T 2116/16 () of 20.11.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T211616.20201120
Datum der Entscheidung: 20 November 2020
Aktenzeichen: T 2116/16
Anmeldenummer: 10186854.5
IPC-Klasse: G08B17/107
G08B29/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rauchmelder mit Ultraschall-Abdecküberwachung
Name des Anmelders: Atral-Secal GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2) (2007)
European Patent Convention Art 84 (2007)
European Patent Convention Art 111(1) (2007)
Schlagwörter: Änderungen - Haupt- und Hilfsantrag
Änderungen - zulässig (ja)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Haupt- und Hilfsantrag (ja)
Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die erste Instanz (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentanmelderin betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 10186854.5 aufgrund eines Verstoßes gegen Artikel 123 (2) EPÜ sowie aufgrund mangelnder Klarheit im Sinne des Artikels 84 EPÜ zurückgewiesen worden ist.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder des Hilfsantrags, beide eingereicht mit der Beschwerdebegründung, zu erteilen. Ferner beantragte die Beschwerdeführerin die Durchführung einer mündliche Verhandlung.

III. In einer Mitteilung gemäß Regel 100 (2) EPÜ teilte die Kammer der Beschwerdeführerin mit, sie neige dazu, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung zurückzuverweisen.

IV. Mit Schreiben vom 25. März 2020 nahm die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.

V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:

"Rauchmelder für geschlossene Räume mit einem an der Decke oder einer Wand des Raumes befestigbaren Gehäuse (1), in dem eine separate Rauchkammer (6, 7) mit Raucheintrittsöffnungen (10) abgeteilt ist, in der eine Messelektronik (12, 14) angeordnet ist, die bei Detektion von Rauchpartikeln ein auswertbares Messsignal generiert, dadurch gekennzeichnet, dass auf seiner der Decke oder Wand abgewandten Seite mindestens ein Ultraschalltransceiver (8) so angeordnet ist, dass er Ultraschallsignale in einen der Decke oder Wand abgewandten, halbkugelförmigen Bereich (17) mit Ausnahme eines Schallschattens und deckennaher Bereich (16) abstrahlen und reflektierte Ultraschallsignale empfangen kann."

Die Ansprüche 2 bis 4 sind von Anspruch 1 abhängig. Anspruch 5 betrifft ein Verfahren zum Betreiben des Rauchmelders nach einem der Ansprüche 1 bis 4. Die Ansprüche 6 und 7 sind von Anspruch 5 abhängig.

VI. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von jenem des Hauptantrags durch die folgenden Merkmale:

"und dass jedem Ultraschalltransceiver (8) ein Reflektor (9) zugeordnet ist, der einen Teil der von den Ultraschalltransceivern (8) abgestrahlten Ultraschallsignale einerseits decken- bzw. wandabgewandt passieren lässt und andererseits einen Teil seitwärts ablenkt."

Die Ansprüche 2 und 3 sind von Anspruch 1 abhängig. Anspruch 4 betrifft ein Verfahren zum Betreiben des Rauchmelders nach einem der Ansprüche 1 bis 3. Die Ansprüche 5 und 6 sind von Anspruch 4 abhängig.

VII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der Unterschied der Bedeutung der Ausdrücke "in einen" und "in einem" seien in der vorliegenden Anmeldung gravierend und hätten zu Irritationen im Verfahren geführt. Der in Anspruch 1 des Hauptantrags nun gewählte Formulierung "in einen .... überwachten Bereich" entspreche der ursprünglichen Offenbarung. Ein Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ liege nicht vor.

Durch Aufnahme des Merkmals "mit Ausnahme eines Schallschattens und deckennaher Bereich 16" in den unabhängigen Anspruch 1 des Haupt- und Hilfsantrags sei dieser gemäß Artikel 84 EPÜ klargestellt worden.

Das von der Prüfungsabteilung zitierte Dokument D1 enthalte keine Offenbarung der Geometrie des zu überwachenden Bereichs eines Rauchmelders. Folglich sei auch kein halbkugelförmiger Bereich offenbart und der Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag sei neu gegenüber D1.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht sowie ausreichend substantiiert. Folglich ist die Beschwerde zulässig.

2. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

In Anspruch 1 des Haupt- und des Hilfsantrags wurde die in der angefochtenen Entscheidung beanstandete Änderung "in einem ... halbkugelförmigen Bereich" rückgängig gemacht und lautet nun "in einen ... halbkugelförmigen Bereich". Die Prüfungsabteilung begründete ihren Einwand damit, dass der Ausdruck "in einem" erfordere, dass sich der Rauchmelder in dem überwachten Bereich befinde. Ursprünglich offenbart seien nur Ultraschalltransceiver, die sich oberhalb des überwachten Bereichs befänden.

Die durch erneute Änderung seitens der Beschwerdeführerin in den gültigen Anträgen gewählte Formulierung entspricht wieder der ursprünglich gewählten Formulierung "in einen". Somit ist nicht mehr definiert, dass sich der Rauchmelder in dem überwachten Bereich befindet. Der in der angefochtenen Entscheidung angeführte Einwand unter Artikel 123 (2) EPÜ ist folglich nicht mehr einschlägig.

Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag verstößt folglich nicht gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

3. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)

Die im Haupt- und Hilfsantrag durchgeführte Änderung von "in einem" zu "in einen" überwindet zudem den Klarheitseinwand der Prüfungsabteilung, dass das Merkmal "in einen der Decke abgewandten, halbkugelförmigen Bereich" unklar sei, da der Leser im Unklaren bleibe, ob die Abstrahlung in einem beliebigen Teilbereich der Halbkugel oder in der gesamten Halbkugel stattfinden solle.

Die gewählte Formulierung schließt die von der Prüfungsabteilung angestellten Überlegungen aus, da nun keinerlei Abstrahlung "in einem" halbkugelförmigen Bereich mehr beansprucht ist. Bereits aus diesem Grund ist der Anspruchswortlaut des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag klar im Sinne des Artikel 84 EPÜ.

Durch die zusätzliche Aufnahme des Merkmals "mit Ausnahme eines Schallschattens und deckennaher Bereich 16" in Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag ist darüber hinaus der von der Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung bemängelte deckennahe Bereich sowie der Schallschatten nun sogar explizit von dem beanspruchten Halbkugelförmigen Bereich ausgenommen.

Der Einwand mangelnder Klarheit gemäß Artikel 84 EPÜ ist somit ebenfalls nicht mehr einschlägig.

Anspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag ist folglich klar im Sinne des Artikels 84 EPÜ.

4. Zusätzliche Bemerkungen der angefochtenen Entscheidung

Das in den zusätzlichen Bemerkungen der angefochtenen Entscheidung zitierte Dokument D1 (EP 1 857 989 A1) offenbart keinen halbkugelförmigen Bereich im Sinne des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag. Der von der Prüfungsabteilung herangezogene letzte Satz des Absatzes [0046] lautet:

"Da zusätzlich auch ein Bereich vor den Öffnungen 3 außerhalb des Brandwarnmelders 1 erfasst wird, kann auch der Abstand zu einem außerhalb des Brandwarnmelders liegenden Objekts 10, beispielsweise einer Wand, überprüft werden, so dass auch fehlerhafte Einbausituationen automatisch erkannt und über den nicht dargestellten Mikroprozessor verarbeitet und angezeigt werden können."

Die Kammer vermag in dieser Offenbarungsstelle keinerlei Angaben über die Form des überwachten Bereichs zu erkennen. Daher kann auch kein halbkugelförmiger Bereich in D1 offenbart sein.

Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag durch die Offenbarung des Dokuments D1 nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.

5. Ergebnis

Sämtliche Einwände, auf die sich die angegriffene Entscheidung stützt, wurden durch die mit dem vorliegenden Hauptantrag eingeführten Änderungen überwunden. Auch die weiteren Anmerkungen der Prüfungsabteilung zur angeblichen mangelnden Neuheit des vormaligen Anspruchs 1 gegenüber Dokument D1 sind nicht einschlägig.

Nebenbei erlaubt sich die Kammer noch anzumerken, dass im vorliegenden Fall gemäß Artikel 109 EPÜ Abhilfe möglich gewesen wäre. Wie oben unter Punkt 2. und 3. dargelegt, sind durch die durchgeführten Änderungen beide Einwände der Prüfungsabteilung, die zur Zurückweisung geführt hatten, überwunden worden. Sowohl der Einwand gemäß Artikel 123 (2) EPÜ, als auch jener gemäß Artikel 84 EPÜ beziehen sich auf den Ausdruck "in einem", welcher in keinem der gültigen Anträge mehr vorkommt.

Die Beschwerde ist somit zulässig und begründet. Dies gilt auch unabhängig davon, ob der Prüfungsabteilung noch weitere Einwände bekannt sind, die eine Patenterteilung verhindern würden. Die Gewährung der Abhilfe schließt nämlich nicht aus, dass das Prüfungsverfahren durch die Prüfungsabteilung fortgesetzt wird um derartige weitere bestehende Einwände zu prüfen. Ein Ermessen räumt Artikel 109 (1) EPÜ der Prüfungsabteilung für den Fall, dass die Beschwerde zulässig und begründet ist, jedenfalls nicht ein.

Die Kammer ist insgesamt zu dem Schluss gelangt, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung stattzugeben ist.

Da die angefochtene Entscheidung augenscheinlich nicht alle seitens der Prüfungsabteilung vorliegenden Einwände abhandelt, verweist die Kammer die Sache gemäß Artikel 111 (1) EPÜ zur weiteren Prüfung der verbleibenden Erfordernisse des EPÜ an die Prüfungsabteilung zurück.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Prüfung der verbleibenden Erfordernisse des EPÜ an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.

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