T 1986/16 () of 28.5.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T198616.20200528
Datum der Entscheidung: 28 Mai 2020
Aktenzeichen: T 1986/16
Anmeldenummer: 12171460.4
IPC-Klasse: A47J31/36
A47J31/44
A47J31/52
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 319 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Brüheinrichtung eines Kaffeeautomatens
Name des Anmelders: WMF Group GmbH
Name des Einsprechenden: UNILEVER PLC/ UNILEVER N.V.
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54 (2007)
European Patent Convention Art 56 (2007)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, zur Post gegeben am 29. Juni 2016, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 534 985 nach Artikel 101(2) EPÜ zurückzuweisen.

II. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Artikel 100 (a) i.V.m. Artikel 54 und 56 EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass keiner dieser Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht.

In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen zitiert:

D1: US 5 495 793

D2: US 5 259 296

III. Gegen diese Entscheidung haben die Einsprechenden als Beschwerdeführerinnen am 25. August 2016 gemeinsam Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 27. Oktober 2016 eingereicht.

IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2020 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung zur Neuheit und zur erfinderischen Tätigkeit mit.

V. Die Beschwerdeführerinnen Einsprechende nahmen mit Schreiben vom 4. Februar 2020 ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück. Dabei haben sie zur Mitteilung der Kammer nicht Stellung genommen.

VI. Die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin teilte mit Schreiben vom 26. Mai 2020 mit sie werde nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen.

VII. Die Beschwerdeführerinnen Einsprechende beantragen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VIII. Die Patentinhaberin als Beschwerdegegnerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde, und damit die Aufrechterhaltung des Patents im erteilten Umfang (Hauptantrag).

IX. Der unabhängige Anspruch des für diese Entscheidung relevanten Hauptantrags (Patent wie erteilt) hat den folgenden Wortlaut:

"1. Brüheinrichtung (1) mit einer Antriebseinrichtung (2) zum Antrieb zumindest eines beweglichen Teils (3) der Brüheinrichtung (1) sowie mit einem zweiten Sensor (7) zur Erfassung einer Leistungsaufnahme der Antriebseinrichtung (2), dadurch gekennzeichnet, - dass ein erster Sensor (6) zur Erfassung einer Stellung des beweglichen Teils (3) der Brüheinrichtung (1) vorgesehen ist, - dass der zweiter Sensor (7) zur Erfassung einer zur jeweiligen Stellung bzw. zum jeweiligen Verstellweg gehörenden Leistungsaufnahme der Antriebseinrichtung (2) vorgesehen ist, - dass eine Auswerteeinrichtung (8) vorgesehen ist, die die vom ersten und zweiten Sensor (6,7) erfassten Signale auswertet, mit einem Sollwert vergleicht und bei einer vordefinierten Soll-Ist-Wertabweichung ein Warnsignal oder eine Meldung erzeugt, anzeigt oder hinterlegt."

X. Die Beschwerdeführerinnen Einsprechende haben zu den entscheidungserheblichen Punkten Folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand von Anspruch 1 sei nicht neu gegenüber der Offenbarung jedes der Dokumente D1 oder D2. Zudem beruhe er ausgehend von D1 oder D2 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

XI. Die Beschwerdegegnerin Patentinhaberin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten Folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand von Anspruch 1 sei neu gegenüber der Offenbarung jedes der Dokumente D1 oder D2. Zudem beruhe er ausgehend von D1 auf erfinderischer Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anwendungsgebiet der Erfindung

Die Erfindung betrifft eine Brüheinrichtung mit einer Antriebseinrichtung zum Antrieb eines beweglichen Teils, einem ersten Sensor zur Erfassung einer Stellung des beweglichen Teils, und einem zweiten Sensor zur Erfassung einer - zur jeweiligen Stellung bzw. zum jeweiligen Verstellweg gehörenden - Leistungsaufnahme der Antriebseinrichtung. Durch zwei Sensoren, und folglich zwei unabhängige Messsysteme, wird eine zuverlässige Erfassung der Position eines beweglichen Teils der Brüheinrichtung ermöglicht (Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 48-50; Spalte 3, Zeilen 10-13).

3. Neuheit

3.1 Die Beschwerdeführerinnen bestreiten den Befund der angegriffenen Entscheidung, wonach die Brüheinrichtung nach Anspruch 1 neu gegenüber D1 und D2 ist.

3.2 Die Kammer hat bereits in ihrer Mitteilung als Anlage zur Ladung, Abschnitte 2.1 und 2.2, die Auffassung vertreten, dass keines dieser Dokumente eine solche Brüheinrichtung offenbart. Die Kammer hat dazu die folgende vorläufige Meinung geäußert:

"2.1 Dokument D1

Im Hinblick auf D1 ist zwischen den Parteien die Auslegung des Merkmals "(zweiter) Sensor zur Erfassung einer ... Leistungsaufnahme der Antriebseinrichtung" und dessen eventuelle Offenbarung in D1 strittig. Laut "Brockhaus" ist ein Sensor ein Funktions- oder Bauelement zur Erfassung insbesondere physikalischer Größen und deren Umwandlung in elektrische Signale zum Zweck der Weiterverarbeitung der Signale in Rechnern. Diese Auslegung des Merkmals wird durch das Patent bestätigt, wo offen zu bleiben scheint, ob der zweite Sensor zur Erfassung der Leistungsaufnahme (oder der Stromaufnahme) als Bauelement oder als Funktionselement innerhalb eines anderen Bauteils der Brüheinrichtung realisiert ist (Absatz 6, Spalte 2, Zeilen 3-7 und 45-50; Spalte 4, Zeilen 14-18 und 35-37).

Bei einer Auslegung des Begriffs "Sensor" als ein Funktionselement scheint der Prozessor 31 in D1 einen zweiten Sensor zu bilden. Die Kammer ist jedoch nicht davon überzeugt, dass ein Sensor bereits dann die Leistungsaufnahme misst, wenn er irgendetwas misst und sich daraus die Leistung ableiten lässt (Beschwerde-begründung, Seite 3, dritter Absatz: "power can be inferred", Hervorhebung durch die Kammer). Stattdessen scheint die Leistungsaufnahme bzw. die Stromaufnahme (bei üblicherweise konstanter Versorgungsspannung; siehe D2, Spalte 4, Zeilen 60 und 61) auch tatsächlich erfasst werden zu müssen, damit der zweiter Sensor zur Erfassung der Leistungsaufnahme geeignet bzw. "vorgesehen" ist. Das scheint in D1 nicht der Fall zu sein, da Prozessor 31 nur die Drehgeschwindigkeit des Motors 120 bzw. die axiale Geschwindigkeit des Kolbens 10 zu berechnen scheint (Spalte 6, Zeilen 43-53: "measured speed"). Darüber hinaus scheinen die Merkmale "zweiter Sensor" und "Auswerteeinrichtung" zwei separate Bauteile der Brüheinrichtung zu betreffen, da Signale eines Sensors erst an dessen Ausgang anzuliegen scheinen, von wo aus sie zum Eingang der Auswerte-einrichtung weitergeleitet werden müssen, um dort ausgewertet zu werden. Die Beschwerdeführerinnen haben keine separate Auswerteeinrichtung in D1 identifiziert.

Daher scheint D1 nicht zu offenbaren, dass der zweite Sensor zur Erfassung einer Leistungsaufnahme der Antriebseinrichtung vorgesehen ist, und dass eine Auswerteeinrichtung vorgesehen ist, die die vom ersten und zweiten Sensor erfassten Signale auswertet, mit einem Sollwert vergleicht und bei einer vordefinierten Soll-Ist-Wertabweichung ein Warnsignal oder eine Meldung erzeugt, anzeigt oder hinterlegt.

2.2 Dokument D2

D2 scheint nur einen Grenzwert des Drehmoments zu offenbaren, und damit weder eine Leistungsaufnahme noch eine Stromaufnahme des Antriebsmotors des Kolbens (Spalte 7, Zeilen 51-54: "reaching a certain torque"). Die Kammer ist auch nicht davon überzeugt, dass dieser Grenzwert von einem Sensor erfasst wird, da die Bewegung des Kolbens beim Erreichen der Drehmoment-grenze einfach durch das Greifen einer Überlast-sicherung des (danach frei drehenden) Antriebsmotors gestoppt werden könnte.

Daher scheint D2 zumindest nicht zu offenbaren, dass ein zweiter Sensor zur Erfassung der Leistungsaufnahme der Antriebseinrichtung vorgesehen ist."

3.3 Die Beschwerdeführerinnen Einsprechende haben zu dieser Sichtweise nicht weiter Stellung genommen. Mangels weiterer Ausführungen sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer Sichtweise abzuweichen. Somit bestätigt sie den Befund der angefochtenen Entscheidung zur Neuheit, wonach der Gegenstand von Anspruch 1 neu gegenüber D1 und D2 ist, Artikel 54 EPÜ.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Die erfinderische Tätigkeit ist ausgehend von jedem der Dokumente D1 und D2 angegriffen worden. In den Abschnitten 3.1 und 3.2 ihrer Mitteilung als Anlage zur Ladung hat die Kammer wie folgt hierzu vorläufig Stellung genommen:

"3.1 Ausgehend von D1

Das Unterscheidungsmerkmal "zweiter Sensor zur Erfassung einer Leistungsaufnahme der Antriebseinrichtung" bewirkt den Effekt, dass zwei separat arbeitende Sensoren bzw. zwei unabhängige Messsysteme vorhanden sind (Patentschrift, Spalte 1, Zeile 58 bis Spalte 2, Zeile 1; Spalte 3, Zeilen 11-13). Dadurch scheint die Zuverlässigkeit der Positionserfassung erhöht zu werden (Spalte 1, Zeilen 48-50). Folglich scheint die diesem Merkmal zugrunde liegende objektive technische Aufgabe darin zu bestehen, die Zuverlässigkeit der Positionserfassung zu erhöhen.

In D1 scheint der zweite Sensor "processor 31" auf Signale des ersten Sensors "detector 30" angewiesen zu sein, so dass die beiden Sensoren keine unabhängigen Messsysteme bilden (Spalte 6, Zeilen 15-18 und 44-46). Daher scheint ein Fachmann ausgehend von D1 nicht auf naheliegende Weise zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen.

3.2 Ausgehend von D2

Im Hinblick auf D2 bemerkt die Kammer, dass sie diese Prüfung nur im Rahmen des vollständigen Vortrags der Parteien durchführt. Die Beschwerdebegründung scheint jedoch keinen Vortrag zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D2 zu enthalten."

4.2 Die Beschwerdeführerinnen haben zu dieser Sichtweise nicht weiter Stellung genommen. Mangels weiterer Ausführungen sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer Sichtweise abzuweichen. Folglich beruht der Gegenstand von Anspruch 1 auch auf erfinderischer Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.

5. Die Kammer bejaht aus den obengenannten Gründen die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit für den Hauptantrag, Patent wie erteilt, im Lichte der genannten Entgegenhaltungen. Weitere Einwände sind nicht geltend gemacht worden.

Somit steht keiner der erhobenen Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegen, Artikel 101(2) EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation