Somit wird der Anspruchsgegenstand dem Fachmann aus dem vorgelegten Stand der Technik nicht nahegelegt, die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ werden daher ebenfalls erfüllt.

7. Der Aufrechterhaltung des Streitpatents auf Basis des Hauptantrags der Beschwerdegegnerin steht daher keiner der im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Gründe entgegen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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