T 2601/16 () of 3.2.2022

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2022:T260116.20220203
Datum der Entscheidung: 03 Februar 2022
Aktenzeichen: T 2601/16
Anmeldenummer: 06777043.8
IPC-Klasse: D04H 13/00
E04B 1/74
C03B 37/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: ANORGANISCHES MISCHFASERPRODUKT MIT ANORGANISCHEN FASERFLOCKEN UND GLASWOLLEFASERN
Name des Anmelders: SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG
Name des Einsprechenden: Knauf Insulation
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56 (2007)
European Patent Convention Art 123(2) (2007)
RPBA2020 Art 013(1) (2020)
Schlagwörter: Spät eingereichter Hauptantrag - zugelassen - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 1
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Spät eingereichter Hilfsantrag 2 - zugelassen - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0056/21
T 0439/22

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, die feststellte, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Europäischen Übereinkommens genügen.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

III. Das folgende Dokument ist für diese Entscheidung relevant:

D1 EP-A-0 530 843

IV. Die Kammer versandte eine erste Mitteilung vom 18. Oktober 2019, in der sie ihre vorläufige Meinung zum Ausdruck brachte, wonach unter anderem keine Basis in der ursprünglichen Anmeldung für den Gegenstand der Ansprüche 2 bis 4 mit Artikel 123 (2) EPÜ dargelegt worden sei.

V. Mit Schreiben vom 17. Februar 2020 reichte die Beschwerdegegnerin einen neuen Hauptantrag sowie Hilfsantrag 1 ein.

VI. Im Anschluss an ihre Ladung zur mündlichen Verhandlung versandte die Kammer eine zweite Mitteilung vom 6. August 2020, in der sie ihre vorläufige Meinung zum Ausdruck brachte, wonach der Gegenstand des Anspruchs 2 des neuen Hauptantrags nicht das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ erfülle. Ferner sah die Kammer den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags als neu sowie als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend an.

VII. Am 3. Februar 2022 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Während der Verhandlung reichte die Beschwerdegegnerin einen Hilfsantrag 2 ein. Am Ende der mündlichen Verhandlung lagen folgende Anträge vor:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Grundlage des Hauptantrags hilfsweise auf Grundlage des Hilfsantrags 1, beide eingereicht mit Schriftsatz vom 17. Februar 2020, weiter hilfsweise auf Grundlage des Hilfsantrags 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer.

VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet:

"Anorganisches Mischfaserprodukt, vorzugsweise für die Herstellung von Dämmaterial, welches zumindest Glaswolle (23) in Faserform, anorganische Faserflocken (25), deren Schmelzpunkt höher als jener der Glaswollefasern liegt, sowie Bindemittel aufweist, wobei die anorganischen Faserflocken (25) im wesentlichen homogen zwischen den Glaswollefasern (23) des anorganischen Mischfaserprodukts verteilt sind."

Anspruch 2 des Hauptantrags lautet:

"Anorganisches Mischfaserprodukt nach Anspruch 1, wobei zumindest ein Teil der anorganischen Faserflocken (25) aus recyceltem Material erhalten wurden (sic)."

Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 entspricht Anspruch 1 des Hauptantrags.

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags bzw. des Hilfsantrags 1 dadurch, dass am Ende folgendes Merkmal hinzugefügt wurde:

"und der Volumenanteil der Faserflocken (25) 50% bis 87,5% beträgt."

IX. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen Folgendes vor:

i) zum Hauptantrag

Der Gegenstand des Anspruchs 2 erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

ii) zum Hilfsantrag 1

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. D1 offenbare zwar anorganische Fasern, deren Schmelzpunkt höher als jener der Glaswollefasern liegt, jedoch liege diese Fasern nicht in Flockenform vor. Das Merkmal des Anspruchs 1 'anorganische Faserflocken' werde daher in der D1 nicht offenbart. Die zu lösende objektive technische Aufgabe könne darin gesehen werden, eine geeignete Form für die

keramischen Fasern bereitzustellen. In Spalte 6, Zeilen 38 bis 43 der D1, werden Randabschnitte offenbart, die ein geeignetes Basismaterial für das hinzuzufügende Zusatzmaterial seien. Dem Fachmann sei auch bekannt, dass bei der Herstellung von Keramikfaserprodukten üblicherweise Randabschnitte anfallen. Für den Fachmann sei es daher naheliegend gewesen, ausgehend von D1 und vor der gestellten technische Aufgabe, Randabschnitte von Keramikfasermatten anzuwenden, um zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen.

iii) zum Hilfsantrag 2

Der sehr spät eingereichte Hilfsantrag 2 sei nicht zum Verfahren zuzulassen, mindestens weil er prima facie nicht gewährbar sei. Unter anderem fehle eine direkte und eindeutige Offenbarung (Artikel 123 (2) EPÜ) für den beanspruchten Schmelzpunktvergleich in Verbindung mit dem beanspruchten Volumenanteil der Faserflocken.

X. Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen Folgendes vor:

i) zum Hauptantrag

Der Gegenstand des Anspruchs 2 erfülle die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ. Auf Seite 11, Zeilen 9 bis 11 der ursprünglichen Beschreibung werde Recyclingmaterial aus Steinwolle offenbart. Diese Offenbarung beziehe sich auf alle Varianten des angemeldeten Hauptantrags und sei daher auch die Grundlage für alle Varianten gemäß dem erteilten Anspruch 1.

ii) zum Hilfsantrag 1

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Im Patent müssten die anorganische Faserflocken nah genug aneinander liegen, um die Sintereffekte zu produzieren. Dies benötige eine gewisse Menge der Faserflocken, nicht nur einen kleinen Anteil. Der Fachmann würde den Anspruch 1 im Lichte der Beschreibung lesen und ihn daher so auslegen, dass er eine ausreichende Menge von Faserflocken umfasse, damit der Sintereffekt eintreten könne. In Anbetracht von Artikel 69 EPÜ könne die Beschreibung nicht einfach ignoriert werden. Wenn die zu lösende objektive technische Aufgabe trotzdem darin gesehen werde, eine geeignete Form für die keramischen Fasern bereitzustellen, biete D1 keinen Hinweis, Flocken aus anorganischen Fasern einzusetzen, weil die Lehre der D1 auf die Wiederverwendung von Fasern gerichtet sei. Faserflocken aus Keramik seien ungewöhnlich, der Fachmann würde sie daher ohne Kenntnis der Erfindung nicht in Betracht ziehen, um die Aufgabe zu lösen.

iii) zum Hilfsantrag 2

Das zum Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal sei auf Seite 5, Zeilen 11 bis 15 offenbart. Das neue Merkmal im Anspruch 1 beziehe sich eindeutig auf das Mischfaserprodukt und sei in ein und demselben Ausführungsbeispiel offenbart. Der Gegenstand des Anspruchs 1 genüge daher dem Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag

Zulässigkeit - Artikel 13 (1) VOBK 2020

1.1 Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zulassung des Hauptantrags, der erstmals nach Einreichung der Beschwerdeerwiderung, mit dem Schreiben vom 17. Februar 2020 eingereicht wurde, ins Beschwerdeverfahren. Als Änderung ihres Beschwerdevorbringens, steht die Zulassung des Antrags im Ermessen der Kammer unter Artikel 13 (1), 25 (1) VOBK 2020. Nach Artikel 13 (1) Satz 4 VOBK 2020 berücksichtigt die Kammer bei der Ausübung ihres Ermessens insbesondere, ob die Änderung prima facie die von der Kammer oder den anderen Beteiligten aufgeworfenen Fragen ausräumt.

1.2 Als ursprüngliche Offenbarung für den Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags gab die Beschwerdegegnerin Seite 11, Zeilen 9 bis 11 an. Diese Passage offenbart zwar Recyclingmaterial aus Steinwolle, jedoch ist nicht ersichtlich, woraus sich die Offenbarung für Recyclingmaterial (im allgemeinen) in Verbindung mit anorganischen Faserflocken, deren Schmelzpunkt höher als jener der Glaswollefasern liegt, ergibt. Dies wurde - trotz des Hinweises der Kammer unter Ziffer 2.1 der Mitteilung vom 6. August 2020 - auch nicht von der Beschwerdegegnerin dargelegt. Eine prima facie unmittelbare und eindeutige Offenbarung des Gegenstands des Anspruchs 2 ist daher nicht zu erkennen.

1.3 Da eine Offenbarung für die beanspruchte Merkmalskombination in der ursprünglichen Offenbarung weder dargelegt wurde noch ersichtlich ist, beinhaltet der Gegenstand des Anspruchs 2 prima facie eine unzulässige Erweiterung und genügt daher nicht dem Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ.

1.4 Der Hauptantrag ist daher prima facie nicht gewährbar, so dass die Kammer ihr Ermessen dahingehend ausgeübt hat, den Hauptantrag nicht zum Verfahren zuzulassen (Artikel 13 (1) VOBK 2020).

2. Hilfsantrag 1

Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.2 D1 kommt als nächstliegender Stand der Technik in Betracht. In Spalte 7, Zeilen 34 bis 35 der D1 wird ein Produkt auf Glasfaserbasis offenbart, das mit Keramikfasern versehen ist, um die Hitzebeständigkeit des Produkts zu verbessern. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von diesem bekannten Mischfaserprodukt der D1 dadurch, dass die anorganischen Fasern (d.h. die Keramikfasern der D1), deren Schmelzpunkt höher als jener der Glaswollefasern liegt, in Flockenform vorliegen.

2.3 Objektive technische Aufgabe

2.3.1 Absatz [0009] des Patents beschreibt wie die beanspruchten anorganischen Faserflocken ein Stützgerüst bilden, damit das Mischfaserprodukt Temperaturen oberhalb des Schmelzpunkts von Glasfasern widerstehen kann. Jedoch ist die Menge der Faserflocken nicht in Anspruch 1 vorgegeben. Die Beschwerdeführerin hat in §4.4 ihrer Beschwerdebegründung zutreffend darauf hingewiesen, dass aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar ist, wie sehr geringe Mengen von Faserflocken diesen technischen Effekt verwirklichen können. Diesbezüglich wird auch auf Abs. [0014] des Patents verwiesen, in dem ein Minimum Volumenanteil der anorganischen Faserflocken von 10% angegeben wird.

2.3.2 Das Argument der Beschwerdegegnerin, dass der Fachmann den Anspruch 1 im Lichte der Beschreibung lese und daher so auslege, dass der Anspruch eine ausreichende Menge von Faserflocken umfasse, überzeugt nicht. Ein Anspruch sollte so weit ausgelegt werden, wie es technisch sinnvoll ist. Es ist nicht gerechtfertigt, seinen Umfang auf das zu beschränken, was ausschließlich in der Beschreibung offenbart ist. Im vorliegenden Fall ist der Anspruch eindeutig formuliert und beinhaltet keinerlei Effekt oder Wirkung. Zu seiner Auslegung ist daher kein Rückgriff auf die Beschreibung nötig. Der Fachmann würde daher Anspruch 1 nicht so auslegen, dass er auf eine nur in der Beschreibung offenbarte Menge von Flocken beschränkt ist.

2.3.3 Daran ändert auch der Verweis der Beschwerdegegnerin auf Artikel 69 EPÜ nichts. Artikel 69 (1) EPÜ betrifft nur den Schutzbereich des Patents, welcher wiederum nur im Hinblick auf Artikel 123 (3) EPÜ sowie in nationalen Verletzungsverfahren von Bedeutung ist. Ein allgemeines Gebot der Auslegung der Ansprüche unter Heranziehung der Beschreibung lässt sich aus Artikel 69 (1) EPÜ nicht ableiten.

2.3.4 Daher wird dieser im Absatz [0009] des Patents offenbarte technische Effekt der Faserflocken nicht über die Breite des Anspruchs erreicht und ist daher bei der Formulierung der objektiven technischen Aufgabe nicht zu berücksichtigen.

2.3.5 Mangels einer technischen Wirkung der Faserflocken, die für die gesamte Breite des Anspruchs 1 nachgewiesen wurde, beschränkt sich ausgehend von D1 die objektive technische Aufgabe darauf, 'eine geeignete Form für die keramischen Fasern der D1 bereitzustellen'.

2.4 In Spalte 6, Zeilen 38 bis 43 der D1 wird offenbart, wie Randabschnitte dem Basismaterial hinzugefügt werden können, um dem Faserprodukt verbesserte Eigenschaften (z.B. erhöhte Festigkeit; Sp. 1, Z. 23 bis 29) zu verleihen oder Kosten zu senken. Solche Randabschnitte liegen in Flockenform vor. Dies wurde auch von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten.

2.5 Die Flockenform für die dem Basismaterial hinzuzufügenden Fasern ist nach dem Offenbarungsgehalt der D1 eine offensichtlich geeignete Form (siehe Sp. 6, Zeilen 38 bis 43). Für den Fachmann, der eine geeignete Form für die keramischen Fasern sucht, wäre daher das Bereitstellen der Fasern in Flockenform naheliegend.

2.6 Das Argument der Beschwerdegegnerin, dass D1 keinen Hinweis biete, Flocken aus anorganischen Fasern einzusetzen, weil deren Lehre auf die Wiederverwendung von Fasern oder als Kostenreduktionsmaßnahme gerichtet sei, überzeugt nicht. Die zu lösende Aufgabe leitet den Fachmann vielmehr zu den Fasern in Flockenform, die als geeignete Form für anorganische Fasern in D1 offenbart werden. Selbst wenn D1 sich auch mit der Wiederverwendung von Fasern befasst, wird Randabschnitt (oder Faserflocken; siehe Punkt 2.4) als geeignete Form für die Wiederverwertung von Fasern offenbart, die der Fachmann daher als Lösung zur gestellten objektiven Aufgabe erkennen würde.

2.7 Das weitere Argument der Beschwerdegegnerin, dass Faserflocken aus Keramik ungewöhnlich seien und ohne Erkenntnis der Erfindung nicht in Betracht gezogen würden, ist nicht nachvollziehbar. Die Beschwerdeführerin behauptete, dass Matten aus Keramikfasern dem Fachmann sehr wohl bekannt seien und dass Randabschnitte von deren Produktion daher auch zur Verfügung stehen. Dies hat die Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten. Darüber hinaus beinhalten diese Randabschnitte Fasern in Flockenform und D1 offenbart Randabschnitte als mögliche Quelle der zuzugebenden anorganischen Fasern (Sp. 6, Z. 38 bis 43). Ausgehend von D1 im Lichte der gestellten Aufgabe, würde der Fachmann daher die bekannten Keramikfasern in Flockenform dem Mischfaserprodukt der D1 hinzugeben und dadurch zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen ohne erfinderisch tätig zu werden.

2.8 Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt folglich nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ. Hilfsantrag 1 ist daher nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag 2

Zulässigkeit - Artikel 13 (1) VOBK 2020

3.1 Hilfsantrag 2 wurde während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht und seine Zulassung steht daher im Ermessen der Kammer gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2020 (Artikel 25 (3) VOBK 2020). Artikel 13 (2) VOBK 2020 ist nicht anwendbar, da die erste Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Inkrafttreten der neuen Verfahrensordnung erfolgte (Artikel 25 (3) VOBK 2020). Bei der Ausübung ihres Ermessens unter Artikel 13 (1) VOBK 2020 berücksichtigt die Kammer unter anderem ob die Änderung prima facie keinen Anlass zu neuen Einwänden gibt.

3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 basiert auf Anspruch 1 des Hauptantrags in Verbindung mit dem bevorzugten Volumenanteil der anorganischen Faserflocken aus Anspruch 4.

3.3 Die Beschwerdegegnerin behauptete, dass das hinzugefügte Merkmal auf Seite 5, Zeilen 11 bis 15 der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart werde und eindeutig in demselben Ausführungsbeispiel wie das Mischfaserprodukt offenbart sei. Dies kann nicht nachvollzogen werden. Seite 5, Zeilen 11 bis 15 offenbart das Mischfaserprodukt 'In einer weiter bevorzugten Ausführungsform' jedoch ohne jeglichen Bezug zu den beanspruchten 'anorganische Faserflocken, deren Schmelzpunkt höher als jener der Glaswollefasern liegt'. Es gibt prima facie daher keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung für den Gegenstand des Anspruchs 1 in dieser zitierten Stelle der Beschreibung.

3.4 Mangels einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung des Gegenstands des Anspruchs 1 erfüllt dieser folglich prima facie nicht das Erfordernis des Artikels 123 (2) EPÜ.

3.5 Die Änderung in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 gibt daher prima facie Anlass zu einem neuen Einwand. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag 2 nicht in das Verfahren zuzulassen (Artikel 13 (1) VOBK 2020).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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