T 1678/16 (Behandlung von Schwefeloxide enthaltenden Abgasen/ReNabi) of 14.11.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T167816.20181114
Datum der Entscheidung: 14 November 2018
Aktenzeichen: T 1678/16
Anmeldenummer: 10725012.8
IPC-Klasse: B01D 53/50
B01D 53/75
B01D 53/78
B01D 53/83
B01D 53/96
C01D 7/00
C01F 11/46
F23J 15/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR BEHANDLUNG VON SCHWEFELOXIDE ENTHALTENDEN ABGASEN
Name des Anmelders: ReNabi GmbH
Name des Einsprechenden: SOLVAY (SOCIETE ANONYME)
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 100(b)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung (nein)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das Europäische Patent EP-B-2 411 123 zurückzuweisen.

II. Der unabhängige Anspruch 1 des erteilten Patents lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Behandlung von Schwefeloxide enthaltenden Abgasen, insbesondere Abgasen aus technischen Verbrennungsanlagen, insbesondere Rauchgasen, oder Abgasen aus technischen Prozessen, zu Zwecken der Entfernung und/oder Abscheidung der Schwefeloxide oder zu Zwecken der Reduktion des Schwefeloxidgehalts, gekennzeichnet durch die folgenden Verfahrensschritte:

(a) Umsetzung der aus den zu behandelnden Abgasen stammenden Schwefeloxide mit Natriumhydrogencarbonat unter oxidierenden Bedingungen und/oder in Gegenwart von Sauerstoff zur Erzeugung von Natriumsulfat, wobei pulverförmiges Natriumhydrogencarbonat in feiner Verteilung bei Temperaturen im Bereich von 100 bis 300 °C in den Strom der die Schwefeloxide enthaltenden Abgase eingedüst und/oder eingesprüht wird; dann

(b) Umsetzung des in Verfahrensschritt (a) erhaltenen Natriumsulfats mit Calciumchlorid zur Erzeugung von Calciumsulfat und Natriumchlorid, wobei das in Verfahrensschritt (a) erhaltene feste Natriumsulfat in eine wäßrige Lösung oder Dispersion überführt wird, welche dann mit einer wäßrigen Lösung oder Dispersion von Calciumchlorid in Kontakt gebracht wird, und das in Verfahrensschritt (b) erhaltene Calciumsulfat abgetrennt und aus dem Verfahren ausgeschleust wird; nachfolgend

(c) Umsetzung des in Verfahrensschritt (b) erhaltenen Natriumchlorids in Form einer wäßrigen Lösung oder Dispersion zu Natriumhydrogencarbonat unter Zusatz von und/oder Inkontaktbringen mit gasförmigem Kohlendioxid und Ammoniak unter Bildung von Ammoniumchlorid als weiterem Reaktionsprodukt, gefolgt von einer Rückführung des resultierenden Natriumhydrogencarbonats in Verfahrensschritt (a); dann

(d) Umsetzung des in Verfahrensschritt (c) erhaltenen Ammoniumchlorids zu Ammoniak und Calciumchlorid, gefolgt von einer Rückführung des resultierenden Ammoniaks in Verfahrensschritt (c) und einer Rückführung des resultierenden Calciumchlorids in Verfahrensschritt (b), wobei eine wäßrige Lösung oder Dispersion des Ammoniumchlorids unter Zusatz von und/oder Inkontaktbringen mit Calciumhydroxid umgesetzt wird."

Ansprüche 2 bis 11 sind bevorzugte Ausführungsformen davon.

Der unabhängige Anspruch 12 lautet wie folgt:

"12. Vorrichtung zur Behandlung von Schwefeloxide enthaltenden Abgasen, insbesondere Abgasen aus technischen Verbrennungsanlagen, insbesondere Rauchgasen, oder Abgasen aus technischen Prozessen, zu Zwecken der Entfernung und/oder Abscheidung der Schwefeloxide oder zu Zwecken der Reduktion des Schwefeloxidgehalts,

dadurch gekennzeichnet, daß die Vorrichtung umfaßt:

- einen Reaktor 1 zur Umsetzung der aus den zu behandelnden Abgasen stammenden Schwefeloxiden zu Natriumsulfat durch Eindüsung von pulverförmigem Natriumhydrogencarbonat;

- stromabwärts zu dem Reaktor 1 einen Reaktor 2 zur Umsetzung des in dem stromaufwärts zu Reaktor 2 angeordneten Reaktor 1 erhaltenen Natriumsulfat zu Calciumsulfat in Form von Gips und Natriumchlorid;

- stromabwärts zu dem Reaktor 2 einen Reaktor 3 zur Umsetzung des in dem stromaufwärts zu Reaktor 3 angeordneten Reaktor 2 erhaltenen Natriumchlorids zu Natriumhydrogencarbonat und Ammoniumchlorid, wobei der Reaktor 3 eine Einrichtung (5) zur Rückführung des erhaltenen Natriumhydrogencarbonats zu dem Reaktor 1 sowie Einrichtungen zum Einleiten von Kohlendioxid einerseits und Ammoniak andererseits umfasst;

- stromabwärts zu dem Reaktor 3 einen Reaktor 4 zur Umsetzung des in dem stromaufwärts zu Reaktor 4 angeordneten Reaktor 3 erhaltenen Ammoniumchlorids zu Ammoniak und Calciumchlorid, wobei der Reaktor 4 eine Einrichtung (6) zur Rückführung des erhaltenen Ammoniaks in den Reaktor 3 und eine Einrichtung (7) zur Rückführung des erhaltenen Calciumchlorids in den Reaktor 2 umfaßt."

Anspruch 13 ist eine bevorzugte Ausführungsform davon.

III. Folgende in der angefochtetenen Entscheidung zitierte Dokumente sind auch für die vorliegende Entscheidung von Relevanz:

D1: EP 366 182 A1

D2: US 4 247 525 A

D7: Technologies for the environment, REC**(®), Flue gas cleaning and recycling of residues, For integrated waste management, Solvay

D32: Sodium Chemicals get Nod for commercial FGD in '90's; Chemical Marketing Reporter, July 7, 1986

IV. In ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK, war die Beschwerdekammer der vorläufigen Meinung, dass die Beschwerde voraussichtlich zurückzuweisen sei.

V. In der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2018 nahm die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) u.a. ihre Einwände bezüglich der Zulassung der Dokumente D7 und D32 zurück.

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Die Bedingungen des Artikels 83 EPÜ seien nicht erfüllt, da es kein Ausführungsbeispiel gebe und somit auch der Einfluss von Nebenreaktionen v.a. im Verfahrensschritt (a) nicht quantifiziert werden könne. Es sei nicht angegeben, wie viel Natriumhydrogencarbonat mindestens in Natriumsulfat umgewandelt werden müsse, um die Erfindung ausführen zu können.

D1 könne als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden, da D1 explizit die Behandlung von Abgasen mit Natriumhydrogencarbonat beschreibe (Spalte 5, Zeilen 17 bis 24 sowie Anspruch 8). Die Kombination von Figur 1 mit Figur 2 offenbare ein Verfahren wie beansprucht mit der einzigen Ausnahme, dass nicht erwähnt werde, dass Natriumhydrogencarbonat (26) wieder zur Entfernung von Schwefeloxiden verwendet werde. Aus D32, das in D1 erwähnt werde, gehe hervor, dass Natriumhydrogencarbonat als Feststoff verwendet werde. Dies sei auch im Einklang mit der Erwähnung von Natriumhydrogencarbonat in Spalte 5, Zeilen 21 und 22, die der Fachmann als Verwendung des Feststoffs lesen würde. Ausgehend von D1 sei die Aufgabe, die Kosten und den Verbrauch an Chemikalien zu reduzieren. Die vorgeschlagene Lösung sei für den Fachmann nahegelegt, vor allem auch durch die in D1 benutzte Terminologie "on valorise" (Spalte 6, Zeile 33).

Auch D2 sei ein möglicher nächstliegender Stand der Technik, da D2 bereits offenbare, dass Natriumhydrogencarbonat in der Abgasbehandlung (siehe Schritt (a) des Streitpatents) wiederverwendet werden könne. Dies gehe insbesondere aus den Schritten (h) und (i) der D2 hervor, da das Sulfat in Schritt (h) in Form von Calciumsulfat entnommen werde und nur das Natriumchlorid für die Herstellung von Natriumhydrogencarbonat bereitstehe. Ausgehend von D2 bestehe die zu lösende Aufgabe darin, ein Verfahren bereitzustellen, das billiger sei, weniger Energie verbrauche und eine verbesserte Adsorption erlaube.

Die Lösung sei nahegelegt, da D7 die Verwendung von Natriumhydrogencarbonat als Pulver für die Behandlung von unterschiedlichen Abgasen enthaltend Schwefeloxid lehre. Dieser Schritt sei ein eigenständiger, vom weiteren Verfahren unabhängiger Schritt, der ohne weiteres in dem aus D2 bekannten Verfahren eingesetzt werden könne.

VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin sind im Wesentlichen wie folgt:

Die Erfindung sei ausführbar. Die angeblich fehlenden Angaben zu Betriebsparametern und zur Lage des Reaktionsgleichgewichts seien nicht Bestandteil der Erfindung. Die verwendeten Reaktionen seien bekannt und bedürften bezüglich der einzelnen Verfahrensschritte keiner Detailanweisungen.

D2 sei nächstliegender Stand der Technik. Die Aufgabe sei es, ein im Hinblick auf die Durchführung vereinfachtes und weniger fehleranfälliges und im Hinblick auf die Energieeffizienz verbessertes und zudem im Verfahrensablauf mit einer minimalen Anzahl an Verfahrensschritten auskommendes, eine Nachoxidation vermeidendes Behandlungsverfahren für schwefeloxidhaltige Abgase bereitzustellen. Die Lösung sei nicht nahegelegt, da in D7 Natriumcarbonat und nicht Natriumhydrogencarbonat hergestellt werde und keine Kreisführung vorgesehen sei.

Der Fachmann ginge nicht von D1 aus, da D1 nicht die Entschwefelung von schwefeloxidhaltigen Abgasen betreffe, sondern vor allem die Behandlung von Natriumsulfat. Die Verwendung von pulverförmigem Natriumhydrogencarbonat zur Entschwefelung sei in D1 nicht offenbart.

VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Aufrechterhaltung in geänderter Fassung auf der Basis des als "Hauptantrag'" bezeichneten Anspruchssatzes vom 9. Februar 2016, oder der Hilfsanträge I bis VIII vom 28. August 2014, oder des Hilfsantrags IX vom 9. Februar 2016.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag-Patent wie erteilt

1. Artikel 100(b) EPÜ

Anspruch 1 betrifft ein Verfahren, das durch die Verfahrensschritte (a) bis (d) gekennzeichnet ist, wobei es unstreitig ist, dass die Reaktionen, die in den einzelnen Schritten ablaufen, alle bekannt sind.

Die in Schritt (a) angegebene Umsetzung von Schwefeloxid mit Natriumhydrogencarbonat unter oxidierenden Bedingungen und/oder in Gegenwart von Sauerstoff zur Erzeugung von Natriumsulfat wird durch die Gleichung (1) in Absatz [0025] beschrieben, die im allgemeinen bei Atmosphärendruck abläuft (Absatz [0027]). Weitere Details zur Durchführung des Verfahrensschrittes (a) in fester Phase werden in den Absätzen [0030] bis [0032] gegeben. Der Verfahrensschritt (a) sieht keine bestimmte Ausbeute vor, sondern ist sehr allgemein formuliert, sodass das Vorhandensein von Nebenreaktionen nicht ausgeschlossen ist. Dies gilt für alle Verfahrensschritte.

Es gibt keinen Grund, wieso ein Fachmann nicht fähig sein soll, Schwefeloxide mit Natriumhydrogencarbonat unter den angegebenen Bedingungen umzusetzen, um Natriumsulfat zu erhalten. Dieses wird anschließend in Schritt (b) verwendet, wo es mit Calciumchlorid umgesetzt wird. Selbst wenn Nebenreaktionen auftreten, so ist es doch möglich, wenigstens einen Teil der eingesetzten Chemikalien wieder in den Prozess zurückführen zu können. Verfahrensschritt (a) sieht nicht vor, dass das gesamte Natriumhydrogencarbonat aus Schritt (c) stammt.

Jedoch können die optimalen Bedingungen je nach Abgaszusammensetzung ermittelt werden. Die Optimierung der Verfahrensführung gehört zur normalen Tätigkeit eines Fachmanns auf diesem Gebiet und stellt somit keinen unzumutbaren Aufwand dar.

Anspruch 12 betrifft die Aneinanderreihung von vier Reaktoren mit einigen Zu- und Rückführeinrichtungen. Ein Fachmann wird keine Probleme haben, eine solche Vorrichtung zu konzipieren.

Es liegen keine Beweise vor, die dieser Schlussfolgerung widersprechen würden. Deshalb gibt es keinen Grund, die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung bezüglich der Ausführbarkeit in Frage zu stellen.

2. Artikel 100(a) in Kombination mit Artikel 54 EPÜ

Dieser Einwand wurde im Beschwerdeverfahren nicht mehr von der Beschwerdeführerin erhoben. Die Kammer sieht keinen Grund, die Schlussfolgerung der Einspruchsabteilung diesbezüglich in Frage zu stellen.

3. Artikel 100(a) in Kombination mit Artikel 56 EPÜ

3.1 Die Erfindung gemäß Anspruch 1 betrifft die Behandlung von Schwefeloxide enthaltenden Abgasen.

3.2 Der zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehende nächstliegende Stand der Technik ist in der Regel ein Dokument des Standes der Technik, das einen Gegenstand offenbart, der zum gleichen Zweck oder mit demselben Ziel entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung und die wichtigsten technischen Merkmale mit ihr gemein hat, der also die wenigsten strukturellen Änderungen erfordert.

D2 ist nächstliegender Stand der Technik, da D2 auch die Behandlung von Abgasen enthaltend Schwefeloxide betrifft (Spalte 1, Zeilen 48 bis 52). Dabei wird eine Lösung von Natriumhydrogencarbonat oder Natriumcarbonat den Abgasen zugeführt (Anspruch 1(b)), wobei u.a. Natriumsulfat entsteht (Anspruch 1(d)). Die nächste Reaktion des erhaltenen Natriumsulfats ist die Umsetzung mit Calciumchlorid zu Calciumsulfat und Natriumchlorid (Anspruch 1(h)). Das erhaltene Natriumchlorid wird einem Solvayverfahren unterworfen, um Natriumcarbonat oder Natriumhydrogencarbonat herzustellen, das in die anfänglich verwendete Lösung zurückgeführt wird, während das erhaltene Calciumchlorid zur Umsetzung mit Natriumsulfat wiederverwendet wird (Anspruch 1(i)).

D1 betrifft zwar ebenfalls die Behandlung von Schwefeloxide enthaltenden Abgasen, die Entgegenhaltung ist aber weniger geeignet als nächstliegender Stand der Technik, da einerseits die Wiederverwendung von Natriumhydrogencarbonat in der Entschwefelung nicht explizit offenbart ist (siehe Pfeil 26 in Figur 2 und Spalte 6, Zeilen 32 und 33) und andererseits nicht unmittelbar und eindeutig aus D1 hervorgeht, dass Natriumhydrogencarbonat in pulverförmiger Form eingesetzt wird. Zwar wird in Spalte 1 (Zeilen 15 bis 20) D32 erwähnt, das auch die Möglichkeit der Trockeninjektion von u.a. Natriumhydrogencarbonat zur Entschwefelung vorsieht, jedoch ist dies nicht die einzige Möglichkeit, die in D32 offenbart wird, sodass daraus nicht eindeutig geschlossen werden kann, dass dieser in D1 zitierte Stand der Technik dazu führen soll, dass D1 nur die Trockeninjektion von Natriumhydrogencarbonat betrifft. Auch wird in Spalte 5, Zeilen 20 und 21 der D1 nicht erwähnt, in welcher Form Natriumhydrogencarbonat dem Reaktor zugeführt wird. Aus dem Fehlen von Angaben zu schließen, dass es ein Feststoff sein muss, da Natriumhydrogencarbonat normalerweise als Feststoff vorliegt, ist nur eine von mehreren möglichen Auslegungen. Zudem offenbart D1 auch nicht die Temperatur, bei welcher die Umsetzung der Schwefeloxide mit Natriumhydrogencarbonat erfolgt.

Demzufolge bestehen also mehr Unterscheidungsmerkmale zwischen D1 und dem beanspruchten Gegenstand (Anspruch 1) als zwischen D2 und Anspruch 1.

3.3 Die gegenüber D2 zu lösende Aufgabe besteht darin, ein vereinfachtes effizienteres Verfahren zur Behandlung von Schwefeloxide enthaltenden Abgasen bereitzustellen, das eine ökonomische Gesamtstoffbilanz hat (siehe Absatz [0064] des Streitpatents).

3.4 Die Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst, dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt (a) pulverförmiges Natriumhydrogencarbonat eingedüst und/oder eingesprüht wird.

3.5 Es gibt keinen Grund, an der erfolgreichen Lösung der Aufgabe zu zweifeln. Dies war unstreitig zwischen den Parteien.

3.6 D2 lehrt die Natriumchlorid-Lösung, die in Schritt (h) (Anspruch 1) enthalten wurde, in das Solvayverfahren einzuführen, um Natriumcarbonat oder Natriumhydrogencarbonat herzustellen. D2 beschreibt, dass im Solvayverfahren Natriumchlorid zu Natriumhydrogencarbonat umgesetzt wird, das anschließend zu Natriumcarbonat kalziniert wird (Spalte 3, Zeilen 30 bis 38). Obwohl es nicht eindeutig ist, dass das in Schritt (i) erwähnte Natriumhydrogen-carbonat direkt aus Natriumchlorid erhalten wird, angesichts der Gesamtlehre von D2, wird zu Gunsten der Beschwerdeführerin angenommen, dass ein Teil des Natriumchlorids in Natriumhydrogencarbonat umgesetzt wird und wieder in Verfahrensschritt (b) (Anspruch 1) eingeführt wird. D2 lehrt jedenfalls nicht die Zugabe von pulverförmigem Natriumhydrogencarbonat, sondern ist nur auf das Einsprühen einer wässrigen Lösung von Natriumhydrogencarbonat und Natriumcarbonat ausgerichtet.

Der Fachmann, der ausgehend von D2 die gestellte Aufgabe lösen will, wird möglicherweise D7 in Betracht ziehen. Unbeschadet der Frage, ob D7 als Stand der Technik anzusehen ist, führt D7 aus folgenden Gründen nicht zur hier vorgeschlagenen Lösung: D7 betrifft das Neutrec**(®)-Verfahren, das als globale Lösung beinhaltend die Neutralisierung und das Recycling beschrieben wird (siehe z.B. Seite 3, Inhaltsverzeichnis; Seiten 5 und 11 bis 14). D7 lehrt , dass Natriumhydrogencarbonat als Feststoff eine effiziente Neutralisierung von u.a. Schwefeloxid erlaubt (Seite 9) und anschließend das erhaltene Natriumsulfat in der Glasindustrie eingesetzt (Seite 11) oder zu Natriumcarbonat weiterverarbeitet werden kann (Seiten 11 bis 14). D7 gibt keinen Vergleich zu einem Nassverfahren und gibt auch keinen Hinweis, dass der erste Schritt des Gesamtverfahrens - die Reaktion von festem Natriumhydrogencarbonat mit Schwefeloxid - unabhängig vom Gesamtverfahren in einem Kreislaufprozess, der mit einer Nassadsorption geführt wird, anstatt der Nassadsorption eingesetzt werden könnte. D7 lehrt also, dass das gezeigte Verfahren effizient ist, jedoch gibt es keinen Hinweis auf eine Verbesserung des aus D2 bekannten Verfahrens. Die Annahme, dass es die Reaktion mit pulverförmigem Natriumhydrogencarbonat aus D7 in D2 eingesetzt würde um das Gesamtverfahren zu verbessern beruht auf einer rückschauenden Betrachtungsweise. Auch ist es nicht eindeutig der Lehre von D7 zu entnehmen, dass die Kombination der Feststoffreaktion mit den anderen in D2 offenbarten Verfahrensschritten ohne Weiteres möglich ist, da sie auch Auswirkungen auf die zusätzlichen in Anspruch 1 der D2 offenbarten Verfahrensschritte (z.B. Schritte (c) und (i)) hat.

3.7 Eine ähnliche Argumentation gilt auch für den Vorrichtungsanspruch 12, da die Vorrichtung einen Reaktor 1 enthält, der für die Eindüsung von pulverförmigem Natriumhydrogencarbonat geeignet sein muss. Analoge Überlegungen gelten auch für die abhängigen Ansprüche.

3.8 Deshalb steht der Einspruchsgrund unter Artikel 100(a) EPÜ in Kombination mit Artikel 56 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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