T 1687/16 () of 22.2.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T168716.20190222
Datum der Entscheidung: 22 Februar 2019
Aktenzeichen: T 1687/16
Anmeldenummer: 10715791.9
IPC-Klasse: C08F 2/10
A61L 15/24
C08F 6/06
C08J 3/28
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR ABTRENNUNG METALLISCHER VERUNREINIGUNGEN
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: NIPPON SHOKUBAI KABUSHIKI KAISHA
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechende richtet sich gegen die am 10. Mai 2016 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 424 900 zurückgewiesen wurde.

II. Ansprüche 1 und 11 des erteilten Patents lauteten wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel durch Polymerisation einer Monomerlösung oder-suspension, enthaltend

a) mindestens ein ethylenisch ungesättigtes, säuregruppentragendes Monomer, das zumindest teilweise neutralisiert sein kann,

b) mindestens einen Vernetzer,

c) mindestens einen Initiator,

d) optional ein oder mehrere mit den unter a) genannten Monomeren copolymerisierbare ethylenisch ungesättigte Monomere und

e) optional ein oder mehrere wasserlösliche Polymere,

wobei metallische Verunreinigungen aus einem wasserabsorbierende Polymerpartikel enthaltenden Produktmassenstrom mittels eines Magnetabscheiders abgetrennt werden, der Magnetabscheider aus Stabmagneten aufgebaut ist, die Stabmagneten aus einer Hülse und einem in der Hülse befindlichen magnetischem Material bestehen und die Hülse unlösbar mit dem magnetischen Material verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsen unmittelbaren Kontakt zu den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln haben können und die wasserabsorbierenden Polymerpartikel mindestens ein Tensid enthalten."

"11. Verfahren zur Abtrennung metallischer Verunreinigungen aus einem wasserabsorbierende Polymerpartikel enthaltenden Produktmassenstrom mittels eines Magnetabscheiders, wobei der Magnetabscheider aus ein Stabmagneten aufgebaut ist, die Stabmagnete aus einer Hülse und einem in der Hülse befindlichen magnetischem Material bestehen und die Hülse unlösbar mit dem magnetischen Material verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsen unmittelbaren Kontakt zu den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln haben können und die wasserabsorbierenden Polymerpartikel mindestens ein Tensid enthalten."

Ansprüche 2 bis 10 und 12 des Streitpatents waren vom Anspruch 1, beziehungsweise vom Anspruch 11, abhängige Ansprüche.

III. In der angefochtenen Entscheidung wurde unter Anderem auf folgende Dokumente Bezug genommen:| |

D1: EP 1 754 725

D2: EP 1 422 257

D3: EP 1 721 663

D4: WO 2008/120742

D5: EP 2 135 669

D6: WO 97/37695

D22/D23: Powerful Permanent Magnetic Bars, Nippon Magnetics U.S.A. Inc. (D22: 4 Seiten, auf Japanisch; D23: partielle Übersetzung von D22, in Englisch)

D30/D31: Electric & Permanent [Dry & Wet] Magnetic Separators, Nippon Magnetics U.S.A. Inc. (D30: 4 Seiten, auf Japanisch; D31: partielle Übersetzung von D30, in Englisch)

D34: Grate Magnets, Eriez Magnetics Japan Co., Ltd. (6 Seiten, auf Japanisch)

D40: Bild (Fotographie), eingereicht mit Schriftsatz der Patentinhaberin vom 24. Juni 2014

D44: Powerful Permanent Magnetic Bars, Nippon Magnetics U.S.A. Inc. (4 Seiten, auf Japanisch und 2 Seiten ihrer partiellen Übersetzung in Englisch)

D46: Electric & Permanent Magnetic Separators [Dry & Wet], Nippon Magnetics U.S.A. Inc. (4 Seiten, teilweise auf Japanisch und teilweise in Englisch)

Da das Dokument D4 eine PCT Anmeldung auf Japanisch ist, wird in der vorliegenden Entscheidung sein Inhalt, in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Parteien, im Lichte der entsprechenden europäischen Anmeldung D5 ermittelt.

IV. In ihrer Entscheidung befand die Einspruchsabteilung unter Anderem, dass dem Gegenstand der erteilten Ansprüche eine erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik aus folgenden Gründen anerkannt werden könne (Absatz 14 der Begründung der Entscheidung):

- Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheide sich von D2 dadurch, dass die Stabmagneten aus einer Hülse und einem in der Hülse befindlichen magnetischen Material bestanden und die Hülse unlösbar mit dem magnetischen Material verbunden sei, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsen unmittelbaren Kontakt zu den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln haben könnten;

- Da aus den Streitpatent nicht hervorgehe, dass dieses Unterscheidungsmerkmal mit einer Wirkung verbunden sei, bestehe die tatsächlich gelöste Aufgabe darin, ein alternatives Verfahren zur Abtrennung von metallischen Verunreinigungen bereitzustellen;

- Obwohl Stabmagnete mit festen Hülsen allgemein bekannt seien, sei eine Anlage wobei der Magnetabscheider aus Stabmagneten aufgebaut sei, die Stabmagneten aus einer Hülse und einem in der Hülse befindlichen magnetischen Material bestanden und die Hülse unlösbar mit dem magnetischen Material verbunden sei, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsen unmittelbaren Kontakt zu den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln haben könnten, nicht als übliche Alternative zu betrachten.

V. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Ferner wurde, unter Anderem, folgendes Dokument eingereicht:

D64: Magnet systems for the food and pharmaceutical industries, Bakker Magnetics, 2004

VI. Mit der Beschwerdeerwiderung beantragte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) die Zurückweisung der Beschwerde.

VII. Mit Schriftsatz vom 6. April 2017 brachte die Beschwerdeführerin weitere Argumente vor.

VIII. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung mit. Im Absatz 7.4.2 dieser Mitteilung wurde erwähnt, dass das Dokument D5, ein Stand der Technik nach Artikel 54(3) EPÜ zu sein scheine. Jedoch scheine sein Inhalt dem Dokument D4 (WO-Äquivalent zu D5, auf Japanisch) zu entsprechen.

IX. Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2018 reichte die Beschwerdegegnerin folgendes Dokument ein:

D68: Erklärung von Hr. R. Funk, datiert vom 26. Oktober 2018

X. Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2019 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

XI. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 22. Februar 2019 in Abwesenheit der Beschwerdeführerin, wie angekündigt, statt.

XII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

a) D2 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Sowohl Polymerpartikel gemäß Anspruch 1 des Streitpatents als auch die Verwendung eines Magnetabscheiders, um metallische Verunreinigung zu entfernen, seien in der Beschreibung der D2, insbesondere in den Beispielen 1 bis 4, offenbart.

b) Selbst wenn der D2 zu entnehmen sei, dass höchstwahrscheinlich Magnetstäbe ohne lösbare Hülsen verwendet worden seien, könne man akzeptieren, dass dies nicht zwangsläufig der Fall sei. Somit unterscheide sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 von D2 durch die Verwendung eines spezifischen Magnetabscheiders, wobei Stabmagnete ohne lösbare Hülse eingesetzt werden.

In diesem Zusammenhang sei die mögliche Zugabe eines Tensids bereits in der Beschreibung der D2 erwähnt und gehöre somit zu der Offenbarung der D2.

Es sei ferner der D2 zu entnehmen, dass die Zugabe des Tensids nach der Oberflächenvernetzung und vor der Entfernung der metallischen Verunreinigungen stattfinden solle. Die Verwendung eines Tensids und seine Zugabe vor dem Magnetabscheider stellen somit kein Unterscheidungsmerkmal dar.

c) Weder in D2 noch in den Beispielen des Streitpatents sei angegeben, ob in dem verwendeten Magnetsabscheider Magnetstäbe mit oder ohne lösbaren Hülsen eingesetzt worden seien. Somit können die Beispiele des Streitpatents keinen Effekt, der mit dem o.g. Unterscheidungsmerkmal verbunden sei, illustrieren.

Gemäß den Absätzen 7 und 22 des Streitpatents bestehe die Aufgabe ferner darin, eine leichtere Reinigung des Magnetabscheiders in Bezug auf sowohl metallische Verunreinigungen als auch auf anhaftende wasserabsorbierende Polymerpartikel, bereitzustellen. Eine Verbesserung der Reinigung nur in Bezug auf metallische Verunreinigungen sei dem Streitpatent nicht zu entnehmen.

Bezüglich der Entfernung von metallischen Verunreinigungen sei zudem keine Verbesserung gegenüber dem Beispiel 4 des D2, in dem 100 % der metallischen Verunreinigungen entfernt wurden, gezeigt worden.

Somit liege die gegenüber D2 tatsächlich gelöste Aufgabe lediglich darin, ein weiteres Verfahren zur Abtrennung von metallischen Verunreinigungen aus wasserabsorbierenden Polymerpartikeln bereitzustellen.

d) Obwohl D2 selbst keinen Hinweis zu einem wie im erteilten Anspruch 1 definierten Magnetabscheider enthalte, seien diese, wie z.B. aus D22/D23, D30/D31, D34, D44, D46, und D64 ersichtlich, wohl bekannt und stellen eine naheliegende Alternative dar.

Darüber hinaus sei die Verwendung eines Magnetabscheider ohne lösbaren Hülsen lediglich eine Alternative aus nur zwei möglichen und bekannten Ausführungsformen, wie aus dem Streitpatents selbst zu entnehmen sei.

Ferner, sollten Tenside als Unterscheidungsmerkmal berücksichtigt werden, sei ihre Verwendung um die Haftung von wasserabsorbierenden Polymerpartikeln u.a. an Apparaten zu verhindern, z.B. aus D1 und D3 bis D6 naheliegend.

e) Aus diesen Gründen sei der Anspruch 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch.

XIII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

a) D2, insbesondere ihre Beispiele 1 bis 4, stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar.

b) Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 unterscheide sich von D2 durch

- Die Verwendung eines spezifischen Magnetabscheiders ohne lösbare Hülsen, welcher aus D2 nicht explizit offenbart sei;

- Die Anwesenheit eines Tensids in den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln, welche aus D2 lediglich als fakultative Maßnahme offenbart sei;

- Die Zugabe dieses Tensids zwangsläufig vor dem Magnetabscheider, was in D2 nicht explizit offenbart sei.

c) Die Beispiele 1 und 2 des Streitpatents zeigen, dass die o.g. Unterscheidungsmerkmale zu einer leichteren Reinigung des Magnetabscheiders in Bezug auf die metallischen Verunreinigungen führen.

Diese Aufgabe sei dem Absatz 22 des Streitpatents zu entnehmen. Darüber hinaus bestehe das Problem der Verschmutzung des Magnetabscheiders durch die wasserabsorbierenden Polymerpartikeln in den Beispielen der D2 gar nicht, insbesondere weil die wasserabsorbierenden Polymerpartikel getrocknet worden seien, bevor sie in den Magnetabscheider gelangen. Dies sei durch die Fotographie eines verschmutzen Magnetabscheiders (D40) gezeigt und ferner in der Erklärung D68 bestätigt worden.

d) Keines der zitierten Dokumente lehre, dass sich metallische Verunreinigungen durch den Zusatz von Tensiden zum Superabsorber bevor der Massenstrom zum Magnetabscheider gelangt besser vom Magnetabscheider entfernen lassen. Somit sei es nicht naheliegend gewesen, die oben genannte Aufgabe, durch ein Verfahren wie im Anspruch 1 des Streitpatents definiert, welches u.a. dadurch charakterisiert sei, dass die wasserabsorbierenden Polymerpartikeln ein Tensid enthalten, zu lösen.

e) Aus diesen Gründen sei der Anspruch 1 des Streitpatents erfinderisch.

f) Die gleiche Argumentation gelte sowohl für den erteilten Anspruch 11 als auch für die erteilten abhängigen Ansprüche 2 bis 10 und 12.

XIV. Die Beschwerdeführerin beantragte im schriftlichen Wege die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Erfinderische Tätigkeit

1.1 Nächstliegender Stand der Technik

1.1.1 Beide Parteien betrachteten, wie die Einspruchsabteilung, D2 als nächstliegenden Stand der Technik.

1.1.2 In diesem Zusammenhang betrifft das Streitpatent ein Verfahren zur Abtrennung metallischer Verunreinigungen aus einem wasserabsorbierende Polymerpartikel enthaltenden Produktmassenstrom mittels Stabmagneten, wobei die wasserabsorbierenden Polymerpartikel ein Tensid enthalten und unmittelbaren Kontakt mit den Stabmagneten haben (Absatz 1 und Ansprüche 1 und 11 des Streitpatents).

1.1.3 D2 betrifft ebenfalls ein Verfahren zur Entfernung von metallischen Substanzen aus wasserabsorbierenden Polymeren, wobei die Polymerpartikel mit Stabmagneten zur Abtrennung von metallischen Verunreinigungen in Kontakt kommen (Anspruch 1; Absätze 7, 8, 20-22, 72-78; Beispiele 1 bis 4). Die Beispiele 1 bis 4 beschreiben die Polymerisation einer Monomerlösung enthaltend (a) teilweise neutralisiertes Natrium Akrylat, (b) Trimethylolpropan-Triacrylat als Vernetzer und (c) Natriumpersulfat/L Ascorbinsäure als Initiator. D2 offenbart ferner die Möglichkeit verschiedene Zusatzmaterialien, u.a. Tenside, zu verwenden (Seite 9, Zeile 31).

1.1.4 Unter solchen Umständen stimmt die Kammer den Parteien zu, dass D2 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen werden kann. Ferner sind die Beispiele 1 bis 4 der D2 besonders relevant und stellen den nächstliegenden Stand der Technik dar.

1.2 Unterscheidungsmerkmal(e)

1.2.1 Es war zwischen den Parteien unstrittig, dass das Merkmal des erteilten Anspruchs 1, dass "die Stabmagnete aus einer Hülse und einem in der Hülse befindlichen magnetischen Material bestehen und die Hülse unlösbar mit dem magnetischen Material verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsen unmittelbaren Kontakt zu den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln haben können", in D2 nicht explizit offenbart ist. Zwischen den Parteien war es ferner unstrittig, dass sowohl Stabmagnete mit lösbaren Hülsen als auch solche mit nicht lösbaren Hülsen in den Beispielen 1 bis 4 der D2 in Frage kommen und dass nur diese beiden Arten von Magneten für diesen Verfahrenschritt verwendet werden (siehe z.B. Angabe der Beschwerdegegnerin gemäß Absatz 3.1 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, in Bezug auf die Beispiele des Streitpatents, dem die Beschwerdeführerin nicht widersprochen hat). Obwohl D2 keine Information bzgl. Stabmagneten mit einer lösbaren Hülse enthält, kann man nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass das Merkmal der unlösbaren Hülsen zwangsläufig erfüllt ist (keine zwangsläufige implizite Offenbarung).

1.2.2 Obwohl D2 die mögliche Verwendung von wasserabsorbierende Polymerpartikel enthaltenden Tensiden offenbart (Seite 9, Zeilen 28-36), wurde von der Beschwerdeführerin weder argumentiert noch gezeigt, dass die in den Beispielen 1-4 der D2 hergestellten wasserabsorbierenden Polymerpartikel ein Tensid enthalten, wie im erteilten Anspruch 1 definiert.

1.2.3 Ferner werden Tenside in D2 in einer sehr allgemeinen Passage offenbart, wobei kein Hinweis darauf gegeben wird, an welcher Stelle des Verfahrens dieser Zusatzstoff zugesetzt werden soll. Darüber hinaus kann gemäß der allgemeinen Lehre der D2 der Magnetabscheider an beliebiger Stelle des Verfahrens eingebaut werden (D2: Absätze 78 und 89). Somit bleibt offen, ob der mögliche Zusatzstoff (z.B. Tenside) vor dem Magnetabscheider oder erst danach zugesetzt wird. Somit findet die mögliche Zugabe eines Tensids in dem Verfahren gemäß D2 nicht zwangsläufig vor dem Magnetabscheider statt. Da es zwischen den Parteien nicht strittig war, dass der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 definiert, dass die wasserabsorbierenden Polymerpartikel, die im Magnetabscheider behandelt werden, ein Tensid enthalten müssen, stellt dieses Merkmal einen weiteren Unterschied zwischen dem Verfahren gemäß geltendem Anspruch 1 und einem Verfahren gemäß den Beispielen 1 bis 4 der D2 dar.

1.2.4 In Anbetracht der vorstehenden Erläuterungen, unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 von einem Verfahren gemäß den Beispielen 1 bis 4 von D2 durch folgende Merkmale:

- "die Stabmagnete aus einer Hülse und ... unmittelbaren Kontakt zu den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln haben können";

- die im Magnetabscheider behandelten wasserabsorbierenden Polymerpartikeln enthalten ein Tensid.

1.3 Die gegenüber D2 gelöste Aufgabe

1.3.1 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass die gegenüber den Beispielen 1 bis 4 der D2 gelöste technische Aufgabe in der Bereitstellung eines Verfahrens, bei welchem sich metallische Verunreinigungen besser vom Magnetabscheider entfernen lassen, liege.

1.3.2 Es wurde von der Beschwerdeführerin bestritten, dass eine solche Aufgabe dem Streitpatent zu entnehmen sei, da die dort erwähnte Verbesserung der Reinigung die Entfernung sowohl von metallischen Verunreinigungen als auch von wasserabsorbierenden Polymerpartikeln betreffe.

1.3.3 Somit ist zunächst zu klären, wie die zu lösende Aufgabe formuliert werden soll.

In diesem Zusammenhang ist bei der objektiven Ermittlung dieser Aufgabe zunächst von der im Streitpatent formulierten Aufgabe auszugehen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 2016, 8. Auflage, I.D.4.3.2).

Gemäß Absatz 7 des Streitpatents führt das beanspruchte Verfahren zu einer Verbesserung der Reinigung des Magnetabscheiders. Ferner wird im Absatz 22 des Streitpatents folgendes ausgeführt:

"Die Stabmagnete beladen sich während des Betriebes mit metallischen Verunreinigungen sowie anhaftenden wasserabsorbierenden Polymerpartikeln und müssen daher regelmäßig gereinigt werden. Dazu werden die Stabmagnete aus dem Produktmassenstrom entfernt und die anhaftenden metallischen Verunreinigungen sowie wasserabsorbierende Polymerpartikel beispielsweise mittels eines Staubsaugers entfernt. Nachteilig hierbei ist, dass sich die Stabmagnete so nur sehr schwer reinigen lassen".

Jedoch erklärte die Beschwerdegegnerin, dass dieser Absatz 22 so zu verstehen sei, dass es möglich sei, dass wasserabsorbierende Polymerpartikel an den metallischen Verunreinigungen haften, wobei wasserabsorbierende Polymerpartikel dann zusammen mit diesen metallischen Verunreinigungen abgeschieden werden können. Darüber hinaus hat die Beschwerdegegnerin mit dem Bild D40 gezeigt, dass in den Beispielen des Streitpatents, keine Verschmutzung der Magnetstäbe durch die wasserabsorbierenden Polymerpartikeln stattfindet. Dabei sei angemerkt, dass die Beschwerdegegnerin dargelegt hat (D68: zweiter Absatz), dass die Beispiele des Streitpatents mit einem Magnetabscheider, in dem die Magnetstäbe keine Hülse aufweisen, durchgeführt wurden (was sich nicht zwingend aus dem Streitpatent entnehmen lässt). Ferner wurde die Schlussfolgerung, dass in den Beispielen 1 und 2 des Streitpatents keine Verschmutzung durch am Stabmagneten haftende wasserabsorbierende Polymerpartikel stattfindet, durch die Erklärung eines der Erfinder des Streitpatents bestätigt (D68: dritter Absatz). Schließlich hat die Beschwerdegegnerin glaubhaft gemacht, dass die gleiche Schlussfolgerung für ein Verfahren gemäß den Beispielen 1 bis 4 von D2 zu erwarten ist, da sie die gleichen oberflächenvernetzten Polymerpartikeln betreffen, wobei diese Partikeln in einem sehr trocken Zustand dem Magnetabscheider zugesetzt werden (D2: Absätze 120 und 123).

Somit kann die von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagene Formulierung der zu lösenden Aufgabe als aus dem Patent ableitbar und glaubhaft betrachtet werden.

1.3.4 Um zu entscheiden, ob diese Aufgabe durch das beanspruchte Verfahren gelöst wird, sind die im Patent befindlichen Beispiele zu betrachten. In diesem Zusammenhang betrifft das Beispiel 2 des Streitpatents ein Verfahren gemäß dem erteilten Anspruch 1 (und 11), welches sich vom Beispiel 1 des Streitpatents lediglich dadurch unterscheidet, dass ein Tensid bei der Oberflächenvernetzung der Polymerpartikeln eingesetzt wurde (Absatz 133). Während im Beispiel 2 die Stabmagneten sich mit einem Staubsauger leicht reinigen lassen, war es für das Beispiel 1 nicht der Fall (Absätze 132 und 134). Dabei ist zu betrachten, dass das Bild welches von der Beschwerdegegnerin mit Schriftsatz vom 24. Juni 2014 eingereicht wurde (D40) und die Erklärung D68 zeigen, dass die verbesserte Reinigung in einer leichteren Entfernung von metallischen Verunreinigungen besteht. Somit stimmt die Beschwerdekammer zu, dass die Beispiele 1 und 2 des Streitpatents glaubhaft machen, dass die von der Beschwerdegegnerin angesehene Aufgabe tatsächlich gelöst wurde (wobei das Beispiel 1 des Streitpatents einem Verfahren gemäß der Lehre der Beispiele 1 bis 4 der D2, wobei ein Magnetabscheider mit Magnetstäben ohne lösbare Hülsen eingesetzt wird, entspricht).

1.3.5 Aus diesen Gründen ist die tatsächlich gelöste technische Aufgabe die Bereitstellung eines Verfahrens, bei welchem sich metallische Verunreinigungen besser vom Magnetabscheider entfernen lassen.

1.4 Naheliegen der Lösung

1.4.1 Es bleibt zu klären, ob es für den Fachmann naheliegend ist, den nächstliegenden Stand der Technik so abzuändern, dass man zum beanspruchten Gegenstand kommt, mit dem Zweck, die oben definierte Aufgabe zu lösen.

1.4.2 In diesem Zusammenhang, selbst wenn D2 die mögliche Zugabe eines Tensids erwähnt (Seite 9, Zeile 31), werden in D2 Tenside nur als mögliche Additive in einer langen Liste offenbart, ohne mögliche Vorteile ihrer Verwendung zu erwähnen. Ein Hinweis Tenside hinzuzufügen, um die o.g. Aufgabe zu lösen, ist deshalb in D2 nicht zu finden.

1.4.3 Es ist ferner festzustellen, dass sich keines der zitierten Dokumente mit der Aufgabe der leichteren Entfernung metallischer Verunreinigungen von Magnetstäben eines Magnetabscheiders (oder eines anderen Apparats) beschäftigt. Stattdessen betreffen die von der Beschwerdeführerin zitierten Dokumente in Bezug auf die Verwendung von Tensiden das Problem der Klebrigkeit von wasserabsorbierenden Polymerpartikeln aneinander oder deren Anhaftung an Apparaten (D1: Absätze 74-76, 96 und 140; D3: Absätze 1, 11, 15, 19 und 146-157; D4/D5: Ansprüche 1 und 6, Absatz 26; D6: Anspruch 1, Seite 2, Zeilen 17-23 und Seite 12, Zeilen 12-16), wobei von der Beschwerdegegnerin glaubhaft gemacht wurde, dass dieses Problem in den Beispielen 1 bis 4 der D2 gar nicht auftaucht (siehe Absatz 1.3.3 oben). Somit können diese Dokumente keinen Hinweis liefern, die im Absatz 1.3.5 definierte Aufgabe durch die Zugabe eines Tensids zu den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln vor der Behandlung im Magnetabscheider in einem Verfahren gemäß der Beispiele 1 bis 4 der D2 zu lösen.

1.4.4 Da mindestens eines der im Absatz 1.2.8 oben identifizierten Unterscheidungsmerkmale (nämlich die Zugabe eines Tensids vor der Behandlung im Magnetabscheider) nicht naheliegend ist, ist es nicht erforderlich zu untersuchen, ob das andere Unterscheidungsmerkmal ("die Stabmagnete aus einer Hülse und ... unmittelbaren Kontakt zu den wasserabsorbierenden Polymerpartikeln haben können") zusätzlich zur erfinderischen Tätigkeit beiträgt.

1.4.5 Somit kann die Kammer auf der Basis der Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht zum Schluss kommen, dass sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 in naheliegender Weise aus dem zitierten Stand der Technik ergibt. Daher ist eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ für den erteilten Anspruch 1 anzuerkennen.

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1.5 Die Beschwerdeführerin hat in Bezug auf den erteilten Anspruch 11 keine zusätzliche Argumente (im Vergleich zum erteilten Anspruch 1) vorgebracht. Da die gleiche Argumentation wie für den Anspruch 1 gilt (in Bezug sowohl auf den nächstliegenden Stand der Technik, die Unterscheidungsmerkmale und die tatsächlich gelöste Aufgabe), gelangt die Kammer in Bezug auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 11 zu der gleichen Schlussfolgerung wie für den Anspruch 1, der somit ebenso auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.

1.6 Schließlich gilt diese Schlussfolgerung auch für die erteilten abhängigen Ansprüche 2 bis 10 und 12.

2. Da der einzige im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Einwand der Beschwerdeführerin (fehlende erfinderische Tätigkeit ausgehend von D2) nicht erfolgreich ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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