T 0104/17 () of 15.6.2021

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2021:T010417.20210615
Datum der Entscheidung: 15 Juni 2021
Aktenzeichen: T 0104/17
Anmeldenummer: 10702591.8
IPC-Klasse: A61L 9/015
F24F 3/16
A61L 2/20
B01D 46/00
B08B 15/02
A61L 9/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: DEKONTAMINATIONSANORDNUNG SOWIE VERFAHREN
Name des Anmelders: Metall + Plastic GmbH
Name des Einsprechenden: Skan AG
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 111
European Patent Convention Art 113(1)
European Patent Convention R 115(2)
European Patent Convention R 116(1)
RPBA2020 Art 012(1)(a)
RPBA2020 Art 011
Schlagwörter: Rückwirkende Nichtzulassung von im Einspruchsverfahren behandelten Dokumenten (nein)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Verbesserung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0007/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent EP 2534426 unter Artikeln 101(2) und 101(3)(b) EPÜ zu widerrufen.

II. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hatte gegen das Streitpatent Einspruch eingelegt und diesen mit mangelnder erfinderischer Tätigkeit begründet, Artikel 100(a) und 56 EPÜ.

III. Von den Parteien wurden die folgenden Dokumente angeführt:

D1 |US 6,010,400 |

D10|US 2,482,308 |

D10.1 |J. Banhart, "Manufacturing Routes for Metallic Foams"; Journal of the Minerals (JOM) 52(12), 2000, Seiten 22-27 |

D12|DE 102 18 278 B |

D13|DE 10 2007 027 837 A |

D14 |J. Banhart, "Eigenschaften und Anwendungsgebiete offenporiger metallischer Werkstoffe"; Aluminium 75(12), 1999, Seiten 1094-1099 |

D15 |J. "Eigenschaften und Anwendungsgebiete offenporiger metallischer Werkstoffe"; Materialwissenschaft und Werkstofftechnik 31(6), 2000, Seiten 501-504|

D10.1 wurde im Beschwerdeverfahren eingereicht, die anderen Dokumente im Einspruchsverfahren.

IV. In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche des Streitpatents sei naheliegend gegenüber einer Kombination der Dokumente D1 und D13. Gleiches gelte für die Ansprüche des ihr vorliegenden Hilfsantrags. Zu den anderen angeführten Kombinationen ausgehend von D1 nimmt die Einspruchsentscheidung nicht detailliert Stellung.

Die von der Beschwerdegegnerin im Einspruchsverfahren eingereichten Dokumente D12-D15 wurden entgegen dem Antrag der Beschwerdeführerin ins Verfahren zugelassen.

V. In ihrer Beschwerdebegründung und im weiteren Verfahren brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, der Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit gegenüber einer Kombination aus D1 und D13 sei unberechtigt. Eben sowenig führe eine Kombination von D1 mit anderen Dokumenten, wie D10, D12, D14 oder D15 auf naheliegende Weise zur beanspruchten Erfindung. Zur Relativierung des Offenbarungsgehalts von D10 wurde der Übersichtsartikel D10.1 eingereicht. Darüber hinaus hätten die von der Beschwerdegegnerin im Einspruchsverfahren verspätet eingereichten Dokumente D12-D15 erst gar nicht ins Verfahren zugelassen werden dürfen. Das Verfahren sollte im übrigen zur erneuten Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen werden. Mit der Beschwerdebegründung wurden weiterhin zwölf Anspruchssätze zur hilfsweisen Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang eingereicht.

VI. In ihrer Beschwerdeerwiderung und im weiteren Verfahren brachte die Beschwerdegegnerin im wesentlichen vor, die Entscheidung der Einspruchsabteilung sei korrekt. Des weiteren mangele es auch den Ansprüchen aller Hilfsanträge der Beschwerdeführerin an erfinderischer Tätigkeit gegenüber einer Kombination von D1 mit D10, D12, D13, D14 oder D15.

VII. Nachdem die Parteien mit der Beschwerdebegründung bzw. Beschwerdeerwiderung jeweils hilfsweise mündliche Verhandlung beantragt hatten, wurden sie mit Ladung vom 26. August 2019 zu einer solchen geladen. Deren Termin wurde wegen der anhaltenden Coronapandemie im weiteren Verlauf vom 19. Mai 2020 auf den 6. Mai 2021 verlegt.

VIII. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2019 wurden die Parteien über die vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Kammer informiert. Die Kammer war der Ansicht, D12-D15 befänden sich im Verfahren. Eine Zurückverweisung der Angelegenheit zur Einspruchsabteilung sei nicht statthaft. Die verschiedenen Einwände wegen erfinderischer Tätigkeit müssten in der Verhandlung diskutiert werden.

IX. Mit Schreiben vom 10. März 2021 teilte die Beschwerdegegnerin mit, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen und beantragte, das Verfahren gemäß Regel 115(2) EPÜ ohne ihre Beteiligung fortzusetzen.

X. Mit Mitteilung vom 30. April 2021 wurden die Parteien darüber informiert, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben wurde.

XI. Die Schlussanträge der Parteien sind:

Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen, Artikel 101(2) EPÜ. Hilfsweise beantragt sie, gemäß Artikel 101(3)(a) EPÜ das Patent auf Basis eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1-12 in geänderter Form aufrechtzuerhalten. Zudem beantragt sie, die Angelegenheit zur weiteren Behandlung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, sowie D12-D15 vom Verfahren auszuschließen. Hilfsweise beantragt sie mündliche Verhandlung.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

XII. Die unabhängigen Ansprüche des Streitpatents lauten:

Anspruch 1:

Dekontaminationsanordnung, insbesondere für pharmatechnische Anwendungen, umfassend einen zu dekontaminierenden Raum (3), insbesondere einen Isolatorraum sowie eine zum Entziehen von gas- und/oder dampfförmigen Dekontaminationsmittel, insbesondere Wasserstoffperoxid, aus der Raumluft ausgebildete Reinigungseinrichtung (7), wobei die Reinigungseinrichtung derart angeordnet ist, dass die Raumluft durch diese im Kreislauf mittels mindestens eines Gebläses (5) förderbar ist, wobei die Reinigungseinrichtung (7) eine mit einer reaktiven oder katalytisch wirksamen Substanz, insbesondere MnO2 oder Palladium beschichtete Trägerstruktur umfasst oder daraus besteht,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Trägerstruktur als eine offenporige Metallschaumstruktur ausgebildet ist.

Anspruch 11:

Verfahren zum Entfernen von gas- und/oder dampfförmigen Dekontaminationsmittel, insbesondere von Wasserstoffperoxiddampf, aus einem zu dekontaminierenden Raum (3) mittels einer Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Raumluft des zu dekontaminierendem Raumes (3) mittels eines Gebläses (5) im Kreislauf durch eine Reinigungseinrichtung (7) gefördert wird, mit der das Dekontaminationsmittel katalytisch, aus der Raumluft entfernbar ist.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist zulässig. Sie ist auch begründet, wie im Folgenden ausgeführt wird.

2. Entscheidung im schriftlichen Verfahren

Die Beschwerdegegnerin hat angekündigt, der mündlichen Verhandlung fernzubleiben und beantragt, das Verfahren gemäß Regel 115(2) EPÜ ohne ihre Beteiligung fortzusetzen. Die Beschwerdeführerin hat mündliche Verhandlung hilfsweise nur für den Fall beantragt, dass ihrer Beschwerde nicht stattgegeben wird. Da dies jedoch der Fall ist, ist eine mündliche Verhandlung nicht sachdienlich, weshalb der Verhandlungstermin aufgehoben wurde. Beide Parteien hatten Gelegenheit, sich zu den entscheidungsrelevanten Fragen zu äußern. Das rechtliche Gehör beider Parteien unter Artikel 113(1) EPÜ ist daher gewahrt.

3. Zulassung der Dokumente D12-D15

3.1 Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, D12-D15 hätten von der Einspruchsabteilung nicht ins Verfahren zugelassen werden dürfen, da sie nach der Einspruchsfrist eingereicht wurden und zudem nicht prima facie relevant seien. Obwohl formell nicht so geäußert, scheint es, dass die Beschwerdeführerin die rückwirkende Nichtzulassung dieser Dokumente beantragt.

3.2 Die Zulassung verspätet eingereichter Dokumente liegt gemäß Artikel 114(2) EPÜ im Ermessen der Einspruchsabteilung.

3.2.1 Zunächst ist für die Kammer nicht unmittelbar erkennbar, auf welcher Rechtsgrundlage im Beschwerdeverfahren eine rückwirkende Nichtzulassung einzelner im Einspruchsverfahren zugelassener und der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegender Dokumente erfolgen könnte. Solche Dokumente sind gemäß Artikel 12(1)(a) VOBK 2020 als Bestandteil der angefochtenen Entscheidung grundsätzlich auch Bestandteil des Beschwerdeverfahrens. Eine rückwirkende Nichtzulassung scheint auch aus Artikel 114(2) EPÜ nicht herleitbar. Hat die Prüfungs- oder Einspruchsabteilung ein womöglich spät eingereichtes Dokument zugelassen und damit in der Entscheidung auch berücksichtigt, kann diese Tatsache nicht ohne Aufhebung der gesamten Entscheidung und Zurückverweisung für eine erneute Entscheidung aus dem Verfahren herausgenommen oder anderweitig getilgt werden.

3.2.2 Darüber hinaus sieht die Kammer auch nicht, dass die Zulassung von D12-D15 durch die Einspruchsabteilung offensichtlich falsch gewesen wäre.

Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe Rechtsprechung, 9. Auflage 2019, IV.C.4.5.2, hauptsächlich betreffend die Nichtzulassung von Dokumenten im Prüfungs- und Einspruchsverfahren) sollte eine Beschwerdekammer sich nur dann über die Art und Weise dieser Ermessensausübung hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die Prüfungs- bzw. Einspruchsabteilung ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien, oder in willkürlicher Weise ausgeübt hat (siehe etwa G7/93, ABl. 1994, 775).

D12-D15 wurden bereits einen Monat vor dem unter Regel 116 EPÜ mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung festgelegten Termin eingereicht. Weiterhin hat die Einspruchsabteilung begründet, weshalb sie diese Dokumente für prima facie relevant erachtet (siehe Punkt 12 der angefochtenen Entscheidung), nämlich weil sie sich mit offenporigen Metallschäumen befassen. Dass die Einspruchsabteilung diese Dokumente als prima facie relevant angesehen hat, ergibt sich ja auch daraus, dass sie in der mündlichen Verhandlung ausführlich inhaltlich diskutiert wurden (siehe Punkt 3 des Verhandlungsprotokolls) und dass die Einspruchsabteilung den Widerruf des Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit wesentlich auf D13 stützt (siehe Punkte 13.9-13.11 der Entscheidung).

3.2.3 Ob die von der Einspruchsabteilung vorgenommene Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit letztlich von der Kammer bestätigt wird oder nicht, ändert nichts an der korrekten Ermessensausübung der Einspruchsabteilung zur Zulassung der Dokumente D12-D15. Die Kammer sieht keinen Grund, die zugelassene Dokumente nicht zu berücksichtigen, geschweige denn sie aus dem Verfahren auszuschließen.

4. Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung

In der angefochtenen Entscheidung wurde das Patent wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit widerrufen, d.h. die erfinderische Tätigkeit als Einspruchsgrund wurde in der angefochtenen Entscheidung behandelt.

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, das Verfahren zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, da diese Beurteilung nicht korrekt erfolgt sei. Allerdings ist ja die Überprüfung der Entscheidung der Einspruchsabteilung gerade Sinn und Zweck des Beschwerdeverfahrens. Eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung unter Artikel 111 EPÜ für eine (erneute) Prüfung der erfinderischen Tätigkeit kommt daher nicht in Betracht, selbst wenn die Kammer auch einzelne Dokumente prüfen sollte, die von der Einspruchsabteilung noch nicht geprüft wurden.

Hauptantrag

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

5.1 Die beanspruchte Erfindung befasst sich mit der Dekontamination von Raumluft, insbesondere mit der Entfernung des gas- oder dampfförmigen Dekontaminationsmittels aus der Raumluft nach erfolgter Dekontamination. Dazu werden eine Vorrichtung (Anspruch 1) und ein entsprechendes Verfahren (Anspruch 11) beansprucht.

5.2 Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass das den nächsten Stand der Technik repräsentierende Dokument D1 die Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 des Streitpatents offenbart, etwa in den Apparaturen der Abbildungen 3 oder 6. In D1 wird zur Zersetzung des Dekontaminationsmittels ein mit Katalysator imprägniertes Filtermaterial verwendet (siehe Spalte 5, Zeilen 32ff., Zeilen 55ff.). Die in Anspruch 1 definierte Dekontaminationseinrichtung ist also, mit Ausnahme der Trägerstruktur des katalytisch aktiven Materials, aus D1 bekannt.

5.3 Ausgehend davon stellt sich das Patent die Aufgabe, eine verbesserte Dekontaminationseinrichtung aufzufinden, mit Hilfe derer insbesondere die erforderliche Zeit zur Entfernung des Dekontaminationsmittels aus der Raumluft verkürzt werden kann. Dies ist in Absatz [0010] des Patents angegeben und ist ebenfalls unstrittig.

5.4 Die in den unabhängigen Ansprüchen vorgeschlagene Lösung dieser Aufgabe besteht darin, eine Apparatur gemäß Anspruch 1 zu verwenden, in der die Trägerstruktur für den Katalysator als offenporige Metallschaumstruktur ausgebildet ist. Ein solches Verfahren ist in Anspruch 11 definiert. Dies führt zu einer Verringerung des Strömungswiderstands bei maximaler wirksamer Oberfläche und damit zu verkürzter Reinigungszeit der Raumluft, siehe etwa Absatz [0015] der Patentschrift. Es ist unstrittig, dass die beanspruchte Apparatur die technische Aufgabe löst.

5.5 Strittig ist, ob die beanspruchte Lösung der Aufgabe für den Fachmann aus dem Stand der Technik nahegelegt war.

5.5.1 Kombination von D1 mit D13

D13 offenbart die Herstellung von offenporigen Metallschäumen, die auch mit Katalysatoren beschichtet werden können. Solche Mikrostrukturen können wegen des geringen Druckverlusts (d. h. geringen Strömungswiderstands) etwa zur Gasreinigung eingesetzt werden, siehe Absätze [0008] und [0009] der D13. Diese Vorteile solcher Strukturen werden auf Seite 4 der D13 nochmals zusammengefasst.

Die Einspruchsabteilung und die Beschwerdegegnerin sahen es als naheliegend an, dass ein Fachmann aufgrund dieser Offenbarung offenporige Metallschäume als Katalysatorträgermaterial in die Apparatur der D1 eingesetzt hätte, um den Strömungswiderstand zu verringern.

Allerdings offenbart D13 die Metallschäume im Zusammenhang mit der Verwendung in Mikroreaktoren, und nicht in makroskopischen Systemen wie vorliegend beansprucht. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin hätte der Fachmann keine Veranlassung gehabt, den Einsatz solcher Schäume in makroskopischen Vorrichtungen, wie der beanspruchten, in Erwägung zu ziehen.

Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung auf Absatz 2 der D13 hingewiesen, in der der Einsatz der Mikroreaktoren zur Erprobung von in makroskopischen Reaktoren nicht realisierbaren Prozessbedingungen beschrieben wird. Die Kammer stimmt aber in der Frage der Interpretation dieser Passage der Ansicht der Beschwerdeführerin zu, nämlich dass dies nicht den Einsatz der Mikroreaktoren in makroskopischen Systemen, sondern die Simulation derartiger makroskopischer Verfahren in Mikroreaktoren betrifft.

Es gibt in D13 keinen Hinweis auf die Verwendung der dort offenbarten offenporigen Metallschäume in anderen als Mikroreaktoren. Ein Fachmann hatte keine Informationen über die Eignung solcher Schäume als Katalysatorträgermaterial in makroskopischen Systemen. Die in D13 offenbarten Mikroreaktoren sind wenige Millimeter groß (siehe Absatz [0002]). Solche Dimensionen sind für den Einsatz in Apparaturen gemäß D1 ungeeignet. D13 enthält keine Informationen, ob und gegebenenfalls wie solche Schäume zur Verwendung in größeren Apparaturen angepasst werden können.

Nach Überzeugung der Kammer hatte ein Fachmann daher keine Veranlassung, ausgehend von D1 die dort verwendeten katalysatorimprägnierten Schwebstofffilter durch die in D13 beschriebenen Strukturen zu ersetzen, in der Erwartung, dadurch die Zeit zum Abbau des Dekontaminationsmittels zu verkürzen.

5.5.2 Kombination von D1 mit D12

D12 offenbart den Einsatz von offenporigen Metallschäumen in Mikroreaktore, genau wie D13. Die für D13 gezogenen Schlüsse gelten daher analog.

5.5.3 Kombination von D1 mit D10

D10 wurde im Jahr 1949 veröffentlicht. D10 offenbart Mangandioxid zur Zersetzung von Wasserstoffperoxid. Das Material wird auf einer als als "foraminous" bezeichneten Trägerstruktur bereitgestellt (Spalte 1, Zeile 31). Die Beschwerdegegnerin sieht hierin einen Hinweis auf poröse und daher schaumartige Strukturen. Als Beispiele werden allerdings Drahtnetze angegeben.

Mit Verweis auf den Übersichtsartikel D10.1 wurde von der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der D10 im Jahr 1949 offenporige Metallschäume unbekannt waren. Dies geht aus D10.1, vorletzte Seite (Abschnitt "Challenges") hervor. Die Kammer schließt sich dieser Ansicht an; Die Beschwerdegegnerin hat hierzu nichts mehr vorgebracht. In der D10 selbst sind solche Strukturen jedenfalls nicht beschrieben. Eine Kombination von D1 und D10 kann daher schon aus diesem Grund nicht zu den vorliegenden Ansprüchen führen.

5.5.4 Kombination von D1 mit D14 oder D15

D14 und D15, die inhaltlich weitgehend identisch sind, befassen sich allgemein mit den Einsatzgebieten offenporiger metallischer Schäume.

D15 spekuliert in einem kurzen Absatz über die Anwendung solcher Schäume als Katalysatorträgermaterial ("könnten sich (...) als Trägergerüst für Katalysatoren eignen", Punkt 4.3). Als mögliche katalytische Anwendungen werden dort wegen der hohen Wärmeleitfähigkeiten stark exotherme Reaktionen genannt, etwa bei der Oxidation von Ethylen zu Ethylenoxid.

Die Beschwerdegegnerin hat darauf hingewiesen, dass Ethylenoxid ein Desinfektionsmittel ist. Weiterhin sieht sie wegen der Beschreibung der Durchströmbarkeit in Absatz 3.3 der D15 und den Abbildungen 2 und 3 der D14, die die Strukturen der Schäume zeigt, eine Anregung für den Fachmann, solche Strukturen in den beanspruchten Apparaturen einzusetzen.

Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, D14 und D15 enthielten keine Hinweise auf katalytischen Abbau von Dekontaminationsmitteln.

Nach Ansicht der Kammer kann der spekulative Hinweis auf eine Verwendung als Trägermaterial für Katalysatoren in D15 den Fachmann nicht zur beanspruchten Lösung führen. Solche katalytische Anwendungen waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der D15 offenbar noch nicht erfolgt. Zudem bezieht sich der Hinweis auf exotherme Syntheseverfahren, für die die hohe Wärmeleitung der Schäume zur Ableitung der Reaktionswärme von Vorteil wäre. Die Nennung von Ethylenoxid in D15 ist in diesem Zusammenhang zu verstehen. Im vorliegenden Fall spielt aber die Reaktionswärme keine Rolle.

5.6 Die in Anspruch 1 definierte Lösung der Aufgabe war dem Fachmann daher ausgehend von D1 nicht nahegelegt. Das Verfahren des Anspruchs 11 benutzt eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 und ist daher ebenfalls erfinderisch.

6. Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist gewährbar. Auf die Hilfsanträge braucht daher nicht näher eingegangen zu werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Der Einspruch wird zurückgewiesen.

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