T 2001/16 () of 9.5.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T200116.20180509
Datum der Entscheidung: 09 Mai 2018
Aktenzeichen: T 2001/16
Anmeldenummer: 11700830.0
IPC-Klasse: B60R 13/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: BEFESTIGUNG EINER LÄNGSTRÄGERVERKLEIDUNG AN EINEM LÄNGSTRÄGER EINES KRAFTFAHRZEUGS
Name des Anmelders: Plastic Omnium Automotive Exteriors GmbH
Name des Einsprechenden: Magna Exteriors GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2525999 in geändertem Umfang, zur Post gegeben am 11. Juli 2016.

II. Im Wesentlichen hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 wie in geändertem Umfang aufrechterhalten, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Dabei sind u.a. die folgenden Dokumente in Betracht gezogen worden:

DE 195 07 986 A1 (E2)

US 2005/0082813 A1 (D2)

III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt.

Am 9. Mai 2018 wurde vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung.

IV. Der Anspruch 1 in der Fassung wie von der Einspruchsabteilung in geändertem Umfang aufrechterhalten lautet wie folgt:

Befestigung einer Verkleidung (1) an einem Träger (2) eines Kraftfahrzeugs mit einem Halteelement (3), welches am Träger (2) befestigt ist, wobei die Verkleidung (1) an ihrem zum Halteelement (3) gewandten Endbereich ein Rastelement (4) aufweist, mit dem die Verkleidung (1) am Halteelement (3) verrastet ist, wobei das Rastelement (4) einen die Dicke reduzierenden Einzug (5) zur angrenzenden im Einbauzustand der Verkleidung (1) sichtbaren Oberfläche (6) der Verkleidung (1) aufweist und an der dem Einzug (5) gegenüberliegenden im Einbauzustand der Verkleidung (1) unsichtbaren Oberfläche (7) der Verkleidung (1) das Rastelement (4) einen Rasthaken (8) aufweist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Verkleidung eine Längsträgerverkleidung ist und der Träger ein Längsträger ist, und dass das Halteelement (3) einen U-förmigen Verrastungsschlitz (9) bestehend aus einem Halteschenkel (10) und einem Verrastungsschenkel (11) aufweist und im Verrastungsschenkel (11) eine Ausnehmung (12) zur Aufnahme des Rasthakens (8) am Rastelement (4) der Längsträgerverkleidung (1) angeordnet ist.

V. Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen die folgenden Argumente vor:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 wie von der Einspruchs­abteilung aufrechterhalten beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von E2, kombiniert mit dem allgemeinen Fachwissen, oder alternativ kombiniert mit D2 werde der Gegenstand des Anspruchs 1 nahegelegt.

Die weiteren Argumentationslinien würden zurückgenommen.

Das Dokument E2 offenbare die Merkmale a) bis d) des Anspruchs 1, vgl. Merkmalsgliederung der Einsprechenden/Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung.

Eine U-förmige Umschließung ergebe sich bereits aus der Figur 6 in Kombination mit der Spalte 2, Zeilen 6 ff. Dabei werde der Rasthaken durch die seitlich davon liegenden Stege des Halteelements umschlossen (in Figur 6, ohne Bezugszeichen und ohne Schraffur, oberhalb der Befestigungsniete).

Es liege nun für den Fachmann nahe, die Konstruktion so zu verändern, dass sich damit auch Verrastungsschenkel und Halteschenkel ergäben. Ein Verrastungsschenkel sei bereits offenbart und die Rippen, die zur Verrastung versetzt angeordnet seien, würden als Halteschenkel fungieren.

Damit sei die Merkmals­kombination gemäß dem strittigen Anspruch 1 lediglich eine Alternative der in E2 dargestellten Längsträgerverkleidung.

Alternativ werde auf die Figur 2 der E2 verwiesen, die sich nur dadurch von der Merkmalskombination des Anspruchs 1 des Streitpatents unterscheide, dass die U-förmige Verrastung in der Längsträgerverkleidung angeordnet sei und das Rastelement im Halteteil.

Es sei nun eine naheliegende technische Alternative, diese Funktionen umzudrehen und damit zum Gegenstand der beanspruchten Längsträgerverkleidung zu gelangen.

Aber auch das Dokument D2 offenbare die Merkmale e) bis g) des Anspruchs 1. Wendete der Fachmann die Lehre der D2 an, um die Längsträgerverkleidung gemäß E2 zu optimieren, käme er ebenfalls zum Gegenstand des angegriffenen Anspruchs 1.

In der Längsträgerverkleidung gemäß D2 seien nämlich U-förmige Verrastungen offenbart. Diese müssten lediglich in das Halteteil in E2 integriert werden. Der Fachmann erkenne sofort, dass sich damit die Befestigung des Verkleidungsteils verbessern ließe.

Die Tatsache, dass dort auch ein Kabelkanal gezeigt würde, halte den Fachmann nicht davon ab, Teile der Lehre in E2 zu übernehmen.

VI. Die Beschwerdegegnerin erwiderte die Argumente wie folgt:

Ausgehend von E2 beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Es gebe überhaupt keinen Hinweis in E2 auf eine U-förmige Verrastung. Weder der zitierten Textstelle (Spalte 2, Zeile 6 ff.) noch der Figur 6 könne eine irgendwie geartete U-förmige Umschließung oder ein Hinweis darauf entnommen werden. Die zitierte Textstelle deute vielmehr darauf hin, dass die Verrastungsschenkel 33 abwechselnd zu den Stützrippen angeordnet seien, so dass sich von daher schon keine U-Form ergeben könne.

Weiterhin könne nicht erkannt werden, warum der Fachmann vorliegend einen Verrastungsschlitz vorsehen sollte. Diese angeblichen naheliegenden Alternativen ergäben sich bestenfalls mit der Kenntnis der Erfindung. Auch ausgehend von der Figur 2 der E2 sei der Gegenstand der Erfindung nicht nahegelegt. Hier sei es ebenfalls völlig offen, ob es eine U-förmige Umschließung gebe und wenn, wie sie ausgestaltet sei.

Des Weiteren könne kein Halteschenkel oder Verrastungsschenkel erkannt werden. Es sei der E2 nicht zu entnehmen, wie das Teil, in das die Verrastung 17 eingreife, an die Längsträgerverkleidung 9 angebunden sei.

Es sei ebenfalls nicht erkennbar, warum der Fachmann die U-förmigen Verrastungen aus der D2 in die Längsträgerverkleidung gemäß E2 integrieren sollte.

Die technischen Konzepte seien völlig unterschiedlich und lösten andere technische Aufgaben, da auch die Verkleidung gemäß D2 einen Kabelkanal aufweise.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 - wie von der Einspruchsabteilung in geänderter Fassung aufrechterhalten - beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

2.1 Das Dokument E2 offenbart unbestritten die Merkmale a) bis d) des Anspruchs 1, vgl. Merkmalsgliederung der Einsprechenden/Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung.

Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Verkleidung gemäß E2 im Wesentlichen dadurch,

dass das Haltelement einen U-förmigen Verrastungsschlitz aufweist, der aus einem Halteschenkel und einem Verrastungsschenkel besteht (Merkmal f),

und wobei der Verrastungsschenkel eine Ausnehmung zur Aufnahme des Rasthakens aufweist.

Die mit diesen Merkmalen zu lösende Aufgabe wird darin gesehen, eine einfachere Montage bei geringeren Kosten zu ermöglichen, da Bauteiltoleranzen am Längsträger nicht genau eingehalten werden müssen.

2.2 Die Einsprechende/Beschwerdeführerin behauptet, E2 und das allgemeine Fachwissen legten den Gegenstand des strittigen Anspruchs 1 nahe. Aus der Figur 6 und der Beschreibung Spalte 2, Zeilen 6 ff. gehe hervor, dass die Rippen des Halteteils mit den Rasten im Wesentlichen abwechselnd angeordnet seien. Dies aber würde aufgrund der sich ergebenden Stege in Verlängerung des Halteteils entlang der Karosserie (in Figur 6 nicht bezeichnet und nicht schraffiert, oberhalb der Befestigungselements) zu einer U-förmigen Fassung des Rastelements gemäß dem Merkmal f) führen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass weder die Figur 6 noch die Beschreibung einen Hinweis darauf geben, wie die Rippen 35 und die nicht weiter bezeichneten Teile ohne Schraffur in Bezug auf das Rastelement angeordnet sind. Außer der zitierten Passage in der Beschreibung Spalte 2, Zeilen 6 ff. gibt es nur die zweidimensionale Darstellung der Figur 6, in der eine U-förmige Umschließung unbestritten nicht offenbart ist.

Selbst aber, wenn man dem Argument der Einsprechenden/Beschwerdeführerin folgte, dass sich wie vorgebracht eine U-förmige Umschließung ergibt, fehlen noch weitere Teilmerkmale aus Merkmal f). Dieses definiert nämlich, dass der Verrastungsschlitz U-förmig ausgestaltet sein muss und dieser weiterhin einen Halteschenkel und einen Verrastungsschenkel aufweist. In der von der Einsprechenden/Beschwerdeführerin vorgetragenen Sichtweise existieren diese Schenkel an der beschriebenen U-Form nicht. Es ist vor allem aber nicht erkennbar, warum der Fachmann diese Konstruktion umgestalten sollte. Dazu wären erhebliche konstruktive Veränderungen nötig, die der Fachmann nicht ohne erfinderisch tätig zu werden durchführen würde.

2.3 In einer alternativen Argumentationslinie verweist die Einsprechende/Beschwerdeführerin auf die Figur 2 der E2 und behauptet, dass der einzige Unterschied zur strittigen Erfindung sei, dass der U-förmige Verrastungsschlitz am Verkleidungsteil angebracht sei und der Rasthaken am Halteteil. Hier teilt die Kammer uneingeschränkt die Auffassung der Einspruchsabteilung, wie sie in Punkt 30 ff. der Entscheidung dargelegt wurde. Die Kammer hat dem nichts hinzuzufügen.

2.4 Ferner behauptet die Einsprechende/Beschwerdeführerin, dass das Dokument D2 die Merkmale e) bis g) des strittigen Anspruchs 1 offenbare. Insbesondere seien dort auch U-förmige Verrastungselemente offenbart. Hier erhalte der Fachmann die Lehre, wie er die Vorrichtung gemäß E2 modifizieren müsse, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.

Die Kammer ist der Auffassung, dass - unabhängig ob nun D2 wirklich alle Merkmale e) bis g) des angegriffenen Anspruchs 1 offenbart - der Fachmann die beiden Dokumente E2 und D2 nicht miteinander kombinieren würde.

Die technischen Konzepte für die Verkleidung eines Längsträgers sind in E2 und in D2 derart verschieden, dass die Einsprechende/Beschwerdeführerin die Kammer nicht überzeugen konnte, dass der Fachmann die U-förmigen Verrastungsschlitze aus D2 in E2 integrieren würde.

Das Dokument D2 setzt sich mit einer Verkleidungs­technik auseinander, bei der der gesamte Längsträger komplett - ohne dass ein Karosserieteil sichtbar wird - abgedeckt wird. In E2 (und dem Streitpatent) indes, bleiben Bereiche der Karosserie sichtbar, während andere Bereiche mit der Längsträgerverkleidung abgedeckt werden, siehe auch Streitpatent Paragraph [0005]. Gemäß der Aufgabe des Streitpatents soll für Übergang zwischen dem sichtbaren und dem unsichtbaren (verkleideten) Teil des Längsträgers eine ,,sichere abzeichnungsfreie Optik" erreicht werden.

Dieses Problem stellt sich aber gar nicht bei einer Verkleidungstechnik, die den gesamten Längsträger umfasst. Somit würde der Fachmann bei der gestellten Aufgabe das Dokument D2 nicht zu Rate ziehen, da es die Aufgabe nicht zu lösen in der Lage ist.

Diese spezielle Form der Längsträgerverkleidung, bei der nicht der gesamte Träger verkleidet wird, geht nach Ansicht der Kammer auch aus den Merkmalen des Anspruchs 1 hervor. So definiert das Merkmal c) einen die Dicke reduzierenden Einzug in Bezug auf eine sichtbare Oberfläche; eine auf diese Weise erzeugte Schattenfuge ist aber nur dann technisch nötig, wenn ein Übergang der Verkleidung zur Karosserie sichtbar bleibt. In E2 wird dieser Aspekt durch die Rippen 35 gelöst.

Daher beruht die Argumentation der Einsprechenden/Be­schwerde­führerin auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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