T 1545/16 () of 6.6.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T154516.20180606
Datum der Entscheidung: 06 Juni 2018
Aktenzeichen: T 1545/16
Anmeldenummer: 10747175.7
IPC-Klasse: B62D 21/11
B62D 21/15
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: HILFSRAHMEN FÜR EIN KRAFTFAHRZEUG
Name des Anmelders: Volkswagen Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Bayerische Motoren Werke
Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 122
European Patent Convention Art 108
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention R 136
Schlagwörter: Wiedereinsetzung in Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/86
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat mit Schreiben vom 4. Juli 2016, eingegangen am 4. Juli 2016 beim Europäischen Patentamt (EPA), gegen die am 21. April 2016 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2 477 875 in geändertem Umfang Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die vom Vertreter der Einsprechenden unterschriebene Empfangsbescheinigung über den Zugang der angefochtenen Entscheidung trägt das Datum 4. Mai 2016, der Rückschein datiert jedoch vom 2. Mai 2016. Die Beschwerdebegründung ist beim EPA am 5. September 2016 eingegangen.

II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 erfinderisch sei gegenüber folgendem Stand der Technik:

E2: DE 10 2006 013 548 B4;

E3: DE 10 2006 009 289 A1;

E4: EP 0 941 912 A1.

Als weiteren Stand der Technik hat die Einsprechende mit dem Einspruchsschriftsatz unter anderem folgende Dokumente vorgelegt:

E5: DE 10 2006 013 547 A1;

E6: DE 10 2006 013 550 A1.

III. Mit Mitteilung des EPA vom 14. September 2016 wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, dass die eingelegte Beschwerde nicht fristgerecht begründet und die Beschwerde voraussichtlich als unzulässig zu verwerfen sei (Artikel 108 Satz 3 EPÜ in Verbindung mit Regel 101 (1) EPÜ).

IV. Mit Schreiben vom 10. November 2016 beantragte die Beschwerdeführerin gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und entrichtete die Wiedereinsetzungsgebühr. Eine Begründung für die fehlerhafte Fristnotierung sowie eine eidesstattliche Versicherung der für die Fristnotierung zuständigen Fachkraft, Fr. Irene Maier, wurden eingereicht.

V. Am 6. Juni 2018 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der mit Schreiben vom 9. April 2018 eingereichten Hilfsanträge 2a bzw. 3 bis 6.

VI. Anspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung (im Folgenden: geltender Anspruch 1) lautet in der Merkmalsgliederung der Beschwerdeführerin wie folgt:

A) Hilfsrahmen für ein Kraftfahrzeug,

A1) umfassend zwei Längsträger (11)

A2) und mindestens einen Querträger (12)

A3) sowie ein einschaliges Versteifungselement (13),

A4) das sich zwischen den Längsträgern (11) des Hilfsrahmens erstreckt,

B) wobei das Versteifungselement (13) zwei Längsstreben (20) und zwei Querstreben (21) aufweist, die einen im wesentlichen rechteckigen Außenrahmen bilden,

C) wobei mehrere Innenstreben (22) fachwerkartig innerhalb des Außenrahmens angeordnet sind,

N) wobei das Versteifungselement (13) an den restlichen Hilfsrahmen angeschraubt ist und

O) entsprechende Befestigungspunkte sich an den Längsstreben des Außenrahmens befinden,

P) wobei die Längsstreben (20) jeweils zwei Befestigungspunkte (30, 31) aufweisen,

Q) die in den Eckbereichen des Außenrahmens angeordnet sind, in denen die Längsstreben in die Querstreben übergehen,

D) dadurch gekennzeichnet, dass an den Längsstreben (20) des Versteifungselements (13) jeweils mindestens eine Sollknickstelle (26) ausgebildet ist

und

R) zusätzliche Befestigungspunkte (32) an den Längsstreben vorgesehen sind.

VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Artikel 122 EPÜ sei nach zutreffender Auffassung der Großen Beschwerdekammer auch auf die beschwerdeführende Einsprechende anzuwenden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zu gewähren, denn die Fristversäumung beruhe allein auf einem einmaligen Versehen einer bis dahin stets zuverlässigen Kanzleiangestellten. Die Fristennotierung und Fristenüberwachung sei in der Kanzlei Rothkopf Patent- und Rechtsanwälte einer hierzu ausgebildeten sowie ordnungsgemäß eingewiesenen Fachkraft, Fr. Irene Maier, übertragen. Bei Eingang eines Schriftstücks per Post (vorliegend: am 2. Mai 2016 gemäß unterzeichnetem Rückschein) werde das Eingangsdatum auf dem Kuvert vermerkt (vorliegend: 2. Mai 2016) und, sofern ein Empfangsbekenntnis vorhanden sei, von der genannten Mitarbeiterin bei Bearbeitung der Tagespost von dem Kuvert in das Empfangsbekenntnis übertragen (vorliegend: versehentlich das Datum 4. Mai 2016). Das Schriftstück werde in die Handakte und die elektronische Akte aufgenommen. Die einzuhaltenden Fristen (vorliegend: bei der Fristnotierung sei als Eingangsdatum für das Schriftstück der 4. Mai 2016 aufgenommen worden) einschließlich Vorfrist/Wiedervorlagefrist würden von ihr in einem gesonderten Fristenkalender notiert. Die Überwachung der Fristen sei so organisiert, dass der sachbearbeitende Anwalt vor Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses das Eingangsdatum und die notierten Fristen überprüfe und den Vorgang zur Vorbereitung an die zuständige Büroangestellte weiterleite, die den Vorgang dem sachbearbeitenden Anwalt zur Bearbeitung vorlege. Bei der Bearbeitung prüfe der sachbearbeitende Anwalt nochmals stichpunktartig die notierten Fristen durch Blick in die Handakte und in die elektronische Akte. Bei Ablauf der Vorfrist werde die Sache dem sachbearbeitenden Anwalt mit dem Vermerk "Fristsache" gesondert vorgelegt.

Dem Unterzeichner sei das Schriftstück zusammen mit dem vorausgefüllten Empfangsbekenntnis am 4. Mai 2016 zur Bearbeitung vorgelegt worden. Er habe davon ausgehen müssen, dass dieses Schriftstück am 4. Mai 2016 eingegangen sei, und das Empfangsbekenntnis mit dem Datum 4. Mai 2016 unterzeichnet. Die seit mehr als fünf Jahren den Fristenkalender sorgfältig und fehlerlos führende Fr. Maier habe bei der Fristnotierung die Fristdauer, Wiedervorlage etc. zwar korrekt notiert, jedoch aufgrund ihres Versehens ein falsches Datum für den Fristbeginn. Dieser Fehler habe sich trotz aller Kontrollmechanismen im Fristensystem fortgeführt. Die Einlegung der Beschwerde am Montag den 4. Juli 2016 sei noch fristgerecht gewesen, weil der 2. Juli 2016 ein Samstag gewesen sei. Rechtzeitig vor Ablauf der Frist zur Beschwerdebegründung sei die Akte vorgelegt und die Beschwerdebegründung vom sachbearbeitenden Anwalt angefertigt und am 5. September 2016 eingereicht worden. Dies wäre bei Fristbeginn 4. Mai 2016 fristgerecht gewesen, weil der 4. September 2016 ein Sonntag gewesen sei. Erst mit Erhalt der Mitteilung der Beschwerdekammer vom 14. September 2016 sei die Notierung eines falschen Datums für den Fristbeginn entdeckt worden. Bei dem dargestellten Versehen handele es sich um einen einmaligen Fehler der ansonsten stets zuverlässigen Fr. Maier.

Aus E2 (Figur 9) seien zumindest zwei Befestigungs­punkte 47 zum Anschrauben der Oberschale 51 der Versteifungs-Baugruppe 41 an den Hilfsrahmen bekannt, so dass E2 alle Merkmale des geltenden Anspruchs 1 bis auf Merkmal R) zeige. In Anspruch 1 nicht aufgeführte Merkmale seien für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit irrelevant. Sämtliche Merkmale seien als solche verständlich und bedürften nicht einer Auslegung von Begriffen unter Heranziehung der Beschreibung. Eine "Längsstrebe" sei eine sich in Längsrichtung erstreckende Strebe, wobei Anspruch 1 Gussknoten bzw. eine aus mehreren Teilen zusammengesetzte Strebe nicht ausschließe (die Eckbereiche aus Merkmal Q) könnten als Gussknoten ausgebildet sein). Eine "Sollknickstelle" sei eine "Stelle an der etwas knicken soll", unabhängig davon (auch im Verständnis des Streitpatents, siehe Absatz [0047]), ob eine solche Stelle mittels einer sichtbaren Profilverengung, einer nicht sichtbaren Materialschwächung oder anderswie gestaltet sei. Die "Sollknickstelle" sei nicht mit einem "nicht konstanten Querschnitt" gleichzusetzen, und in Anspruch 1 sei nicht definiert, wo sich diese befinde bzw. wo und wohin die dortigen Längsstreben knicken sollten. Es sei kein Unterschied zwischen einer "Sollbruchstelle" und einem "Sollknickbereich" zu erkennen. Der in E2 genannte "Knickstab" (siehe Absatz [0037]) unterscheide sich deshalb nicht von der in Anspruch 1 genannten "Sollknickstelle". Insbesondere zeige E2 also die Merkmale A3) und D):

- Die Oberschale 51 aus E2 stelle ein "einschaliges Versteifungselement" im Sinne des Merkmals A3) dar. Ein Element sei ein einzelnes Bauteil in einer Baugruppe bzw. einer Einrichtung, welche diese Bauelemente umfasse. Der Begriff "einschalig" bedeute nicht dasselbe wie "einteilig". Merkmal A3) definiere ein einschaliges Versteifungselement und keine Versteifungsbaugruppe oder -einrichtung, so dass nicht relevant sei, ob neben der einschaligen Oberschale 51 in E2 noch die Unterschale 53 als ein weiteres Versteifungselement der Versteifungs-Baugruppe 41 genannt sei. Anspruch 1 sei weder auf eine "Blechplatine" noch auf ein "einziges einschaliges Versteifungselement" eingeschränkt. Auch E6 lehre (Absatz [0025]) anstelle eines Strebenkreuzes eine zweischalige Konstruktion aus Oberschale und damit verschweißter Unterschale.

- E2 zeige einen Knickstab als Teilbereich einer Längsstrebe 38. Die Längsstrebe gemäß Figur 9 (die im Sinne der Definition von Anspruch 1 auch die Befestigungspunkte aufweise) knicke auf einem begrenzten Teilbereich ihrer Gesamtlänge, umfasse also mehrere Knickstellen. Auch E6 zeige einen Teilknickbereich wie E2, so dass "mindestens eine Sollknickstelle" gemäß Merkmal D) von dieser Lehre des Standes der Technik vorweggenommen sei. "An den Längsstreben ... ausgebildet" in Merkmal D) bedeute, dass an der gesamten Längsstrebe eine Sollknickstelle ausgebildet sei, die Längsstrebe also eine besondere Ausbildung erhalte. Dies sei in E2 oder E6 gezeigt, da der Querschnitt der Längsstrebe sich über ihre gesamte Länge ändere.

Im Übrigen würde ein Konstrukteur für Hilfsrahmen als relevanter Fachmann auf jeden Fall in Betracht ziehen, den in E2 gezeigten Knickstab an einer definierten Stelle knicken zu lassen. Laut Anspruch 4 in E2 weise die Längsstrebe als Knickstab in Fahrzeuglängsrichtung eine geringere Steifigkeit als der Hilfsrahmen-Längsträger auf. In der Ausführungsform nach Figur 9 sei der Knickstab im Vergleich zu Figur 6 schon kürzer ausgebildet. Möchte der Fachmann nun den Knickstab definierter brechen lassen, so sei es naheliegend, eine Kerbe vorzusehen und die Längsstrebe im Bereich des Knickstabes zu schwächen.

Der einzige Unterschied des geltenden Anspruchs 1 gegenüber E2 liege im Merkmal R), also einer besseren Befestigung. Eine Wechselwirkung des zusätzlichen Befestigungspunktes mit der Sollknickstelle ergebe sich nur, wenn beide in besonderer Weise positioniert seien, was aber nicht beansprucht sei. Ausgehend von E2 stelle sich die Aufgabe, die Konstruktion des Hilfsrahmens zu verbessern. Dokument E6 lehre noch weitere Aspekte, wobei E6 (Absatz [0025]) anstelle eines Strebenkreuzes auch eine zweischalige Konstruktion wie aus E2 bekannt vorschlage, d. h. beide Varianten seien austauschbar. Der Fachmann werde deshalb die aus E6 bekannten Aspekte auch in E2 verwenden. Aus E6, Figur 3 und zugehöriger Textbeschreibung (Absatz [0048]), sei bekannt, eine Versteifungs-Baugruppe 41 statt mit 2 Befestigungs­punkten mit 3 Befestigungspunkten zu versehen, wie in Figur 3 nebeneinander dargestellt. Figur 3 der E6 stimme weitgehend mit Figur 2 der E2 überein, so dass eine Kombination beider Druckschriften naheliegend sei.

Werde zudem Merkmal A3) als Unterschiedsmerkmal gegenüber E2 gesehen, lehre die E3 den Fachmann zur Lösung der Aufgabe, das Versteifungselement einfach und kostengünstig herzustellen (vgl. Streitpatent, Absatz [0013]), das Versteifungselement vorteilhaft als flächige Versteifungsplatte (z. B. als Metallblech) auszubilden (siehe Absätze [0010], [0026], Figur 1). Zudem sei gemäß E3 (Absatz [0027], Figur 1, Anspruch 5) die 3-Punkt-Befestigung nur eine von vielen beliebigen Befestigungsarten.

Auch eine Kombination der E2 mit der E4 führe ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1. Bei der in Figur 6 in E2 gezeigten Schalen-Konstruktion seien die Streben 37, 38 einstückig und material­einheitlich in der Oberschale 51 ausgebildet (siehe Absatz [0040]). E4 lehre (Ansprüche 1 und 2), an einem Hilfsrahmen vorteilhaft zwischen den Längsträgern ein flächiges Versteifungselement 11 vorzusehen, das in einfacher und kostengünstiger Weise durch Tiefziehen eines Metallblechs hergestellt sei (Absatz [0011]) und eine Wannenform mit einem höhenversetzten äußeren Randabschnitt 15 aufweise (Absatz [0018]), also einen rechteckigen Außenrahmen im Sinne des Merkmals B). E4 zeige auch eine 3-Punkt-Befestigung des Versteifungs­elements - das auch größere Aussparungen aufweisen könne (Absatz [0019]) - über drei Schrauben an Konsolen der Längsträger. E4 lehre (Absätze [0020], [0022], [0023]), dass eine 3-Punkt-Befestigung vorteilhaft sei.

Eine Kombination der E2 mit E3, E4 oder E6 sei naheliegend, da diese Lehren ganz ähnliche technische Gegenstände beträfen und in Bezug auf Verbesserungen zu kombinieren seien. Der Fachmann würde ausgehend von E2 die Anzahl der Befestigungspunkte erhöhen, wenn er etwa die Steifigkeit der Gesamtanordnung erhöhen wolle.

Ausgehend von E3 fehlten nur die Merkmale B) und D), die aber aus E2 bekannt seien, so dass der Gegenstand von Anspruch 1 auch nicht erfinderisch sei gegenüber einer Kombination der E3 mit der E2.

Auch eine Kombination der E4 mit der E2 führe ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1. Merkmal D) scheine in E4 zu fehlen, allerdings zeige der trapezförmige Rand 15 gemäß Figur 3 entlang der Längsstreben einen schwächeren Querschnitt und wirke damit im Außenrahmen als schwächerer Knickstab bzw. als Sollknickstelle. Zudem sei Merkmal D) aus E2 bekannt. Ferner fehle das Merkmal C), wobei E4 bereits Zugangsöffnungen in dem flächigen Versteifungselement zeige. Versteifende Innenstreben zwischen Öffnungen zur Versteifung eines Flächenelements seien für den Fachmann selbstverständlich und auch von der in E2 beschriebenen Oberschale 51 bekannt.

Der Umstand, dass der Durchschnittsfachmann nicht nur auf einem Wege zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gelangen könne, sondern auf vielen Wegen, verdeutliche das Naheliegen dieser Lehre.

VIII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht gerechtfertigt, da die Beschwerde nicht fristgerecht begründet und daher als unzulässig zu verwerfen sei. Der für die Bestimmung der Zustellung der Zwischen­entscheidung an die Einsprechende relevante Rückschein sei am 2. Mai 2016 unterzeichnet, aber der Verbleib der Unterlagen in der Zeit bis zum 4. Mai 2016 bleibe unklar. Eine Zustellung außerhalb der 10-Tagesfrist am 4. Mai 2016 sei selten und müsse einem bearbeitenden Vertreter auffallen und eine strenge Überprüfung der Umstände der Zustellung auslösen (Kopie Rückschein, Einsicht im Europäischen Patentregister). Der Zeitpunkt für die tatsächlichen Zustellung sei damit innerhalb der Beschwerdefrist rechtzeitig überprüfbar gewesen und das Versehen bei der Fristnotierung hätte rechtzeitig bemerkt werden können.

Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sei erfinderisch, wobei von E2 als nächstkommenden Stand der Technik auszugehen sei. Anspruch 1 beziehe sich auf einen Hilfsrahmen für ein Kraftfahrzeug zur Versteifung der Fahrzeugkarosserie, so dass im Crashfall durch Deformation des Hilfsrahmens ein Teil der Crashenergie aufgenommen werden könne. Das Versteifungselement des Hilfsrahmens sei ein Schalenbauteil, welches sich aus einer Blechplatine umformtechnisch herstellen lasse (vgl. Patentschrift, Absatz [0013]). Für den Fachmann habe der Begriff "einschalig" (wie auch "zweischalig") eine klare Bedeutung und umfasse keine Gusskonstruktion aus Knoten und Streben. Ein verbessertes Crashverhalten werde mit den kennzeichnenden Merkmalen erzielt. An jeder Längsstrebe seien (mit den bereits im Oberbegriff genannten Befestigungspunkten) drei Befestigungspunkte zum Anschrauben an den restlichen Hilfsrahmen vorgesehen, wodurch sich eine erhöhte Steifigkeit ergebe. Hohe Steifigkeiten und eine unkontrollierte Verformung seien im Crashfall jedoch unvorteilhaft. Daher sei an jeder Längsstrebe eine Sollknickstelle ausgebildet, die im Crashfall ein gezieltes Abknicken der Längsstreben an einer genau definierten Stelle ermögliche. Die Längsstrebe erfahre also eine konkrete Ausbildung, so dass im Crashfall ein Knick entstehen könne. Merkmal D) verlange mindestens einen solchen Einleitungspunkt als lokale Stelle für eine punktuelle Einleitung eines Knicks. Im Stand der Technik sei keine derartige Ausbildung einer Sollknickstelle gezeigt, da nicht klar sei, wo eine Knickeinleitung stattfinde.

Betrachte man die technologische Entwicklung von Hilfsrahmenkonstruktionen, so sei bei der E4 aus 1999 das Versteifungselement als einschalige flächige Wanne ausgebildet. E3 aus 2005 zeige als Versteifungselement eine flachere Platte, die durch ein eingeprägtes Kreuz verstärkt werde. Neben weiteren in der Patentschrift genannten Entwicklungen mit einem Strebenkreuz als Versteifungselement schlage die E5 aus 2006 ein vorne geschlossenes Strebenkreuz vor, und parallel hierzu die E6 ein auch hinten durch eine Querstrebe geschlossenes Strebenkreuz. Die E2 lehre parallel hierzu neben einer Lösung aus Stab-/Knotenelementen eine zweischalige Ausgestaltung des Versteifungselements und die Idee einer Längsstrebe als Knickstab (mit geringerer Steifigkeit als der Hilfsrahmen-Längsträger), d. h. zwei vertikal übereinanderliegende Lastpfade. Eine zielgerichtete Leitung der Verformung der Längsstrebe über eine Sollknickstelle sei nicht vorgesehen. Davon ausgehend liege der Erfindung die Aufgabe zugrunde, das bekannte Hilfsrahmenkonzept weiterzuentwickeln unter Berücksichtigung von Bauteilgewicht, Herstellbarkeit, hoher Steifigkeit im Fahrbetrieb, Energieabsorptions­vermögen und Crashsicherheit, sowie Zugänglichkeit von unten. Erst vier Jahre später sei im Rahmen der vorliegenden Erfindung eine Lösung gefunden worden.

Anspruch 1 unterscheide sich von E2 zumindest durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils. In E2 wirke die Längsstrebe aufgrund ihrer geringen Steifigkeit im Vergleich zum Längsträger als Knickstab (Anspruch 4). E2 lehre also nur, den Knickstab schwächer als den Hilfsrahmen-Längsträger auszubilden, und zeige keine weitere Maßnahme einer Ausbildung an der Längsstrebe, um ein definiertes Deformationsverhalten zu erzielen. Der Begriff "Knickstab" aus der Balkentheorie bezeichne einen homogenen Körper. Dies sei nicht gleichbedeutend mit der Ausbildung einer Sollknickstelle an einer Längsstrebe, was gewährleiste, dass ein Knick an einer definierten Stelle auftrete. Ohne Ausbildung einer Sollknickstelle knicke die Strebe an irgendeiner Stelle unkontrolliert irgendwohin. An den Längsstreben in E2 (von den Montageflächen in E2 zu unterscheiden) gebe es erkennbar keine ausgewählte Stelle, die eine gezielte Knickeinleitung verursachen könne. Vielmehr sei nicht vorhersehbar, an welcher Stelle eine Längsstrebe im Belastungsfall einknicken solle. In E2 stehe für die Längsstrebe eine hinreichende Axiallänge zur Verfügung, d. h. im Crashfall sei mit einem irgendwie gearteten Einknicken zu rechnen. Nehme man eine in E2 nicht offenbarte zusätzliche Abstützung der Längsstreben am Längsträger zur Komfortverbesserung vor, reiche die Knicklänge u.U. nicht mehr aus, so dass man sich erfindungsgemäß mit einer Sollknickstelle behelfe, die eine gezielte Einleitung des Ausknickens bewirke. Ein solches Konzept sei aus E2 nicht zu entnehmen und auch durch den weiteren Stand der Technik nicht veranlasst:

- E2 zeige (Anspruch 4) eine komplette Lehre und biete keine Motivation eine Sollknickstelle vorzusehen.

- In E6 erfolge die Befestigung am Hilfsrahmen an Punkten 47 und 31 der Knotenelemente 45 und 29 und nicht an den Längsstreben 38, wobei zusätzliche Befestigungspunkte 31 der hinteren Querstrebe 27 (welche die Knotenelemente 29 aufweise) zuzuordnen seien. Eine einschalige Konfiguration gemäß Anspruch 1 biete keinen Raum für die Gussknoten zwischen den Streben, was eine Mehrteiligkeit und keine Einteiligkeit impliziere, zumal in Anspruch 1 ausdrücklich gesagt werde, dass die Längsstreben in die Querstreben übergingen. Abgesehen davon enthalte E6 keinerlei Hinweis zur Ausbildung von Sollknickstellen an den Längsstreben 38 mit konstantem Querschnitt, die irgendwo einknickten.

- E3 lehre als Versteifungselement eine Metallplatte 44 und alternativ zur Bauteilgewichtsminimierung ein Strebenkreuz (Absatz [0011]), dem aber Längs- und Querstreben fehlten. Abgesehen davon fehle in E3 der Gedanke der Ausbildung einer Sollbruchstelle an einer Längsstrebe.

- E4 offenbare als Versteifungselement eine Wanne, über die das Verformungsverhalten im Crashfall schwer einstellbar sei. E4 sei nicht entnehmbar, an einer Längsstrebe eines Versteifungselements eine Sollknickstelle auszubilden.

E3 und E4 bildeten nicht den nächstkommenden Stand der Technik.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin

Die beschwerdeführende Einsprechende hat rechtzeitig Beschwerde eingelegt und die Beschwerdegebühr bezahlt. Sie hat allerdings die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung versäumt und wurde durch die Mitteilung der Kammer vom 14. September 2016 darauf hingewiesen. Die Beschwerdeführerin hat daraufhin mit Schreiben vom 10. November 2016 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und das Europäische Patentamt ermächtigt, die erforderliche Wiedereinsetzungsgebühr abzubuchen.

1.1 Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zulässig.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist für die Einlegung der Beschwerdebegründung kann nach der Entscheidung G 1/86 (ABl. EPA 1987, 447) auch von der Einsprechenden eingereicht werden, da Artikel 122 (1) EPÜ in einem solchen Fall analog anzuwenden ist. Die Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des neuen EPÜ 2000 in dieser Hinsicht nicht geändert, so dass die Entscheidung G 1/86 weiterhin anwendbar ist.

Zudem sind die Erfordernisse der Regel 136 EPÜ erfüllt:

- Die Beschwerdeführerin hat mit Zustellung der Mitteilung des EPA vom 14. September 2016 von ihrem Versäumnis Kenntnis erlangt, d. h. die Frist für die Einlegung des Antrags wäre somit am 24. November 2016 abgelaufen. Der Antrag wurde am 10. November 2016 und damit innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses eingereicht. Die erforderliche Gebühr wurde innerhalb der Frist bezahlt (Regel 136 (1) EPÜ).

- Der Antrag enthält die erforderliche Begründung und eine Glaubhaftmachung. Die versäumte Handlung wurde bereits vor Fristbeginn nachgeholt (Regel 136 (2) EPÜ).

1.2 Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist begründet.

Im Wiedereinsetzungsantrag wurde für die Kammer glaubhaft dargelegt, dass für die am 2. Mai 2016 in der Kanzlei Rothkopf Patent- und Rechtsanwälte eingegangene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung versehentlich das falsche Datum 4. Mai 2016 als Eingangsdatum von der mit der Fristennotierung und Fristenführung betrauten Fachkraft aufgenommen wurde. Die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung ist deshalb fehlerhaft notiert gewesen, was dazu führte, dass Einreichung der Beschwerdebegründung zwar bei Fristbeginn 4. Mai 2016 fristgerecht gewesen wäre, jedoch nicht bei dem tatsächlichen Fristbeginn 2. Mai 2016. Eine eidesstattliche Erklärung der Fachkraft wurde zur Glaubhaftmachung der dort beschriebenen Tatsachen beigefügt.

Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass der sachbearbeitende Anwalt, dem das Empfangsbekenntnis mit Eingangsdatum 4. Mai 2016 zur Unterschrift vorgelegt wurde, diesen Fehler hätte bemerken und eine strengere Überprüfung der Umstände der Zustellung auslösen müssen, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen. Eine Zustellung nach 11 Tagen und damit außerhalb der üblichen 10-Tagesfrist wird nicht als außergewöhnliches Ereignis angesehen, das zu einer strengeren Überprüfung hätte führen müssen. Zudem ist nach geltender Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe 8. Auflage, Kapitel III.E.5.5.4 e)) keine Drittkontrolle bei der Fristennotierung erforderlich, wenn die Entscheidung in der Kanzlei eingeht, sofern die Kanzlei über ein gut funktionierendes System verfügt.

Die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass die gebotene Sorgfalt eingehalten wurde und die fehlerhafte Fristennotierung durch eine seit über fünf Jahren den Fristenkalender sorgfältig und fehlerlos führenden Fachkraft ein einmaliges Versehen in einem ansonsten gut funktionierenden System war.

1.3 Die Beschwerdeführerin wird in die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung wiedereingesetzt. Da somit alle Voraussetzungen des Artikels 108 EPÜ erfüllt sind, ist ihre Beschwerde zulässig.

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1 Der Gegenstand des im erstinstanzlichen Verfahren aufrechterhaltenen Anspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

2.2 Wie auch von der Beschwerdegegnerin zugestanden, bildet die Lehre von E2 den nächstkommenden Stand der Technik. E2 zeigt in Figur 2 einen Hilfsrahmen (11) mit zwei Längsträgern (15) und einem Querträger (17), wobei sich zwischen den Längsträgern eine Versteifungs-Baugruppe (41) erstreckt (Merkmale A), A1), A2), A4). Diese in Figur 2 noch mehrteilig als Strebenkreuz mit Eckknotenteilen ausgebildete Versteifungs-Baugruppe kann gemäß E2 auch als eine zweischalige Konstruktion bestehend aus einer Blech-Oberschale 51 und einer Blech-Unterschale 53 im Tiefziehverfahren hergestellt sein (Absatz [0040]). Folgt man der Beschwerdeführerin darin, dass unter dem beanspruchten einschaligen Versteifungselement die in E2 in Figur 6 - und ebenso in der Ausführungsform mit zusätzlichem Querträger 63 gemäß Figur 9 - gezeigte Oberschale 51 für sich betrachtet verstanden werden kann, so wäre auch das strittige Merkmal A3) aus E2 bekannt. Die Oberschale der Ausführungsform der Figur 9 weist zwei Längsstreben (38) und zwei Querstreben (39, 63) auf, die einen im Wesentlichen rechteckigen Außenrahmen bilden, sowie mehrere fachwerkartig angeordnete Innenstreben (37) innerhalb des Außenrahmens (Merkmale B) und C)). Dieses Versteifungselement ist an den restlichen Hilfsrahmen angeschraubt (Merkmal N)) über in den Eckbereichen des Außenrahmens angeordnete Befestigungspunkte (47), die gemäß Absatz [0047] innerhalb von Montageflächen (65) des Querträgers (63) vorgesehen sind. Folgt man der Beschwerdeführerin noch darin, dass der Begriff "Längsstrebe" nicht mehr meint als eine "sich in Längsrichtung erstreckende Strebe" und auch die in Figur 9 in E2 gezeigte Längsstrebe 38 in Kombination mit dem die Befestigungspunkte aufweisenden Montagebereich umfassen kann, so wären auch die Merkmale O), P) und Q) und damit alle Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 aus E2 bekannt, und zwar für die in Figur 9 gezeigte Ausführungsform.

2.3 Die Kammer stimmt mit der Beschwerdegegnerin darin überein, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sich damit zumindest durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils von E2 unterscheidet.

Neben dem von der Beschwerdeführerin zugestandenen Unterschiedsmerkmal R) sieht die Kammer auch das Merkmal D) als nicht in E2 offenbart an. Merkmal D) fordert, dass an den Längsstreben des Versteifungs­elements jeweils mindestens eine Sollknickstelle ausgebildet ist. Damit ist - im Einklang mit der Lehre des Streitpatents (Absatz [0047]: "Maßnahmen, welche eine gezielte lokale Profilschwächung an den Längsstreben 20 bewirken") - eine bestimmte Stelle im Bereich der Längsstrebe gemeint, die im Crashfall ein gezieltes Abknicken der Längsstreben an einer genau definierten Stelle ermöglichen soll. Diese Stelle einer lokalen Profilschwächung muss nicht notwendigerweise mittels sichtbarer Veränderung des Profilquerschnitts realisiert sein, da auch das Streitpatent andere Maßnahmen anspricht. Allerdings kann die Kammer der Beschwerdeführerin nicht darin folgen, dass kein Unterschied zwischen einer "Sollknickstelle" bzw. "Sollbruchstelle" und einem "Sollknickbereich" zu sehen sei.

2.4 E2 spricht in Zusammenhang mit der Ausführungsform nach Figur 2 und auch in Anspruch 4 von einer als Knickstab ausgebildeten Längsstrebe, wobei diese gemäß Anspruch 4 durch eine geringere Steifigkeit im Vergleich zum Hilfsrahmen-Längsträger charakterisiert wird. Selbst wenn man - wie weiter oben ausgeführt - in E2 den gesamten Bereich des in Figur 9 durch die Oberschale gebildeten Versteifungselements in Längsrichtung zwischen den beiden Befestigungspunkten als Längsstrebe auffasst, kann die Kammer keine Ausbildung oder gezielte Maßnahme erkennen, mit der gezielt eine Knickeinleitung an einer ausgewählten Stelle der Längsstrebe erfolgen soll. Zwar mag die Längsstrebe gemäß Figur 9 im Crashfall auf einem begrenzten Teilbereich ihrer Gesamtlänge knicken, wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, wobei dieser Teilbereich etwa die Hälfte ihrer Gesamtlänge ausmacht. Damit ist aber allenfalls ein an der Längsstrebe ausgebildeter "Sollknickbereich" in E2 offenbart und keine "Sollknickstelle", also keine mittels spezieller Maßnahmen definierte Knickstelle, wie im Verständnis der Kammer mit Merkmal D) gefordert.

Die Kammer kann der Beschwerdeführerin auch nicht darin folgen, dass aufgrund der Formulierung "mindestens eine Sollknickstelle" in Merkmal D) der beanspruchte Gegenstand einen "Sollknickbereich" einschließt. Bei Ausbildung mehrerer Sollknickstellen an einer Längsstrebe müssten entsprechende Maßnahmen an mehreren definierten Stellen der Längsstrebe vorgesehen sein. Dies ist in E2 nicht zu erkennen.

2.5 Ausgehend von E2 und den Unterschiedsmerkmalen D) und R) des kennzeichnenden Teils des geltenden Anspruchs 1 stellt sich die Aufgabe, die Konstruktion des Hilfsrahmens zu verbessern. Diese Aufgabenformulierung abstrahiert die von der Beschwerdeführerin genannten Wirkungen der Merkmale D) und R), also eines definierteren Brechens des Knickstabes und einer besseren Befestigung, ohne einen Hinweis auf die Lösung zu geben. Eine Aufgabenstellung, die z. B. ein definierteres Brechen des Knickstabes aus E2 fordern würde und damit auf eine Knickstelle hinweisen würde, ist nach der Rechtsprechung des EPA nicht zulässig.

2.6 Nirgendwo im Stand der Technik - weder in E6 noch in E3 oder E4 - findet sich eine Lehre, an einer Längsstrebe eines einschaligen Versteifungselements eine Sollknickstelle im Sinne des Streitpatents auszubilden, also eine an einer definierten Stelle vorgesehene Knickstelle. Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass der Fachmann bei der gestellten Aufgabe aufgrund seines Fachwissens motiviert wäre, eine Kerbe in dem aus E2 bekannten Knickstab vorzusehen, wie von der Beschwerdeführerin (allerdings mit einem unzulässigen Lösungshinweis) argumentiert.

2.7 Die mit Merkmal D) geforderte Ausbildung einer Sollknickstelle kann also bereits die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des geltenden Anspruchs 1 ausgehend von E2 begründen.

Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob es für den Fachmann bei dem in Figur 9 der E2 gezeigten Versteifungselement in Form der Oberschale 51 naheliegend wäre, einen zusätzlichen Befestigungspunkt an den Längsstreben vorzusehen. Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob gegenüber E2 ein weiterer Unterschied in Merkmal A3) zu sehen ist, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen.

2.8 Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumentationslinien ausgehend von E2 als nächstkommendem Stand der Technik, in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns oder in Verbindung mit einem der Dokumente E6, E3 oder E4, können also den Bestand des im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Patents nicht in Frage stellen.

2.9 Die Dokumente E3 und E4 werden von der Kammer nicht als geeignete Ausgangspunkte zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen.

Im Übrigen ist in E3 Merkmal D) nicht gezeigt, wie von der Beschwerdeführerin eingeräumt, und ebenfalls nicht in E4, da die Beschwerdeführerin wiederum versucht, einen Knickstab in E4 zu sehen und diesen mit der beanspruchten Sollknickstelle gleichzusetzen. Eine Kombination von E3 oder E4 mit E2 kann nicht zu dem wie vorstehend ausgeführt auch in E2 nicht gezeigten Merkmal D) führen. Damit können auch die weiteren Argumentationslinien der Beschwerdeführerin den Bestand des im Einspruchsverfahren in geänderter Fassung aufrechterhaltenen Patents mit dem geltenden Anspruch 1 nicht in Frage stellen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Beschwerdebegründung wird stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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