T 2164/16 () of 30.1.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T216416.20200130
Datum der Entscheidung: 30 Januar 2020
Aktenzeichen: T 2164/16
Anmeldenummer: 09007167.1
IPC-Klasse: E06B7/23
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Tor
Name des Anmelders: Hörmann KG Brockhagen
Name des Einsprechenden: Bothe-Hild GmbH
Alpha Deuren International BV
BGG S.r.l
Assa Abloy Entrance Systems AB
Novoferm GmbH
Belu Verwaltungsgesellschaft mbH
Günther Tore Systems GmbH
KRISPOL Spolka z o.o.
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a) (2007)
European Patent Convention Art 54 (2007)
European Patent Convention Art 56 (2007)
European Patent Convention Art 100(b) (2007)
European Patent Convention Art 100(c) (2007)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13 (2007)
RPBA2020 Art 013(1) (2020)
RPBA2020 Art 025 (2020)
European Patent Convention R 80 (2007)
European Patent Convention R 115(2) (2007)
RPBA2020 Art 015(3) (2020)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung (nein)
Einspruchsgründe - unzulässige Erweiterung (nein)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 1. August 2016 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung wurde festgestellt, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem damals geltenden Hauptantrag das europäische Patent Nr. 2 103 771 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.

II. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung haben die Einsprechenden 2, 4 und 5 form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Am 30. Januar 2020 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Die Verfahrensbeteiligten (Einsprechende 1, 3, 6-8) haben im Verfahren keine Stellungnahme abgegeben und hatten jeweils mit Schreiben vom 23. August 2019 (Einsprechende 1), 17. Juni 2019 (Einsprechende 3), 14. August 2019 (Einsprechende 6), 29. Mai 2019 (Einsprechende 7) und 18. Juni 2019 (Einsprechende 8) angekündigt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen würden. Gemäß Regel 115 (2) EPÜ und Artikel 15 (3) VOBK 2020 wurde das Verfahren in Abwesenheit der genannten Verfahrensbeteiligten fortgesetzt.

Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents in vollem Umfang.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des Hauptantrags, eingereicht mit Schreiben vom 12. Dezember 2017, hilfsweise auf der Basis eines der Hilfsanträge 1 oder 2, ebenfalls eingereicht mit Schreiben vom 12. Dezember 2017, weiter hilfsweise auf der Basis des Hilfsantrags 3, eingereicht mit Schreiben vom 15. November 2019.

IV. Für die vorliegende Entscheidung haben die folgenden Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:

E0: EP-A-1 580 393 (Stammanmeldung);

E2a-E2l: Anlagenkonvolut Vorbenutzung Hüve:

E2a: Seiten 1-7 und Bild 1-10 (beschriftet mit D19);

E2c: Bilder des Tores;

E2e: Versicherung an Eides Statt, Manfred Löhr;

E2f: Telefax Fa. Kaldunski + Löhr an Fa. Kremer vom 12. Januar 1993;

E2g: Schreiben Fa Kaldunski + Löhr an Herrn Witzbitzki vom 8. März 1993;

E2h: Telefax Fa Kaldunski + Löhr and Fa Kremer, Herr Witzbitzki vom 25. Februar 1993;

E2i: Arbeitsbescheinigung Inbetriebnahme des Tor-Systems vom 26. März 1993;

E2j: Schreiben der Fa. Kremer vom 23. November 2016

E2k: Übersetzung von Begriffen aus dem Holländischen;

E2l: Wartungsvertrag Tor Fa. Hüve mit Rechnung vom 16. November 1999;

E3a-E3b: Anlagenkonvolut Vorbenutzung Wrangel;

E8: EP-A-1 375 798;

E24a-e: Anlagenkonvolut Vorbenutzung Siebau:

E24a: "Sektionaltore" Produktinformation;

E24b: Bild 1- 7;

E24c: Rechnung Roth vom 23. Januar 2004;

E24e: Liste weiterer verbauter Tore gemäß Vorbenutzung Siebau;

E54: DE 9311418U;

Niederschrift über die Einvernahme von Zeuge M. Löhr am 16. März 2016 ("Zeugenaussage M. Löhr");

Niederschrift über die Einvernahme von Zeuge D. Löhr am 16. März 2016 ("Zeugenaussage D. Löhr").

V. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"M1: Tor mit einem zwischen einer Schließstellung und einer Öffnungsstellung bewegbaren und

M2: eine Mehrzahl von bzgl. parallel zueinander verlaufenden Kippachsen (20) gegeneinander verkippbaren Torblattelementen (12,14) aufweisenden Torblatt (10),

M3: einer in dem Torblatt (10) integrierten Tür

M4: mit einem um eine etwa senkrecht zu den Kippachsen (20) verlaufende Schwenkachse bzgl. in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelementen (12,14) verschwenkbaren, in seiner Schließstellung in einer Ausnehmung des Torblattes (10) aufgenommenen und in der Schließstellung vorzugsweise etwa in der Torblattebene angeordneten Türblatt (100) und

M5: einer einer Verformung des Torblattes (10) entgegenwirkenden Stabilisierungsanordnung (50, 90) sowie

M6: zur Führung der Torblattbewegung zwischen der Schließstellung und der Öffnungsstellung dienenden Führungsschienen

M6.1: mit einem etwa geradlinig und etwa parallel zum Torblattrand in der Schließstellung verlaufenden vertikalen Abschnitt,

M6.2: einem weiteren etwa geradlinig und etwa parallel zum seitlichen Torblattrand in der Öffnungsstellung verlaufenden horizontalen Abschnitt und

M6.3: einem die beiden geradlinigen Abschnitte miteinander verbindenden bogenförmigen Abschnitt,

dadurch gekennzeichnet, dass

M7: die Stabilisierungsanordnung (90)

M7.1: ein in der Schließstellung des Torblatts (10) den unteren Rand der Ausnehmung bildendes und

M7.2: an in der Schließstellung unteren Rändern der der Ausnehmung in Richtung der Kippachsen (20) benachbarten Torblattelemente (12) befestigtes

M7.3: Schwellenelement (50) aufweist,

M8: dessen Höhe in Richtung der Schwenkachse zumindest im Bereich seiner vorzugsweise etwa parallel zu den Kippachsen (20) verlaufenden Ränder (52) weniger als 20 mm, vorzugsweise weniger als 10 mm, besonders bevorzugt weniger als 8 mm, insbesondere 5 mm oder weniger, beträgt,

M9: wobei die Breite des Schwellenelements (50) in einer senkrecht zur Torblattebene in der Schließstellung verlaufenden Richtung mehr als 250 % der Torblattdicke, insbesondere 300 % der Torblattdicke oder mehr, beträgt,

M10: sich das Schwellenelement (50) über die gesamte Torblattdicke erstreckt und eine Breite von 100 mm oder mehr aufweist,

M11: ein einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente (12) und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigtes Befestigungselement (40) vorgesehen ist

M12: und das Befestigungselement (40) einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden, unten offenen Einbuchtung (12a) im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommenen Vorsprung (42) aufweist."

Die Merkmalsbezeichnungen (Merkmal M1-M12) wurden von der Kammer eingefügt.

VI. Die Hilfsanträge spielen für die vorliegende Entscheidung keine Rolle.

VII. Zur Stützung ihres Antrags haben die Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

a) Unzulässige Erweiterung - Anspruch 1

Die Führung der Torblattbewegung mit einem zwei geradlinige Abschnitte verbindenden bogenförmigen Abschnitt gemäß den Merkmalen M6, M6.1-M6.3 sei zwar in Paragraf [0035] der ursprünglichen Anmeldung (E0) offenbart, jedoch nur in Zusammenhang mit einer das Auftreffen des vorlaufenden Torblattrandes auf Gegenstände oder Personen zuverlässig verhindernden Einrichtung. Diese Einrichtung sei ein wesentlicher Teil des ursprünglich offenbarten Tores, dessen Weglassen im Gegenstand des Anspruchs 1 zu einer nicht gewährbaren Zwischenverallgemeinerung führe.

b) Beschreibung - Unzulässige Erweiterung der Offenbarung und des beanspruchten Gegenstands; Verletzung der Erfordernisse der Regel 80 EPÜ

Paragraf [0063] der ursprünglichen Anmeldung, entsprechend Paragraf [0068] der Patentschrift, offenbare, dass das Schwellenelement auch andere Abmessungen als im Anspruch definiert aufweisen könne. Die Streichung des entsprechenden Paragrafen im nun vorliegenden Hauptantrag verändere die Anspruchsinterpretation und führe zu einer nicht gewährbaren Erweiterung der Offenbarung und des beanspruchten Gegenstands. Im übrigen sei die Streichung auch nicht durch einen Einspruchsgrund veranlasst und somit gemäß Regel 80 EPÜ nicht zulässig.

c) Mangelnde Ausführbarkeit

Die Definition des Schwellenelementes enthalte mehrere nach oben offene Wertebereiche, so dass der Fachmann nicht wisse, welche spezifischen Dimensionen bzw. welches Material für die Umsetzung der Erfindung zu verwenden seien. Insbesondere umfasse der Anspruch auch Material mit geringer Zugfestigkeit, für dessen Verwendung im beanspruchten Tor die in Paragraf [0017] und [0018] der Patentschrift genannten Beispielwerte keine brauchbaren Informationen darstellten. Der Gegenstand des Anspruchs sei somit zumindest in Teilbereichen nicht so offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne.

d) Mangelnde Neuheit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 werde weiterhin als nicht neu über die Offenbarung der Vorbenutzung Wrangel angesehen. Diesbezüglich werde auf Punkt E der Beschwerdebegründung der Einsprechenden 4 vom 7. Dezember 2016 verwiesen.

e) Zulassung der E54 in das Verfahren

E54 sei eine Patentschrift der Patentinhaberin und zeige einen präzise in eine offene Einbuchtung im unteren Rand eines Torblattelementes eingepassten Vorsprung. Das Dokument sei somit prima facie relevant zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit und hätte als Dokument der Patentinhaberin von dieser bereits im Erteilungsverfahren vorgelegt werden müssen. Es sei daher auch im Einspruchsbeschwerdeverfahren zu berücksichtigen.

f) Mangelnde erfinderische Tätigkeit

Der beanspruchte Gegenstand beruhe aus mehreren Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Vorbenutzung Wrangel

Die Vorbenutzung Wrangel offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1 außer M9, M10 (Breite des Schwellenelements) und M11, M12 (Befestigungselement mit Vorsprung). Diese hätten keine synergistische Wirkung und beträfen zwei getrennte Teilaufgaben.

Die erste Merkmalsgruppe (M9, M10) löse das Problem, auch bei einer größeren Ausbildung des Tores die für die Bereitstellung einer Fluchttüre oder zumindest zur Reduktion der Stolpergefahr gewünschte niedrige Schwelle bei ausreichender Stabilität beibehalten zu können. Dies sei nichts weiter als ein Dimensionierungsproblem, wobei dem Fachmann bekannt sei, dass für eine größere Stabilität lediglich das Flächenträgheitsmoment erhöht, d.h. das Schwellenelement entsprechend verbreitert werden müsse.

Hinsichtlich des Befestigungselements (Merkmale M11, M12) sei zu beachten, dass dem Merkmal M12 ohne jegliche Beschränkung hinsichtlich Geometrie, Material oder Formgebung gar keine technische Wirkung und insbesondere keine Stabilisierungswirkung zugeschrieben werden könne. Der beanspruchte Vorsprung könne beliebig klein und diskontinuierlich ausgebildet sein. Ein solcher, lediglich sehr kleiner Vorsprung habe keinerlei technischen Effekt. Das Merkmal M12 sei somit bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.

Das Befestigungselement gemäß Merkmal M11 allein vereinfache lediglich im Sinne eines Adapters bzw. Interfaces die Montage des Schwellenelements. Die Verwendung eines Adapters oder Interfaces sei dem Fachmann zur Vereinfachung der Montage aus dem Fachwissen bekannt. Selbst wenn das Merkmal M12 bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eine Rolle spielen sollte, so entnähme der Fachmann der Vorbenutzung Siebau in naheliegender Weise eine derartige Befestigung.

Der von der Patentinhaberin angeführte Effekt einer Stabilisierung durch den Verbund aus Befestigungselement und Schwellenelement hinsichtlich der bei der Betätigung des Tores sonst auftretenden seitlichen Aufspreizung sei nicht überzeugend. Diese Aufspreizung werde allein durch das in allen Vorbenutzungen und in E8 vorgesehene Schwellenelement verhindert. Ein derartiger Verbund aus Befestigungselement und Schwellenelement sei überdies bei den Vorbenutzungen Siebau und Hüve bereits verwirklicht.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher ausgehend von der Vorbenutzung Wrangel unter Berücksichtigung des fachmännischen Wissens bzw. der Vorbenutzung Siebau nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Vorbenutzung Hüve

Zum gleichen Ergebnis gelange man auch ausgehend von der Vorbenutzung Hüve, und zwar unabhängig davon, ob man von der als eigene Vorbenutzung anzusehenden Erörterung des geplanten Umbaus ausgehe - im Folgenden als Hüve 1 bezeichnet, siehe E2a, Seite 3 -, oder von dem tatsächlichen Umbau - im Folgenden als Hüve 2 bezeichnet, s. E2a, Seite 6 und Zeugenaussage M. Löhr, Seite 85d.

Zwar handle es sich bei den Vorbenutzungen Hüve 1 und 2 jeweils um ein vertikal verfahrendes Tor, so dass die Merkmalsgruppe M6.1 - M6.3nicht verwirklicht sei. Dem Fachmann sei jedoch bekannt, dass derartige Sektionaltore abhängig von der Situation vor Ort horizontal oder vertikal verfahrend eingebaut würden. Insbesondere erfordere auch ein horizontal verfahrendes Tor keine besonderen Maßnahmen gegen das Durchhängen des Torblattes in einer senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Richtung. Denn wegen der relativ zum Gewicht des Torblattes deutlich größeren aufzunehmenden Windlast müsse sowieso eine ausreichende Stabilität in dieser Richtung vorgesehen sein.

Abgesehen von der für den Fachmann naheliegenden alternativen Einbausituation (Merkmalsgruppe M6.1 - M6.3) unterscheide sich die Vorbenutzung Hüve 1 vom Anspruchsgegenstand lediglich durch die Merkmale M9 und M10, da die dort vorgesehene Befestigungsschraube zum Befestigungselement "Untenholm" gehöre und somit einen Vorsprung gemäß Merkmal M12 darstelle. Dabei sei zu beachten, dass das Patent selbst, vgl. Absatz [0058], den Begriff "Element" im Zusammenhang mit den Torblattelementen auch für mehrstückige Bauteile verwende. Die Merkmale M9 und M10 lösten dann, wie schon in Zusammenhang mit der Vorbenutzung Wrangel diskutiert, das Problem, die für eine Fluchttüre oder zur Reduktion der Stolpergefahr gewünschte niedrige Schlupftürschwelle bei ausreichender Gesamtstabilität auch für ein breiteres Tor zu erreichen. Zu diesem Zwecke das Schwellenelement zu verbreitern, d. h. dessen Flächenträgheitsmoment zu erhöhen, sei wiederum nichts als eine naheliegende Anpassung an die Torgröße.

Bei der Vorbenutzung Hüve 2 seien dagegen die Merkmale M9 und M10 verwirklicht, so dass sich Anspruch 1 abgesehen von der alternativen Einbausituation (s.o.) nur durch Merkmal M12 unterscheide. Damit erfülle die Schlupftür alle Voraussetzungen einer Fluchttür bzw. einer Türe mit reduziertem Stolperrisiko und sei zudem ausreichend stabil, so dass alle in der Patentschrift in Paragraf [0008] genannten Aufgaben bereits gelöst seien. Das Merkmal M12 könne - wie schon bei der Vorbenutzung Wrangel erläutert - keine technische Wirkung entfalten. Zudem sei es für den Fachmann naheliegend, zur Befestigung des Flacheisens statt der Blindnieten eine in der üblicherweise im Torblattelement vorgesehenen Längsnut aufgenommene Schraube wie bei der Vorbenutzung Hüve 1 zu verwenden. Auf diese Weise ergebe sich der beanspruchte Gegenstand für den Fachmann als eine im Rahmen des Fachwissens liegende Alternative. Außerdem sei die Befestigung des den unteren Torabschluss bildenden Elements an das unterste Torblatt mittels eines in einer Längsnut aufgenommenen Vorsprungs wiederum bereits aus der Vorbenutzung Siebau bekannt.

Vorbenutzung Siebau

Auch ausgehend von der Vorbenutzung Siebau könne keine erfinderische Tätigkeit zuerkannt werden. Die dort offenbarte Schwelle sei an den Rändern weniger als 20 mm hoch und reduziere so bereits die Stolpergefahr. Sie sei außerdem ausreichend stabil, so dass die von der Patentinhaberin formulierte Aufgabe gelöst sei. Die im Patent genannte, zu lösende Aufgabe müsse somit dahingehend weniger ehrgeizig formuliert werden, die Schwelle alternativ auszugestalten. Dabei stelle die Schwellenbreite und deren mehrstückiger Aufbau lediglich eine fachübliche Variation dar.

Selbst wenn man die Aufgabe des Patents nur durch eine in der Gesamthöhe abgesenkte Schwelle mit einer Gesamthöhe kleiner 20 mm als gelöst ansehen würde, so würde der Fachmann einen Umbau wie bei Wrangel oder Hüve 1 und 2 durchführen, bei Wrangel und Hüve 1 jeweils mit einer zusätzlich an die Torgröße angepassten Dimensionierung der Schwellenelement-Breite. Insbesondere würde der Fachmann dabei die bei Siebau verwirklichte Befestigung an das unterste Torblattelement beibehalten, so dass sich auch die Merkmale M11 und M12 in naheliegender Weise ergäben.

E8

Dokument E8 offenbare ebenfalls ein mit einem Vorsprung in ein unteres Torblattelement aufgenommenes Schwellenelement, so dass auch ausgehend von diesem Dokument - aus den gleichen Gründen wie für Siebau vorgetragen - die Erfindung als naheliegend angesehen werden müsse.

VIII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

a) Ursprüngliche Offenbarung - Anspruch 1

Gemäß Paragraf [0002] der ursprünglichen Anmeldung beschäftige sich die Erfindung mit Toren, bei denen das Torblatt in der Schließstellung etwa in einer Vertikalebene und in der Öffnungsstellung über Kopf etwa in einer Horizontalebene angeordnet sei. In Paragraf [0007] würden typische Probleme derartiger Tore genannt, die die Erfindung, wie in Paragraf [0008] angegeben, beheben möchte. Es sei für den Fachmann somit offenbart, dass das erfindungsgemäße Tor eine Schienenanordnung gemäß den Merkmalen M6.1-M6.3 aufweise. Selbiges entnehme der Fachmann auch Paragraf [0035], in dem von einem bogenförmigen Abschnitt einer vorgegebenen Bahn zwischen einem vertikalen Führungsschienenabschnitt und einem horizontalen Führungsschienenabschnitt die Rede ist. Zwar werde im folgenden Satz auch eine Sicherungseinrichtung beschrieben, welche im Bereich des bogenförmigen Abschnitts das Auftreffen des bei der Schließbewegung vorlaufenden Torblattrandes auf Gegenstände oder Personen zuverlässig verhindert, dies jedoch nur "im besonderen bei Garagentoren mit einer Gesamthöhe von 2,50 m". Im übrigen stelle die Sicherungsvorrichtung einen eigenen, im ursprünglichen unabhängigen Anspruch 27 verfolgten, erfinderischen Aspekt dar. Eine Definition des Tores gemäß den Merkmalen M6, M6.1-M6.3 ohne Sicherungsvorrichtung stelle somit keine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung dar.

b) Beschreibung - keine unzulässige Erweiterung der Offenbarung oder des beanspruchten Gegenstands; keine Unvereinbarkeit mit den Erfordernissen der Regel 80 EPÜ

In Absatz [0063] wie eingereicht, der Absatz [0068] der Patentschrift entspreche, seien mögliche Modifikationen der Erfindung offenbart gewesen. Die Streichung des entsprechenden Absatzes in der Beschreibung des vorliegenden Hauptantrags führe somit zu einer Beschränkung, sowohl der Offenbarung, als auch des beanspruchten Gegenstands, und sei daher sowohl im Hinblick auf Artikel 123 (2), als auch im Hinblick auf Artikel 123 (3) EPÜ unbedenklich.

Die Streichung des Absatzes sei zudem aus Klarheitsgründen notwendig geworden, da sonst durch Aufnahme des Merkmals M10 (Breite des Schwellenelementes von 100 mm oder mehr) ein Widerspruch zwischen beanspruchtem Gegenstand und Beschreibung aufgetreten wäre. Da die Aufnahme des Merkmals M10 selbst durch den Einspruchsgrund einer angeblich fehlenden Neuheit veranlasst worden sei, gelte dies auch für die damit in Zusammenhang stehende Änderung der Beschreibung. Die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ seien somit erfüllt.

c) Ausführbarkeit

Zur Beurteilung der Ausführbarkeit einer Erfindung sei das Patent als Ganzes heranzuziehen. Die Patentschrift offenbare sowohl ein durch konkrete Zeichnungen illustriertes Ausführungsbeispiel, als auch Angaben zur Dimensionierung der Bauteile und zum zu verwendenden Material. Unsinnige Ausführungsformen, wie z. B. die Herstellung des beanspruchten Tores aus Tetrapack, schließe der Fachmann aus. Die Erfindung sei daher so deutlich und vollständig offenbart dass ein Fachmann sie ausführen könne.

d) Neuheit

Das in der Vorbenutzung Wrangel als Schwellenelement eingesetzte Flacheisen weise eine Breite von 40 mm auf. Merkmal M10 verlange dagegen eine Breite des Schwellenelementes von 100 mm oder mehr. Bereits aus diesem Grund sei der beanspruchte Gegenstand neu gegenüber der Offenbarung der Vorbenutzung Wrangel.

e) Nicht-Zulassung der E54 in das Verfahren

E54 sei erst zu einem sehr späten Zeitpunkt des Einspruchsbeschwerdeverfahrens vorgelegt worden. Es sei zudem nicht relevant und deshalb von der Patentinhaberin auch im Erteilungsverfahren nicht zitiert worden. Das von den Beschwerdeführerinnen genannte, in Abbildung 4 gezeigte angebliche Befestigungselement befinde sich nämlich lediglich als Türabschluss im Bereich der Nebentüre. Insbesondere habe es keinerlei Funktion zur Befestigung eines Schwellenelementes am untersten Torblattelement. E54 offenbare somit gar kein Befestigungselement wie beansprucht, und das Dokument sei daher wegen Verspätung und fehlender Relevanz nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

f) Erfinderische Tätigkeit

Vorbenutzung Wrangel

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der Vorbenutzung Wrangel durch die Merkmale M9-M12, die zusammen mit dem Merkmal M8 gemeinsam die komplexe Aufgabe lösten, bei reduziertem Stolperrisiko an der Türschwelle eine ausreichende Stabilität zu bewahren. Der zur Reduktion des Stolperrisikos benutzte abgeflachte Rand führe zu einem Schwellenelement, das im Bereich der Tür weniger stabil sei, was durch die Merkmale M9 bis M12 in Kombination ausgeglichen werde.

Die erfinderische Lösung liege in dem aus Schwellenelement und Befestigungselementen gebildeten Verbund, welcher eine Versteifung, insbesondere eine Torsionssteife, bewirke. Der beanspruchte Vorsprung am Befestigungselement vergrößere dessen Höhe, trage somit in additiver Weise zur Stabilisierungswirkung des Verbunds aus Befestigungs- und Schwellenelement bei und wirke sowohl einem Durchhängen des Tores in der Horizontalposition als auch einem Aufspreizen des Tores durch die seitlich angebrachten Zugmittel beim Hochfahren des Tores entgegen. Dabei müsse der Vorsprung keineswegs ein einziger sich kongruent über die gesamte Torbreite in die Ausnehmung des Torblattelements einfügender Vorsprung sein, da auch durch kürzere, nicht kontinuierlich ausgebildete Vorsprünge eine Stabilisierungswirkung erreicht werde.

Selbst wenn es im Bereich des fachüblichen Handelns läge, das Flächenträgheitsmoment zur Erhöhung der Stabilität durch Verbreitern des Schwellenelements oder des Verbundes aus Schwellenelement und Befestigungselement zu vergrößern, so wäre es für den Fachmann dennoch nicht naheliegend, zusätzlich im Bereich außerhalb der Schlupftüre den Querschnitt des Befestigungselements zu erhöhen, und zwar derart, dass das zusätzliche Material platzsparend in die offene Ausbuchtung im unteren Rand der Torblattelemente untergebracht werde.

Ausgehend von der Vorbenutzung Wrangel gebe es für den Fachmann keinerlei Anlass, den im Bereich der Türe ausgeschnittenen Bodenholm in den seitlichen Bereichen des Tores in irgendeiner Weise zu verändern, insbesondere nicht im Sinne des in Merkmal M12 definierten Vorsprungs.

Vorbenutzung Hüve

Die Vorbenutzungen Hüve 1 und 2 stellten keinen geeigneten nächstliegenden Stand der Technik dar. Hier handle es sich nämlich um ein vertikal verfahrendes Tor, bei dem sich das in der Anmeldung genannte Problem des Durchhängens in der horizontalen Offenposition gar nicht stelle. Die von den Beschwerdeführerinnen genannte Aufgabe beruhe daher auf einer rückschauenden Betrachtung.

Selbst wenn man von der Vorbenutzung Hüve 1 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehen wolle, sei die Situation analog zu der bei der Vorbenutzung Wrangel. Allenfalls könne der im Bereich der Schlupftür entfernte, an den seitlichen Torbereichen jedoch noch vorhandene Untenholm als Befestigungselement angesehen werden. Dieser weise jedoch keinen Vorsprung auf. Insbesondere könne die zur Befestigung des Flacheisens am Untenholm verwendete Schraube, siehe die Skizze in E2a, Seite 3, nicht als Vorsprung des Untenholms angesehen werden, da es sich bei ihr um ein vom Untenholm separates Befestigungsmittel handle. Diesbezüglich sei zu beachten, dass der Begriff Element im Patent für einstückige, nicht zerstörungsfrei trennbare Objekte, wie z. B. die Sandwichpaneele der Torblattelemente, verwendet werde, was auf das Ensemble aus Untenholm und Befestigungsschraube nicht zutreffe. Selbst wenn man die Schraube als Teil des Befestigungselementes ansehen wolle, wäre dieses dann nicht an der oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelementes befestigt, sondern an der unteren, so dass das Merkmal M11 auch dann nicht erfüllt wäre.

Auch die Vorbenutzung Hüve 2 - ebenfalls kein geeigneter nächstliegender Stand der Technik, wie oben bereits ausgeführt - offenbare lediglich ein mit Blindnieten am letzten Torblattelement befestigtes U-förmiges Befestigungselement, siehe z.B. Seite 85d der Zeugenaussage M. Löhr, nicht jedoch einen Vorsprung gemäß Merkmal M12.

Vorbenutzung Siebau

Die Vorbenutzung Siebau zeige zwar ein Element mit einem Vorsprung, welcher in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden unten offenen Einbuchtung im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommen ist, allerdings als Teil eines einstückigen, durchgehenden unteren Abschlusselements. Die Vorbenutzung Siebau zeige somit gerade nicht den den Stabilitätsbeitrag leistenden Verbund aus Schwellenelement und Befestigungselement. Zwar sei es denkbar, das einstückig durchgehende untere Abschlusselement im Bereich der Tür flacher auszubilden, um die Stolpergefahr zu reduzieren. Dies führe jedoch nicht zu dem beanspruchten Verbund aus Befestigungs- und Schwellenelement. Selbst wenn der Fachmann auf die Idee kommen sollte, das Abschlusselement im Bereich der Tür auszuschneiden und ein Flacheisen wie bei Wrangel oder Hüve 1 darunter zu schrauben, so ergäbe sich nicht die beanspruchte Breite des Schwellenelements. Insbesondere wäre es abwegig, das Flacheisen breiter vorzusehen als das bereits stark verbreiterte Abschlusselement der Vorbenutzung Siebau. Bezüglich einer Kombination mit der Vorbenutzung Hüve 2 sei zu berücksichtigen, dass dort explizit gelehrt werde, erst den unteren Abschluss des Tores zu entfernen und dann ein U-Profil auf das verbliebene untere Torblattelement aufzusetzen. Diese Befestigungsart, die in funktionellem Zusammenhang mit der zu stabilisierenden breiten Schwelle gemäß der Vorbenutzung Hüve 2 stehe, würde der Fachmann daher auch vorsehen, wenn er tatsächlich die Lehre der Vorbenutzung Hüve 2 bei der Vorbenutzung Siebau implementieren wollte. Umgekehrt führe eine Implementierung der Lehre der Vorbenutzung Siebau bei einer der anderen Vorbenutzungen zu einem einstückigen unteren Abschlusselement des Tores und nicht zum beanspruchten Verbund aus einem Befestigungselement und einem Schwellenelement. Willkürliche Kombinationen von Teilen der in den Vorbenutzungen realisierten Lösungen, die angeblich unter den Anspruchsgegenstand fallen, beruhten dagegen auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.

E8

Bezüglich der ebenfalls als nächstliegender Stand der Technik verwendeten Entgegenhaltung E8 sei völlig unklar, wie das dortige, den unteren Abschluss des Tores bildende Element ausgebildet sei. Der Abbildung 7 sei insbesondere nicht zu entnehmen, ob überhaupt ein Befestigungselement vorgesehen sei, ob dieses einen Vorsprung aufweise und welche Dimensionen das möglicherweise lediglich eine Dichtung bildende Objekt aufweise. Die Offenbarung sei in jedem Fall weniger relevant als die bereits diskutierten Vorbenutzungen, von denen ausgehend der beanspruchte Gegenstand bereits als nicht naheliegend anzusehen sei.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Ursprüngliche Offenbarung - Anspruch 1

Absatz [0035] der E0 offenbart, dass das Torblatt und damit auch der bei der Schließbewegung vorlaufende Rand des Torblattes einen bogenförmigen Abschnitt einer vorgegebenen Bahn zwischen einem vertikalen Führungsschienenabschnitt und einem horizontalen Führungsschienenabschnitt durchläuft. Es handelt sich also um ein Tor mit einer der in Paragraph [0002] der E0 beschriebenen Schienenanordnungen, welches - wie in Paragraph [0008] der E0 ausgeführt - durch die Erfindung weiter verbessert werden soll. Es ist für den Fachmann somit unmittelbar und eindeutig offenbart, dass das erfindungsgemäße Tor eine Schienenanordnung gemäß den Merkmalen M6, M6.1-M6.3 aufweist.

Die Beschwerdeführerinnen machen jedoch geltend, dass die Offenbarung der Schienenanordnung in Paragraph [0035] nur in Zusammenhang mit einer Sender- und Anschlaganordnung gegeben sei. Ohne diese Sender- und Anschlaganordnung liege eine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung vor.

Die entsprechende Offenbarung der Sicherungseinrichtung in Paragraph [0035] der E0 bezieht sich allerdings "im besonderen" auf Garagentore mit einer Gesamthöhe von 2,50 m. Da Anspruch 1 nicht auf Garagentore dieser Gesamthöhe eingeschränkt ist, ist das Vorsehen der im Folgenden beschriebenen Sende- und Anschlagsanordnung für Garagentore im allgemeinen nicht zwingend. Im Übrigen stellen die Sicherungseinrichtung und die Schienenanordnung eigenständige funktionelle Einheiten dar, die unabhängig voneinander weitergebildet und beansprucht werden können. Entsprechend verfolgte die Patentinhaberin die Sicherungsanordnung in E0 ursprünglich auch als eigenen Aspekt der Erfindung (vgl. Paragraph [0001] und der unabhängige Anspruch 27 der E0). Auch kann der Bedienungssicherheit ohne eine Sende- und Anschlagsanordnung, z.B. durch eine Totmann-Funktion, Rechnung getragen werden (vgl. Zeugenaussage D. Löhr, Seite 7). Umgekehrt kann die Schienenanordnung von einem ins Horizontale verfahrenden Tor zu einem vertikal verfahrenden Tor verändert werden, ohne dass dies eine Änderung der Sende- und Anschlagsanordnung bedingen muss.

Es liegt daher keine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung vor.

2. Beschreibung - Keine unzulässige Erweiterung der Offenbarung oder des beanspruchten Gegenstands; Regel 80 EPÜ

In Absatz [0063] der E0, der Absatz [0068] der Patentschrift entspricht, wird auf weitere Ausführungsformen der Erfindung verwiesen. Insbesondere kann demnach das Schwellenelement auch andere Abmessungen aufweisen, solange eine ausreichende Biegesteifigkeit bezüglich senkrecht zur Torblattebene verlaufenden Biegungen erreicht wird. Diese Aussage steht im Widerspruch zu Merkmal M10, das im Einspruchsverfahren zur Behebung des Einspruchsgrundes einer fehlenden Neuheit in Anspruch 1 aufgenommen wurde und wonach die Breite des Schwellenelements mehr als 100 mm beträgt. Die Streichung des entsprechenden Absatzes der Beschreibung in der Patentschrift ist durch diese Änderung des Anspruchs veranlasst, die wiederum durch einen Einspruchsgrund veranlasst war, so dass die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ erfüllt sind.

Die Streichung eines die Lehre des Patents und das Verständnis des definierten Anspruchsgegenstands erweiternden Absatzes führt zu einer Beschränkung des offenbarten und des beanspruchten Gegenstands. Dies ist sowohl unter Artikel 123 (2) EPÜ als auch Artikel 123 (3) EPÜ unbedenklich.

3. Ausführbarkeit

Zur Beurteilung der Ausführbarkeit einer Erfindung ist das Patent als Ganzes heranzuziehen.

Die Patentschrift nennt sowohl geeignete Materialien (Paragraph [0022]), als auch geeignete Dimensionierungen für das beanspruchte Tor (vgl. z.B. die Paragraphen [0050]-[0055]). Sie enthält außerdem in den Figuren 2-4 detaillierte Darstellungen von Schwellenelement und Befestigungselement.

Unsinnige Ausführungsformen, wie z. B. die Herstellung des beanspruchten Tores aus dem bekannten Getränkekarton "Tetra Pak" (Seite 5, Punkt 3 des Schreibens vom 30. Dezember 2019), werden vom Fachmann nicht in Betracht gezogen und können die Ausführbarkeit nicht in Frage stellen.

Die Erfindung ist somit so deutlich und vollständig offenbart dass ein Fachmann sie ausführen kann.

4. Neuheit

Die Breite des Schwellenelements der Vorbenutzung Wrangel beträgt lediglich 40 mm, und damit weniger als die im Anspruch definiert Breite von 100 mm oder mehr. Dies war in der mündlichen Verhandlung unstreitig. Bereits aus diesem Grund ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber der Offenbarung der Vorbenutzung Wrangel.

5. E54 - keine Zulassung in das Verfahren

Die Abbildung 4 der E54 zeigt einen Schnitt im Bereich der Nebentüre. Das dort gezeigte Element 25 ist daher kein Befestigungselement gemäß den Merkmalen M11 und M12 und es muss auch kein Schwellenelement im Sinne der Merkmale M8-M10 tragen. Im Bereich der der Nebentüre benachbarten Torblattelemente ist vielmehr lediglich eine Bodendichtung 6 vorgesehen (vgl. die Schnittdarstellung in Abbildung 2 der E54). Das Dokument E54 ist somit nicht prima facie relevant, und die Kammer übt das ihr gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2020 und Artikel 13 VOBK 2007 in Verbindung mit Artikel 25 VOBK 2020 zukommende Ermessen dahingehend aus, das Dokument nicht in das Einspruchsbeschwerdeverfahren zuzulassen.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1 Vorbenutzung Wrangel

6.1.1 Bei der Vorbenutzung Wrangel wurde ein sich über die gesamte Torbreite erstreckendes Flacheisen als Schwellenelement vorgesehen, welches seitlich der Tür an einem die Torblattelemente abschließenden (Unten-) Holm befestigt ist. Dieses Flacheisen hat eine Höhe von weniger als 20 mm, so dass das Merkmal M8 erfüllt ist, weist aber eine Breite von lediglich 40 mm auf, die geringer ist als die im Merkmal M10 geforderte Breite von 100 mm und mehr.

Der seitlich der Tür zwischen Schwellenelement (Flacheisen) und unterstem Torblattelement verbliebene (Unten-) Holm stellt ein "einerseits am unteren Rand eines der Torblattelemente und andererseits an einer oberen Begrenzungsfläche des Schwellenelements befestigtes Befestigungselement" (Merkmal M11) dar. Dieses Befestigungselement weist jedoch nicht "einen in einer sich parallel zu den Kippsachsen erstreckenden, unten offenen Einbuchtung im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommenen Vorsprung" (Merkmal M12) auf.

6.1.2 Zwar ist der beanspruchte Vorsprung gemäß Merkmal M12, wie von den Beschwerdeführerinnen vorgetragen und von der Beschwerdegegnerin bestätigt, nicht zwingend einteilig und von einer bestimmten Größe.

Jedoch ist die von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagene Interpretation des Begriffs "Vorsprung", wonach auch eine einzige infinitesimale Ausbildung unter den Begriff fiele, im vorliegenden Fall mit dem fachmännischen Verständnis nicht vereinbar.

Dem Fachmann ist bekannt, dass das Vorhandensein auch eines kleinen Vorsprungs zwingend zu einer Erhöhung des Flächenträgheitsmoments und damit zur Erhöhung der Stabilität führt und somit einen technischen Effekt hat.

Folglich hat das Merkmal M12, anders als von den Beschwerdeführerinnen vorgetragen, eine technische Wirkung (nämlich eine zusätzliche Erhöhung der Stabilität), löst daher eine technische Aufgabe und muss bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden.

6.1.3 Zusammen mit dem Merkmal M8, das eine maximale Höhe der Ränder des Schwellenelements vorschreibt, lösen die Merkmale M9 bis M12 die technische Aufgabe, bei reduziertem Stolperrisiko an der Türschwelle eine ausreichende Stabilität zu bewahren. Dabei tragen das Vorsehen eines breiteren Schwellenelements (Merkmale M9 und M10) und eines Befestigungselements mit einem Vorsprung, der in die Einbuchtung des unteren Rads des Torblattelements aufgenommen wird (Merkmale M11 und M12), gemeinsam dazu bei, die gewünschte ausreichende Steifigkeit sicherzustellen.

Selbst wenn es - wie von den Beschwerdeführerinnen in Bezug auf die Merkmale M9 und M10 vorgetragen - für den Fachmann naheliegend wäre, um die Steifigkeit bzw. Stabilität eines Objekts zu erhöhen, dessen Querschnitt zu vergrößern, so hätte der Fachmann keine Veranlassung, diese Vergrößerung des Querschnittes gerade als einen in die offene Ausbuchtung im unteren Rand der Torblattelemente ragenden Vorsprung auszubilden. Er hätte z.B. die Schwelle noch breiter gestalten oder andere bauliche Maßnahmen am Befestigungselement vorsehen können.

6.1.4 Auch aus dem weiteren Stand der Technik ergibt sich kein Hinweis für den Fachmann, zur Erhöhung der Stabilität zusätzlich einen Vorsprung gemäß Merkmal M12 am Befestigungselement vorzusehen. Zwar weist die Vorbenutzung Siebau ein unteres Abschlusselement mit einem Vorsprung auf, der sich wie in Merkmal M12 definiert in eine Ausbuchtung am unteren Rand des untersten Torblattelements erstreckt. Es handelt sich jedoch weder um einen Vorsprung an einem Befestigungselement gemäß Merkmal M11, noch ist offenbart welchen technischen Effekt dieser Vorsprung hat und zur Lösung welcher technischen Aufgabenstellung er dient. Der Fachmann hätte daher keine Veranlassung den Vorsprung am unteren Abschlusselement der Vorbenutzung Siebau zur Lösung der gestellten Aufgabe auf ein zwischengeschaltetes Befestigungselement der Vorbenutzung Wrangel zu übertragen. Allenfalls würde er das gesamte, recht stabil anmutende untere Abschlusselement der Vorbenutzung Siebau verwenden, was jedoch nicht zu der beanspruchten Kombination aus Befestigungs- und Schwellenelement führte.

Gleiches gilt für die Lehre der Entgegenhaltung E8, wobei der dortigen Abbildung 7 nicht einmal das Vorhandensein eines Vorsprungs gemäß Merkmal M12 eindeutig und unmittelbar entnommen werden kann.

6.1.5 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher ausgehend von der Vorbenutzung Wrangel auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6.2 Vorbenutzung Hüve 1

Die Argumentation ist in weiten Strecken ähnlich der zur Vorbenutzung Wrangel. Auch hier sind die Merkmale M9 und M10, sowie M12 nicht erfüllt. Insbesondere kann die in der Vorbenutzung Hüve 1 (vgl. E2a, Seite 3) verwendete Schraube, welche das Flacheisen (Schwellenelement) am Befestigungselement (Untenholm) befestigt, nicht als Teil des Befestigungselements angesehen werden. Dies widerspräche sowohl der üblichen Verwendung des Begriffs "Element", als auch der im Patent selbst gewählten Diktion. Zwar bestehen die dort erwähnten Torblattelemente in Sandwich-Bauweise aus mehreren Bauteilen. Diese bilden jedoch eine funktionelle und strukturelle Einheit und somit ein einheitliches "Element", was bei der Schraube und dem Untenholm der Vorbenutzung Hüve 1 nicht der Fall ist. In gleicher Weise wäre auch bei der Vorbenutzung Wrangel eine das Flacheisen am (Unten-) Holm befestigende durchgehende Schraube nicht als Vorsprung des Befestigungselements anzusehen.

Zusätzlich unterscheidet sich der Anspruchsgegenstand von der Vorbenutzung Hüve 1 dadurch, dass Hüve 1 ein senkrecht verfahrendes Tor darstellt, das eine von der Merkmalsgruppe M6.1 - M6.3abweichende Schienenanordnung aufweist.

Die Formulierung der technischen Aufgabe und das daraus abzuleitende Problem entspricht denjenigen bei der Vorbenutzung Wrangel. In analoger Weise ergibt sich auch hier zumindest Merkmal M12 nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

6.3 Vorbenutzung Hüve 2

Im Gegensatz zu den Vorbenutzungen Hüve 1 und Wrangel weist die Vorbenutzung Hüve 2 ein als Schwellenelement anzusehendes gekantetes Edelstahlblech auf, welches die in den Merkmalen M8 - M10 definierten Dimensionen aufweist. Dieses Edelstahlblech ist mit dem letzten Torblattpaneel über ein als Befestigungselement anzusehendes U-Profil verbunden (vgl. Seite 85d der Zeugenaussage M. Löhr). Nicht verwirklicht sind wiederum das Merkmal M12 (Vorsprung) sowie die Schienenanordnung gemäß der Merkmalsgruppe M6.1 - M6.3 (auch Hüve 2 betrifft ein vertikal verfahrendes Tor).

Wie in Zusammenhang mit der Vorbenutzung Hüve 1 erläutert, stellt die dort zur Verbindung von Schwellenelement und Befestigungselement verwendete Befestigungsschraube keinen Vorsprung des Befestigungselements im Sinne des Merkmals M12 dar. Das Vorsehen einer solchen Schraube bei der Vorbenutzung Hüve 2 führt daher nicht zu einem den Anspruchsgegenstand vorwegnehmenden Gegenstand.

In Bezug auf die Vorbenutzung Wrangel wurde weiterhin bereits erläutert, dass sich auch aus der Lehre der Vorbenutzung Siebau (bzw. der E8) nicht in naheliegender Weise ableiten lässt, das U-förmige Befestigungselement der Vorbenutzung Hüve 2 mit einem Vorsprung gemäß Merkmal M12 zu versehen.

6.4 Vorbenutzung Siebau

Die Vorbenutzung Siebau offenbart ein Sektionaltor mit einem am untersten Torblattelement angesetzten Abschlusselement (vgl. die in E24a enthaltenen Konstruktionszeichnungen). Das Element weist einen in einer sich parallel zu den Kippachsen erstreckenden unten offenen Einbuchtung im unteren Rand der Torblattelemente aufgenommenen Vorsprung auf. Es ist im Bereich der Türschwelle mit einer Kappe versehen und etwa 85 mm breit. Ein eigenes Befestigungselement gibt es nicht.

Die Kammer geht hier zu Gunsten der Beschwerdeführerinnen davon aus, dass der Fachmann versuchen würde, das Tor der Vorbenutzung Siebau dahingehend zu verändern, dass es zumindest eine geringere Stolpergefahr bei einer ausreichenden Gesamtstabilität aufweist. Nachdem derartige Tore mit einer, eine niedrige Schwelle aufweisenden Schlupftüre aus den Vorbenutzungen Wrangel und Hüve 1 bzw. 2 bekannt sind, würde der Fachmann versuchen, die gestellte Aufgabe durch die Implementierung der dort offenbarten Lehren zu lösen. Dies führt bei Kombination mit Wrangel und Hüve 1 allerdings zu einer Schwelle von nur 40 bzw. 60 mm Breite. Selbst eine Anpassung an die Breite des Abschlusselements der Vorbenutzung Siebau führte lediglich zu einer Breite von etwa 85 mm, so dass das aus dieser Kombination resultierende Tor die Merkmale M9 und M10 nicht erfüllte.

Hinsichtlich einer Kombination mit der Lehre der Vorbenutzung Hüve 2 ist zu beachten, dass bei dem dort durchgeführten Umbau die neue Schwelle gemäß der Aussage des Zeugen M. Löhr nach Entfernung des Untenholms angebracht wurde. Die Verbindung erfolgte über ein U-Profil direkt am letzten Torblattelement (vgl. Abbildungen 85d-85f und die entsprechenden Seiten der Zeugenaussage). Folgte der Fachmann also zur Lösung der gestellten Aufgabe der Lehre der Vorbenutzung Hüve 2, so würde er das aus der Vorbenutzung Siebau bekannte Abschlusselement einschließlich des dort vorhandenen Vorsprungs entfernen. Er gelangte so zwar zu einem niedrigen und in der Breite die Anforderungen der Merkmale M9 und M10 erfüllenden Schwellenelement. Das entsprechende Tor hätte jedoch keinen Vorsprung am Befestigungselement gemäß dem Merkmal M12.

Die Beschwerdeführerinnen waren der Ansicht, dass der Fachmann die Befestigung gemäß der Vorbenutzung Siebau beibehalten und das gekantete Edelstahlblech der Vorbenutzung Hüve 2 direkt an dem Abschlusselement der Vorbenutzung Siebau befestigt hätte. Dies widerspricht jedoch der expliziten Lehre der Vorbenutzung Hüve. Es lässt auch außer Acht, dass bei einer derart niedrigen aber breiten Schwelle die Verbindung mit dem Tor durch Betreten der Schwelle oder beim Überfahren mit einer Sackkarre stark belastet wird, so dass der Fachmann auf die mit dieser Schwelle bereits bewährte Befestigung der Vorbenutzung Hüve 2 zurückgreifen würde, statt eine Befestigung zu verwenden, für die hinsichtlich ihrer Eignung zur Befestigung eines derart breiten Schwellenelements keinerlei Erfahrung vorliegt.

6.5 E8

Die Beschwerdeführerinnen entnehmen alle angeblich in E8 offenbarten Merkmale der Abbildung 7. Ungeachtet der Tatsache, dass die Kammer diese sehr weitgehende Interpretation der Zeichnung nicht teilt, ergeben sich im für die Beschwerdeführerinnen besten Fall die Merkmale der Vorbenutzung Siebau. Wie oben ausgeführt käme der Fachmann ausgehend von dieser Vorbenutzung nicht in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand, was somit in gleicher Weise für E8 als nächstliegendem Stand der Technik gilt.

6.6 Da der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber allen vorgebrachten Angriffslinien auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, kann dahingestellt bleiben ob die Vorbenutzungen Wrangel, Hüve 1 und 2 und Siebau öffentlich zugänglich, ausreichend substantiiert und bewiesen waren oder nicht.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Ansprüche 1-40 gemäß Hauptantrag eingereicht mit Schreiben vom 12. Dezember 2017

Beschreibung: Seiten 1-23 gemäß Hauptantrag eingereicht mit Schreiben vom 12. Dezember 2017

Figuren 1-10 der Patentschrift.

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