European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2020:T144416.20200707 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 Juli 2020 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1444/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 09736931.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B21B37/26 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | VERFAHREN ZUR EINSTELLUNG EINER AUSLAUFDICKE EINES EINE MEHRGERÜSTIGE WALZSTRASSE DURCHLAUFENDEN WALZGUTS, STEUER- UND/ODER REGELEINRICHTUNG UND WALZANLAGE | ||||||||
Name des Anmelders: | Primetals Technologies Germany GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | SMS group GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Lösung Spät eingereichtes Dokument - Änderungen nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung Spät eingereichtes Dokument - zugelassen (nein) Spät eingereichte Beweismittel - Rechtfertigung für späte Vorlage (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Das europäische Patent EP-B1-2 346 625 (im Folgenden: das Patent) betrifft ein Verfahren zur Einstellung der Auslaufdicke eines Walzguts in einer mehrgerüstigen Walzstraße.
Gegen das erteilte Patent hatte die Einsprechende Einspruch eingelegt und ihn auf die Gründe des Artikels 100 a) EPÜ gestützt.
II. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass das Patent in geändertem Umfang gemäß dem mit Schreiben vom 20. April 2014 eingereichten Hauptantrag die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende (im Folgenden: die Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt.
IV. In der als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2007) teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Einschätzung des der Beschwerde zugrundeliegenden Sachverhalts mit.
V. In einer weiteren Mitteilung vom 7. Mai 2020 wies die Kammer die Beteiligten darauf hin, dass im vorliegenden Fall auf eine Verhandlung verzichtet werden und eine Entscheidung aufgrund der schriftlichen Aktenlage ergehen könnte, sollte die Beschwerdeführerin ihren Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung zurücknehmen.
VI. Mit einem Schreiben vom 10. Juni 2020 bestätigte die Beschwerdeführerin, dass sie an ihrem Antrag auf mündliche Verhandlung festhalte.
VII. Eine mündliche Verhandlung fand am 7. Juli 2020 statt.
VIII. Anträge
Am Schluss der mündlichen Verhandlung bestand folgende Antragslage:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (die Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent auf Grundlage eines der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4 aufrechtzuerhalten.
Anspruch 1 mit einer von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagenen Merkmalsgliederung lautet wie folgt:
1 "Verfahren zur Einstellung einer Auslaufdicke (H3,
H3') eines eine mehrgerüstige Walzstraße (2)
durchlaufenden Walzguts (G), insbesondere Warmbands,
2 wobei ein erster Abschnitt (G-1) des Walzguts (G)
auf eine erste Auslaufdicke (H3) gewalzt wird,
3 wobei ein zweiter Abschnitt (G-2) des Walzguts (G)
auf eine von der ersten Auslaufdicke (H3)
verschiedene zweite Auslaufdicke (H3') gewalzt wird,
dadurch gekennzeichnet,
4 - dass eine während des Walzens erfolgende
Überführung von der ersten in die zweite
Auslaufdicke bei einer Einlaufgeschwindigkeit (V0)
des Walzguts (G) in die Walzstraße (2) erfolgt,
5 welche in Abhängigkeit von einer Auslaufge-
schwindigkeit (Vg) des Walzguts (G) eines in
Massenflussrichtung der Walzstraße (2)
vorgeordneten Aggregats (6) eingestellt wird,
6 - dass ein erster Stichplan und ein zweiter
Stichplan vorgegeben ist,
7 wobei bei Ausführung des ersten Stichplans die
erste Auslaufdicke (H3) und bei Ausführung des
zweiten Stichplans die zweite Auslaufdicke (H3')
gewalzt wird,
8 wobei ein Betrieb der Walzstraße (2) gemäß erstem
Stichplan während des Walzens eines Walzguts (G)
in einen Betrieb der Walzstraße (2) gemäß zweitem
Stichplan überführt wird,
9 wobei die Überführung für jedes Walzgerüst (3, 4,
5) der Walzstraße (2) im Wesentlichen während des
Walzens eines festgelegten Überführungsabschnitts
(X0, X1, X2) des Walzguts (G) durch das jeweilige
Walzgerüst (3, 4, 5) erfolgt,
10 - dass der Überführungsabschnitt (X0, X1, X2)
mittels einer Mehrzahl von von der Walzstraße (2)
umfassten Walzgerüsten (3, 4, 5) gewalzt wird,
11 wobei wenigstens ein Walzgerüst (3, 4, 5) während
des Walzens des Überführungsabschnitts als
Walzkraft-geregeltes Walzgerüst (3, 4, 5)
betrieben wird."
IX. Stand der Technik
Die Einspruchsabteilung hat unter anderen die folgenden Dokumente in ihrer Entscheidung erwähnt:
E4: DE 229 44 035 A1;
E7: JP 61273210 A;
E7a: Deutsche Übersetzung der E7.
In der Beschwerdebegründung verwies die Beschwerdeführerin erstmals zusätzlich auf folgende weitere Dokumente:
E10: US 3,852,983;
E11: US 3,722,244.
Mit einem Schreiben vom 6. Juli 2020 reichte sie weiterhin folgende Dokumente ein:
E12: JP 2004255421 A;
E12a: maschinelle Übersetzung der E12.
X. Das schriftsätzliche und mündliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Obwohl Dokument D12 erst zu einem späten Verfahrensstand zufällig gefunden worden sei, sei es trotzdem hochgradig relevant und sollte daher im Verfahren berücksichtigt werden.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei ausgehend von der Entgegenhaltung E4 naheliegend. Aus E4 (Anspruch 1, Seite 3, Absatz 1) gehe bereits hervor, dass ein zweiter Abschnitt des Walzguts auf eine von der ersten Auslaufdicke verschiedene zweite Auslaufdicke gewalzt werde.
Für das Auswalzen eines Dickensprungs sei eine Unterbrechung des Walzvorgangs nicht erforderlich und werde in der Praxis auch nicht vorgenommen.
Um eine automatische Detektion eines Dickenkeils zu erzielen, müsse ein Walzgerüst bereits vor dem Walzen des Überführungsabschnitts als Walzkraft-geregeltes Walzgerüst betrieben werden. Dies werde durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 nicht gewährleistet, da das Walzgerüst jeweils ausschließlich während des Walzens des Überführungsabschnitts als Walzkraft-geregeltes Walzgerüst betrieben werde.
Walzkraft-geregelte Walzverfahren seien dem Fachmann als solches bekannt.
Das in Anspruch 1 definierte Verfahren stelle daher eine naheliegende Alternative zu dem in E4 beschriebenen Verfahren dar.
Die Argumentation ausgehend von E4 gelte gleichermaßen wenn E7 als Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit in Betracht gezogen werde.
XI. Das entsprechende Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
Dokument D12 sei ohne erkennbare Rechtfertigung verspätet und völlig unsubstantiiert eingereicht worden und sollte daher im Verfahren unberücksichtigt bleiben.
E4 offenbare lediglich, dass an den Walzgerüsten ein Band ankomme, das einen Dickensprung aufweise. Ob das Band nach dem Austreten aus dem letzten Walzgerüst der Walzstraße immer noch einen Dickensprung aufweise, gehe jedoch aus den von der Beschwerdeführerin zitierten Stellen der Entgegenhaltung E4 nicht hervor.
Weder E4 noch E7 lege jeweils nahe, dass ein Walzgerüst beim Walzen des Überführungsabschnitts als Walzkraft-geregeltes Walzgerüst betrieben werden könne, um einen Dickenkeil im Walzband zu detektieren.
Entscheidungsgründe
1. Zulassung der Dokumente E12 und E12a
1.1 Anwendbare Verfahrensordnung der Beschwerdekammern
Die Beschwerde ist vor dem Inkrafttreten der revidierten Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) am 1. Januar 2020 eingelegt worden. Entsprechend den in Art. 25 VOBK 2020 getroffenen Übergangsregelungen ist für am Tag des Inkrafttretens bereits anhängige Beschwerden die VOBK 2020 ebenso anwendbar wie für danach eingelegte Beschwerden (Artikel 25 (1) VOBK 2020).
Allerdings ist nach dem Artikel 25 (3) VOBK 2020 der Artikel 13(2) VOBK 2020 nicht anwendbar, wenn die Ladung zur mündlichen Verhandlung wie im vorliegenden Fall vor Inkrafttreten der revidierten Fassung zugestellt wurde. Vielmehr gilt für derartige Fälle weiterhin Artikel 13 VOBK 2007.
1.2 Gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2007 bedürfen Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung rechtfertigender Gründe seitens des Beteiligten. Ihre Zulassung steht im Ermessen der Kammer.
1.3 Unter Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 13 (1) VOBK 2007 hat die Kammer aus folgenden Gründen die Dokumente E12 und E12a nicht in das Verfahren zugelassen.
1.3.1 Die Dokumente E12 und E12a wurden erstmals mit einem Schreiben vom 6. Juli 2020 und damit nur einen Tag vor der mündlichen Verhandlung ohne jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem bloßen Vermerk eingereicht, dass diese zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung dienen.
Das Einreichen von Dokumenten ohne jegliche inhaltliche Auseinandersetzung und Substantiierung nur einen Tag vor dem Termin der mündlichen Verhandlung ermöglicht es der Beschwerdegegnerin und der Kammer nicht, sich diesbezüglich gebührend auf die Verhandlung vorzubereiten und die spät eingereichten Dokumente entsprechend zu würdigen.
Zum Zeitpunkt der Verhandlung war es weder für die Beschwerdegegnerin noch für die Kammer zumindest ansatzweise erkennbar, aus welchem Grund die Dokumente E12 und E12a verspätet eingereicht wurden und welchen Beitrag sie zu den vorgebrachten Einwänden der Beschwerdeführerin leisten sollten.
Dies widerspricht einer fairen Verfahrensführung.
1.3.2 Ferner handelt es sich bei D12 um ein japanisches Dokument, das nicht in einer Amtssprache veröffentlicht wurde und dessen Inhalt sich daher nicht unmittelbar feststellen lässt. Die dazu eingereichte maschinelle Übersetzung E12a lässt als solche ebenfalls keine unmittelbare Relevanz in Bezug auf die angefochtene Entscheidung erkennen.
1.3.3 Von der Beschwerdeführerin wurde nicht gezeigt, dass das Einreichen der Dokumente E12 und E12a eine Reaktion auf die Begründung in der angefochtenen Entscheidung darstellt oder durch die Argumentation der Beschwerdegegnerin im Rahmen des Beschwerdeverfahrens veranlasst worden ist.
1.3.4 Bereits in der angefochtenen Entscheidung als auch im Anhang zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer, die am 21. August 2019 erging, wurde die erfinderische Tätigkeit immer ausgehend von E4 oder E7 unter besonderer Berücksichtung des Merkmals 11 des Anspruchs 1 diskutiert.
Die zu diskutierende Sachlage hat sich daher weder im Vergleich zum Einspruchsverfahren noch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geändert. Es bestand mithin für die Beschwerdeführerin keinerlei Veranlassung, ein neues Dokument einzureichen, und insbesondere keine Veranlassung, dies erst so kurzfristig vor dem Verhandlungstermin zu tun.
1.3.5 Während der mündlichen Verhandlung rechtfertigte die Beschwerdeführerin das verspätete Vorbringen damit, dass das Dokument E12 erst am Wochenende vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung zufällig gefunden worden sei und dementsprechend zum frühest möglichen Zeitpunkt am nächsten Arbeitstag eingereicht worden sei.
Das zufällige Auffinden eines Dokuments am Wochenende unmittelbar vor dem Verhandlungstermin stellt allerdings als solches keine Rechtfertigung dafür dar, ein Dokument ins Verfahren aufzunehmen.
Selbst wenn eine Verfahrensbeteiligte ein prima facie höchst relevantes Dokument derartig kurz vor einer mündlichen Verhandlung zufällig finden sollte, wäre es umso wichtiger und angebrachter, bei dessen Einreichung die relevanten Passagen klar zu kennzeichnen und detailliert darzulegen, warum dieses Dokument relevant und in welchen Kontext dieses zu diskutieren ist.
All dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt.
2. Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ - Hauptantrag
2.1 Ausgehend von E4
2.1.1 E4 offenbart ein Verfahren zur Änderung eines Walzplans beim Durchgang eines zu walzenden, einen Dickensprung aufweisenden Bands durch ein Tandemwalzwerk (Anspruch 1). Dabei werden die Walzgeschwindigkeiten des jeweiligen Walzgerüsts und der vorgeordneten Walzgerüste angepasst, wenn der Dickensprung bei einem jeweiligen Walzgerüst ankommt, siehe neben den Ansprüchen 1 und 2 insbesondere den die Seiten 6 und 7 überbrückenden Absatz:
"Gleichzeitig mit der Ankunft des Dickensprungs (transition) an einem der Walzgerüste, z.B. am i-ten Gerüst, wird das Geschwindigkeitsverhältnis zwischen (i-1)-tem und i-tem Walzgerüst auf eine neue Größe gemäß einem neuen Walzplan geändert."
2.1.2 Unstrittig zwischen den Verfahrensbeteiligten ist, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 von dem in E4 beschriebenen Verfahren zumindest dadurch unterscheidet, dass
"wenigstens ein Walzgerüst (3, 4, 5) während des Walzens des Überführungsabschnitts als Walzkraft-geregeltes Walzgerüst (3, 4, 5) betrieben wird" (Merkmal 11 gemäß Anspruch 1).
2.1.3 Die kontrovers diskutierte Frage, ob sich der Gegenstand zudem durch die Merkmale
3 "dass ein zweiter Abschnitt des Walzguts auf eine von
der ersten Auslaufdicke verschiedene zweite Auslaufdicke
gewalzt wird" und
5 "dass die Einlaufgeschwindigkeit des Walzguts in die
Walzstraße in Abhängigkeit von einer
Auslaufgeschwindigkeit des Walzguts eines in
Massenflussrichtung der Walzstraße vorgeordneten
Aggregats eingestellt wird"
unterscheidet, kann in Anbetracht der folgenden Diskussion dahingestellt bleiben.
2.1.4 Gemäß den Absätzen [0029], [0075] und [0076] des Patents dient die Kraftregelung dem automatischen Erkennen des Überführungsabschnitts X.
Zudem kann gleichzeitig die einzustellende Sollwalzkraft kontinuierlich in Richtung des Walzkraft-Sollwerts gemäß dem zweiten Walzplan geändert werden.
Es findet ein sogenannter ,,Ramp in" der Soll-Walzkraft des zweiten Walzplans in die Soll-Walzkraft des ersten Walzplans statt. Dieser ,,Ramp in" führt dazu, dass beim Auslaufen des Überführungsabschnitts aus dem jeweiligen Walzgerüst die entsprechenden Stellgrößen gemäß zweiten Walzplan eingestellt sind und die gemäß zweitem Walzplan gewünschte Auslaufdicke aus dem jeweiligen Walzgerüst erreicht wird. Dies geschieht für jedes Walzgerüst der Walzstraße, siehe Absatz [0030] des Patents.
Der Einsatz eines walzkraftgeregelten Walzgerüsts während des Durchlaufs des Überführungsstücks führt daher zu einer Vereinfachung des Verfahrens.
2.1.5 Die Beschwerdeführerin argumentiert diesbezüglich, dass Anspruch 1 definiere, dass die Kraftregelung ausschließlich während des Walzens des Überführungsstücks eingesetzt werde und daher weder eine automatische Detektierung des Überführungsstücks möglich sei noch eine Vereinfachung des Verfahrens erzielt werden könne.
In der Tat definiert Anspruch 1, dass das Walzen des Überführungsstücks im walzkraftgeregelten Betrieb erfolgt. Allerdings schließt weder der Wortlaut von Anspruch 1 noch das allgemeine Fachwissen des Fachmanns aus, dass diese Kraftregelung nicht bereits kurz vor dem Eintritt des Überführungsstücks einsetzt.
Es ist für einen Fachmann vielmehr unmittelbar erkennbar und nachvollziehbar, dass die Kraftregelung bereits kurz vor dem Eintritt des Überführungsstücks (Dickenteils) in das jeweilige Walzgerüst einzusetzen hat, um das in Anspruch 1 definierte Verfahren in der Praxis umzusetzen. Dies wird auch entsprechend durch die allgemeine Lehre des Patents, beispielsweise in Absatz [0075], bestätigt.
2.1.6 Eine nach Anspruch 1 zwar hypothetisch mögliche Ausführungsform, wonach die Kraftregelung "ausschließlich" beim Walzen des Übergangsstückes zu erfolgen hat, würde daher von einem Fachmann nicht in Erwägung gezogen werden, da diese nicht einer technisch sinnvollen Auslegung des beanspruchten Gegenstands entspricht (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, 2019, Kapitel II.A.6.1 und 6.3.1).
Unter Berücksichtigung der Lehre des Streitpatents liefert der Einsatz einer Walzkraftregelung folglich eine einfache Möglichkeit für einen fliegenden Wechsel der Auslaufdicke ohne größeren Aufwand, insbesondere in Hinblick auf eine Positionsverfolgung des Überführungsabschnitts und eine Anpassung der Walzkraft an den neuen Walzplan.
2.1.7 Das durch das in Anspruch 1 definierte Verfahren zu lösende Problem kann daher darin gesehen werden, ein vereinfachtes Verfahren zum fliegenden Wechsel der Walzdicke bereitzustellen.
2.1.8 Die Beschwerdeführerin hat kein einziges Dokument vorgelegt, dass eine Walzkraftregelung in einem mehrgerüstigen Walzwerk zeigt und insbesondere kein Dokument eingereicht, das vorschlägt, bei einem fliegenden Wechsel der Walzdicke eine Walzkraftregelung einzusetzen.
Der zitierte Stand der Technik legt daher ein Verfahren gemäß Anspruch 1 ausgehend von E4 zur Lösung des gestellten Aufgabe nicht nahe.
2.1.9 Selbst wenn man der Argumentation der Beschwerdeführerin dahingehend folgen sollte, dass gemäß dem in Anspruch 1 definierten Verfahren die Kraftregelung ausschließlich beim Walzen des Übergangsstückes eingesetzt werden kann, liefert der bloße Verweis darauf, dass walzkraftgesteuerte Walzgerüste als solche dem Fachmann bekannt sind und zur Bereitstellung eines lediglich alternativen Verfahrens willkürlich jederzeit eingesetzt werden können, dem Fachmann keinen Anreiz, in dem in E4 offenbarten Verfahren eine Kraftregelung einzusetzen.
2.1.10 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher ausgehend von E4 nicht naheliegend.
2.2 Ausgehend von E7/E7a
2.2.1 E7a offenbart in Anspruch 1 sowie den Figuren 1 und 2 ein Verfahren zur Einstellung einer Auslaufdicke eines eine mehrgerüstige Walzstraße durchlaufenden Walzguts, wobei ein erster Abschnitt des Walzguts auf eine erste Auslaufdicke gewalzt wird und ein zweiter Abschnitt des Walzguts auf eine von der ersten Auslaufdicke verschiedene zweite Auslaufdicke gewalzt wird (siehe Tabelle auf S.4). Ferner erfolgt während des Walzens eine Überführung von der ersten in die zweite Auslaufdicke (Anspruch 1; Seite 4, erster Absatz). Im vorletzten Absatz auf Seite 2 wird zudem beschrieben, dass "Wenn der Größenänderungspunkt das jeweilige Gerüst passiert, wird die Druckposition des jeweiligen Gerüsts auf den Plan der nächsten Spule geändert", d.h. dass der Überführungsabschnitt mittels einer Mehrzahl von Walzgerüsten einer Walzstraße gewalzt wird.
2.2.2 Es ist unstreitig, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag von dem in E7a offenbarten Verfahren dadurch unterscheidet, dass wenigstens ein Walzgerüst während des Walzens des Überführungsabschnitts als walzkraftgeregeltes Walzgerüst betrieben wird (Merkmal 11 des Anspruchs 1).
Damit unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 durch die gleichen Merkmale von E7a wie von E4. Wie oben dargelegt, ist der Einsatz einer Walzkraftregelung zur Erzielung eines einfacheren Verfahrens zum fliegenden Wechsel der Walzdicke nicht naheliegend.
Daher gilt in Hinblick auf E7a die gleiche Argumentation wie in Hinblick auf E4.
3. Die Beschwerdeführerin hat damit keine Argumente vorgebracht, die Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufkommen lassen. Die Beschwerde der Einsprechenden hat daher keinen Erfolg.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.