T 0091/17 () of 2.10.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T009117.20201002
Datum der Entscheidung: 02 October 2020
Aktenzeichen: T 0091/17
Anmeldenummer: 11719752.5
IPC-Klasse: F27B11/00
F27D17/00
C21D9/667
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUM VORWÄRMEN VON GLÜHGUT IN EINER HAUBENGLÜHANLAGE
Name des Anmelders: EBNER Industrieofenbau GmbH
Name des Einsprechenden: LOI Thermprocess GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a) (2007)
European Patent Convention Art 54(2) (2007)
European Patent Convention Art 56 (2007)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent EP-B8-2 558 807 betrifft eine Haubenofenanlage mit mehreren Glühplätzen sowie ein Verfahren zum Betreiben desselben.

II. Gegen das erteilte Patent (im Folgenden: das Patent) hatte die Einsprechende Einspruch eingelegt und diesen auf die Gründe der Artikel 100 (a) und (b) EPÜ gestützt. Den Grund unter Artikel 100 (b) EPÜ zog die Einsprechende während des Einspruchsverfahrens zurück.

III. Die Patentinhaberin (im Folgenden "die Beschwerdeführerin") legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, das Patent zu widerrufen. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der Gegenstand der Ansprüche in der erteilten Fassung nicht neu (Anspruch 1) und nicht erfinderisch (Anspruch 2) sei.

IV. In der Mitteilung zur Ladung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 legte die Kammer ihre vorläufige Meinung dar.

V. Die mündliche Verhandlung fand am 2. September 2020 statt.

VI. Schlussanträge

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit den Ansprüchen wie erteilt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende (im Folgenden "Beschwerdegegnerin")

beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

VII. Die Ansprüche 1 und 2 des Hauptantrags (Patent wie erteilt) lauten wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt in "[]" in Anlehnung an die angefochtene Entscheidung):

"1. [i] Verfahren zum Vorwärmen von Glühgut (4, 5)

in einer Haubenglühanlage mit das Glühgut (4, 5) unter einer Schutzhaube (7) in einer Schutzgasatmosphäre aufnehmenden Glühsockeln (1, 2),

[ii] wobei das in einer Schutzhaube (7) einer

Wärmebehandlung zu unterziehende Glühgut (4) mit Hilfe eines gasförmigen Wärmeträgers vorgewärmt wird,

der in einem Kreislauf die Schutzhauben (7) von außen umspült und Wärme von einem in einer Schutzhaube (7) bereits wärmebehandelten Glühgut (5) aufnimmt und an ein vorzuwärmendes Glühgut (4) in einer anderen Schutzhaube (7) abgibt,

dadurch gekennzeichnet, dass

[iii] zur Wärmebehandlung des Glühguts (4, 5, 6) wenigstens ein weiterer Glühsockel (3) mit einer von außen über Brenner (15) beheizbaren Schutzhaube (7) eingesetzt wird und dass

[iv] die heißen Abgase von der Heizung dieser Schutzhaube (7) dem erwärmten Wärmeträger zur Vorwärmung des Glühguts (4) zugemischt werden."

"2. [i] Haubenglühanlage zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1

[ii] mit das Glühgut (4, 5) unter einer Schutzhaube (7)

aufnehmenden Glühsockeln (1, 2),

[iii] mit den Schutzhauben (7) zugeordneten

Umwälzeinrichtungen für ein Schutzgas und

[iv] mit einer Kreislaufführung für einen gasförmigen Wärmeträger, die die Schutzhauben (7) mit Abstand umschließende Einhausungen (10) und die Einhausungen (10) miteinander zu einem Kreislauf zusammenfassende Strömungskanäle (11, 12) umfasst,

dadurch gekennzeichnet, dass

[v] wenigstens ein weiterer Glühsockel (3) mit einer

Schutzhaube (7) und einer die Schutzhaube (7) umschließenden, durch Brenner (15) beheizbaren Heizhaube (14) vorgesehen ist, deren Abgasleitung (17) in den Strömungskanal (12) für den erwärmten Wärmeträger mündet, und dass

[vi] der Strömungskanal (11) für den gekühlten Wärmeträger mit einem Überschussauslass (19) versehen ist."

VIII. Im Beschwerdeverfahren bezogen sich die Beteiligten in ihrer Argumentation unter anderem auf die folgenden, bereits in der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumente:

D1: T. Berrenberg, C. Kramer: "Energieeinsparung bei

Wärmebehandlungsanlagen", GASWÄRME International

(58), 3/2009, Seiten 147 bis 153;

D3: DE 1 142 889 B.

D4: Auszug aus dem Fachbuch "Praxishandbuch

Thermoprozess-Technik", Vulkan-Verlag GmbH,

2003, Seiten 258 bis 263.

IX. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:

a) Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand von Anspruch 1 nicht neu gegenüber D1 war. Die Beschwerdeführerin bestritt nicht, dass D1 die Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 offenbart und dass der Betrieb der Heizhauben mit Brennern implizit aus der Offenbarung der D1 hervorgeht. Auch gestand sie zu, dass eine Abgasabführung auf Grund des Betriebs der Brenner bei der Anlage gemäß Figur 8, D1 inhärent vorhanden sein müsse, auch wenn diese nicht dargestellt ist.

b) Jedoch argumentierte sie, dass aus der D1 nicht hervorgehe, wo die heißen Abgase abgeleitet werden. Diese könnten beispielsweise aus den Heizhauben mit nicht dargestellten Abgasleitungen direkt abgeleitet werden. Somit wäre nicht offenbart, dass die heißen Abgase dieser Brenner überhaupt in die Ringleitung eingespeist werden. Zwar bestritt die Beschwerdeführerin nicht, dass im Kühlbetrieb noch restliche Rauchgase aus den Heizhauben ausgespült werden, diese seien jedoch nicht mit den heißen Rauchgasen gemäß Merkmal iv) gleichzusetzen. Schließlich würde Merkmal iv) auch noch fordern, dass die heißen Abgase dem "erwärmten Wärmeträger" nach der Vorwärmung gemäß Merkmal ii) zugemischt werden. Diese spezielle Sequenz sei D1 ebenfalls nicht zu entnehmen.

c) Selbst wenn der Fachmann die Nutzung der Wärmeenergie aus den Brennerabgasen der Wärmebehandlung in der Anlage gemäß Figur 8 in Betracht ziehen würde, so gäbe es Alternativen zur Zumischung zum Wärmeträger in der Ringleitung, wie zum Beispiel eine direkte Zuleitung in den vorzuwärmenden Glühplatz. Zudem müsse für einen zyklischen Betrieb eine Vielzahl von Überschussauslässen in der Ringleitung vorgesehen werden.

d) Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass der Gegenstand von Anspruch 2 ausgehend von D1 in Verbindung mit fachmännischem Wissen, repräsentiert beispielsweise durch die D4, nicht erfinderisch sei. Bezüglich Anspruch 2 stellte die Beschwerdeführerin fest, dass D1 weder eine Abgasleitung im Sinne von Merkmal v), noch die Lage des Überschussauslasses gemäß Merkmal vi) offenbare. D1 würde keinerlei Lehre bezüglich der Abgasführung offenbaren die dem Fachmann bei der Auswahl der Lage unterstützten. Weder fachmännisches Wissen, noch D3 legten die Merkmale nahe.

X. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:

a) Anspruch 1 schreibe nicht vor, dass die Abgase während des Aufheizens an die Ringleitung abgegeben werden und die Einbringung der Abgase auch nach Beendigung der Aufheizung erfolgen würde, wofür die Präsenz der Rauchgase in der Ringleitung ein eindeutiges Indiz sei. Auch würde der Fachmann aus der D1 ohne Weiteres erkennen, dass ein Glühplatz im Aufheizbetrieb durch Schließen der eingangsseitigen und Öffnen der ausgangsseitigen Rauchgasklappe gemäß Merkmal vi) betreibbar sei.

b) Merkmal vi) sei zudem, selbst wenn man es als in D1 nicht offenbart betrachte, dem Fachmann auch aus D3 nahegelegt, wo vorgeschlagen würde, das Abgas der Aufheizung vor Ableitung im Kamin zu einer weiteren Vorwärmhaube zu leiten, was eine Einleitung des Abgases in die Ringleitung gemäß Figur 8, D1 nahelege.

c) Bezüglich Anspruch 2 bemerkt die Beschwerdegegnerin, dass lediglich Merkmal vi) ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber D1 darstelle. Dieses würde dem Fachmann jedoch aus seinem Fachwissen oder auch aus der Offenbarung von D3 offensichtlich sein.

Entscheidungsgründe

1. Neuheit

Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin zu, dass im Gegensatz zur Schlussfolgerung in der angefochtenen Entscheidung der Gegenstand von Anspruch 1 neu über die Offenbarung von D1 ist.

1.1 D1 offenbart unstreitig die Merkmale des Oberbegriffs. In Figur 8 sind eine Reihe von Glühsockeln ("Glühplätze") dargestellt, die jeweils eine Schutzhaube und eine Heizhaube aufweisen wobei den Heizhauben mittels einer Ringleitung ein Wärmeträger zu- und abführbar ist. Zudem wird offenbart, dass mittels eines Wärmeträgers in der Ringleitung das Glühgut in einem Glühplatz abgekühlt und der so erwärmte Wärmeträger zur Vorwärmung von Glühgut in einem anderen Glühplatz verwendet wird.

1.2 D1 offenbart zudem auch mindestens einen "weiteren Glühsockel" gemäß Merkmal iii), welcher zur Wärmebehandlung eingesetzt wird (vergleiche Seite 153, Absatz 1 "zyklischer Ablauf, bei dem die Glühplätze reihum beladen, aufgeheizt, abgekühlt und entladen werden"). Die implizite Offenbarung von Brennern für den Aufheizschritt durch den Bezug auf "Rauchgase" ist nicht streitig.

1.3 Bezüglich Merkmal vi) kann der angefochtenen Entscheidung zwar insoweit gefolgt werden, dass eine Abgasableitung trotz fehlender Darstellung in Figur 8 von D1 inhärent notwendig und somit implizit offenbart ist. Hieraus folgt jedoch nicht, dass das Abgas der Aufheizung zwangsläufig dem erwärmten Wärmeträger in der Ringleitung zugemischt wird. Wie seitens der Beschwerdeführerin zurecht argumentiert, könnte der Glühplatz während der Aufheizung auch komplett isoliert von der Ringleitung unter externer Abführung des Abgases betrieben werden. Zwar offenbart D1, dass der Wärmeträger "Rauchgasanteile" aufweist, diese könnten aber auch erst nach der Aufheizung während eines Abkühlschrittes als Restrauchgas aus der Heizhaube in die Ringleitung gelangen.

1.4 Der Beschwerdegegnerin wird in soweit zugestimmt, dass selbst diese restlichen in der Heizhaube verbliebenen Abgase, welche nach Abschalten der Brenner bei Erreichen der Glühendtemperatur aus der Heizhaube zur Einleitung einer Kühlphase im Sinne von Merkmal ii) geleitet werden (D1, Seite 152), noch unter den Begriff "heiße Abgase" gemäß Merkmal iv) fallen. Jedoch offenbart D1 nicht, dass gleichzeitig zwei Glühsockel zur Vorwärmung eingesetzt werden. So könnte beispielsweise lediglich jeweils nur ein Glühsockel in der Anlage gemäß Figur 8 von D1 im Abkühlbetrieb zur Vorwärmung des Wärmeträgers genutzt werden. In dem Fall würde zwar in einem Glühplatz die Vorwärmung durch Wärmeaufnahme von Glühgut und die Zumischung heißer Abgase erfolgen, aber nicht, wie Merkmale iii) und iv) erfordern, eine Mischung von vorgewärmtem Wärmeträger aus einem ersten Glühsockel mit den Abgasen aus einem "weiteren Glühsockel".

Somit ist das Verfahrensmerkmal iv) von Anspruch 1 in D1 nicht offenbart.

2. Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit

2.1 Die Eignung von D1 als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes von Anspruch 1 ist nicht nur auf Grund der Offenbarung der Merkmale i) bis iii) gegeben; D1 ist zudem, wie auch das Patent, auf die Verbesserung der Energieeffizienz der offenbarten Haubenofenanlage gerichtet.

2.2 Die objektive technische Aufgabe, die sich bezüglich des unterscheidenden Merkmals iv) von Anspruch 1 stellt, besteht in Anlehnung an die in Absatz 3 des Patentes formulierte Aufgabe in einer Optimierung der Energieeffizienz des Verfahrens. Da in D1 bereits Schutzhauben für das Glühgut eingesetzt werden, stellt sich die im Absatz 3 des Patents genannte Aufgabe der Vermeidung der Verunreinigung des Glühguts nicht.

2.3 Es ist unstreitig, dass die Anlage gemäß Figur 8 geeignet ist, einen Prozess gemäß Anspruch 1 auszuführen, da hierfür alle notwendigen Leitungen und Ventile ("Rauchgasklappen") vorhanden sind, selbst, wenn die Verfahrensschritte nicht so in D1 offenbart wurden. So würde im Aufheizbetrieb durch Öffnung nur einer der Rauchgasklappen des entsprechenden Glühplatzes das Abgas durch diese Klappe als Abgasleitung in die Ringleitung gelangen.

2.4 Bezüglich der Ableitung oder Nutzung der Abgase wird in D1 keine Aussage gemacht. Hierzu bieten sich dem Fachmann lediglich zwei Optionen. Zum einen kann eine Abgasleitung in der Heizhaube jedes Glühplatzes vorgesehen werden. Diese Alternative bietet jedoch gar keine Möglichkeit der Wärmerückgewinnung. Alternativ kann das Rauchgas über einen Auslass in der Ringleitung abgeführt werden, die, wie zuvor ausgeführt, in D1 als für "Wärmeträger mit Rauchgasanteilen aus den Heizhauben" geeignet beschrieben wird. Im Hinblick auf die Aufgabe und die Tatsache, dass die Abgase der Brenner die einzige in D1 noch verbleibende Wärmequelle ist (die Nutzung aus der Abkühlung des Glühguts wird in D1 bereits explizit vorgeschlagen) zieht der Fachmann, wie zurecht seitens der Beschwerdegegnerin argumentiert, auch die Offenbarung von D3 zu Rate, da sich auch diese mit der Wärmerückgewinnung in Haubenofenanlagen beschäftigt. Aus D3, Spalte 2, Zeile 47 bis Spalte 3, Zeile 1 bekommt er einen eindeutigen Hinweis, dass im Stand der Technik bekannt ist, die Abgase aus einer "Glühhaube" zur Vorwärmung einer weiteren "Vorwärmhaube" vor Ableitung der Abgase in einem Kamin zu nutzen. Dieses Prinzip lässt sich direkt und ohne weitere Funktionen auf die Anlage gemäß Figur 8 der D1 übertragen indem man die Abgase durch geeignete Stellung der "Rauchgasklappen" über die Ringleitung zum nächsten Vorwärmplatz führt. Die Tatsache, dass D3 bereits im Jahr 1963 veröffentlicht wurde, kann in diesem Fall nicht als Indikation für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden, da sich aus D3 nicht die Aufgabe ergibt.

2.5 Das Argument der Beschwerdeführerin, der Fachmann hätte bezüglich des Zumischpunktes in die Ringleitung immer noch verschiedene Möglichkeiten, selbst wenn er auf die Idee käme, das Abgas dem Wärmeträger in der Ringleitung zuzuführen, greift nicht. Eine Zumischung der heißen Abgase stromaufwärts eines Abkühlplatzes oder stromabwärts eines Vorwärmplatzes ist technisch im Sinne der Aufgabe nicht sinnvoll. Somit ist dem Fachmann direkt und eindeutig ersichtlich, dass lediglich eine Möglichkeit in Betracht zu ziehen ist, nämlich die Zumischung des Abgases zu dem bereits vorgewärmten Wärmeträger gemäß Merkmal iv).

2.6 Auch das Argument der Beschwerdeführerin, die Anwendung der Lehre von D3 auf die Anlage nach Figur 8 in D1 würde jeweils die Vorsehung direkter Abgasleitungen von einem Glühplatz zum nächsten bedingen, was eine nicht naheliegende Modifikation darstellen würde, ist nicht überzeugend. Mit der Anbindung zur Ringleitung und den vorhandenen Rauchgasklappen sind keine weiteren Modifikationen der Anlage gemäß Figur 8 notwendig, um das Rauchgas einem Vorwärmplatz zuzuführen.

2.7 Demzufolge ist ausgehend von D1 die Zumischung der heißen Abgase zu dem vorgewärmten Wärmeträger gemäß Merkmal iv) offensichtlich.

3. Anspruch 2 - Erfinderische Tätigkeit

3.1 Auch für die Vorrichtung gemäß Anspruch 2 ist D1 unstreitig der geeignete Ausgangspunkt.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, die über eine Rauchgasklappe an die Ringleitungen angeschlossen Stichleitungen in Figur 8 würden keine Abgasleitungen im Sinne des Merkmals v) darstellen, da eine Benutzung als Abgasleitungen in D1 nicht offenbart sei, kann die Kammer nicht folgen. Die Bezeichnung "Abgasleitung" in dem Vorrichtungsanspruch 2 ist lediglich eine Eignungsbezeichnung. Dass Rauchgase über die Leitungen zumindest im bei Erreichen der Glühendtemperatur folgenden Kühlschritt in die Ringleitung gespült werden, ist in D1 ohnehin schon offenbart. Zudem lassen sich die Klappen der Vorrichtung gemäß Figur 8 so einstellen, dass auch im Wärmebehandlungschritt eines Glühplatzes das Abgas in die Ringleitung entweichen kann, auch wenn ein solcher Betriebsmodus in D1 nicht direkt und unzweideutig offenbart ist. Merkmal v) ist daher kein Unterscheidungsmerkmal.

3.2 Bezüglich Merkmal vi) ist unstreitig, dass zur Abgasführung in D1 keine Angaben gemacht werden, jedoch inhärent ein Überschussauslass notwendig und dieser in D1 als implizit offenbart zu betrachten ist. Zu dessen Lage finden sich jedoch weder direkt noch indirekt Vorgaben in D1. Somit ist die Lage des Überschussauslasses gemäß Merkmal vi) das einzige zu betrachtende Unterscheidungsmerkmal.

3.3 Wie zuvor ausgeführt, ergeben sich für die Lage des Überschussauslasses lediglich die zwei Optionen, ihn entweder in der Heizhaube eines (oder mehrerer) der Glühplätze oder an der Ringleitung vorzusehen. Die in der angefochtenen Entscheidung angeführte Aufgabe der Vermeidung einer unzulässigen Druckerhöhung ist im Hinblick auf die Tatsache, dass ein Überschussauslass in D1 implizit offenbart ist, nicht korrekt. Die Kammer stimmt auch der Beschwerdeführerin nicht zu, dass die Aufgabe in der Erhöhung der Energieeffizienz liegt. Diese Aufgabe ist bereits durch die Anlage gemäß Figur 8 gelöst, da diese zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 durch geeignete Stellung der Rauchklappen geeignet ist. Für die Prozessführung ist es dabei unerheblich, wo das Abgas abgeführt wird; Überschussgas könnte in der Ringleitung, aber auch aus dem Glühplatz, beispielsweise in der Abkühlungsstufe oder der Vorwärmstufe abgelassen werden. Aus der Lage des Ortes für den Überschussauslass lässt sich weder ein besonderer Effekt begründen, noch impliziert die in Figur 8 offenbarte Anlage weitere Einschränkungen. Daher besteht bezüglich Merkmal vi) die objektive technische Aufgabe lediglich in der Auswahl eines Ortes für die Überschussleitung aus äquivalenten Alternativen.

Die Auswahl aus zwei naheliegenden gleichwertigen Alternativen ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9.Auflage, 2019, 1.D.9.19.10) nicht erfinderisch.

3.4 Das Argument der Beschwerdeführerin, man müsste mehrere Überschussauslässe in der Ringleitung vorsehen, um einen vollständig zyklischen Betrieb der Anlage nach Figur 8 von D1 zu ermöglichen, greift nicht, da ein zyklischer Betrieb mehrerer Glühplätze gemäß Anspruch 1 ebenfalls nicht vorgesehen ist, und in Anspruch 2 ebenfalls nur eine Überschussleitung beansprucht wird.

3.5 Somit ist das Merkmal vi) und damit der Gegenstand von Anspruch 2 dem Fachmann ausgehend von D1 und unter Anwendung seines Fachwissens offensichtlich.

4. Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) entgegensteht. Daher ist die Beschwerde unbegründet.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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