European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T160316.20190924 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 24 September 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1603/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10774132.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B23Q 1/52 B23Q 16/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | RUNDSCHALTTISCH MIT DIREKTEM ANTRIEB DER TRANSPORTKURVE | ||||||||
Name des Anmelders: | Weiss GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Fibro GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zurückverweisung an die erste Instanz Erfinderische Tätigkeit |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. In der am 9. Mai 2016 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass das europäische Patent Nr. 2475498 in der Fassung gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 1, das heißt unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen sowie die Erfindung, die das Patent zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.
II. Gegen diese Zwischenentscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
III. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, die am 24. September 2019 stattfand, war die Antragslage wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Angelegenheit wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen. Hilfsweise beantragte sie, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag). Hilfsweise beantragte sie, das Patent auf der Basis des Hilfsantrags 1, eingereicht mit Schreiben vom 22. Dezember 2016 oder des Hilfsantrags 2, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer aufrechtzuerhalten.
IV. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:
"Rundschalttisch mit einem Teller (12), der in eine Antriebsnut einer Kurventrommel (14) eingreifende Mitnehmer (20) aufweist, wobei der Teller (12) über die Kurventrommel (14) zu einer Drehbewegung um eine Drehachse (R) antreibbar ist, die ihrerseits von einem Motor (18, 18') zu einer Drehbewegung um ihre Längsachse (R') antreibbar ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
der Motor (18, 18') die Kurventrommel (14) direkt antreibt, so dass zwischen den [sic] Motor (18, 18') und der Kurventrommel (14) kein Getriebe angeordnet ist."
Der Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass das kennzeichnende Teil wie folgt lautet (Änderungen im Vergleich zum Hauptantrag unterstrichen):
"dass der Motor (18, 18') ein Torque-Motor ist, der die Kurventrommel (14) direkt antreibt, so dass zwischen den [sic] Motor (18, 18') und der Kurventrommel (14) kein Getriebe angeordnet ist."
Der Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Hilfsantrag 1 dadurch, dass das kennzeichnende Teil wie folgt lautet (Änderungen im Vergleich zum Hilfsantrag 1 unterstrichen):
"dass der Motor (18, 18') ein Torque-Motor ist, der die Kurventrommel (14) direkt antreibt, so dass zwischen dem Motor (18, 18') und der Kurventrommel (14) kein Getriebe angeordnet ist, wobei die Kurventrommel (14) einen Fortsatz (A) aufweist, der im Wesentlichen den Durchmesser der Kurventrommel (14) aufweist und der Funktionsbestandteile (24) des Torque-Motors aufweist."
V. Folgende Entgegenhaltungen haben für diese Entscheidung eine Rolle gespielt:
D1: DE 10 2007 021 681 B3;
D4': Katalog der Firma Fibro GmbH "Electro-mechanical Indexing Table FIBROTOR Type: EM", Stand 2.9.1985;
D4'': Technische Zeichnung Nr. C 1.005.01 0024 der Firma Fibro GmbH;
D4''': Konvolut von Dokumenten betreffend eine Lieferung von Rundschalttischen FIBROTOR EM 1.1.60 T12;
D5: D. Zimmer et al. "Direktantriebe passend ausgewählt" Antriebstechnik Ausgabe 2/2005; und
D8: E. Fritzemeier: "Spannsysteme für Torquemotoren - Torquemotoren mit zylindrischen Wellen oder Hohlwellen verbinden" VDI Bericht Nr. 2004 (2007).
VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
Die im Einspruchsverfahren eingereichten Dokumente D4', D4'' und D4''' bezögen sich alle auf die schon in der Einspruchsschrift vorgebrachte offenkundige Vorbenutzung und seien alle innerhalb der Frist gemäß Regel 116 EPÜ eingereicht worden. Sie seien somit nicht verspätet. Zudem sei weder der in Verbindung mit der offenkundigen Vorbenutzung genannte Zeuge geladen worden, noch sei die offenkundige Vorbenutzung in der Ladung zur mündlichen Verhandlung oder in der mündlichen Verhandlung gemäß dem Vorbringen der Einsprechenden berücksichtigt worden. Die Einspruchsabteilung habe der Beschwerdeführerin (damals Einsprechende) deshalb das rechtliche Gehör verwehrt. Die Sache sei daher an die Einspruchsabteilung zur Fortsetzung des Verfahrens zurückzuverweisen.
Hauptantrag
D1 offenbare einen Rundschalttisch gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Der beanspruchte Gegenstand unterscheide sich vom Rundschalttisch der D1 durch das kennzeichnende Teil des Anspruchs 1, gemäß dem der Motor die Kurventrommel direkt antreibe, so dass zwischen dem Motor und der Kurventrommel kein Getriebe angeordnet sei. Es sei aber im Hinblick auf D5 naheliegend gewesen, den Rundschalttisch der D1 mit diesen Merkmalen zu versehen, um die Präzision der Verbindung zwischen Motor und Kurventrommel zu verbessern.
D5 lehre nämlich, dass Direktantriebe durch ihre Spielfreiheit zu einer erhöhten Präzision beitragen könnten. Deshalb würde der Fachmann auch bei D1, die selbst nicht gegen die Verwendung von Direktantriebe lehre, zur Verbesserung der Präzision einen Direktantrieb verwenden.
Dabei würde er das Getriebe zwischen Motor und Kurventrommel, nicht aber die Kurventrommel selbst weglassen. D1 betreffe eine bestimmte Art von Rundschalttischen nämlich diejenigen, die durch eine oder mehrere Kurventrommeln betrieben werden. Somit stellten Rundschalttisch und Kurventrommel eine Einheit für sich dar, die der Fachmann nicht trennen würde.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 1
D5 offenbare auch, dass unter den rotatorischen Direktantrieben die Torqueantriebe sehr verbreitet und sehr genau seien. Ferner arbeiteten Torquemotoren auch bei niedrigen Drehzahlen, so dass sie auch zum Betreiben der Kurventrommel der D1 geeignet seien. Es stimme zwar, dass Torquemotoren meistens Synchronmotoren seien, während in den Beispielen der D1 Asynchronmotoren offenbart seien. Diese sei jedoch lediglich eine beispielhafte und keine notwendige Ausführung der Lehre der D1. Es sei deshalb für den Fachmann naheliegend gewesen, bei der D1 als Direktantrieb einen Torquemotor anzuwenden. Somit sei auch der Gegenstand des Hilfsantrags 1 nicht erfinderisch.
Hilfsantrag 2
Um ein Direktantrieb mit dem Rundschalttisch der D1 zu verbinden, würde der Fachmann D8, die verschiedene Spannsysteme für Torqueantriebe beschreibe, berücksichtigen. D8 offenbare auf Seite 490, dass der Rotor direkt mit der Maschine verbunden werden könne. Es sei somit naheliegend gewesen, Antrieb und Kurventrommel gemäß Anspruch 1 zu verbinden. Folglich beruhe auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs habe im Einspruchsverfahren nicht stattgefunden. Die Sache sei deshalb nicht zur Fortsetzung des Verfahrens an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
Hauptantrag
Ausgehend von D1, die einen Rundschalttisch gemäß dem Oberbegriff offenbare, bestehe die zu lösende Aufgabe darin, einen Rundschalttisch zu schaffen, der eine zuverlässige und präzise Drehbewegung des Tellers ermögliche.
Der Fachmann habe keinen Grund gehabt, nach einer Verbesserung der Präzision des Rundschalttisches der D1 zu suchen, weil gemäß Absatz [0026] der D1 der Drehteller "exakt" die zugeordnete Bearbeitungs- oder Werkstückaufnahme bzw. Ausgangsposition anfahre.
Auf jeden Fall würde der Fachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe keine Direktantriebe verwenden, da D1 gegen derartige Antriebe lehre. In D1 würden die Kurventrommel 8 und 9 nämlich über die Getriebe 6 und 7 angetrieben. Ferner beschreibe D1 im Absatz [0016] "zwangsgekoppelte Rundschalttische" als nachteilig. In der Tat sei im Absatz [0015] das Spiel der Getriebe als vorteilhaft dargestellt. Deshalb würde der Fachmann selbst bei der Berücksichtigung der D5, die keine Rundschalttische betreffe, keine Direktantriebe für den Rundschalttisch der D1 verwenden.
Darüber hinaus führe auch die Verwendung eines Direktantriebs nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1, weil in diesem Fall der Fachmann auch die Kurventrommel weglassen würde.
Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 1
Gemäß Absatz [0023] der D1 sei eine starke Untersetzung notwendig. Es sei daher nicht klar, dass ein Torquemotor, dessen Verwendung bei Rundschalttischen nicht bekannt sei, beim Rundschalttisch der D1 angewendet werden könne. Ferner seien die Motoren der D1 als Asynchronmotoren ausgebildet, während Torquemotoren meist als Synchronmotoren ausgeführt werden. Folglich sei es nicht naheliegend gewesen, einen Torquemotor bei dem Rundschalttisch der D1 zu verwenden.
Hilfsantrag 2
Die Anordnung gemäß dem Hilfsantrag 2 sei aus keiner der Entgegenhaltungen bekannt. Dank dieser Anordnung sei der Rundschalttisch besonders kompakt. Das Implementieren einer derartigen Anordnung bei dem Rundschalttisch der D1, in dem die Kurventrommel und der Motor jeweils auf einer Welle säßen, würde einen umfangreichen Umbau erfordern.
Auch deswegen sei der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von D1 nicht naheliegend gewesen.
Entscheidungsgründe
1. Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
1.1 D4', D4'' und D4''' wurden alle nach der Einspruchsfrist und somit verspätet vorgebracht. Ferner beziehen sich die D4'' und D4''' nicht auf die Verteilung des Katalogs D4 sondern auf geltend gemachte offenkundige Vorbenutzungen, die nicht in der Einspruchsschrift substantiiert wurden. Ihre Zulassung lag deshalb im Ermessen der Einspruchsabteilung (Artikel 114(2) EPÜ), die ihre prima facie Relevanz und somit die Argumente der Einsprechende zu ihrem technischen Inhalt berücksichtigt hat.
Da die Einspruchsabteilung diese Entgegenhaltungen nicht zugelassen hat, bestand keine Notwendigkeit, den diesbezüglich angebotenen Zeugen zu hören. Eine Anhörung eines Zeugens im Hinblick auf D4 war ebenfalls nicht notwendig, da von der Einspruchsabteilung anerkannt wurde, dass diese Entgegenhaltung Teil des Stands der Technik sei.
Die Kammer sah daher keinen schwerwiegenden Verfahrensfehler und somit auch keinen Grund für eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung (Artikel 11 VOBK).
2. Hauptantrag
2.1 D1 offenbart unstreitig den Oberbegriff des Anspruchs 1 nämlich einen Rundschalttisch (1) mit einem Teller, der in die Antriebsnuten (10, 11) von zwei Kurventrommeln (8,9) eingreifende Mitnehmer aufweist, wobei der Teller über die zwei Kurventrommeln zu einer Drehbewegung um eine Drehachse antreibbar ist, die ihrerseits jeweils von einem Motor (4, 5) zu einer Drehbewegung um ihre Längsachse antreibbar sind (Anspruch 1). Jeder Motor der D1 ist mit der jeweiligen Kurventrommel über ein Getriebe (6, 7) verbunden.
Somit unterscheidet sich der beanspruchten Gegenstand vom Rundschalttisch der D1 durch den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1, gemäß dem der Motor die Kurventrommel direkt antreibt, so dass zwischen dem Motor und der Kurventrommel kein Getriebe angeordnet ist.
2.2 Durch diese Unterscheidungsmerkmale werden - wie im Absatz [0006], Zeilen 40-42 des Patents erklärt - die stets im Inneren eines Getriebes auftretenden Reibungsverluste vermieden. Außerdem wirkt sich ein Spiel in dem Getriebe nachteilig auf die Präzision des Rundschalttischs aus. Daher muss ein derartiges Getriebe spielarm konstruiert sein, was nur unter großem Aufwand möglich und daher teuer ist. Mit anderen Worten wird durch den Direktantrieb, d.h. durch den Verzicht auf ein Getriebe und eine Antriebsmomentübertragung von dem Motor auf die Kurventrommel ohne "Umwege", die Ansteuerung der Kurventrommel vereinfacht und präziser gestaltet.
Ausgehend von D1 kann die durch die Unterscheidungsmerkmale zu lösende Aufgabe - zu Gunsten der Beschwerdegegnerin und wie im Absatz [0004] der Patentschrift angegeben - darin gesehen werden, einen Rundschalttisch zu schaffen, der eine zuverlässige und präzise Drehbewegung des Tellers ermöglicht.
Obwohl nach dem Absatz [0026] der D1 der Drehteller "exakt" die zugeordnete Bearbeitungs- oder Werkstückaufnahme bzw. Ausgangsposition anfährt, ist es dem Fachmann klar, dass die Präzision der Drehbewegung weiter verbessert werden kann. Deshalb würde er ausgehend von D1 versuchen, die gestellte Aufgabe zu lösen.
2.3 D5 ist eine Veröffentlichung, die allgemein die Vor- und Nachteile verschiedener Arten von Antrieben diskutiert. Da nichts in der D5 darauf hinweist, dass ihre Lehre nicht für Rundschalttische anwendbar ist, würde der Fachmann diese Lehre in seiner Suche nach einer Lösung der gestellten Aufgabe berücksichtigen.
D5 offenbart, dass Direktantriebe, vor allem Torque-antriebe, sehr verbreitet sind (Seite 2, linke Spalte). Ihre Vorteile ergeben sich vor allem aus der einfacheren mechanischen Struktur (Seite 6, linke Spalte, zweiter vollständiger Absatz) und umfassen eine gleichbleibende Positioniergenauigkeit durch Spielfreiheit (Seite 6, rechte Spalte, erster Punkt). Somit lehrt die D5, dass die Verwendung von Direktantrieben zu einer erhöhten Präzision beitragen kann.
2.4 Entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin lehrt die D1 nicht gegen die Verwendung eines direkten Antriebs. Es ist zwar richtig, dass in D1 die Kurventrommel 8 und 9 über die Getriebe 6 und 7 angetrieben werden. Diese Getriebe stellen aber kein wesentliches Element der Lehre der D1 dar. Für den Fachmann ist es nämlich klar, dass die Aufgabe der D1 (Absatz [0006] "einen Schrittschaltdrehtisch zu schaffen, der über zwei Kurvenwalzen mittels Rollenbolzen und elektrischen Antrieben angetrieben wird, wobei bei stetigem Gleichlauf der Kurvenwalzen eine möglichst große Lastgleichverteilung der motorischen Antriebe erreicht werden soll") dadurch gelöst wird, dass die Kurvenwalzen durch jeweils einen Elektromotor mit einem Steuermodul und einem Frequenzumrichter angetrieben werden und nicht durch das Vorsehen der Getriebe.
Direktantriebe sind in der D1 zwar nicht beschrieben aber auch nicht - entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin - als nachteilig dargestellt. Die im Absatz [0016] als nachteilig beschriebenen mechanisch zwangsgekoppelten Rundschalttische sind keine Rundschalttische, bei denen die Kurventrommeln direkt angetrieben werden, sondern solche, bei denen die zwei Kurventrommeln über ein Verteilergetriebe zwangsgekoppelt sind (Absatz [0013]).
D1 erfordert auch nicht, dass ein Spiel der Getriebe vorhanden sein muss. Im Absatz [0015] wird das Spiel der Getriebe nicht als vorteilhaft sondern als etwas, das auszugleichen ist ("... eventuelle Spiele in den beiden Antriebssträngen (Drehwinkel-Spiel der Getriebe...) dadurch ausgeglichen werden"), dargestellt.
Deshalb würde der Fachmann, um die gestellte Aufgabe zu lösen, die Lehre der D5 berücksichtigen und in D1 einen Direktantrieb vorsehen.
2.5 Entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin würde der Fachmann beim Anwenden der Lehre der D5 nicht auch die Kurventrommeln weglassen. Rundschalttische mit Kurventrommeln stellen nämlich eine spezifische Gattung von Rundschalttischen dar (siehe D1, Absatz [0001], oder auch das Streitpatent Absatz [0001]). Der nicht erfinderische Fachmann würde daher nicht den Rundschalttisch der D1 in eine andere Art von Rundschalttisch umwandeln, zumal eine derartige Umwandlung im Fall des Rundschalttisches der D1, der von zwei Kurventrommeln bewegt wird, umfangreiche strukturelle Änderungen erfordern würde.
Es war deshalb für den Fachmann naheliegend, die Aufgabe dadurch zu lösen, dass jeder Motor der D1 die jeweilige Kurventrommel direkt antreibt, so dass zwischen dem Motor und der Kurventrommel kein Getriebe angeordnet ist.
2.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. Hilfsantrag 1
In der D1 ist jeder Antriebsmotor über das Getriebe untersetzt, z.B. im Ausführungsbeispiel mit einem Verhältnis von 1:60, so dass eine Umdrehung jeder Kurventrommel 60 Umdrehungen der betreffenden Motorwelle entspricht (Absatz [0023]). Für den Fachmann ist deshalb klar, dass, wenn das Getriebe weggelassen wird, der Motor der D1 durch einen Motor mit einer kleineren Drehfrequenz zu ersetzen ist.
D5 offenbart, dass es bei den rotatorischen Direktantrieben vor allem die Torqueantrieben sind, die in ihrer Verbreitung zunehmend an Bedeutung gewinnen (Zusammenfassung). Torquemotoren sind Antriebe, die bei relativ kleiner Drehfrequenz ein sehr hohes Drehmoment, das bei Rundschalttischen ggf. erforderlich sein kann, bereitstellen können (D5, Seite 3, rechte Spalte, letzter Absatz). Es war deshalb für den Fachmann naheliegend beim Weglassen des Getriebes die Motoren der D1 mit Torquemotoren zu ersetzen.
Die Tatsache, dass die Motoren der D1 als Asynchronmotoren ausgebildet sind (Absatz [0008]), während Torquemotoren meist als Synchronmotoren ausgeführt werden (D5, Seite 4, rechte Spalte, erster Absatz), würde den Fachmann nicht davon abhalten Torquemotoren vorzusehen, da der Asynchroncharakter nicht als wesentliches Merkmal in der D1 dargestellt wird (gemäß Absatz [0008] werden bei der Erfindung die Kurvenwalzen "z.B." durch jeweils einen als Asynchronmotor ausgebildeten Elektromotor angetrieben).
Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4. Hilfsantrag 2
Gemäß dem Hilfsantrag 2 weist die Kurventrommel einen Fortsatz auf, der im Wesentlichen den Durchmesser der Kurventrommel aufweist und der Funktionsbestandteile des Torquemotors aufweist. Dadurch wird die Kopplung des Motors mit der Kurventrommel in einer kompakten Weise implementiert.
Der Rundschalttisch der D1 mit einer derartigen Anordnung vorzusehen wird nicht vom Stand der Technik nahegelegt.
In der D1, wie aus der Figur 1 gut zu erkennen ist, sitzen die Kurventrommel und der Motor jeweils auf einer Welle. Diese Anordnung im Sinne des Anspruchs 1, die keine derartige Welle vorsieht, zu modifizieren würde erfordern, sie komplett umzubauen.
D5 beschreibt nicht die Details der Kopplung zwischen Motor und Last und offenbart somit nicht die beanspruchte Anordnung.
D8 - insbesondere die von der Beschwerdeführerin zitierte Seite 490 - offenbart sie ebenfalls nicht. Vielmehr beschreibt die Seite 490 dass die Rotorwelle der Last mit der Maschinenwelle des Motors starr verbunden sein kann.
Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von D1 nicht naheliegend. Er beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5. Deshalb erfüllt das Patent auf der Grundlage des Hilfsantrags 2 die Erfordernisse des EPÜ.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1-3 des Hilfsantrags 2, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer;
Spalten 1-4 der Beschreibung, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer;
Figuren 1 und 2 der Patentschrift.