European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T187416.20191002 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 October 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1874/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01974254.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60T 17/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | DRUCKLUFTAUFBEREITUNGSEINRICHTUNG FÜR KRAFTFAHRZEUGE UND VERFAHREN ZUR REGENERATION DES TROCKNUNGSMITTELS EINES LUFTTROCKNERS EINER LUFTDRUCKVERSORGUNGSANLAGE EINES KRAFTFAHRZEUGS | ||||||||
Name des Anmelders: | KNORR-BREMSE Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | WABCO GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (nein) Neuheit - Hauptantrag, Hilfsantrag 1 Erfinderische Tätigkeit - (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 2 Erfinderische Tätigkeit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 3 Änderungen - zulässig (ja) Ausreichende Offenbarung - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 1322511 in geändertem Umfang, und zwar in der Fassung des Hilfsantrag 1, zur Post gegeben am 7. Juni 2016.
II. Die Einspruchsabteilung hat unter anderem entschieden, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 1 neu ist gegenüber
DE 42 19 101 A1 (D1).
Weiterhin basiert die strittige Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit unter Berücksichtigung der folgenden Dokumente: D1,
VDI Berichte 1504 Nutzfahrzeuge,
Tagung München
4 und 5. November 1999,
Seiten 161 ff. (D15);
US 5,945,745 (D17).
III. Mit der Beschwerdebegründung hat die Einsprechende/Beschwerdeführerin die folgenden Dokumente vorgelegt:
ECAS für Anhängefahrzeuge
Systembeschreibung, 1995 (D21)
Elektronische Niveauregulierung (ECAS)
für luftgefederte Busse, 1997 (D22).
IV. Am 2. Oktober 2019 wurde mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise das Patent auf der Grundlage der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1 bis 4, eingereicht mit Schreiben vom 25. Oktober 2017 aufrechtzuerhalten.
V. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
Druckluftaufbereitungseinrichtung für Kraftfahrzeuge mit einer elektronischen Steuervorrichtung (6) und einer Regenerationseinrichtung (11), wobei mittels der elektronischen Steuervorrichtung (6) die Regenerationseinrichtung (11) und wobei mittels der elektronischen Steuervorrichtung (6) während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs der Betrieb der Druckluftaufbereitungseinrichtung gesteuert wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass nach Abstellen des Kraftfahrzeugs mittels der Steuervorrichtung (6) die Regenerationseinrichtung (11) derart steuerbar ist, dass wenigstens ein Regenerationszyklus durchführbar ist, wobei die Stromversorgung der Steuervorrichtung (6) mittels einer beim Ausschalten des Kraftfahrzeugs nicht abschaltbaren Versorgungsleitung (4) geschieht, wobei eine Schaltvorrichtung (1 a) vorgesehen ist, mittels der die elektronische Steuervorrichtung (6) von der Stromversorgung trennbar ist.
VI. Der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
Druckluftaufbereitungseinrichtung für Kraftfahrzeuge mit einer elektronischen Steuervorrichtung (6) und einer Regenerationseinrichtung (11), wobei mittels der elektronischen Steuervorrichtung (6) die Regenerationseinrichtung (11) und während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs der Betrieb der Druckluftaufbereitungseinrichtung gesteuert wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine Detektionseinrichtung (1) vorgesehen ist, die ein Abstellen des Kraftfahrzeugs detektiert und eine Stromversorgung der elektronischen Steuervorrichtung (6) nach Detektion des Abstellens auf eine beim Abstellen des Fahrzeugs nicht abschaltbare Versorgungsleitung (4) geschaltet wird,
wobei nach dem Abstellen des Kraftfahrzeugs mittels der Steuervorrichtung (6) die Regenerationseinrichtung (11) derart steuerbar ist, dass wenigstens ein Regenerationszyklus durchführbar ist, wobei die Stromversorgung der Steuervorrichtung (6) mittels der beim Ausschalten des Kraftfahrzeugs nicht abschaltbaren Versorgungsleitung (4) geschieht, wobei eine Schaltvorrichtung (1 a) vorgesehen ist, mittels der die elektronische Steuervorrichtung (6) von der Stromversorgung trennbar ist.
VII. Der Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt:
Druckluftaufbereitungseinrichtung für Kraftfahrzeuge mit einer elektronischen Steuervorrichtung (6) und einer Regenerationseinrichtung (11), wobei mittels der elektronischen Steuervorrichtung (6) die Regenerationseinrichtung (11) und wobei mittels der elektronischen Steuervorrichtung (6) während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs der Betrieb der Druckluftaufbereitungseinrichtung gesteuert wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine Detektionseinrichtung (1) vorgesehen ist, die ein Abstellen des Kraftfahrzeuges detektiert und dass nach Abstellen des Kraftfahrzeugs mittels der Steuervorrichtung (6) die Regenerationseinrichtung (11) derart steuerbar ist,
dass wenigstens ein Regenerationszyklus durchführbar ist, wobei die Stromversorgung der Steuervorrichtung (6) mittels einer beim Ausschalten des Kraftfahrzeugs nicht abschaltbaren Versorgungsleitung (4) geschieht,
wobei eine Schaltvorrichtung (1 a) vorgesehen ist, mittels der die elektronische Steuervorrichtung (6) von der Stromversorgung trennbar ist,
wobei die Schaltvorrichtung (1a) in der elektronischen Steuervorrichtung (6) integriert ist.
VIII. Der Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet wie folgt:
Druckluftaufbereitungseinrichtung für Kraftfahrzeuge mit einer elektronischen Steuervorrichtung (6) und einer Regenerationseinrichtung (11), wobei mittels der elektronischen Steuervorrichtung (6) die Regenerationseinrichtung (11) und wobei mittels der elektronischen Steuervorrichtung (6) während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs der Betrieb der Druckluftaufbereitungseinrichtung gesteuert wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine Detektionseinrichtung (1) vorgesehen ist, die ein Abstellen des Kraftfahrzeuges detektiert und dass nach Abstellen des Kraftfahrzeugs mittels der Steuervorrichtung (6) die Regenerationseinrichtung (11) derart steuerbar ist,
dass wenigstens ein Regenerationszyklus durchführbar ist, wobei die Stromversorgung der Steuervorrichtung (6) mittels einer beim Ausschalten des Kraftfahrzeugs nicht abschaltbaren Versorgungsleitung (4) geschieht,
wobei eine Schaltvorrichtung (1 a) vorgesehen ist, mittels der die elektronische Steuervorrichtung (6) von der Stromversorgung trennbar ist,
wobei die Schaltvorrichtung (1a) in der elektronischen Steuervorrichtung (6) integriert ist, und
dass ein Drucksensor (21) vorgesehen ist, mittels dem eine druckabhängige Steuerung des wenigstens einen Regenerationszyklus ermöglicht ist.
IX. Die Argumente der Beschwerdeführerin - soweit sie für die Entscheidung wesentlich waren - lauteten wie folgt:
Die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass es sich bei den Elementen 39 (Zündschloss), 40,43 (Relais), 41 (Zeitglied) und 30 (Magnetventil) nicht um eine elektronische Steuereinheit handelt, sei nicht korrekt. Die Tatsache, dass die Leitung 42 stromlos im Normalbetrieb sei, könne nicht begründen, warum keine Steuerung im Normalbetrieb des Fahrzeugs vorgenommen werde. Die Information "stromlos" signalisiere den Betrieb des Fahrzeugs.
Letztlich sei im Anspruch 1 nicht definiert, welche weiteren Eigenschaften das erfindungsgemäße Steuergerät aufzuweisen habe.
Es sei auch selbstverständlich, dass Steuergeräte für Druckluftaufbereitungen an irgendeiner Stelle im System einen Übergang zwischen dem elektrischen und dem pneumatischen Teil aufweisen müssten, und dies sei in D1 am Ventil 29 der Fall. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nicht neu.
Auch das zusätzliche Merkmal, dass das Abstellen des Fahrzeugs detektiert werde, sei in D1 gezeigt. So sei in der Figur eindeutig ein Zündschloss 39 offenbart.
Das zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Die bauliche Zusammenfassung von Einzelkomponenten in einem Gehäuse läge für den Fachmann im Rahmen des üblichen Handelns. So werde im Stand der Technik verschiedentlich darauf hingewiesen, dass bauliche Integration eine Rolle bei der Entwicklung von Komponenten gespielt habe, siehe z.B. D15, Seite 164, letzter Absatz.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 ist nicht neu, da Anspruch 1 nicht eindeutig definiere, dass der im letzten Merkmal des Anspruchs 1 beschriebene Regenerationszyklus, der mittels eines Drucksensors gesteuert werde, ein Regenerationszyklus sein müsse, der nach Abstellen des Fahrzeugs geschehe (ein sogenannter Nachlaufregenerationszyklus). Das sei diesem Merkmal nicht zu entnehmen. Es werde aber nicht bestritten, dass der Nachlaufregenerationszyklus gemäß D1 keine Druckregelung über einen Druckregler erfahre.
Auf jeden Fall aber sei der Gegenstand des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 3 dem Fachmann nahegelegt, da ihm die Vorteile einer zeitabhängigen Steuerung und die einer bedarfsabhängigen Steuerung eines Regenerationszyklus bekannt seien. Somit sei es ein Einfaches, die zeitabhängige Steuerung um eine bedarfsabhängige Steuerung zu ergänzen.
Dies werde dem Fachmann - wenn er denn eine Anregung bräuchte - auch durch das Dokument D15 nahegelegt. Hier werde darauf hingewiesen, dass ein bedarfsabhängiger Nachlaufregenerationszyklus stattfinde, Seite 168 oben.
Aber auch ausgehend von D15 in Kombination mit D1 werde der Gegenstand von Anspruch 1 nahegelegt. Aus D15 erfahre der Fachmann, dass es einen bedarfsabhängigen Nachlaufregenerationszyklus gebe; D1 lehre weiter, dass eine zeitabhängige Steuerung Vorteile aufweise. Der Fachmann würde somit versuchen beide Systeme miteinander zu kombinieren und in D15 eine Relaissteuerung vorsehen, wie sie D1 offenbare.
Im Übrigen weise D17 den Fachmann an, in sicherheitskritischen Systemen eine Nachlaufsteuerung zu implementieren. Dort werde ein Mikroprozessor nach Abschalten der Zündung noch mit einer Spannung versorgt, die im Prinzip abschaltbar gestaltet sei.
Die Dokumente D21 und D22 müssten in das Verfahren zugelassen werden, da der angegriffene Anspruch 1 (in der von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Fassung) erst während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht wurde. Somit hatte die Einsprechende /Beschwerdeführerin vorher keine Gelegenheit gehabt, Dokumente vorzulegen, die das erst in der mündlichen Verhandlung eingefügte Merkmal beachteten.
Des Weiteren werden die Mängel wegen unzulässiger Erweiterung und Ausführbarkeit, wie im Einspruchsverfahren vorgebracht, auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren aufrechterhalten.
So sei der Betrieb eines Fahrzeugs und der Betrieb einer Druckluftaufbereitungsanlage in der gesamten Offenbarung nirgends definiert. Dies allein stelle bereits eine unzulässige Erweiterung dar. Die Ergänzung des Anspruchs 1, wie in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgenommen ("wobei mittels der elektronischen Steuereinrichtung") ist nicht ursprünglich mit dem Betrieb des Fahrzeugs offenbart.
Auch sei das Merkmal f) ursprünglich nicht offenbart (vgl. Merkmalsgliederung in der Beschwerdebegründung, Anhang, Seite 27).
Es sei aber auch vollkommen unklar, was unter den Begriffen "Abstellen", "Ausschalten" oder "Ausstellen" des Kraftfahrzeugs zu verstehen sei. Daher sei ebenfalls dem Fachmann nicht klar, wie das Merkmal f) ("mittels einer beim Ausschalten des Kraftfahrzeugs nicht abschaltbaren Versorgungsleitung") umzusetzen sei. Die Angaben zur Versorgungsleitung seien widersprüchlich: sie solle zwar nicht abschaltbar sein, dann aber doch abgeschaltet werden können.
X. Die Beschwerdegegnerin begegnete diesen Argumenten wie folgt:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Argumentation der Einspruchsabteilung sei nichts hinzuzufügen.
Die Steuerung in D1 sei während des Normalbetriebs inaktiv. Somit steuere sie nicht die Druckluftaufbereitung während des Betriebs des Kraftfahrzeugs. Diese Steuerung werde überhaupt erst nach Abstellen der Zündung aktiviert.
Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 1 definiere, dass eine Detektionseinrichtung vorhanden sei, die ein Abstellen des Fahrzeugs erfasse. Dies setze eine wie auch immer geartete Detektierung im Sinne einer Sensierung voraus während in D1 der Wegfall der Zündspannung nicht detektiert werde, sondern stattdessen direkt das Starten des Timers durch das Relais initiiert werde.
Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 2 sei in der Lage die erfinderische Tätigkeit der dort definierten Erfindung zu begründen. Eine Integration der Abschalteinrichtung in die Steuervorrichtung sei als besonderes vorteilhaft anzusehen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 3 beschreibe noch zusätzlich, dass der Nachlaufregenerationszyklus über einen Drucksensor gesteuert werde. Im letzten Merkmal des Anspruchs 1 könne nur der Nachlaufregenerationszyklus gemeint sein, da dieses Merkmal mit dem bestimmten Artikel eingeleitet werde und sich damit auf einen Regenerationszyklus beziehen müsse, der bereits vorab im Anspruchswortlaut definiert worden sei, und das sei eben nur der Regenerationszyklus, der nach Abstellen des Fahrzeugs initiiert werde. Es sei nicht erkennbar, warum der Fachmann die Vorrichtung aus D1 ändern würde, es sei auch völlig unklar, wie dies geschehen solle.
Hinsichtlich der vorgebrachten Mängel zur unzulässigen Erweiterung und Ausführbarkeit werde im Wesentlichen auf die Ausführungen im Verfahren vor der Einspruchsabteilung hingewiesen.
Entscheidungsgründe
1. Der jeweilige Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 ist nicht neu gegenüber Dokument D1, Artikel 54 EPÜ.
1.1 Aus Sicht der Kammer stellen die Elemente 39 (Zündschloss), 40,43 (Relais) und 41 (Zeitglied) eine elektronische Steuervorrichtung im Sinne der Erfindung dar. Insbesondere konnte die Beschwerdegegnerin die Kammer nicht überzeugen, dass ein Nicht-Vorliegen eines Signals auf der Leitung 42 (vgl. D1, Figur) keine Steuerung darstelle, siehe auch die Begründung der Einspruchsabteilung, Seite 9 der Entscheidung, Punkt 3.3.
1.2 Der Fachmann kennt als eine Möglichkeit eine Vorrichtung zwischen zwei Zuständen umzuschalten eine Steuerleitung vorzusehen, die zwei Zustände aufweist, nämlich "0" und "1", repräsentiert durch zwei unterschiedliche Spannungswerte. Es ist weiterhin bekannt, dass einem dieser beiden Spannungswerte der Wert "Null" zugewiesen wird, so dass zur Übermittlung eines Zustands der Vorrichtung, die Steuerleitung stromlos sein kann. Der stromlose Zustand indes übermittelt trotzdem eine Information. Somit ist auch die Auffassung der Einspruchsabteilung in diesem Punkt nicht korrekt, die annimmt, dass eine stromlose Steuerleitung kein Signal liefert.
1.3 Insbesondere ist festzustellen, dass die Definition des Anspruchs 1 keine Merkmale für die Ausgestaltung einer erfindungsgemäßen elektronischen Steuereinheit enthält und dass auch die Beschwerdegegnerin keine weiteren Argumente vorgebracht hat, warum die Elemente Relais, Zeitglied, Magnetventil zusammen keine Steuereinheit im Sinne der Erfindung darstellt.
1.4 Auch das zusätzliche Merkmal des Hilfsantrags 1, nämlich dass eine Detektionseinrichtung vorgesehen ist, die ein Abstellen des Fahrzeugs detektiert, ist in Dokument D1 offenbart. So zeigt die Figur einen Fahrschalter 39 und in Spalte 3, Zeilen 25 bis 27 ist beschrieben, dass durch Öffnen des Fahrschalters 39, "also beim Abstellen des Fahrzeugs" das Zeitglied 41 mit der Batterie verbunden wird.
2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.
2.1 Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 2 (wobei die Schaltvorrichtung in der elektronischen Steuervorrichtung integriert ist) ist nicht in der Lage eine erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 zu begründen.
So ist der Argumentation der Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin nicht zu folgen, wonach ein Zusammenfassung einer Schaltvorrichtung mit einer elektronischen Steuereinrichtung in einer einzigen baulichen Einheit dem Fachmann nicht nahegelegt sei.
Die Zusammenfassung von mehreren Baugruppen in einem einzigen Modul zum Zweck der Vereinfachung der Teilelogistik ist dem Fachmann wohlbekannt und führt im vorliegenden Fall nicht zu überraschenden Effekten.
Dies ist von der Beschwerdegegnerin auch nicht bestritten worden.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag 3 ist neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Artikel 54 und 56 EPÜ.
3.1 Das Dokument D1 offenbart unstrittig keinen Regenerationszyklus, der nach Abstellen des Fahrzeugs über einen Drucksensor druckabhängig gesteuert wird (entspricht dem letzten Merkmal des kennzeichnenden Teils von Anspruch 1).
Die Beschwerdeführerin bestreitet aber, dass die Formulierung des letzten Merkmals von Anspruch 1 den Regenerationszyklus auf einen Nachlauf-Regenerationszyklus (Regenerationszyklus nach Abstellen des Fahrzeugs) handeln könne. Schließlich könne hier jede Art von Regenerationszyklus, so auch einer im Fahrbetrieb gemeint sein. D1 offenbare aber einen Regenerationszyklus während des Betriebs des Fahrzeugs, der über einen Druckregler (6) geregelt ist. Ein derartiger Druckregler müsse natürlich auch irgendeine Form eines Sensors enthalten.
Die Kammer folgt hierbei dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin, dass das letzte Merkmal von Anspruch 1 mit dem bestimmten Artikel eingeleitet ist "des wenigstens einen Regenerationszyklus". Damit muss derjenige Regenrationszyklus gemeint sein, der vorab im Anspruchswortlaut definiert ist, nämlich der wenigstens eine Regenerationszyklus, der nach Abstellen des Fahrzeugs initiiert wird.
Der Nachlauf-Regenerationszyklus, der in D1 ebenfalls vorhanden ist, läuft dort nicht über den Druckregler 6; dies wird von den Parteien nicht bestritten.
Damit fehlt das letzte Merkmal des kennzeichnenden Teils in D1.
3.2 Die Beschwerdeführerin kann die Kammer nicht überzeugen mit dem Argument, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 naheliege, da der Fachmann wisse, dass eine bedarfsgerechte Regeneration Vorteile aufweise gegenüber der zeitgesteuerten wie in D1 offenbart, und der Gegenstand des Anspruchs 1 somit nahegelegt sei.
Es gibt in D1 überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür, der den Fachmann motivieren könnte, von einer zeitgesteuerten Regeneration im Nachlauf auf eine bedarfsgesteuerte zu wechseln. D1 offenbart schließlich bereits für den Fahrbetrieb eine bedarfsgesteuerte Regeneration, entscheidet sich aber bewusst nach Abstellen des Fahrzeugs für ein Zeitglied, welches nach dem Ausschalten des Motors noch für eine definierte Zeit eine Regeneration sicherstellt. Somit führt das Konzept der D1 den Fachmann von einer druckgesteuerten Nachlaufregeneration weg. Auch bleibt die Beschwerdeführerin eine Erklärung schuldig, wie diese druckgesteuerte Nachlauf-Regeneration einfach in D1 umzusetzen sei. Somit beruht die Behauptung, der Gegenstand von Anspruch sei nahegelegt, auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
3.3 Daher kann auch die zusätzliche Information, die D15 offenbart, nämlich dass die dort offenbarte Vorrichtung eine druckabhängige Regeneration nach Abstellen des Fahrzeugs vorsieht, die Auffassung der Kammer nicht ändern. Wie ausgeführt würde der Fachmann, auch bei Kenntnis dieser Möglichkeit, diese nicht in die Vorrichtung von D1 integrieren.
3.4 Aus demselben Grund kann auch die Kombination, ausgehend von D15 mit D1 die erfinderische Tätigkeit nicht in Frage stellen. Die Konzepte von D15 und D1 sind derart unterschiedlich, dass für den Fachmann keinerlei Veranlassung besteht, D1 in die Vorrichtung gemäß D15 zu integrieren.
Die Beschwerdeführerin behauptet, dass die Merkmale e), f) und g) (vergleiche Merkmalsanalyse in der Beschwerdebegründung, Anlage, Seite 27) nicht in D15 offenbart seien.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Fachmann, der in D15 eine druckabhängige Regeneration auch im Nachlauf, vorfindet, zusätzlich eine Schaltvorrichtung vorsehen sollte, die die elektronische Steuereinheit (in D15 das mechatronische Modul) von der Stromversorgung des Fahrzeugs nach einer vordefinierten Zeit trennen sollte. D15 offenbart vielmehr (vgl. Seite 167 unten), dass die Trocknerkartusche "im Normalbetrieb ... durch die Elektronik" gesteuert wird, während bei Zündung "AUS" die Regeneration nach Erreichen des Solldrucks über das Rückschlagventil und der nachgeschalteten Drossel bis zum Einschaltdruck des Druckreglers erfolgt, vgl. Seite 168, 2. Absatz.
Daraus folgt aus Sicht der Kammer eindeutig, dass die Elektronik (das mechatronische Modul) bereits zum Zeitpunkt des Abschaltens der Zündung stromlos ist, denn bedarfsgerechte Nachlaufregeneration wird in D15 rein pneumatisch realisiert.
Damit würde eine Vorrichtung gemäß D1 keine Auswirkung auf das ECAM System der D15 haben.
3.5 Hinsichtlich dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, auch die Kombination von D15 und D17 lege den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrag 3 nahe, stellt die Kammer fest, dass der Fachmann aus den unter 3.4 genannten Gründen keine Veranlassung hat, D15 derart zu modifizieren, dass eine Abschaltung der Versorgungsleitung nach Abstellen der Zündung möglich wird.
4. Die Dokumente D21 und D22, vorgelegt von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerdebegründung werden nicht in das Verfahren zugelassen, Artikel 12 (4) VOBK.
4.1 Die Kammer widerspricht den Einlassungen der Beschwerdeführerin, dass die verspätete Vorlage der Dokumente eine Reaktion auf den erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Antrag sei, der letztlich zur Aufrechterhaltung in geändertem Umfang vor der Einspruchsabteilung geführt habe.
4.2 Die Beschwerdeführerin hat mit der Beschwerdebegründung argumentiert, dass die Kombination der Dokumente D15 und D22 bzw. D15 und D21 den Gegenstand des Anspruchs 1 nahelegt. Nun hat aber die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung zugestanden, dass das erst in der mündlichen Verhandlung dem erteilten Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal d' ("wobei mittels der elektronischen Steuervorrichtung (6) während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs der Betrieb der Druckluftaufbereitungseinrichtung gesteuert wird") in D15 bereits offenbart ist. Die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass die Kombination von D15 und D17 nicht die erfinderische Tätigkeit in Frage stellen kann, ist also nicht dadurch begründet, dass Anspruch 1 mit Merkmal d' geändert worden ist und dass das geänderte Merkmal nicht in dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik zu finden ist.
Somit kann die Vorlage der Dokumente D21 und D22 nicht durch die Aufnahme des zusätzlichen Merkmals (in Merkmal d') veranlasst sein.
Diese Dokumente hätten somit bereits erstinstanzlich vorgelegt werden müssen.
5. Die Erfindung des Streitpatents ist derart beschrieben, dass sie ein Fachmann ausführen kann, Artikel 100 b) EPÜ.
Des Weiteren ist das Patent nicht in einer Weise geändert, dass sein Gegenstand über den Inhalt in der ursprünglichen Fassung hinausgeht, Artikel 100 a) und 123(2) EPÜ.
Die Beschwerdeführerin hat dargetan, dass die gegen das erteilte Patent bzw. gegen die von der Einspruchsabteilung zur Aufrechterhaltung in geändertem Umfang vorgeschlagene Fassung vorgebrachten Einwände auch unverändert gegen Anspruchssatz des Hilfsantrags 3 bestünden.
In diesem Punkt aber schließt sich die Kammer vollumfänglich der Auffassung der Einspruchsabteilung an und hat dem nichts weiter hinzuzufügen.
6. Die Kammer ist der Ansicht, dass in diesem Fall eine Zurückverweisung an die erste Instanz zur Anpassung der Beschreibung sachdienlich ist. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche des Hilfsantrags 3 eingereicht mit Schreiben vom 25. Oktober 2017 und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.