European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T200916.20191025 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 October 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2009/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 11000192.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01F 1/84 G01F 25/00 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Ermittlung einer Kenngröße für die Korrektur von Messwerten eines Coriolis-Massedurchflussmessgeräts | ||||||||
Name des Anmelders: | Krohne AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit und erfinderische Tätigkeit Neuheit - ja |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentanmelderin) richtete ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 11000192.2 zurückgewiesen worden war.
II. Während des erstinstanzlichen Verfahrens wurden folgende Dokumente herangezogen:
D1: US 5 228 327 A
D2: "An Introduction to Error Analysis - The Study of Uncertainties in Physical Measurements" J. R. Taylor, University Science Books, Mill Valley, Kalifornien, 1982; Kapitel 4: "Statistical Analysis of Random Uncertainties", Seiten 81 bis 98
D3: US 5 239 456 A.
In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Prüfungsabteilung die Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem damals geltenden Antrag gegenüber der Entgegenhaltung D1 und dem durch das Dokument D2 belegten allgemeinen Fachwissen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 56 EPÜ).
III. Mit einer der Ladung zu einer mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung hat die Kammer das folgende Dokument ins Verfahren eingeführt:
A1: US 2006 0287839 A1.
IV. Am 25. Oktober 2019 wurde mündlich verhandelt.
Während der mündlichen Verhandlung reichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche 1 bis 7 und geänderte Seiten 1 bis 16 der Beschreibung ein.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
- Ansprüche: Nr. 1 bis 7 wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht,
- Beschreibung: Seiten 1 bis 16 wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht, und
- Zeichnungen: Blatt 1/4 bis 4/4 gemäß ursprünglicher Fassung.
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
V. Der Anspruch 1 gemäß dem geltenden Antrag der Beschwerdeführerin lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Ermittlung mindestens einer Kenngröße für die Korrektur von Messwerten eines Coriolis-Massedurchflussmessgeräts, mit mindestens einem Messrohr, mindestens zwei Messwertaufnehmern und mindestens einem Aktuator, wobei das Messrohr mit dem Aktuator zu wenigstens einer Schwingung anregbar ist, umfassend:
- Erfassen von Werten einer Messgröße bei konstantem Durchfluss mit den Messwertaufnehmern (101, 201),
- Berechnen mindestens eines Lageparameters aus den erfassten Werten, wobei der Lageparameter ein Mittelwert (202) ist (102, 202),
- Berechnen mindestens eines Streuungsparameters aus den erfassten Werten und dem Lageparameter, wobei der Streuungsparameter der Standardfehler (203) des Mittelwertes (103) ist,
- wobei das Erfassen zusätzlicher Werte und das Berechnen von Mittelwert und Standardfehler des Mittelwertes aus den vorhandenen und zusätzlichen Werten so häufig durchgeführt wird, bis der Standardfehler des Mittelwertes als Auswahlkriterium einen Schwellenwert unterschreitet (104, 204), und
- wobei dann der zu dem Standardfehler des Mittelwertes korrespondierende Mittelwert als Kenngröße für die Korrektur der Messwerte des Coriolis-Massedurchflussmessgeräts herangezogen wird (107, 207)."
Der Anspruchssatz gemäß dem geltenden Antrag beinhaltet auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 7.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Änderungen
Der vorliegende Anspruch 1 ergibt sich aus den Ansprüchen 1, 2, 3 und 5 wie ursprünglich eingereicht. Die abhängigen Ansprüche 2, 3 und 5 entsprechen inhaltlich jeweils den abhängigen Ansprüchen 4, 6 und 8 wie ursprünglich eingereicht; der abhängige Anspruch 4 ergibt sich aus dem abhängigen Anspruch 7 wie ursprünglich eingereicht zusammen mit der Passage auf Seite 15, zweiter Absatz, der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht; und die abhängigen Ansprüche 6 und 7 ergeben sich jeweils aus den abhängigen Ansprüchen 9 und 10 zusammen mit dem abhängigen Anspruch 11 wie ursprünglich eingereicht.
Die vorgenommenen Änderungen der Beschreibung betreffen die Würdigung des Standes der Technik (Regel 42 (1) b) EPÜ) und die Anpassung an die beanspruchte Erfindung (Artikel 84 und Regel 42 (1) c) EPÜ).
Die geltenden Anmeldungsunterlagen erfüllen somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
3. Neuheit
3.1 Die Druckschrift D1 offenbart ein Verfahren zur Ermittlung des mechanischen Nullwerts ("mechanical zero", d.h. der Versatzwert der Messwerte bei Nulldurchfluss während Kalibrierung, vgl. Spalte 22, Zeilen 19 bis 23) als Kerngröße für die Korrektur von Messwerten (d.h. von den Werten Deltat der Phasendifferenz zwischen den Signalen der Messwertaufnehmer, vgl. Spalte 1, Zeile 63 bis Spalte 2, Zeile 8, und Spalte 2, Zeilen 38 bis 48) eines Coriolis-Massedurchflussmessgeräts (Spalte 22, Zeilen 19 bis 30), wobei das Coriolis-Massedurchflussmessgerät (Fig. 1 i.V.m. Spalte 8, Zeile 60, bis Spalte 11, Zeile 27) ein Messrohr (130 und 130'), einen Aktuator (180) und zwei Messwertaufnehmer (160L und 160R) aufweist und das Messrohr mit dem Aktuator zu einer Schwingung anregbar ist (Spalte 9, Zeilen 6 bis 15, und Spalte 10, Zeilen 1 bis 15). Bei dem Verfahren (Block 620 in Fig. 6 i.V.m. "ZERO DETERMINATION ROUTINE 700" in Fig. 7A, und Block 784 in Fig. 7B i.V.m. "MECHANICAL ZERO ROUTINE 800" in Fig. 8A, siehe Spalte 21, Zeile 63, bis Spalte 28, Zeile 45) werden
- Messwerte (Deltat) bei konstantem Durchfluss (d.h. bei Nulldurchfluss) mit den Messwertaufnehmern erfasst,
- ein Mittelwert ("MECH_ZERO_TEMP" im Block 829 i.V.m. Block 806 in Fig. 8A, vgl. Spalte 26, Zeilen 37 bis 46) als Lageparameter aus den erfassten Werten (Block 806 in Fig. 8A) berechnet, und
- die Standardabweichung ("STD_DEV") des Mittelwerts als Streuungsparameter aus den erfassten Werten und dem Mittelwert berechnet (Block 823 in Fig. 8A, vgl. Spalte 26, Zeilen 28 bis 35),
- wobei das Erfassen zusätzlicher Werte und das Berechnen von Mittelwert und Standardabweichung des Mittelwerts aus den vorhandenen und zusätzlichen Werten - unter bestimmten Umständen, siehe Nr. 4.1 unten, zweiter Absatz - so häufig durchgeführt wird (Fig. 6 i.V.m. Fig. 7 und Fig. 8), bis die Standardabweichung des Mittelwerts als Auswahlkriterium einen Schwellenwert ("CONVERGENCE LIMIT" in Block 832 der Fig. 8B, vgl. Spalte 26, Zeile 65 bis Spalte 27, Zeile 30) unterschreitet, und dann der zu der Standardabweichung des Mittelwerts korrespondierende Mittelwert ("MECH_ZERO_TEMP") als Kenngröße ("MECH_ZERO" in Block 865 der Fig. 8B) für die Korrektur der Messwerte des Coriolis-Massedurchflussmessgeräts herangezogen wird (Block 865 in Fig. 8B und Blöcke 784 und 792 in Fig. 7B, vgl. Spalte 25, Zeilen 12 bis 19, und Spalte 28, Zeilen 33 bis 40).
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich von dem Verfahren der Druckschrift D1 dadurch, dass statt der Standardabweichung der Standardfehler des Mittelwerts berechnet wird, wobei die nachfolgenden Schritte betreffend das Erfassen zusätzlicher Werte, das Berechnen von Mittelwert aus den vorhandenen und zusätzlichen Werten und das Heranziehen der Kenngröße auf der Basis des Standardfehlers des Mittelwerts und eines von diesem zu unterschreitenden Schwellenwertes durchgeführt wird.
3.2 Die Druckschrift A1 offenbart ein Verfahren zur Ermittlung einer Kenngröße für die Korrektur von Messwerten eines Coriolis-Massedurchflussmessgeräts (Zusammenfassung und Fig. 1A, 1B, 2 und 4 i.V.m. der entsprechenden Beschreibung), mit einem Messrohr, zwei Messwertaufnehmern und einem Aktuator, wobei das Messrohr mit dem Aktuator zu einer Schwingung anregbar ist (Absätze [0011], [0027] bis [0029] und [0035]). Das Verfahren umfasst folgende Schritte:
- Erfassen von Werten einer Messgröße über eine vorgegebene Zeitspanne bei konstantem Durchfluss, nämlich bei Nulldurchfluss (Absätze [0004] und [0046]);
- Berechnen des Mittelwerts aus den erfassten Werten (Absätze [0004], [0046], [0062] und [0064]); und
- Heranziehen des Mittelwerts als Kenngröße für die Korrektur der Messwerte des Coriolis-Massedurchflussmessgeräts (Absätze [0008], [0034], [0035] und [0040]).
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich von dem Verfahren nach der Druckschrift A1 dadurch, dass
a) der Standardfehler des Mittelwerts aus den erfassten Werten und dem Mittelwert berechnet wird, und
b) das Erfassen zusätzlicher Werte und das Berechnen von Mittelwert und Standardfehler des Mittelwerts so häufig durchgeführt wird, bis der Standardfehler des Mittelwerts als Auswahlkriterium einen Schwellenwert unterschreitet.
3.3 Das Dokument D2 ist ein Auszug aus einem Standardlehrbuch der statistischen Analyse von fehlerbehafteten Messwerten. Das Dokument offenbart allgemeines Grundlagenwissen in dem genannten Gebiet und u.a., dass
- die Standardabweichung einer Reihe von Messungen (siehe Gleichung (4.6) auf Seite 86) die gemittelte Unsicherheit der einzelnen Messwerte wiedergibt (Abschnitt 4.3 auf Seiten 87 bis 89 i.V.m. Seite 81, zweiter Absatz), und
- der Standardfehler des Mittelwerts der Messwerte, d.h. der Quotient der Standardabweichung und die Quadratwurzel der Zahl der Messwerte (Gleichung (4.14) auf Seite 89), die Unsicherheit des Mittelwerts angibt (Abschnitt 4.4, erster Absatz i.V.m. den zwei letzten Absätzen auf Seite 90).
3.4 Die Druckschrift D3 befasst sich mit einem Verfahren zur statistischen Analyse von Messwerten einer Regelgröße (Zusammenfassung) auf der Basis von statistischen Kenngrößen, insbesondere dem Mittelwert, der Standardabweichung, der Schiefe und der Wölbung (Spalte 2, Zeilen 8 bis 17, und Spalte 5, Zeilen 46 bis 54).
Der Druckschrift D3 ist weder die Anwendung des Verfahrens zur statistischen Analyse von Messwerten eines Coriolis-Massedurchflussmessgeräts, noch die Verwendung von Konvergenz- bzw. Abbruchkriterien auf der Basis des Standardfehlers des Mittelwerts von Messungen zu entnehmen.
3.5 Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist somit neu gegenüber dem vorhandenen Stand der Technik (Artikel 54 (1) EPÜ). Das gleiche gilt für das Verfahren gemäß den abhängigen Ansprüchen 2 bis 7 aufgrund ihres Rückbezugs auf Anspruch 1.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 In ihrer Entscheidung hat die Prüfungsabteilung die Druckschrift D1 als nächstkommenden Stand der Technik angesehen und die durch die Unterscheidungsmerkmale (vgl. Nr. 3.1 oben, letzter Absatz) gelöste technische Aufgabe darin gesehen, ein verbessertes Abbruchkriterium für das in der Druckschrift D1 beschriebene Messverfahren anzugeben. Die Prüfungsabteilung hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten,
- dass dem Fachmann aufgrund seines durch Dokument D2 dokumentierten allgemeinen Fachwissens ersichtlich sei, dass die Standardabweichung ein Maß für das Rauschen der Messungen und der Standardfehler des Mittelwerts ein Maß für die Güte des Mittelwerts bilden, und
- dass für den Fachmann aufgrund dieses allgemeinen Fachwissens naheliegend sei, den Standardfehler des Mittelwerts zur Bewertung der Güte des in der Druckschrift D1 gebildeten Mittelwerts heranzuziehen und die Messungen dann abzubrechen, wenn ein Mittelwert hinreichender Güte vorliegt.
Die Druckschrift D1 ist aber darauf gerichtet, den Rauschanteil der Messwerte zu bestimmen, und zwar mittels einer kontinuierlichen Überwachung der dazu geeigneten Größe (vgl. Nr. 3.3 oben, erster Unterabsatz, in Bezug auf Dokument D2, und Druckschrift D1, Spalte 25, Zeilen 39 bis 41), d.h. der Standardabweichung (D1, Fig. 8A und 8B, Blöcke 823, 826, 829, 832 und 851 i.V.m. der entsprechenden Beschreibung). Dabei wird der Mittelwert als Kenngröße für die Korrektur unter Berücksichtigung einer minimalen und einer maximalen Anzahl von Iterationsschritten (Blöcke 820 und 840) auf der Basis aller oder nur - z.B. bei zeitlichen bzw. abrupten Schwankungen des Rauschens - eines Teils der Messwerte ermittelt (Blöcke 826, 829, 832, 840, 851 und 865), je nachdem, welche einer Reihe von vorgegebenen Konvergenzkriterien (Blöcke 826, 832 und 851) - einschließlich des der Standardabweichung zugeordneten Abbruchkriteriums (Block 832, vgl. Nr. 3.1 oben, erster Absatz, letzter Unteransatz) - von der aktuellen Standardabweichung (Block 823) erfüllt werden (Spalte 7, Zeilen 40 bis 47; Spalte 25, Zeilen 39 bis 52; Spalte 26, Zeilen 46 bis 54; und Spalte 28, Zeilen 22 bis 40). Die Kammer ist der Auffassung, dass das oben erwähnte allgemeine Fachwissen dem Fachmann eine Anregung dazu geben könnte, zusätzlich den Standardfehler des Mittelwerts heranzuziehen, um z.B. die Genauigkeit des ermittelten Mittelwerts auszuwerten, aber dass der Fachmann in dem technischen Kontext der Druckschrift D1 nicht in Betracht gezogen hätte, in den in der Druckschrift D1 vorgegebenen, miteinander verknüpften Konvergenzkriterien die Standardabweichung durch den Standardfehler des Mittelwerts zu ersetzen oder diese Konvergenzkriterien mit einem zusätzlichen, dem Standardfehler des Mittelwerts zugeordneten Abbruchkriterium zu verknüpfen, u.a. weil der Standardfehler des Mittelwerts aufgrund dessen Abhängigkeit von der Anzahl der gemessenen Werte ( ~ 1/SQRTN, vgl. Nr. 3.3 oben, zweiter Unterabsatz) mit der Anzahl der Messungen weniger empfindlich auf das Rauschen der Messungen wird und er somit für die in der Druckschrift D1 ausgeführte Bewertung des Rauschanteils der sukzessiven Messwerte nicht geeignet ist.
Aus diesen Gründen kann sich die Kammer der Auffassung der Prüfungsabteilung, wonach sich das beanspruchte Verfahren in naheliegender Weise aus dem Verfahren der Druckschrift D1 unter Berücksichtigung des im Dokument D2 dargestellten allgemeinen Fachwissens ergebe, nicht anschließen.
4.2 Während des Beschwerdeverfahrens wurde die Druckschrift A1 als alternativer nächstkommender Stand der Technik herangezogen.
Die Unterscheidungsmerkmale a) und b) (vgl. Nr. 3.2 oben, letzter Absatz) führen dazu, dass der Mittelwert in Anspruch 1 nicht auf der Basis der Werte ermittelt wird, die über eine vorgegebene Zeitspanne erfasst werden, sondern auf der Basis der Werte, die das beanspruchte Abbruchkriterium (Unterscheidungsmerkmal b)) erfüllen.
Der technische Effekt der Unterscheidungsmerkmale besteht gemäß der Beschreibung der Anmeldung darin, eine gesteigerte Genauigkeit und eine geringe Fehleranfälligkeit bei der Ermittlung der Kenngröße zur Korrektur der Messwerte zu erzielen (Seite 2, Zeile 29 bis Seite 3, Zeile 8).
Die objektive Aufgabe kann somit darin gesehen werden, die Kenngröße zur Korrektur der Messwerte mit einer gesteigerten Genauigkeit und einer geringen Fehleranfälligkeit zu ermitteln.
Es ist für den zuständigen Fachmann erkennbar, dass die Genauigkeit und die Fehleranfälligkeit in der Ermittlung der Kenngröße gemäß der Druckschrift A1 durch die Genauigkeit und die Fehleranfälligkeit in der Bestimmung des Mittelwerts auf der Basis der über die vorgegebene Zeitspanne erfassten Werte bestimmt wird. Außerdem ist es für den Fachmann angesichts des durch das Dokument D2 dokumentierten allgemeinen Fachwissens offensichtlich, dass die Genauigkeit und die Fehleranfälligkeit in der Bestimmung des Mittelwerts durch den Standardfehler des Mittelwerts angegeben sind (D2, Seite 89, Abschnitt 4.4, erster Absatz bis Seite 90, erster Absatz).
Aufgrund der obigen Überlegungen wäre es für den Fachmann, der sich die formulierte objektive Aufgabe stellt, naheliegend gewesen, bei jedem zusätzlich erfassten Messwert den Mittelwert und den entsprechenden Standardfehler des Mittelwerts zu berechnen, um die Genauigkeit bzw. die Fehleranfälligkeit in der Ermittlung des Mittelwerts auszuwerten, und gegebenenfalls die in der Druckschrift A1 vorgeschriebene vorgegebene Zeitspanne oder - wie in Dokument D2 vorgeschlagen, siehe Seite 90, letzte Absatz - eine vorgegebene Zahl von Messungen anzupassen. Der Fachmann hätte aber - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht - bei einer gemeinsamen Betrachtung der Druckschrift A1 und des durch das Dokument D2 belegten allgemeinen Fachwissens keine Veranlassung gehabt, auf das Erfassen von Messwerten über eine vorgegebene Zeitspanne oder auf das Erfassen einer vorgegebenen Zahl von Messungen zu verzichten und stattdessen die Anzahl der Messungen abhängig von dem Standardfehler des Mittelwerts der aktuellen Messwerte zu bestimmen, geschweige denn, das Erfassen von Messwerten über eine vorgegebene Zeitspanne oder das Erfassen einer vorgegebenen Zahl von Messungen durch ein Abbruchkriterium zu ersetzen, wonach zusätzliche Messwerte solange erfasst werden, bis der Standardfehler des Mittelwerts der gemessenen Werte einen bestimmten Schwellenwert unterschreitet.
Die übrigen herangezogenen Druckschriften D1 (siehe Nr. 3.1 und 4.1 oben) und D3 (siehe Nr. 3.4 oben) können ebenfalls keinen Hinweis auf die beanspruchte Lösung geben.
4.3 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 sich nicht in naheliegender Weise aus dem zur Verfügung stehenden Stand der Technik einschließlich des durch das Dokument D2 belegten allgemeinen Fachwissens herleiten lässt (Artikel 56 EPÜ). Das Gleiche wie für Anspruch 1 gilt auch für die abhängigen Ansprüche 2 bis 7, welche vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 darstellen.
5. Nach Auffassung der Kammer genügen die Anmeldungsunterlagen gemäß dem vorliegenden Antrag der Beschwerdeführerin und die Erfindung, die sie zum Gegenstand haben, auch den übrigen Erfordernissen des EPÜ im Sinne von Artikel 97 (1) EPÜ. Somit kann die Erteilung eines Patents in dieser Fassung erfolgen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:
- Ansprüche: Nr. 1 bis 7 wie in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2019 eingereicht,
- Beschreibung: Seiten 1 bis 16 wie in der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2019 eingereicht, und
- Zeichnungen: Blatt 1/4 bis 4/4 gemäß ursprünglicher Fassung.