European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T261816.20190711 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 11 Juli 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2618/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07764981.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | B44C 1/10 B29C 47/00 B27D 5/00 B29C 63/00 B41F 17/00 |
||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren und Vorrichtung zum Herstellen und Montieren einer bedruckten Kantenleiste | ||||||||
Name des Anmelders: | Rehau AG + Co | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Fritz Egger GmbH & Co. OG | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Verspätetes Vorbringen - Zulassen von Dokumenten und Einwänden Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein) Änderungen - Erweiterung der Schutzbereichs (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Ein-sprechenden richten sich gegen die am 28. November 2016 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchs-abteilung des Europäischen Patentamts betreffend die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2 035 211 in geändertem Umfang.
II. Am 11. Juli 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
III. Die Beschwerdeführerin I (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen, d.h., das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2019 eingereichten Hilfsantrags B oder eines der Hilfsanträge I bis III, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, aufrechtzuerhalten, weiter hilfsweise, die Beschwerde der Beschwerdeführerin II zurückzuweisen, d.h., das Patent in der von der Einspruchsabteilung als gewährbar angesehenen Fassung aufrechtzuerhalten, oder weiterhin hilfsweise, das Patent auf der Grundlage des Hilfsantrags IV, eingereicht mit Schreiben vom 6. April 2018, aufrechtzuerhalten.
IV. Die Beschwerdeführerin II (Einsprechende) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent Nr. 2 035 211 zu widerrufen.
V. Auf folgende Dokumente wurde unter anderem Bezug genommen:
D1: DE 100 49 826 A1;
D9: WO 02/00449 A1;
D10: WO 00/53387 A1;
D11: DE 102 34 276 A1;
D12: DE 2 320 907 A1;
D14: EP 1 479 524 A1.
VI. Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:
"Verfahren zum Herstellen und Montieren einer bedruckten Kantenleiste (K), umfassend die Schritte:
a) Bereitstellen einer Kantenleiste (K) mit einem neutralen Dekor mittels einer Bereitstellungseinrichtung (1);
b) Bedrucken der Kantenleiste (K) entsprechend einer elektronischen Bilddatei als Druckvorlage in einem Digitaldruckverfahren mittels einer Druckeinrichtung (2);
c) Ablängen der Kantenleiste (K) mittels einer Ablängeinrichtung (3); und dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren ferner umfasst den Schritt
d) Montieren der Kantenleiste (K) an einer Möbelkante (M) mittels einer Montageeinrichtung (4),
dass die Schritte a) bis d) in einem im Wesentlichen kontinuierlichen Verfahren ausgeführt werden, und dass zumindest die Druckeinrichtung (2) und die Montageeinrichtung (4) über ein Netzwerk mit einer Steuereinheit (5) verbunden sind und von dieser gesteuert werden."
Der Hauptantrag weist zudem einen unabhängigen Vorrichtungsanspruch 12 auf.
VII. Im Vergleich zur erteilten Fassung ist Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag B um folgendes Merkmal ergänzt:
"und dass der Schritt d) nach dem Schritt b) ausgeführt wird"
Analog dazu ist Anspruch 12 wie folgt ergänzt:
"und dass die Montageeinrichtung (4) der Druckeinrichtung (2) nachgeschaltet ist."
VIII. Die Beschwerdeführerin I hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Zulassen der Dokumente D11, D12 und D14
Die Merkmale, auf Grundlage derer die Einspruchsabteilung die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche nach dem damaligen Hilfsantrag III schließlich anerkannt habe, seien bereits Gegenstand der erteilten Ansprüche 4 und 13 gewesen sei. Insofern sei diese Rückzugsposition der Beschwerdeführerin II schon bei Einlegung des Einspruchs bekannt gewesen, sodass die darauf abzielenden Entgegenhaltungen bereits zu diesem Zeitpunkt hätten vorgelegt werden müssen. Darüber hinaus seien die Dokumente D11 und D12 ihrem Inhalt nach nicht relevant. Insbesondere dokumentiere das Dokument D11 nur den weithin bekannten Stand der Technik am Prioritätstag des Streitpatents. Die verspätet vorgelegten Dokumente D11 und D12 seien im Beschwerdeverfahren daher nicht zu berücksichtigen
Das Dokument D14 sei erst mit Schreiben vom 19. Juni 2019, also drei Wochen vor der mündlichen Verhandlung vorgelegt worden. Damals sei jedoch nicht dargelegt worden, mit welchem Stand der Technik das Dokument D14 kombiniert werden solle, um die erfinderische Tätigkeit in Frage zu stellen. Dies sei erst in der mündlichen Verhandlung geschehen. Wenn so spät im Verfahren ein neuer Einwand vorgebracht werde, könne dieser nur dann berücksichtigt werden, wenn er die Neuheit eindeutig in Frage stelle. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da weder das Flussdiagramm nach Figur 2 noch eine andere Offenbarungsstelle des Dokuments ein kontinuierliches Verfahren im Sinne des Streitpatents beschreibe. Insofern sei das Dokument D14 nicht geeignet, den Gegenstand von Anspruch 1 vorwegzunehmen oder nahezulegen. Es solle daher nicht ins Beschwerdeverfahren eingeführt werden.
Zulassen des Vorbringens zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend vom Dokument D10
In der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin II habe das Dokument D10 nicht als Ausgangspunkt für einen Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit gedient. Zudem habe die Kammer in ihrer vorläufigen Beurteilung im Hinblick auf die angefochtene Entscheidung dargelegt, dass die Entgegenhaltung D10 im Vergleich zum Dokument D11 weniger geeignet scheine, die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 in Frage zu stellen. Daher sei der Vortag der Beschwerdeführerin II in der mündlichen Verhandlung, der ausgehend von der Lehre des Dokuments D10 die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 angreife, nicht mehr zuzulassen.
Hauptantrag
Im Dokument D10 werde vor dem Formgebungsprozess eine bedruckte Folie auf das noch frische Extrudat aufgebracht. Ein Bedrucken der Kantenleiste finde jedoch nicht statt, weshalb das Dokument D10 auch nicht gattungsgemäß sei. Selbst wenn es als Ausgangspunkt für den Aufgabe-Lösungsansatz diente, könne es die erfinderische Tätigkeit des Anspruchsgegenstandes nicht in Frage stellen. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich vom Dokument D10 durch die Merkmale, dass die Kantenleiste in einem Digitaldruckverfahren bedruckt werde und dass die Druckeinrichtung und die Montageeinrichtung über ein Netzwerk mit einer Steuereinheit verbunden seien und von dieser gesteuert würden. Für das anspruchsgemäße digitale Bedrucken der Kantenleiste gäbe es im Dokument D10 keinerlei Anregung. Zudem sei es technisch gar nicht möglich, das frische Extrudat vor dem Umformen und Montieren digital zu bedrucken. Schon deshalb würde der Fachmann von einer Integration einer Druckeinrichtung in die Vorrichtung nach dem Dokument D10 Abstand nehmen. Auch für eine der Montageeinrichtung nachgeschaltete Positionierung der Druckeinrichtung gäbe das Dokument D10 keine Anregung. Zudem müssten in diesem Fall in einem weiteren Schritt die Druckeinrichtung und die Montageeinrichtung über ein Netzwerk mit der Steuereinheit verbunden werden. Um ausgehend vom Dokument D10 zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen, wäre zur Überwindung all dieser Hindernisse eine Vielzahl von Schritten und Überlegungen nötig, für die es aber im Stand der Technik keinerlei Anregung gebe. Auch der im Absatz [0002] des Streitpatents beschriebene Stand der Technik oder die Dokumente D1 bzw. D11 könnten die beanspruchte Lösung nicht nahelegen, da das Bedrucken und das Montieren dort strikt getrennt seien. Aus diesen Gründen beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag B
Die Vorlage des Hilfsantrags B sei eine unmittelbare Reaktion auf die unerwartete Schlussfolgerung der Kammer, dass der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag nicht erfinderisch sei. Das ergänzte Merkmal habe seine Grundlage in den Ausführungsbeispielen der veröffentlichten Anmeldung (vgl. beispielsweise Figur 1). Bei dieser Sachlage sei der Hilfsantrag B ins Verfahren zuzulassen.
Anspruch 1 beruhe ausgehend vom Dokument D10 schon deshalb auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil es technisch nicht sinnvoll sei, die Kantenleiste in dem dortigen Verfahren vor dem Umformen und Montieren digital zu bedrucken. Zudem fehle es im gesamten Stand der Technik an einem Hinweis auf die vorliegend beanspruchte Lösung. Ihr Vorteil liege darin, den Ausschuss während der Anfahrvorgangs oder bei einem Dekorwechsel zu reduzieren, da bei einem fehlerhaften Druck nur das betroffene Stück der Kantenleiste ausgeschieden werden müsse und nicht die bereits mit der fehlerhaften Kantenleiste versehene Möbelplatte.
Auch ausgehend von dem im Absatz [0002] des Streitpatentes beschriebenen Stand der Technik sei die Lösung gemäß dem Patentanspruch 1 nicht nahegelegt. Dieser Absatz beschreibe am Ende das vorbekannte Verfahren der Bedruckung einer Kantenleiste im Digitaldruckverfahren durch die Kantenhersteller. Letztere seien aber gerade nicht die Unternehmen, welche gemäß dem ersten Abschnitt des Absatzes diese Kantenleisten an Möbelplatten befestigten; eine solche Verbindung werde auch im Absatz [0002] nicht hergestellt. Vielmehr werde im Lichte des Absatzes [0004] des Streitpatentes klargestellt, dass im Stand der Technik die Kantenleistenproduktion einerseits und die Kantenleistenmontage andererseits zwei strikt voneinander getrennte Prozesse seien. Damit dokumentiere das Streitpatent in seinen einleitenden Passagen lediglich die im Stand der Technik am Prioritätstag übliche Praxis, singulär eine Kantenleiste herzustellen und zu bedrucken. Die erfindungsgemäße Überlegung, den Herstellungsprozess der Kantenleiste mit dem Anfahren der Kantenleiste an eine Möbelplatte zu koppeln und hierbei mittels einer gemeinsamen Steuerung von Druckeinrichtung und Montageeinrichtung über ein Netzwerk die entsprechenden Prozessgeschwindigkeiten bestmöglich aufeinander abzustimmen, sei hierdurch nicht nahegelegt. Auch das Dokument D10 könne diesbezüglich keine Anregung geben, weil das anspruchsgemäße Bedrucken dann vor dem Umformen des Extrudats erfolgen müsste, was das Druckbild beeinträchtigen würde. Insgesamt könne der angezogene Stand der Technik den Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag B nicht nahelegen. Gleiches gelte für die Vorrichtung nach Anspruch 12.
IX. Der Vortrag der Beschwerdeführerin II im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung war im Wesentlichen wie folgt:
Zulassen der Dokumente D11, D12 und D14
Die späte Vorlage der Dokumente D11 und D12 im Beschwerdeverfahren sei damit zu rechtfertigen, dass die Beschwerdeführerin II seit Beginn des Einspruchsverfahrens die Auffassung vertreten habe, dass die Optimierung des gesamten Verfahrens durch eine zweite, parallel laufende Fertigungsstrecke für die Schritte a) und b), wobei Schritt b) vor Schritt d) stattfinden müsse, eine zweckmäßige Ausgestaltung betreffe, die der Fachmann bei Bedarf ohne erfinderisches Zutun vorsehen würde. In der angefochtenen Entscheidung habe die Einspruchsabteilung jedoch festgestellt, dass dieses Merkmal im Stand der Technik weder offenbart noch nahelegt sei. In Reaktion auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung seien die Dokumente D11 und D12 ermittelt und mit der Beschwerdebegründung vorgebracht worden, da sie zum Nachweis eines in der angefochtenen Entscheidung für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit als wesentlich eingestuften Merkmals dienten. Zudem seien beide Dokumente als relevant anzusehen. Insbesondere diene das Dokument D11 als Nachweis des in Absatz [0002] des Streitpatents beschriebenen Standes der Technik. Aus diesen Gründen seien die Dokumente D11 und D12 ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Die Druckschrift D14 sei der Beschwerdeführerin II erst spät aufgefallen und habe daher nicht schon frühzeitig eingereicht werden können. Der rechtliche und sachliche Rahmen des Beschwerdeverfahrens werde durch dieses Dokument jedoch nicht geändert. Die Druckschrift D14 sei prima facie hochrelevant und stelle ausgehend von dem im Absatz [0002] des Streitpatents oder im Dokument D11 dargestellten Stand der Technik die erfinderische Tätigkeit in Frage. So belege das Dokument D14 im rechten Ast des Flussdiagramms der Figur 2, dass der beanspruchte kontinuierliche Verfahrensablauf schon aus dem Stand der Technik bekannt sei. Dabei betreffe das Dokument D14 auch Möbelplatten, die mit Kantenleisten versehen seien (vgl. Figur 3). Schließlich werde im Absatz [0052] des Dokuments D14 die Wirtschaftlichkeit des dortigen Verfahrens hervorgehoben. Vor diesem Hintergrund sei das Dokument D14 aufgrund der Relevanz seiner Lehre ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.
Zulassen des Vorbringens zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend vom Dokument D10
Der Angriff auf die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 ausgehend vom Dokument D10 werde bereits in der angegriffenen Entscheidung behandelt und sei schon aus diesem Grund kein neues Vorbringen. Dies gelte umso mehr, als sich auch die Kammer in ihrer Mitteilung mit diesem Vortrag auseinander gesetzt habe, auch wenn sie ihn dabei vorläufig als weniger erfolgversprechend angesehen habe. Dass die Beschwerdeführerin II dieser Einschätzung entgegen trete, könne nicht als Änderung ihres Vorbringens gewertet werden.
Hauptantrag
Das Dokument D10 betreffe ein gattungsgemäßes, kontinuierliches Verfahren zum Aufbringen und anschließendem Ablängen einer bereitgestellten, dekorierten Folie auf einer Möbelkante. Damit stelle es einen geeigneten Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit dar. Im Vergleich dazu weise der Gegenstand von Anspruch 1 die beiden Unterschiede auf, dass die Kantenleiste in einem Digitaldruckverfahren bedruckt werde und dass die Druckeinrichtung und die Montageeinrichtung über ein Netzwerk mit einer Steuereinheit verbunden seien und von dieser gesteuert würden. Bezüglich der technischen Wirkung des ersten Unterscheidungsmerkmals sei zu beachten, dass nicht wie im Dokument D10 die Dekorfolie vor dem Aufbringen bedruckt und dann bereitgestellt werde, sondern das mit einem neutralen Dekor versehene Kantenprofil. Damit müsse nicht für jedes gewünschte Dekor eine entsprechend bedruckte Dekorfolie vorgehalten werden, was die Flexibilität hinsichtlich der Oberflächengestaltung der Kantenleiste erhöhe. Dementsprechend bestehe die objektive technische Aufgabe darin, die Flexibilität hinsichtlich der Oberflächengestaltung der Kantenleiste zu erhöhen. Die Lösung, die Kantenleiste direkt digital zu bedrucken, sei aus dem Stand der Technik bekannt, wie er beispielsweise im Absatz [0002] des Streitpatents beschrieben sei, aber auch in den Dokumenten D1 (vgl. Absätze [0018] bis [0025]) und D11 (vgl. Absätze [0035] bis [0038]). Im Lichte dieser Offenbarungen sei es für einen Fachmann naheliegend, im Verfahren nach dem Dokument D10 die Gestaltung des Kantenbandes nicht mittels einer vordekorierten Folie vorzunehmen, sondern die extrudierte Kantenleiste direkt zu bedrucken. Bei der Umsetzung dieser Lösung sei es zwingend, dass das Bedrucken erst dann vorgenommen werden könne, wenn die Kantenleiste in ausreichendem Maße abgekühlt und verfestigt sei. Die Digitaldruckeinrichtung in die Anlagensteuerung einzubinden und damit anspruchsgemäß die Druckeinrichtung und die Montageeinrichtung über ein Netzwerk mit der Steuereinheit zu verbinden, sei für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit. Damit gelange der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des erteilen Anspruchs 1.
Hilfsantrag B
Hinsicht der Zulässigkeit des geänderten Hilfsantrags B bestünden keine Einwände.
Der Gegenstand von Anspruch 1 beruhe jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Angesichts der Offenbarung des Dokuments D10 sei es für den Fachmann offensichtlich, dass er die Kunststofffolie, die fest und bedruckbar sei, auch bedrucken könne, bevor sie mittels der Rolle (24) gemeinsam mit dem Extrudat an die Möbelkante angebracht werde. Da die Folie ein Teil der Kantenleiste sei, sei bei dieser Variante der Schritt b) verwirklicht und erfolge vor dem Schritt d). Diese Reihenfolge sei ausweislich des Absatzes [0002] des Streitpatents im Stand der Technik bekannt. Folglich sei das Verfahren von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag B für den Fachmann naheliegend.
Alternativ könne auch der im Absatz [0002] der Streitpatentschrift beschriebene Stand der Technik als Ausgangspunkt dienen. Davon unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags B dadurch, dass die Schritte a) bis d) in einem im Wesentlichen kontinuierlichen Verfahren ausgeführt würden, und dass zumindest die Druckeinrichtung und die Montageeinrichtung über ein Netzwerk mit einer Steuereinheit verbunden seien und von dieser gesteuert würden. Durch die Ausführung der Schritte a) bis d) in einem im Wesentlichen kontinuierlichen Verfahren könnten Material- und Lagerhaltungskosten bei der Herstellung und Weiterverarbeitung der Kantenleiste gegenüber herkömmlichen Verfahren verringert werden (vgl. Absätze [0005] bis [0007] der Streitpatentschrift). Die zu lösende objektive Aufgabe könne folglich darin gesehen werden, die Material- und Lagerhaltungskosten bei der Herstellung und Weiterverarbeitung von Kantenleisten gegenüber herkömmlichen Verfahren zu verringern. Um diese objektive technische Aufgabe zu lösen, würde der Fachmann ohne erfinderisches Zutun die Schritte a) bis d) in einem im Wesentlichen kontinuierlichen Verfahren ausführen und dabei zumindest die Druckeinrichtung und die Montageeinrichtung über ein Netzwerk mit einer zentralen Steuereinheit steuern, da solche Maßnahmen in seinem technischen Bereich bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents üblich gewesen seien. Die Idee, eine Kantenleistenherstellung mit der Montage der Kantenleiste an einer Möbelkante in einem kontinuierlichen Verfahren zu kombinieren, sei eine rein wirtschaftliche Überlegung und zudem im Dokument D10 (vgl. Figur 1) offenbart. Die Automatisierung von Verfahrensschritten gehöre zu den üblichen Bestrebungen des Fachmanns (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage 2016, I.D.9.18.4). Bei der Kombination der besagten Verfahrensschritte zu einem kontinuierlichen Verfahren würde der Fachmann insbesondere die Druckeinrichtung und die Montageeinrichtung über ein Netzwerk mit einer gemeinsamen Steuereinheit verbinden, da sich dies für den üblichen automatischen Betrieb der Produktionslinie geradezu aufdränge. Hierzu müsse er weder ein fachliches Vorurteil noch technische Schwierigkeiten überwinden. Zum Beleg für das Fachwissen des zuständigen Fachmanns werde auf das Dokument D9 hingewiesen. Dieses beschreibe ein automatisiertes System zum Herstellen von Möbelplatten, bei dem Oberflächen von plattenförmigen Bauteilen (2) mittels eines Digitaldruckverfahrens bedruckt würden. Das Dokument D9 offenbare, den Antrieb eines Förderbandes (12) zum Transport einer zu bedruckenden Platte (2) und eine als Tintenstrahldrucker ausgeführten Druckeinrichtung (28) mit einer gemeinsamen Steuereinrichtung zu verbinden (vgl. D9, Seite 5, Absatz 6). Es werde ausdrücklich auf die Vernetzung der einzelnen Stationen des Systems hingewiesen (vgl. D9, Seite 12, letzter, auf Seite 13 endender Absatz). Zudem enthalte das Dokument D9 den Hinweis, dass es das automatisierte System ermögliche, bei geringer Vielfalt an Rohmaterial eine außerordentlich hohe Vielfalt an Platten mit unterschiedlichen Farben und Mustern zu erzielen, ohne dass hierzu eine kostenintensive Lagerhaltung weitgehend fertiger Teile erforderlich sei (vgl. D9, Seite 1, Absatz 3; Seite 2, letzter, auf Seite 3 endender Absatz). Die Druckschrift D9 lehre also, durch Automatisierung eine kostenintensive Lagerhaltung zu vermeiden. Damit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag B nicht erfinderisch.
Entscheidungsgründe
1. Zulassen der Dokumente D11, D12 und D14
1.1 Zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin II erstmals die Dokumente D11 und D12 eingereicht.
Hinsichtlich ihrer Zulassung verweist die Kammer auf die Bestimmungen von Artikel 12 (4) VOBK, die vorsehen, dass die Kammer das gesamte Vorbringen der Beteiligten nach Artikel 12 (1) VOBK zu berücksichtigen hat, wenn und soweit es sich auf die Beschwerdesache bezieht und die Erfordernisse des Artikels 12 (2) VOBK erfüllt. Das Nicht-Zulassen von Tatsachen, Beweismitteln oder Anträgen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können, aber nicht vorgebracht worden sind, oder dort nicht zugelassen worden sind, wird in Artikel 12 (4) VOBK jedoch ausdrücklich ins Ermessen der Kammer gestellt. Bei der Ausübung dieses Ermessens ist unter anderem zu berücksichtigen, ob die auf die Dokumente D11 und D12 gestützte Änderung der Angriffslinie als eine unmittelbare und sachlich adäquate Reaktion auf Entwicklungen im Verfahren vor der ersten Instanz, insbesondere auf Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung, gerechtfertigt ist.
Im vorliegenden Fall ist in dieser Hinsicht festzustellen, dass die Einspruchsabteilung in ihrem Ladungsbescheid vom 24. November 2015 den erteilten Anspruchsgegenstand des Streitpatents als nicht erfinderisch angesehen hat. Einen Monat vor der mündlichen Verhandlung hat die nunmehrige Beschwerdeführerin I in Reaktion auf diesen Bescheid den schließlich als erfinderisch erachteten Hilfsantrag III eingereicht. Deshalb hat sich die Einspruchsabteilung erst in der mündlichen Verhandlung bzw. in der angefochtenen Entscheidung zur Frage geäußert, ob es naheliegt, eine zweite parallele Fertigungsstrecke für die Schritte a) und b) vorzusehen, wobei Schritt b) vor Schritt d) stattfinden muss. Somit ist der nunmehrigen Beschwerdeführerin II erst am Ende des Einspruchsverfahrens bekannt geworden, dass und warum ihre diesbezüglich vorgetragenen Argumente nicht durchgreifen konnten. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass für die Beschwerdeführerin II eine konkrete Veranlassung bestanden hätte, die Dokumente D11 und D12 bereits früher im erstinstanzlichen Verfahren einzureichen. Vielmehr stellt die Vorlage dieser Entgegenhaltungen zu Beginn des Beschwerdeverfahrens eine unmittelbare und angemessene Reaktion auf Entwicklungen in der letzten Phase des Einspruchsverfahrens, insbesondere auf die Änderung der Antragslage durch die Beschwerdeführerin I, und auf Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung dar.
Damit sind die Dokumente D11 und D12 nach Artikel 12 (4) VOBK ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.
1.2 Mit ihrem Schreiben vom 19. Juni 2019 hat die Beschwerdeführerin II erstmals das Dokument D14 genannt. Dieses im Laufe des Beschwerdeverfahrens geänderte Vorbringen kann nach Artikel 13 (1) VOBK nur dann im Verfahren Berücksichtigung finden, wenn es von der Beschwerdekammer in Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens zugelassen wird. Bei der Ausübung dieses Ermessens sind insbesondere die Komplexität des neuen Sachverhalts, seine Bedeutsamkeit hinsichtlich der zu klärenden Fragen, der aktuelle Stand des Verfahrens und die Notwendigkeit der Verfahrensökonomie zu berücksichtigen.
Dabei ist vorliegend zu bedenken, dass das Dokument D14 drei Wochen vor der anberaumten mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgelegt worden ist, der darauf beruhende Einwand der mangelndem erfinderischen Tätigkeit aber erst in der mündlichen Verhandlung, also in der abschließenden Phase des Beschwerdeverfahrens, in seiner Gänze dargelegt wurde. Hinzu kommt, dass weder behauptet wurde noch ersichtlich ist, dass dieses neue Vorbringen als Reaktion auf einen neuen Vortrag der Beschwerdeführerin I oder auf neue, vorher nicht geäußerte Erwägungen der Kammer gerechtfertigt ist. Darüber hinaus ist in der Sache festzustellen, dass die von der Beschwerdeführerin angezogene Figur 2 des Dokuments D14 ein Flussdiagramm zeigt, das zwar die Abfolge der einzelnen Schritte des dortigen Herstellungsverfahrens unmittelbar offenbaren mag, nicht jedoch, dass der Verfahrensablauf im Wesentlichen kontinuierlich ausgeführt wird, wie nach Anspruch 1 gefordert. Anders als von der Beschwerdeführerin II behauptet, ist das Dokument D14 damit prima facie nicht geeignet, diesen Aspekt der beanspruchten Erfindung nahezulegen.
Folglich wird das Dokument D14, gestützt auf die Kriterien von Artikel 13 (1) VOBK, nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen.
2. Zulassen des Vorbringens zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend vom Dokument D10
2.1 Die Beschwerdeführerin I sieht den Vortrag der Beschwerdeführerin II in der mündlichen Verhandlung, ausgehend von der Lehre des Dokuments D10 die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 anzugreifen, als unzulässig an.
2.2 In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass der Angriff gegen die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 ausgehend vom Dokument D10 bereits im Einspruchsverfahren thematisiert und in der angegriffenen Entscheidung ausführlich behandelt worden ist (vgl. Seiten 10 bis 12, 15 und 17 bis 18). Auch die Beschwerdeführerin I selbst hat sich in ihrer Beschwerdebegründung mit der Frage der erfinderischen Tätigkeit ausgehend vom Dokument D10 auseinander gesetzt (vgl. Seite 6). Die Kammer hat in ihrer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK dieses Vorbringen aufgegriffen und sich dabei dahingehend geäußert, dass sie die Entgegenhaltung D10 im Vergleich zum Dokument D11 vorläufig als weniger geeigneten Ausgangspunkt für die Prüfung der der erfinderischen Tätigkeit ansieht (vgl. Punkt 8.4.1 auf Seite 13). Dieser Auffassung ist Beschwerdeführerin II in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten. Aus alldem wird ersichtlich, dass die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 ausgehend vom Dokument D10 in der mündlichen Verhandlung kein neues Vorbringen darstellt, sondern von Anfang an im Verfahren war. Folglich gehört dieser Vortrag zu den Grundlagen des Beschwerdeverfahrens im Sinne von Artikel 12 (1) VOBK, die die Kammer nach Artikel 12 (4) VOBK bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen hat.
2.3 Aus diesen Gründen kann die Kammer dem Antrag der Beschwerdeführerin I nicht stattgeben, den auf das Dokument D10 als nächstliegendem Stand der Technik gestützten Einwand gegen die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 als verspätet nicht ins Verfahren zuzulassen.
3. Hauptantrag, erfinderische Tätigkeit
3.1 Dokument D10 als Ausgangspunkt
Das Dokument D10 zeigt in der Figur 1 ein Verfahren und eine Vorrichtung, bei dem ein Kunststoffstrang extrudiert und das weiche Extrudat (20) mit einer dekorierten Kunststofffolie versehen wird. Anschließend wird dieses durch die profilierte Rolle (24) umgeformt und auf die Möbelplatte montiert. Das Dokument D10 betrifft somit ein Verfahren zum Herstellen und Montieren einer bedruckten Kantenleiste auf eine Möbelkante im Sinne des Streitpatents. Da es nicht nur dem gleichen technischen Gebiet angehört wie das Verfahren nach Anspruch 1, sondern auch den gleichen Zweck hat, ist es dem einschlägigen Fachmann geläufig und bei der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen. Aufgrund seiner Lehre ist es grundsätzlich als Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 geeignet.
Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darin, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Offenbarung des Dokuments D10 darin unterscheidet, dass die Kantenleiste in einem Digitaldruckverfahren bedruckt wird und dass die Druckeinrichtung und die Montageeinrichtung über ein Netzwerk mit einer Steuereinheit verbunden sind und von dieser gesteuert werden.
3.2 Objektive technische Aufgabe
Bezüglich der technischen Wirkung des ersten Unterscheidungsmerkmals ist unstrittig, dass durch das digitale Bedrucken der Kantenleiste nicht mehr für jedes gewünschte Dekor eine entsprechend bedruckte Dekorfolie vorgehalten werden muss wie im Dokument D10, was die Flexibilität hinsichtlich der Oberflächengestaltung der Kantenleiste erhöht. Dementsprechend besteht die objektive technische Aufgabe darin, die Flexibilität hinsichtlich der Oberflächengestaltung der Kantenleiste zu erhöhen.
3.3 Naheliegen der Lösung
Das direkte digitale Bedrucken von Kantenleisten, beispielsweise mittels Tintenstrahldruckern, ist im Stand der Technik allgemein bekannt (vgl. Absatz [0002] des Streitpatents, Dokumente D1 (vgl. Absätze [0018] bis [0025]) und D11 (vgl. Absätze [0035] bis [0038])), was von der Beschwerdeführerin I auch nicht bestritten wurde. Die Tatsache, dass das direkte digitale Bedrucken die Möglichkeit bietet, die Flexibilität hinsichtlich der Gestaltung der Kantenleisten zu erhöhen, ist im Stand der Technik ausführlich beschrieben (vgl. D1, Absätze [0004] und [0006], D11 Absätze [0010] und [0046]). Um diese Vorteile bei dem Verfahren nach dem Dokument D10 zu realisieren, wird der Fachmann die Gestaltung mittels vordekorierter Folie durch Digitaldruck ersetzen. Zu diesem Zweck wird er die in der dortigen Figur 1 gezeigte Vorrichtung mit einer Digitaldruckeinrichtung versehen, um das extrudierte Kantenband nach dem Vorbild aus dem zitierten Stand der Technik direkt digital zu bedrucken. Wie dort beschrieben (vgl. D1, Figur 2, und D11, Absatz [0008]), kann das Bedrucken erst vorgenommen werden, wenn die Kantenleiste in ausreichendem Maße abgekühlt und verfestigt ist. Aufgrund dieser Umstände ist die Digitaldruckeinrichtung in der Vorrichtung nach dem Dokument D10 notwendigerweise nach der Kühleinrichtung (46) vorzusehen. Die Digitaldruckeinrichtung gemäß dem zweiten Unterscheidungsmerkmal in die Anlagensteuerung einzubinden, wodurch sie über ein Netzwerk mit der Montageeinrichtung und mit der Steuereinheit verbunden ist, ist für den Fachmann eine Selbstverständlichkeit.
Aus diesen Gründen muss der Fachmann nicht erfinderisch tätig werden, um ausgehend von der Druckschrift D10 zum Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hauptantrag zu gelangen.
3.4 Die Erfordernisse von Artikel 52 (1) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ 1973 sind somit nicht erfüllt.
4. Hilfsantrag B
4.1 Zulässigkeit des Antrags
Die Kammer erachtet die Vorlage des Hilfsantrags B als eine unmittelbare und sachlich angemessene Reaktion auf das Ergebnis der Debatte des Hauptantrags während der mündlichen Verhandlung. Seine Behandlung erfordert keine Vertagung der mündlichen Verhandlung und auch die Beschwerdeführerin II hat seine Zulässigkeit nicht bestritten.
Somit wird der Hilfsantrag B nach Artikel 13 (1) und (3) VOBK ins Beschwerdeverfahren zugelassen.
4.2 Änderungen
Im Hilfsantrag B sind die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 dahingehend eingeschränkt, dass das Bedrucken der Kantenleiste ihrer Montage nachgeschaltet ist. Damit entspricht der beanspruchte Ablauf jenem der Ausführungsbeispiele nach der Streitpatent und der ursprünglichen Fassung der Patentanmeldung (vgl. beispielsweise Figur 1).
Die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ sind folglich erfüllt.
4.3 Erfinderische Tätigkeit
4.3.1 Wie im Abschnitt 3. oben dargelegt, ist es für den Fachmann naheliegend, angesichts des Standes der Technik ausgehend vom Dokument D10 zu einer Vorrichtung zu gelangen, die mit einer der Montageeinrichtung (24) und der Kühleinrichtung (46) nachgeschalteten Digitaldruckeinrichtung versehen ist. Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag B stellt jedoch auf eine Lösung ab, bei der das Bedrucken der Montage vorgeschaltet ist. Wie für den Hauptantrag ausgeführt, würde dies im Fall der Vorrichtung nach dem Dokument D10 erfordern, dass der frisch extrudierte, noch heiße und ungeformte Kunststoffstrang bedruckt wird, wovon der Fachmann aber aufgrund der bekannten verfahrenstechnischen Nachteile Abstand nehmen würde. Auch die von der Beschwerdeführerin II genannte Möglichkeit, eine neutrale Folie vorzusehen und diese vor dem Aufbringen auf den extrudierten Strang digital zu bedrucken, ist im Vergleich zu einer nachgeschalteten Druckeinrichtung insofern ungünstig für das Erscheinungsbild der Kantenleiste, als dann die eben bedruckte Folie noch umgeformt werden müsste.
Damit ist der Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag B ausgehend vom Dokument D10 nicht als naheliegend anzusehen.
4.3.2 Diese Begründung trifft auch auf den Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf eine Kombination des Standes der Technik nach Absatz [0002] der Streitpatentschrift mit dem Dokument D10 zu: Selbst wenn der Fachmann dem Dokument D10 die Lehre entnehmen würde, dass und wie das Bedrucken und die Montage in einem kontinuierlichen Verfahren vorgenommen werden kann, würde er, wie oben erläutert, die Digitaldruckeinrichtung der dortigen Montage- und Kühleinrichtungen nach- und nicht vorschalten. Somit würde der Fachmann, der vom Stand der Technik nach Absatz [0002] der Streitpatentschrift ausgeht, ohne Kenntnis der Erfindung nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag B gelangen.
4.3.3 Die vorstehenden Erwägungen gelten gleichermaßen für den unabhängigen Vorrichtungsanspruch 12.
4.3.4 Aus diesen Gründen erfüllt der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche nach dem Hilfsantrag B die Erfordernisse von Artikel 52 (1) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ 1973.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Hilfsantrag B, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2019, mit
Patentansprüchen 1 bis 13,
Beschreibungsseiten 2 bis 6,
Figuren 1 bis 3.