T 2537/16 () of 18.11.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T253716.20191118
Datum der Entscheidung: 18 November 2019
Aktenzeichen: T 2537/16
Anmeldenummer: 10745559.4
IPC-Klasse: A01K 1/12
A01J 5/007
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 342 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: MELKSTATION UND VERFAHREN ZUM BETREIBEN DERSELBEN AUF DER GRUNDLAGE VON MILCHFLUSSDATEN
Name des Anmelders: Jakob Maier & Wilfried Hatzack Erfinder GbR
Name des Einsprechenden: Delaval International Ab
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Alternative
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0220/07
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 27. September 2016, den Einspruch zurückzuweisen, da der Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 und 9 neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhte (Artikel 100a) i.V.m. 54, 56 und 101(2) EPÜ).

Dabei waren insbesondere die folgenden Dokumente berücksichtigt worden:

E1: WO 00/18218 A1

E2: EP 0 657 098 A1

E3: WO 97/37530 A1.

II. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende am 28. November 2016 Beschwerde ein und entrichtete gleichzeitig die Beschwerdegebühr. Die Beschwerdebegründung folgte am 6. Februar 2017.

III. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK äußerte die Kammer die vorläufige Meinung, dass das Verfahren des erteilten Anspruchs 1 und die Vorrichtung des erteilten Anspruchs 9 neu seien und auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.

IV. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent vollumfänglich aufgrund von Artikel 100a) EPÜ widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin beantragt, die Beschwerde und den Einspruch zurückzuweisen, hilfsweise die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent in geänderter Form auf Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 6 aufrecht zu erhalten.

Beide Parteien beantragen hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

V. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende trägt im wesentlichen vor, dass es dem Verfahren des Anspruchs 1 ausgehend von E3 an erfinderischer Tätigkeit mangele. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer verfolgt sie weitere Angriffe gegen Neuheit und erfinderische Tätigkeit nicht weiter.

Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin trägt im wesentlichen vor, das Verfahren nach Anspruch 1 unterscheide sich grundsätzlich und unter vielen Gesichtspunkten von dem nach E3 und könne folglich auch nicht von diesem nahegelegt oder angeregt sein.

VI. Die unabhängigen Ansprüche des für die Beschwerde relevanten Hauptantrags, Patent wie erteilt, haben folgenden Wortlaut:

1. "Verfahren zum Betreiben einer Melkstation (100) mit mehreren Melkplätzen (150), wobei das Verfahren die Schritte umfasst:

Aufzeichnen von entsprechenden Messdaten für jedes von mehreren Tieren, wobei die entsprechenden Messdaten einen Milchfluss eines entsprechenden Tieres repräsentieren,

Erzeugen eines individuellen Datensatzes (D1,..DK-1) für jedes der mehreren Tiere unter Anwendung der Messdaten, wobei der individuelle Datensatz (D1,.., DK-1) einen erwarteten Milchfluss des entsprechenden Tieres angibt und

Steuern zumindest eines Teils eines Melkvorgangs (M1...,MK) der mehreren Tiere und

Steuern eines Besetzens der mehreren Melkplätze (150) durch zu melkende Tiere unter Verwendung der individuellen Datensätze (D1,..DK-1) für jedes der mehreren Tiere, wobei das Besetzen der mehreren Melkplätze (150) gesteuert wird durch Ermitteln eines erwarteten Endes eines Melkvorgangs (M1...,MK) in den mehreren Melkplätzen (150)."

9. "Melkstation (100) mit mehreren Melkplätzen (150), die ausgebildet sind, einen zumindest phasenweise automatisierten Melkvorgang (M1...,MK) auszuführen, einer Sensoreinrichtung (156), die ausgebildet ist, in jedem der mehreren Melkplätze (150) Messdaten zu erfassen, die den Milchfluss während des Melkvorgangs (M1...,MK) repräsentieren, einer Datenverarbeitungseinheit (130), die mit der Sensoreinrichtung (156) koppelbar und ausgebildet ist, aus den Messdaten einen individuelle Datensatz (D1,..DK-1) für jedes gemolkene Tier zu erzeugen, wobei der individuelle Datensatz eine Milchflusskurve repräsentiert und einer Steuereinheit, die mit der Datenverarbeitungseinheit (130) in Funktionsverbindung steht und ausgebildet ist, Steuersignale zur Steuerung des Melkvorgangs und zur Steuerung der Besetzung der mehreren Melkplätze (150) durch ein nächstes zu melkendes Tier unter Verwendung der individuellen Datensätzen (D1,..DK-1) bereitzustellen, wobei das Besetzen der mehreren Melkplätze (150) gesteuert wird durch eine Ermittelung eines erwarteten Endes eines Melkvorgangs (M1...,MK) ln den mehreren Melkplätzen (150)."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1 Erfinderische Tätigkeit wird ausgehend von E3 angegriffen. E3, siehe die Figur 1 und die Zusammenfassung, offenbart unstrittig ein Verfahren zum Betreiben einer Melkstation in Form eines Karussells (oder Laufbands) mit mehreren Melkplätzen, wobei Messdaten aufgezeichnet und Datensätze für jedes Tier erzeugt werden. Aufgrund einer an Hand der aufgezeichneten Daten abgeschätzten Melkdauer oder Verweildauer auf dem Karussell wird die Drehgeschwindigkeit des Karussells angepasst. Die Melkdauer kann in einer Variante an Hand eines historischen Messwerts der Milchmenge und aktuell gemessener Melkgeschwindigkeit abgeschätzt werden, Seite 7, Zeilen 33 bis 38.

2.2 Unterschiedliche Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 1 gegenüber der Offenbarung der E3

2.2.1 Erzeugen eines individuellen Datensatzes für jedes Tier, der den erwarteten Milchfluss angibt

Es ist zunächst festzustellen, dass die anspruchsgemäßen Datensätze keine den aktuellen Milchfluss repräsentierenden Messdaten angeben, sondern einen erwarteten individuellen Milchfluss. Gemäß E3 wird hingegen in der genannten Variante aus gespeicherten und gemessenen Daten eine erwartete Melkdauer ermittelt.

Da eine Melkdauer nicht mit einem Milchfluss gleichzusetzen ist, ist das Erzeugen von den erwarteten Milchfluss angebenden Datensätzen nicht in E3 offenbart.

Die Beschwerdeführerin-Einsprechende argumentiert, es gäbe genau zwei Wege, auf denen im Verfahren der E3 die erwartete Melkdauer und insbesondere eine erwartete verbleibende Melkdauer ermittelt werden könnte.

Entweder müsse eine Milchflusskurve für jedes Tier gespeichert sein, um mithilfe einer einzigen Milchflussmessung aus dieser Milchflusskurve den aktuellen Status des Melkvorgangs und darüber wiederum die verbleibende Melkdauer ablesen zu können. Dies entspräche dem Offenbarungsgehalt der E3, wie er in der Entscheidung T0220/07 festgestellt worden sei.

Oder es müssten wiederholt Milchflussmessungen vorgenommen werden, um mithilfe der gespeicherten Milchleistung die verbleibende Melkdauer jeweils extrapolieren und iterativ immer genauer bestimmen zu können.

Die Kammer kann der E3 auch unter Berücksichtigung dieser Hypothesen nicht unmittelbar und eindeutig die Erzeugung von individuellen, einen erwarteten Milchfluss angebenden Datensätzen entnehmen.

Zunächst befasst sich die Entscheidung T0220/07 nur mit der Ausführbarkeit des in E3 beanspruchten Verfahrens. Die Ermittlung eines erwarteten Milchflusses wird in Abschnitt 3.2 , Seiten 8 und 9 der Entscheidung als gängige Praxis geschildert, die der Fachmann bei der Ausführung der Erfindung nach E3 anwenden würde. Dass durch Hinzuziehen von Fachwissen gewisse Offenbarungslücken der E3 geschlossen werden müssen, spricht aber gerade gegen eine vollständige und eindeutige Offenbarung des Verfahrens in E3. Zudem scheinen laut der Beschwerdeführerin-Einsprechenden ja auch zwei verschiedene Ausführungsarten für den Fachmann in Betracht zu kommen, von denen folglich keine eindeutig durch E3 offenbart sein kann.

Dabei muss im einen Fall zwar eine Milchflusskurve vorliegen. Ob dies aber eine individuelle oder eine standardisierte Milchflusskurve ist, woher sie stammt bzw. wann und wo sie einmal erzeugt worden ist, kann aus dieser Prämisse nicht eindeutig abgeleitet werden.

Im anderen Fall soll unter der Annahme, dass der jeweils aktuell gemessene Milchfluss unverändert anhält, ein Datensatz erzeugt werden, der eine erwartete Melkdauer angibt, nicht aber den beanspruchten erwarteten Milchfluss.

2.2.2 Steuern zumindest eines Teil eines Melkvorgangs und Steuern eines Besetzens der Melkplätze unter Verwendung der individuellen Datensätze für jedes der Tiere

Da E3 nicht unmittelbar und eindeutig die Erzeugung individueller Datensätze offenbart, die einen erwarteten Milchfluss angeben (siehe oben Punkt 2.2.1), sind auch die hierauf aufbauenden Folgeschritte des Verfahrens nach Anspruch 1 nicht in E3 offenbart.

Ob das auf Seite 7, Zeilen 2- 5 der E3 beschriebene Zurückziehen von Melkbechern 26 nach Beendigung eines Melkvorgangs (after milking has finished) noch Teil des Melkvorgangs im Sinne von Anspruch 1 ist, wie die Beschwerdeführerin-Einsprechende argumentiert, kann deshalb dahingestellt bleiben.

2.2.3 Besetzen der Melkplätze wird gesteuert durch Ermitteln eines erwarteten Endes eines Melkvorgangs

E3 ist primär mit der Bestimmung der erwarteten Melkdauer oder Verweildauer befasst, unter deren Verwendung die Drehgeschwindigkeit der Plattform 2 gesteuert wird (Seite 7, Zeilen 27 - 32), die wiederum den Besetzungszyklus der Melkplätze auf der Plattform beeinflusst. Weder ist der E3 zu entnehmen, dass ein Zeitpunkt, zu dem ein Melkvorgang beendet sein wird, vorausschauend ermittelt wird, noch, dass dadurch ein Besetzen von Melkplätzen gesteuert wird.

Die Beschwerdeführerin-Einsprechende setzt das aus E3 bekannte Ermitteln der erwarteten Melkdauer mit dem beanspruchten Ermitteln eines erwarteten Endes des Melkvorgangs gleich, weil die Verweildauer der Tiere in den Melkplätzen auf dem Karussell den Zeitpunkt einer Neubesetzung eines Melkplatzes beeinflusse oder sogar bestimme, also das Verfahren nach E3 hinsichtlich des Besetzens letztendlich zum gleichen Ergebnis führe.

Faktisch mag der Ablauf einer für ein Tier erwarteten Melkdauer mit einem erwarteten Ende eines Melkvorgangs dieses Tieres zeitlich zusammenfallen. Jedoch ist nach Ansicht der Kammer das "erwartete Ende eines Melkvorgangs" in Anspruch 1 als zu ermittelnde Steuergröße für das Besetzungsverfahren definiert, die nicht identisch ist mit der in E3 ermittelten Steuergröße "erwartete Melkdauer" für die Drehgeschwindigkeit.

2.2.4 Zusammenfassend unterscheidet sich deshalb das Verfahren nach Anspruch 1 zumindest dadurch von der Offenbarung der E3, dass

- individuelle Datensätze erzeugt werden, die einen erwarteten Milchfluss angeben;

- ein Teil eines Melkvorgangs unter Verwendung dieser Datensätze gesteuert wird; und

- ein Besetzen von Melkplätzen unter Verwendung dieser Datensätze gesteuert wird, wobei das Besetzen durch Ermitteln eines erwarteten Ende eines Melkvorgangs gesteuert wird.

2.3 Definition der zu lösenden Aufgabe

Diese Unterschiedsmerkmale bewirken für die Melkstation der E3 unterschiedliche technische Effekte.

Zunächst lässt sich ein Melkvorgang durch Heranziehen von individuellen Milchfluss-Datensätzen, die den individuellen erwarteten Milchfluss eines Tieres angeben, effizienter steuern und damit die Milchleistung erhöhen, vgl.Spalte 5, Zeile 26, bis Spalte 6, Zeile 18, der Patentschrift.

Sodann kann die in E3 vorgestellte Besetzungssteuerung unter Verwendung dieser Datensätze effizient in die Praxis umgesetzt werden, wobei das Besetzen durch Ermitteln der Steuergröße "erwartete Melkdauer" gesteuert wird. Folglich stellt die anspruchsgemäße Ermittlung der alternativen Steuergröße "erwartetes Endes eines Melkvorgangs" eine alternative Ausführung des Besetzungsverfahrens nach E3 dar.

Ausgehend von der E3 kann die zu lösende Aufgabe also darin gesehen werden, zum einen den Melkvorgang effizienter zu gestalten, zum anderen die Besetzungssteuerung alternativ auszuführen.

2.4 Nicht-Naheliegen der unterschiedlichen Merkmale des Anspruchs 1

2.4.1 Dem Fachmann ist bekannt, individuelle Milchflusskurven zu ermitteln und diese zu einer effizienten Steuerung eines individuellen Melkvorgangs zu nutzen, um eine möglichst große Milchleistung zu erzielen. Dies wird von der Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin nicht bestritten und wird z.B. auch in E1 genutzt (Seite 19, Zeilen 26 - 29).

Es scheint deshalb naheliegend für den Fachmann zu sein, das Verfahren nach E3 zur Lösung obiger Aufgabe derart weiterzubilden, dass

- mittels des Milchflussmessers gemessene Daten aufgezeichnet und daraus

- individuelle Datensätze erzeugt werden, die einen erwarteten Milchfluss angeben;

- ein Teil eines Melkvorgangs unter Verwendung dieser Datensätze gesteuert wird.

2.4.2 Es mag auch sein, dass der Fachmann die erzeugten Datensätze in Form von individuellen Milchflusskurven heranziehen würde, um damit die nach E3 zu bestimmende erwartete Melkdauer genauer zu ermitteln, wie die Beschwerdeführerin-Einsprechende dargelegt hat. Da über die erwartete Melkdauer wiederum die Drehgeschwindigkeit des Melkkarussells und damit letztendlich das Besetzen der Melkplätze gesteuert wird, würde damit im weitesten Sinne auch

- ein Besetzen von Melkplätzen unter Verwendung dieser Datensätze - zumindest indirekt - gesteuert.

Dies stellt zudem, wie bereits aus T0220/07 hervorgeht, eine für den Fachmann offensichtliche Möglichkeit dar, das Verfahren nach E3 in der Praxis auszuführen.

2.4.3 Zumindest der letzte Verfahrensschritt des Anspruchs 1,

in dem das Besetzen durch Ermitteln eines erwarteten Ende eines Melkvorgangs gesteuert wird, kann jedoch ausgehend von E3 nicht auf naheliegende Weise erhalten werden.

Es ist dem Fachmann weder aus seinen Fachkenntnissen geläufig, noch aus E1 oder E2 bekannt, dass für die drehgeschwindigkeitsabhängige Besetzungssteuerung eines Melkkarussells die Melkdauer und das erwartete Ende eines Melkvorgangs als gleichwertige Steuergrößen zu betrachten sind.

Die Verwendung der Melkdauer als Steuergröße in E3 ist nach Verständnis der Kammer inhärent vorgegeben durch die Ausgestaltung der Melkstation als Karussell (oder auch Laufband). Durch die Bewegung der Melkplätze vom Einlass bis zum Auslass wird jeweils nur ein Melkplatz frei und anschließend mit einer neuen Kuh besetzt, worauf der nachfolgende Melkplatz frei und dann neu besetzt wird, usw. Die Reihenfolge der nacheinander zu besetzenden Melkplätze ist somit festgelegt. Um die Besetzung hinsichtlich Milchleistung zu optimieren, muss die Aufenthaltsdauer einer Kuh auf dem Karussell, also die Dauer der Bewegung ihres Melkplatzes vom Einlass bis zum Auslass, auf die Melkdauer der Kuh abgestimmt werden. Daher ist die Ermittlung der Melkdauer der Kühe (z.B. als anzupassender Durchschnittswert aus den Einzelwerten für die Kühe auf dem Karussell, vgl. T0220/07, Seite 10; E3, Seite 7, Zeile 38 - Seite 8, Zeile 4)) ein Kernelement der Lehre der E3, siehe dazu auch Anspruch 1. Es besteht keine Veranlassung für den Fachmann, von dieser Kernlehre abzuweichen, z.B. dadurch, dass zuerst ein erwartetes Ende abgeschätzt wird, um dann umständlich daraus die Melkdauer zu errechnen.

Dagegen ist die Verwendung eines ermittelten erwarteten Endes eines Melkvorganges in mehreren Melkplätzen durchaus sinnvoll in einer "statischen" Melkstation, in der Melkplätze in beliebiger Reihenfolge unabhängig voneinander besetzt und frei werden, wie zum Beispiel in den Ausführungsbeispielen der Figuren 1k bis 1n des Patents gezeigt. Durch Ermitteln des erwarteten Endzeitpunkts in den jeweiligen Melkplätzen kann festgestellt werden, welcher Melkplatz als nächstes frei wird und ein noch zu melkendes Tier bereits in den Zugangsbereich geführt werden, bevor der nächste Melkplatz frei wird, siehe Spalte 11, Zeilen 3 bis 12 der Patentschrift.

2.4.4 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende trägt im Rahmen ihrer Argumentation zum Offenbarungsgehalt der E3 (siehe oben Punkt 2.2.3) vor, bei der erwarteten Melkdauer und dem erwarteten Ende eines Melkvorgangs handle es sich eigentlich um die gleiche Steuergröße, weswegen beide offensichtlich beliebig austauschbar seinen. Dies werde z.B. dadurch deutlich, dass das in Fig. 1L der Patentschrift dargestellte Ausführungsbeispiel ohne weiteres mit einer Ermittlung der erwarteten Melkdauer durchgeführt werden könnte.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit anhand des Aufgabe-Lösung-Ansatzes kommt es jedoch nicht darauf an, ob ausgehend von der Erfindung ein bekanntes Merkmal des Standes der Technik als offensichtliche Alternative erscheint.

Ausgehend vom Stand der Technik nach E3 handelt es sich aber bei der beanspruchten Steuergröße "erwartetes Ende eines Melkvorgangs" nicht um ein offensichtliches Äquivalent, denn sie kann - wie vorstehend unter Punkt 2.4.3 dargelegt - im Gegensatz zur Steuergröße "erwartete Melkdauer" nicht unmittelbar für die Berechnung der Drehgeschwindigkeit des Melkkarussells der E3 verwendet werden.

2.4.5 Auch ist weder der E1, noch der E2 ein Hinweis darauf zu entnehmen, ein erwartetes Endes eines Melkvorgangs vorausschauend zu ermitteln, um darüber das Besetzen von Melkplätzen zu steuern.

E1 schlägt im Gegenteil vor, den Milchfluss zu überwachen, um Melkdauern anzupassen (adjust milking times Seite 19, Zeilen 27 - 29), also um, wie bereits nach E3 vorgesehen, (verbleibende) erwartete Melkdauern zu ermitteln.

In E2 werden zwar individuelle Milchflussdatensätze aufgezeichnet und daraus erwartete und maximal zulässige Milchflusswerte abgeleitet (Spalte 1, Zeile 35 bis 44). Diese werden aber nur dazu verwendet, um Abweichungen festzustellen, um z.B. kranke oder fruchtbare Tiere zu identifizieren und sie dann gegebenenfalls automatisch abzusondern, Spalte 6, Zeilen 27 bis 35. Auch hier fehlt jeglicher Hinweis darauf, dass das Ende eines Melkvorgangs für die Besetzungssteuerung vorausschauend ermittelt wird.

2.5 Da der Fachmann somit das Verfahren nach Anspruch 1 ausgehend von der Offenbarung der E3 in Zusammenschau mit der E1 oder E2 oder unter Heranziehung allgemeiner Fachkenntnisse nicht unmittelbar und in naheliegender Weise erhalten könnte und würde, beruht es auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.

Dies gilt ebenso für die Melkstation nach Anspruch 9, die den Verfahrensschritten des Anspruchs 1 entsprechende Merkmale aufweist.

3. Die Kammer bestätigt damit den Befund der angegriffenen Entscheidung, dass der einzig verbleibende Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt nicht im Wege steht. Somit hat die Entscheidung Bestand.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation