European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T232816.20200618 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 Juni 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2328/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11196257.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | F02M51/06 F02M61/16 F02M63/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kraftstoffeinspritzkomponente | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | MAN Diesel & Turbo SE | ||||||||
Kammer: | 3.2.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (ja) Änderungen - zulässig (ja) Spät eingereichte Hilfsanträge - Änderungen nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung zur Post gegeben am 16. August 2016, das europäische Patent Nr. 2 481 910 nach Artikel 101 (3) (b) EPÜ zu widerrufen.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin am 6. Oktober 2016 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 23. Dezember 2016 eingereicht.
III. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe nach Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 54 und 56 EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass u.a. der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 und 2 nicht die Erfordernisse des Artikels 100(a) bzw. 54 EPÜ erfüllten, und hat daher das Patent widerrufen.
Dabei hat sie unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:
E1: DE 10 2004 012 950 A1
E2: DE 100 45 281 C1
E3: EP 1 653 076 A1
IV. In einer Mitteilung vom 25. November 2019 gemäß Artikel 15(1) VOBK teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung nach erfolgter Ladung zur mündlichen Verhandlung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 18. Juni 2020 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin statt. Die Beschwerdegegnerin Einsprechende teilte mit Schreiben vom 26. Mai 2020 mit, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen wird. Dabei hat sie zur Mitteilung der Kammer nicht Stellung genommen.
V. Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis des während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrags 5. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nahm sie den Hauptantrag (Patent wie erteilt) und die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1-4 zurück.
VI. Die Beschwerdegegnerin Einsprechende beantragt mit Schreiben vom 26. Mai 2020 den Widerruf des Patents.
VII. Der unabhängige Anspruch 1 des für diese Entscheidung relevanten Hilfsantrags 5 hat folgenden Wortlaut:
"Kraftstoffeinspritzkomponente (100), mit einem entlang einer Längsachse (17) verschiebbar angeordneten Bauteil (10), das in einer Führungsbohrung (16) eines Führungsbauteils (12) unter Bildung eines Radialspalts (13) angeordnet ist, wobei an den zwei gegenüberliegenden Seiten der Führungsbohrung (16) unterschiedliche Drücke eines Druckmittels, insbesondere eines Kraftstoffs, herrschen, wobei der Radialspalt (13) in Richtung des geringeren Drucks von dem Druckmittel durchströmt ist, wobei der Radialspalt (13) zwischen dem Bauteil (10) und dem Führungsbauteil (12) über die axiale Länge der Führungsbohrung (16) unterschiedlich groß ausgebildet ist, und wobei sich der Radialspalt (13) in Richtung des niedrigeren Drucks des Bauteils (10) in der Führungsbohrung (16) verringert, dadurch gekennzeichnet, dass der Radialspalt (13) durch eine konische Ausbildung der Führungsbohrung (16) oder des Bauteils (10) ausgebildet ist, oder durch eine konische Ausbildung des Bauteils (10) bei einer zylindrischen Ausbildung der Führungsbohrung (16) im Führungsbauteil (12) ausgebildet ist, wobei der Radialspalt (13) seine engste Stelle im Austrittsbereich (15) des Bauteils (10) aus der Führungsbohrung (16) aufweist und seine weiteste Stelle im Bereich der Stirnfläche (14) des Bauteils (10), an der ein größerer Druck des Druckmittels herrscht, wobei der Radialspalt (13) an seiner engsten Stelle max. 1 mym und an seiner weitesten Stelle max. 10 mym beträgt."
VIII. Die Beschwerdeführerin Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten Folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.
IX. Die Beschwerdegegnerin Einsprechende hat in ihrem Schreiben vom 26. Mai 2020 keine Argumente vorgetragen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft eine Kraftstoffeinspritz-komponente mit einem entlang einer Längsachse verschiebbar angeordneten Bauteil, das in einer Führungsbohrung eines Führungsbauteils unter Bildung eines Radialspalts angeordnet ist. Dabei ist der Radialspalt durch eine konische Ausbildung der Führungsbohrung, durch eine konische Ausbildung des Bauteils, oder durch eine konische Ausbildung des Bauteils bei einer zylindrischen Ausbildung der Führungsbohrung ausgebildet. Der Radialspalt weist seine engste Stelle im Austrittsbereich des Bauteils aus der Führungsbohrung auf und seine weiteste Stelle im Bereich der Stirnfläche des Bauteils, an der ein größerer Druck des Druckmittels herrscht. Der Radialspalt beträgt an seiner engsten Stelle max. 1 mym und an seiner weitesten Stelle max. 10 mym. Dadurch wird die Tendenz zu Ablagerungen im Führungsbereich des verschiebbar angeordneten Bauteils, und zwar an Stellen, wo relativ hohe Bauteil- bzw. Kraftstoff-temperaturen herrschen bzw. wo der engste Führungsspalt ausgebildet ist, reduziert (Patentschrift, Absätze 5 und 9).
3. Hilfsantrag 5 - Zulassung zum Verfahren
3.1 Die Vorlage des Hilfsantrags 5 erfolgte während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer. Die revidierte Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (nachfolgend VOBK 2020) trat am 1. Januar 2020 in Kraft, Artikel 24(1) VOBK 2020, also erst nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung. Daher ist Artikel 13 der vorher geltenden Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (nachfolgend VOBK 2007) auf diese Änderung des Beschwerdevorbringens der Beschwerdeführerin Patentinhaberin anzuwenden, Artikel 25(3) VOBK 2020.
3.2 Im Hinblick auf die vorgenommenen Änderungen unterscheidet sich Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 unbestritten von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 durch die Aufnahme des weiteren Merkmals "wobei der Radialspalt (13) an seiner engsten Stelle max. 1 mym und an seiner weitesten Stelle max. 10 mym beträgt". In der mündlichen Verhandlung stellte die Kammer fest, wie von der Kammer in ihrer Mitteilung vom 25. November 2019 beanstandet, dass durch die Weglassung dieses Merkmals der geänderte Anspruch 1 des nun zurückgenommen Hilfsantrags 2 gegenüber der ursprünglichen Beschreibung zwischenverallgemeinert worden war. Die Aufnahme dieses Merkmals in den Anspruch 1 des nun geltenden, einzigen Hilfsantrags 5 behebt ohne weiteres diesen Einwand. Für die Kammer war es zudem sofort ersichtlich, dass die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit gegeben sind, siehe weiter unten. Sonst werden keine neuen Fragen durch die Änderung an sich aufgeworfen. Somit ist dieser Antrag offensichtlich gewährbar.
3.3 Dieser Antrag räumt zudem auf vorhersehbare Weise Einwände aus, die die Kammer in ihrem Bescheid erhoben hat, und wozu der Beschwerdegegnerin die Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wurde. Somit ist das (Recht auf) rechtliches Gehör gewahrt worden.
3.4 Daher entschied die Kammer, den Hilfsantrag 5 zum Verfahren zuzulassen, Artikel 13(1) VOBK 2007.
4. Änderungen - Hilfsantrag 5
4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 beruht unbestritten auf einer Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1-4 und 6. Zudem wurde das Merkmal "wobei der Radialspalt (13) seine engste Stelle im Austrittsbereich (15) des Bauteils (10) aus der Führungsbohrung (16) aufweist und seine weiteste Stelle im Bereich der Stirnfläche (14) des Bauteils (10), an der ein größerer Druck des Druckmittels herrscht" aus der Beschreibung (Seite 5, Zeilen 5-27 der ursprünglich eingereichten Anmeldung) in den Anspruch aufgenommen. Diese Änderung trägt dem im Bescheid der Kammer erhobenen Einwand einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung Rechnung. Insbesondere definiert der Anspruch nun nicht nur die axiale Länge der Konusform sondern auch deren seitliches Maß, die zusammen zur Reduzierung von Ablagerungen im Führungsspalt beitragen und so in engem Wirkungszusammenhang zueinander stehen.
Diese Änderungen entsprechen daher den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.
4.2 Im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ beruht Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 3. Außerdem wird durch die Aufnahme des Merkmals "wobei der Radialspalt (13) seine engste Stelle im Austrittsbereich (15) des Bauteils (10) aus der Führungsbohrung (16) aufweist und seine weiteste Stelle im Bereich der Stirnfläche (14) des Bauteils (10), an der ein größerer Druck des Druckmittels herrscht" aus der Beschreibung (Absatz 18 der Patentschrift) der Gegenstand gegenüber dem erteilten Anspruch 1 eingeschränkt, da nun die Lage der engsten und weitesten Stellen des Radialspalts sowie dessen Abmessungen an diesen Stellen definiert werden.
4.3 Aus diesen Gründen stellt die Kammer fest, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, Artikel 123 (2) EPÜ. Außerdem wird der Schutzbereich des Patents durch die Änderungen im Hilfsantrag 5 nicht erweitert, Artikel 123(3) EPÜ.
5. Neuheit
Die Neuheit wurde in der angegriffenen Entscheidung gegenüber E1 und E2 bestritten, so dass zu untersuchen ist, ob diese Dokumente alle Merkmale von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 offenbaren.
5.1 E1 offenbart unbestritten eine Kraftstoffeinspritz-komponente, mit einem entlang einer Längsachse verschiebbar angeordneten Bauteil, das in einer Führungsbohrung eines Führungsbauteils unter Bildung eines Radialspalts angeordnet ist, wobei an den zwei gegenüberliegenden Seiten der Führungsbohrung unterschiedliche Drücke eines Druckmittels, insbesondere eines Kraftstoffs, herrschen, wobei der Radialspalt in Richtung des geringeren Drucks von dem Druckmittel durchströmt ist, wobei der Radialspalt zwischen dem Bauteil und dem Führungsbauteil über die axiale Länge der Führungsbohrung unterschiedlich groß ausgebildet ist, und wobei sich der Radialspalt in Richtung des niedrigeren Drucks des Bauteils in der Führungsbohrung verringert (Figur, im Bereich des Zentrierkegels 20).
Die in E1 offenbarte Führungsbohrung "Pumpenzylinder 3" weist eine zylindrische Ausbildung auf, was bereits aus dem Begriff Pumpenzylinder hervorgeht, und was auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde. Es ist ebenfalls unbestritten, dass der Radialspalt in E1 seine weiteste Stelle im Bereich der Stirnfläche des Bauteils "Kolben 2" aufweist, an der ein größerer Druck des Druckmittels herrscht (siehe die Figur). Im Hinblick auf die konische Ausbildung des Bauteils ist dieser Kolben nach Ansicht der Kammer konisch ausgebildet, und zwar im Bereich des Zentrierkegels 20, so dass E1 unbestritten eine teilweise bzw. abschnittsweise konische Ausbildung des Bauteils offenbart (Absatz 26).
5.2 Die Kammer ist jedoch nicht davon überzeugt, dass der Radialspalt bei der aus E1 bekannten Kraftstoff-einspritzkomponente seine engste Stelle im Austrittsbereich des Bauteils aus der Führungsbohrung aufweist.
Das Wort "engsten" ist eine flektierte Form des Adjektivs "eng", und zwar der Dativ Singular der Flexion des Superlativs "am engsten". Da der Superlativ eines Adjektivs ein Ding mit mehreren Dingen oder der Gesamtheit vergleicht und die höchste Stufe bildet, folgt aus der grammatikalischen Funktion des Superlativs, dass es nur eine engste Stelle geben kann. Daher ist das Merkmal "engste Stelle" des Radialspaltes im Hilfsantrag 5 so auszulegen, dass der Radialspalt eine einzige "engste Stelle" aufweist. Diese Merkmalsauslegung wird durch den Inhalt des Streitpatents bestätigt, wo der gesamte in die Führungsbohrung 16 eindringende Teil des Bauteils 10 konisch ausgebildet ist, so dass sich der zwischen dem Bauteil und der Führungsbohrung ausbildende Radialspalt 13 eine einzige engste Stelle im Austrittsbereich 15 aufweist (Figur 2).
Im Dokument E1 erstreckt sich der Radialspalt entlang des Bauteils "Kolben 2". Neben dem konischen Zentrierkegel 20 umfasst der Kolben auch einen zylindrischen Bereich, der sich an den größten Durchmesser des Zentrierkegels anschließt. Zwischen diesem zylindrischen Bereich und der implizit ebenfalls zylindrischen Führungsbohrung "Pumpenzylinder 3" weist der Radialspalt folglich eine konstante Weite auf. Die geringste Weite des Radialspalts findet sich daher sowohl am unteren Ende des Zentrierkegels als auch am sich daran anschließenden zylindrischen Bereich des Kolbens. Daher weist der Radialspalt der E1 nicht eine einzige engste Stelle auf.
Mangels expliziter Angaben zur Spaltweite offenbart E1 zudem nicht, dass der Radialspalt an seiner engsten Stelle max. 1 mym und an seiner weitesten Stelle max. 10 mym beträgt.
5.3 Das Dokument E2 offenbart ebenfalls eine Kraftstoffeinspritzkomponente mit einem entlang seiner Längsachse verschiebbar angeordneten Kolben 6, der im Kolbenkopfbereich 7 konisch ausgebildet ist, woran sich ein implizit zylindrisch ausgebildeter Kolbenbereich 8 anschließt (Figur 2). Zwischen diesem zylindrischen Bereich und der implizit zylindrischen Führungsbohrung in Gestalt der Zylinderbohrung 4 besitzt der Radialspalt folglich eine konstante Weite. Daher weist auch der Radialspalt der E2 aus den oben genannten Gründen nicht eine einzige engste Stelle auf.
5.4 Aus diesen Gründen offenbaren E1 oder E2 keinen Radialspalt mit einer (einzigen) engsten Stelle, so dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 neu ist, Artikel 54 EPÜ.
6. Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 5
Die in den Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 aufgenommenen Merkmale stammen insbesondere aus dem erteilten Anspruch 3. In der Einspruchsbegründung wurde dieser Anspruch im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3 in Verbindung mit Absatz 26 der E1 angegriffen (Seite 3 der Einspruchsbegründung). Zu dieser Argumentationslinie bemerkt die Kammer Folgendes:
6.1 Die Neuheit von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 gegenüber E3 ist unbestritten. Das Dokument E3 offenbart eine Kraftstoffeinspritzkomponente nach dem Oberbegriff von Anspruch 1. Dabei wird ein Radialspalt zwischen dem verschiebbar angeordneten Bauteil "piston 33" und dem Führungsbauteil "valve body 32" ausgebildet (Absatz 0034).
6.1.1 E3 offenbart unstrittig nicht das Kennzeichen von Anspruch 1, da in E3 bei der Montage des Führungsbauteils dessen unteres Ende infolge einer Deformation radial nach außen aufgeweitet wird, so dass sich der Radialspalt in diesem Bereich in vertikaler Richtung von unten nach oben verjüngt (Absatz 0089; Figur 11C). Diese Deformation führt jedoch nicht zu einer konischen Ausbildung des Radialspalts, da die zugrundeliegende Biegung des unteren Endes "lower end surface of the cylindrical wall 32a" zu einer kontinuierlichen Krümmung der in Richtung des Radialspalts weisenden Innenoberfläche führt, was der Fachmann anhand seiner Kenntnisse der Mechanik / Festigkeitslehre weiß. Diese Auslegung der E3 wird durch das Dokument selbst bestätigt, da die Krümmung des unteren Endes von "valve body 32" in Figur 11C kontinuierlich dargestellt ist. Zudem wird die Innenoberfläche dieses Bereichs im Text der E3 nicht als konisch bezeichnet, obwohl E3 den Begriff "konisch" für die benachbarten, konisch dargestellten Oberflächen 62a und 62b verwendet (Figur 11B; Absatz 87: "tapering surfaces").
6.1.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 unterscheidet sich zudem von der Offenbarung der E3 zumindest darin, dass der Radialspalt seine engste Stelle im Austrittsbereich des Bauteils aus der Führungsbohrung aufweist und seine weiteste Stelle im Bereich der Stirnfläche des Bauteils, an der ein größerer Druck des Druckmittels herrscht. Ungeachtet der Frage, ob in E3 überhaupt ein Austrittsbereich des Bauteils "piston 33" aus der Führungsbohrung innerhalb des Führungsbauteils "valve body 32" offenbart wird, verlangt Anspruch 1 aus den im Absatz 5.2 dieser Entscheidung genannten Gründen, dass eine einzige engste Stelle des Radialspalts vorhanden ist. E3 offenbart jedoch lediglich eine Deformation im unteren Bereich des Führungsbauteils, und damit einen sich nur dort verjüngenden Radialspalt (Absatz 0086: "occurs the deformation in the cylindrical wall 32a of the valve body 32 in proximity to a lower end thereof"). Der übrige Bereich des Führungsbauteils "valve body 32" behält trotz der Deformation im unteren Bereich seine zylindrische Form, so dass der sich dort einstellende Radialspalt eine konstante Weite aufweist. Die geringste Weite des Radialspalts findet sich daher sowohl am oberen Ende des deformierten Bereichs in Figur 11C als auch am sich daran nach oben anschließenden zylindrischen Bereich des Radialspalts. Daher weist der Radialspalt der E3 nicht eine einzige engste Stelle auf.
6.2 Laut dem Streitpatent werden durch die konische Ausgestaltung Ablagerungen im Führungsbereich eines bewegten Bauteils reduziert, die sich dort ausbilden, wo der Führungsspalt am engsten ist (Patentschrift, Absätze 6 und 9). Den im Kennzeichen von Anspruch 1 aufgeführten Unterscheidungsmerkmalen liegt folglich die objektive technische Aufgabe zugrunde, Ablagerungen im Führungsspalt zu reduzieren.
6.3 Aus den in den Abschnitten 5.2 und 5.3 dieser Entscheidung genannten Gründen ist die Kammer zur Auffassung gelangt, dass auch keines der Dokumente E1 oder E2 einen konischen Radialspalt mit einer (einzigen) engsten Stelle offenbart. Folglich würde weder eine Kombination der E3 mit E1 noch mit D2 zur beanspruchten Kraftstoffeinspritzkomponente führen. Auch hat die Kammer keinen Grund anzunehmen, dass das Vorsehen eines konischen Radialspalts mit einer einzigen engsten Stelle zur Reduzierung von Ablagerungen im Führungsspalt eine dem Fachmann aus seinem Fachwissen heraus geläufige Maßnahme ist.
6.4 Aus diesen Gründen wird der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 ausgehend von E3 nicht nahegelegt, Artikel 56 EPÜ.
7. Die Kammer schließt aus den obengenannten Gründen, dass der Hilfsantrag 5 die Erfordernisse des Artikels 123(2) und 123(3) EPÜ erfüllt. Außerdem ist der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 neu gegenüber E1 und E2, Artikel 54 EPÜ, und beruht ausgehend vom herangezogenen Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ. Zudem ist die Beschreibung auf zulässige Weise an diesen Anspruchssatz angepasst worden.
Unter Berücksichtigung der nach dem Hilfsantrag 5 vorgenommenen Änderungen stellt die Kammer fest, dass das Patent die Erfordernisse des EPÜ erfüllt, und somit nach Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Fassung aufrechterhalten werden kann.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche:
Nr. 1 bis 6 des Hilfsantrags 5 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,
Beschreibung:
Seiten 2 und 3 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,
Seite 4 der Patentschrift,
Zeichnungen:
Figuren 1 bis 3 der Patentschrift.