T 2339/16 () of 5.6.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T233916.20190605
Datum der Entscheidung: 05 Juni 2019
Aktenzeichen: T 2339/16
Anmeldenummer: 06706019.4
IPC-Klasse: F21K 99/00
G02B 17/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: LICHT EMITTIERENDES MODUL MIT LED UND PASSSTIFTEN FÜR DIE MONTAGE EINES OPTISCHEN ELEMENTS
Name des Anmelders: OSRAM Opto Semiconductors GmbH
Name des Einsprechenden: Valeo Vision
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(1)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Einspruchsgründe - verspätet eingereichter Einspruchsgrund
Einspruchsgründe - (nicht zugelassen)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/95
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1859196 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 10. August 2016.

Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber

(D1) US 2005/0116179 A1

nicht neu ist.

Im Verfahren vor der Beschwerdekammer hat die Einsprechende weiterhin einen Mangel an Neuheit gegenüber folgenden Dokumenten geltend gemacht:

(D2) DE 103 41 884 A1

(D3) DE 20 2004 011 015 U1

(D4) FR 2 814 221

(D8) WO 03/048637 A1

II. Am 5. Juni 2019 wurde mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und das Patent in der erteilten Form aufrechtzuerhalten, hilfsweise auf der Grundlage des Hilfsantrags, vorgelegt mit der Beschwerdebegründung.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

III. Der Anspruchs 1 wie erteilt lautet wie folgt:

Licht emittierendes Modul mit

- einer Lichtquelle (9),

- einem Träger (8) für die Lichtquelle und

- einem optischen Element (1), wobei

- das optische Element (1) Passstifte (2) aufweist, die in korrespondierende Ausnehmungen des Trägers (8) eingreifen,

- die Passstifte (2) das optische Elements (1) auf dem Träger (8) justieren, und wobei

- die Passstifte (2) durch die Ausnehmungen des Trägers auf die dem optischen Element gegenüberliegende Seite des Trägers durchragen und das Modul relativ zu einem Modulhalter (7) justieren, indem sie in korrespondierende Ausnehmungen des Modulhalters (7) eingreifen.

IV. Die Beschwerdeführerin brachte im wesentlichen die folgenden Argumente vor:

Das Dokument D1 weise keine Passstifte im Sinne des Anspruchs 1 auf. Diese sollen anspruchsgemäß dem optischen Element zugeordnet sein. Die Passstifte in D1 sind aber indes lose und verbinden eine Vielzahl von Elementen, so dass eine besondere Zuweisung zum optischen Element nicht vorliege und willkürlich sei.

Das selbe gelte auch sinngemäß für die Vorrichtung gemäß D4. Dort seinen die Schrauben eben auch keine Passstifte im Sinne des Streitpatents.

In D2 werde keine erfindungsgemäße Justage durchgeführt. Unter einer Justage verstehe die strittige Erfindung eine exakte, spielfreie Fixierung. Diese gäbe es in D2 für die Lichtquelle in Bezug auf den Reflektor mit Hilfe des Justiervorsprungs 10.

Lichtquelle, Reflektor und Leiterplatte in Bezug auf den Modulträger seien jedoch nicht justiert. Dies sei auch gar nicht gewünscht, da Ausdehnungen und daraus folgend Relativbewegungen aufgrund von Erwärmung ermöglicht werden sollen.

Aus dem Dokument D3 gehe nicht eindeutig hervor, dass die Lichtquelle einen Träger aufzuweisen habe. Insbesondere sei der Figur 3 nicht zu entnehmen, ob die Leiterplatte einen Träger für die Lichtquelle (8) darstelle, oder ob die Lichtquelle mit der Kegeloptik vergossen sei. Das sei durch Paragraph [0029] nahegelegt. Dann nämlich diene die Leiterplatte lediglich der elektrischen Verbindung, trage aber nicht die Lichtquelle.

D8 offenbare keine Passstifte, die so lang seien, dass sie in einen Modulträger reichten um dort eine Positionierung zu ermöglichen. Vielmehr dienten die in den Figuren als überstehend gezeigten Passstifte dazu, durch Vernietung, Verrastung oder Verschweißen eine sichere Fixierung der optischen Einheit mit der Halterung sicherzustellen, siehe Seite 7, Zeilen 4 ff.Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung sei der Einspruchsgrund mangelnde erfinderische Tätigkeit nicht wirksam erhoben worden, da lediglich behauptet wurde, dass ausgehend von D6, kombiniert mit einem der Dokumente D1 bis D5, keine erfinderische Tätigkeit vorliege. Somit könne dieser Einspruchsgrund nun nur noch mit der Zustimmung der Beschwerdeführerin in das Verfahren eingeführt werden. Diese Zustimmung werde aber nicht gegeben.

V. Die Beschwerdegegnerin begegnete diesen Argumenten wie folgt:

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist nicht neu gegenüber D1, sowie der D2 bis D4 und der D8.

So offenbare D1 Passstifte (160) die das optische Element (120) mit weiteren Elemente bis hin zum Träger 140 verbinden. Somit weise - zumindest im zusammengebauten Zustand - das optische Element Passstifte auf, die es justierten. Dabei sei es unerheblich, ob die Passstifte auch dauerhaft mit dem optischen Element verbunden seien. Dies sei schließlich nicht durch den Wortlaut des Anspruchs 1 gefordert.

Aus demselben Grund seien auch die Schrauben 42 in D4 als Passstifte im Sinne der Erfindung zu betrachten. Auch hier werden Lichtquelle, optisches Element und Träger miteinander verbunden und justiert.

Dabei sei es völlig unerheblich, ob Passstifte in nicht zusammengebauten Zustand nicht mit dem optischen Element in Verbindung stehen. Schließlich seien sie demselben zugeordnet.

Das Dokument D2 offenbare am Reflektor explizit einen Justiervorsprung, der in eine Öffnung des Trägers eingreife und somit die Elemente der Leuchte justiere. Dieser Justiervorsprung gehe auch durch die Leiterplatte, so dass alle Merkmale des strittigen Anspruchs 1 offenbart seien.

In der Figur 3 der D3 seien ebenfalls alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbart. Hierbei sei deutlich zu erkennen, wie die Befestigungsansätze 11 als Justierelemente am Träger dienten. Die Leiterplatte, auf der das Lichtelement montiert sei, werde ebenfalls durch die Befestigungsansätze 11 gehalten.

Eine vergleichbare Situation sei in D8, Figuren 1 und 2, zu erkennen. Die Passstifte 7, die zum optischen Element gehören, stehen in Figur 2 sichtbar über. Damit seien sie in der Lage, die Leuchte an einem Modulträger zu fixieren.

Es sei korrekt, dass im Verfahren vor der Einspruchsabteilung lediglich behauptet wurde, dass ausgehend von D6, kombiniert mit einem der Dokumente D1 bis D5, keine erfinderische Tätigkeit vorliege.

Somit sei der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass der Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit nicht wirksam erhoben worden sei und jetzt nur noch mit ihrer Zustimmung eingeführt werden könne.

Entscheidungsgründe

1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt ist neu, Artikel 54 EPÜ.

1.1 Die Einspruchsabteilung hat festgestellt, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu ist gegenüber dem Dokument D1.

Die Einsprechende hat weiterhin einen Mangel an Neuheit gegenüber den Dokumenten D2 bis D4 und D8 vorgebracht.

1.2 Die Kammer teilt nicht die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass die losen Passstifte in D1 (alignment pins 160, vgl. Figur 1) dem optischen Element 120 (optical concentrator) zugeordnet werden können. Eine Zuordnung ist aber durch den Wortlaut des strittigen Anspruchs 1 definiert, wonach das optische Element Passstifte aufweist (Merkmal d); vgl. Merkmalsgliederung gemäß Seite 4 der Entscheidung der Einspruchsabteilung). Nach Ansicht der Kammer ist es für die im Anspruch 1 definierte Zuordnung nicht ausreichend, dass in zusammengebauten Zustand die Passstifte mit dem optischen Element in Verbindung stehen und dieses fixieren. Vor allem stehen im zusammengebauten Zustand weitere Teile vergleichbar mit den losen Passstiften in Verbindung, so dass die spezielle Zuweisung zum optischen Element willkürlich ist.

Aus demselben Grund zeigt auch das Dokument D4 keine Passstifte aufweisendes optisches Element. Auch hier folgt die Kammer nicht der Darstellung der Beschwerdegegnerin, dass die Schrauben 42 Passstifte im Sinne des Streitpatents darstellen. So ist die Zuordnung der Beschwerdegegnerin der Schrauben 42 zum optischen Element 34 ebenfalls willkürlich und nicht durch eine integrale Gestaltung oder eine besondere funktionale Kopplung begründet.

1.3 Das Dokument D2 offenbart keine Justage eines Lichtmoduls an einem Modulträger. So ist hier insbesondere der Argumentation der Beschwerdegegnerin nicht zu folgen, wonach der Justiervorsprung 10 die Leiterplatte 4,7 am Modulträger (Tragelement, 1) justiert.

Eine Justage im Sinne des Streitpatents ist eine exakte, spielfreie Fixierung, die vorliegend für die Lichtquelle in Bezug auf den Reflektor mit Hilfe des Justiervorsprungs 10 ermöglicht wird, nicht aber für Lichtquelle, Reflektor und Leiterplatte in Bezug auf den Modulträger. Dort ist nämlich explizit ein gewisses Spiel vorgesehen, um Relativbewegungen aufgrund von unterschiedlicher Erwärmung von Reflektor und Tragelement zu ermöglichen.

1.4 Auch das Dokument D3 offenbart nicht den Gegenstand des Anspruchs 1. So geht aus D3, Figur 3 nicht eindeutig und unmittelbar das Merkmal b) (einem Träger für die Lichtquelle) hervor, wie es die Beschwerdegegnerin behauptet.

So kann der Figur 3 nicht entnommen werden, ob die Leiterplatte (13) einen Träger für die Lichtquelle (8) darstellt, oder ob die Lichtquelle mit dem optischen Element (der Kegeloptik) vergossen ist (siehe auch Paragraph [0029]) und die Leiterplatte (13) lediglich zur Herstellung der elektrischen Verbindungen vorhanden ist.

1.5 D8 offenbart in der Figur 1 eine Lichtquelle (5) auf einem Träger (6), ein optisches Element 4 mit Passstiften, die in eine Halterung (supporting plate, 3) greifen. Der Figur 2 ist zu entnehmen, dass die Passstifte nur mit der Halterung (supporting plate, 3) in Verbindung stehen, nicht aber mit dem Träger der Lichtquelle. Die Lichtquelle wird durch das optische Element gehalten.

Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass die Halterung (supporting plate, 3) den Träger gemäß Merkmal b) darstelle. Schließlich könnten die Enden (29) der Passstifte (25) noch in einen Modulträger reichen und das Lichtmodul dort fixieren.

Dieser Argumentation ist nicht zu folgen. Die Enden (29) der Passstifte sind nicht dazu vorgesehen, in einen nicht dargestellten Modulträger einzugreifen. Dazu gibt es keinen Hinweis in D8. Vielmehr dienen sie dazu, durch Vernietung, Verrastung oder Verschweißen eine sichere Fixierung der optischen Einheit mit der Halterung sicherzustellen, siehe Seite 7, Zeilen 4 ff.

2. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren vor der Beschwerdekammer ausgeführt, dass der Einspruchsgrund mangelnde erfinderische Tätigkeit im Einspruchsverfahren nicht wirksam von der Beschwerdegegnerin/Einsprechenden eingeführt wurde, da die Begründung des Einspruchs seinerzeit nur den lapidaren Hinweis enthalten habe, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, ausgehend von D6, kombiniert mit einem der Dokumente D1 bis D5.

Insbesondere aber werde die Zustimmung zur Einführung des neuen Einspruchsgrundes mangelnde erfinderische Tätigkeit im Beschwerdeverfahren nicht gegeben.

In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer stimmte die Beschwerdegegnerin der Ansicht der Beschwerdeführerin zu.

Da in der Tat im Einspruchsschriftsatz zum Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit keine Argumentationslinie ausgeführt ist, und weiterhin die unbegründete Behauptung zum Mangel an erfinderischer Tätigkeit von D6 ausgeht, D6 aber im Rahmen der im Beschwerdeverfahren geführten Diskussion zur Neuheit keine Rolle spielt, wird im vorliegenden Fall die Sichtweise der Parteien, dass der Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit einen neuen Einspruchsgrund darstellt von der Kammer als vertretbar angesehen.

Von daher lässt sie den neuen Einspruchsgrund nicht zu (G 1/95).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

- Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

- Das Patent wird wie erteilt aufrechterhalten.

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