T 2700/16 (Partikuläres wasserunlösliches Polyamid / HENKEL) of 10.9.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T270016.20190910
Datum der Entscheidung: 10 September 2019
Aktenzeichen: T 2700/16
Anmeldenummer: 09730592.4
IPC-Klasse: C11D 3/22
C11D 3/37
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: FARBSCHÜTZENDES WASCH- ODER REINIGUNGSMITTEL
Name des Anmelders: Henkel AG & Co. KGaA
Name des Einsprechenden: THE PROCTER & GAMBLE COMPANY
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0002/81
T 1170/02
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechende richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsaufteilung betreffend die Aufrechterhaltung in geändertem Umfang des Europäischen Patents Nr 2 262 884.

II. Anspruch 1 der aufrechterhaltenen Fassung hat folgenden Wortlaut:

"1. Wasch-, Wäschevorbehandlungs-, Wäschenachbehandlungs- oder Reinigungsmittel, enthaltend einen Farbübertragungsinhibitor in Form eines partikulären wasserunlöslichen Polymers ausgewählt aus Polyamid, und zusätzlich ein Polymer aus Vinylpyrrolidon, Vinylimidazol, Vinylpyridin-N-Oxid oder ein Copolymer aus diesen neben üblichen mit dem partikulären Polymer verträglichen Inhaltsstoffen, wobei die Polymerpartikel Teilchengrößen im Bereich von 100 µm bis 500 µm aufweisen."

III. Die Einsprechende (im Folgenden die "Beschwerdeführerin") hat in ihrer Beschwerdebegründung unter anderem Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ vorgebracht.

IV. In Erwiderung auf die Kammermitteilung hat die Patentinhaberin (im Folgenden die "Beschwerdegegnerin") ausgeführt, dass der beanspruchte Gegenstand den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ entspreche. Die Beschwerdeführerin hat alle ihre Einwände aufrechterhalten.

V. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde erörtert, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 in der aufrechterhaltenen Fassung den Voraussetzungen nach Artikel 123(2) EPÜ entspricht.

VI. Am Ende der mündlichen Verhandlung lauteten die Anträge der Parteien wie folgt:

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin hat beantragt die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Artikel 123(2) EPÜ

1.1 Anspruch 1 der aufrechterhaltenen Fassung betrifft ein Wasch-, Wäschevorbehandlungs-, Wäschenachbehandlungs- oder Reinigungsmittel, das unter anderem als Farbübertragungsinhibitor wasserunlösliche Polyamidpartikel enthält, die Teilchengröße im Bereich von 100 µm bis 500 µm aufweisen.

1.2 Die Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung (Seiten 1 und 2 überbrückender Absatz) offenbart als Gegenstand der Erfindung die Verwendung von partikulären wasserunlöslichen Polymeren als Farbübertragungsinhibitoren. Unter den besonders bevorzugten Polymeren ist Polyamid genannt (Seite 2, Zeile 4). Der darauffolgende Absatz der Beschreibung, der die bevorzugten Teilchengröße bzw. die mittlere Teilchengröße dieser Polymerpartikel offenbart, lautet: "Die Polymerpartikel weisen vorzugsweise Teilchengrößen im Bereich von 1 nm bis 500 mym, insbesondere 5 nm bis 100 mym auf. Ihre mittlere Teilchengröße liegt vorzugsweise im Bereich von 5 nm bis 100 mym, insbesondere 1 mym bis 50 mym.".

1.3 Die Anmeldung in der ursprünglichen eingereichten Fassung enthält jedoch keine weitere Offenbarung bezüglich der Teilchengröße von wasserunlöslichen Polymerpartikeln, und das einzige Beispiel auf Seite 13 der Anmeldung erwähnt weder die Teilchengröße noch die mittlere Teilchengröße des verwendeten partikulären Polyamids.

Außerdem sind weder die Ansprüche, noch der auf Seite 2 der Beschreibung (vierter voller Absatz) beschriebene weitere Gegenstand der Erfindung, auf wasserunlösliche partikuläre Polymere oder wasserunlösliche Polyamidpartikel beschränkt.

1.4 Der im geänderten Anspruch 1 gewählte Teilchengrößen-bereich von 100 µm bis 500 µm ergibt sich aus der Kombination der oberen Grenze des auf Seite 2 der ursprünglichen Beschreibung offenbarten breiteren Bereichs (1 nm bis 500 mym) mit der oberen Grenze des ebenfalls offenbarten besonders bevorzugten engeren Bereichs (5 nm bis 100 mym).

Eine mittlere Teilchengröße, wie auf Seite 2 der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung offenbart, wird jedoch im geänderten Anspruch 1 nicht spezifiziert; außerdem wurde diese ursprüngliche Offenbarung des mittleren Teilchengrößenbereichs bei der Anpassung der Beschreibung an die aufrechterhaltene Anspruchsfassung gestrichen.

1.5 Es ist festgelegte Rechtsprechung (siehe T 0002/81, ABl. 1982, 394, Leitsatz 2), dass die Offenbarung eines quantitativen Wertbereiches (z.B. von

Konzentrationen oder Temperaturen) zusammen mit einem eingeschlossenen bevorzugten engeren Bereich unmittelbar auch die möglichen zwei Teilbereiche, die vor und nach dem engeren Bereich innerhalb des Ganzen liegen, offenbart, sodass eine einfache Kombination des bevorzugten engeren Bereichs und eines

jener Teilbereiche auch eindeutig herleitbar und durch die Offenbarung gestützt wird.

1.6 Jedoch, im Gegensatz zum Fall T 0002/81, schließt im vorliegenden Fall der im Anspruch 1 gewählte Bereich den bevorzugten engeren Bereich (in diesem Fall den Bereich von 5 nm bis 100 mym) nicht ein, sondern wird dieser Bereich mit der Ausnahme seiner obersten Grenze ausgeschlossen. Daher ist der vorliegende Sachverhalt dem der Entscheidung T 0002/81 nicht ähnlich.

1.7 Der vorliegende Fall ist dem Fall T 1170/02 ähnlich, in dem die beauftragte Kammer entschied, ob der durch eine Kombination der untersten Grenze des offenbarten breiteren Bereichs mit der untersten Grenze des engeren bevorzugten Bereichs geänderte Teilchendurchmesser-bereich den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ entsprach. In diesem Fall entschied die Kammer (Punkt 4.3) der Entscheidung T 0002/81 nicht zu folgen bzw. (Punkt 4.4), dass es entscheidend sei, ob angesichts der ursprünglichen Offenbarung der Fachmann ernsthaft in Erwägung gezogen hätte, in dem abgeänderten Bereich zu arbeiten.

1.8 Nach dem Dafürhalten der Kammer würde der Fachmann aus dem oben zitierten Absatz auf Seite 2 (siehe Punkt 1.2) der ursprünglichen Beschreibung eindeutig entnehmen, dass die erfindungsgemäßen wasserunlöslichen Polymerpartikel vorzugsweise sowohl eine Teilchengröße im Bereich von 1 nm bis 500 mym wie auch eine mittlere Teilchengröße im Bereich von 5 nm bis 100 mym aufweisen sollten.

1.9 Jedoch ist der im geltenden Anspruch 1 beanspruchte Teilchengrößenbereich im Widerspruch zu dem im zitierten Absatz der ursprünglichen Beschreibung offenbarten breiteren mittleren Teilchengrößenbereich, der als oberste Grenze 100 mym beträgt, da er die Anwesenheit auch von Partikeln mit Teilchengröße unterhalb von 100 mym erfordert, welche jedoch vom geltenden Anspruch 1 ausgeschlossen sind.

1.10 Daher hätte der Fachmann, bei Berücksichtigung der Offenbarung des mittleren Teilchendurchmessers auf Seite 2 der ursprünglichen Offenbarung, nicht in Erwägung gezogen, wasserunlösliche Partikel zu wählen, die einen mit der Offenbarung der mittleren Teilchengröße inkompatiblen Teilchengrößenbereich wie im geänderten Anspruch 1 (100-500 mym) aufweisen.

1.11 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass ein Wasch- oder Reinigungsmittel enthaltend einen Farbübertragungsinhibitor in Form eines partikulären wasserunlöslichen Polyamids, das den Teilchengrößenbereich des Anspruchs 1 aufweist, von der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht nicht unmittelbar und eindeutig ableitbar ist.

1.12 Der Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung entspricht daher nicht den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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