T 1268/16 () of 25.6.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T126816.20180625
Datum der Entscheidung: 25 Juni 2018
Aktenzeichen: T 1268/16
Anmeldenummer: 09165508.4
IPC-Klasse: C08J 5/00
C08K 5/10
C08K 5/103
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 277 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Weichmacherzubereitungen
Name des Anmelders: LANXESS Deutschland GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 111(1)
Schlagwörter: Patentansprüche - Klarheit (ja)
Änderungen - zulässig (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die im Namen der Lanxess Deutschland GmbH am 15. Juli 2009 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 09165508.4 wurde von der Prüfungsabteilung wegen Verletzung der Erfordernisse der Artikel 84 und 123(2) EPÜ zurückgewiesen.

II. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung wurde unter anderem wie folgt begründet:

Das in den Ansprüchen vorhandene Merkmal "eines oder mehrerer Weichmacher, der bzw. die eine Lösetemperatur im Polyvinylchlorid von weniger als 180°C aufweist bzw. aufweisen" sei nicht klar. Erstens seien viele verschiedene Arten von Polyvinylchlorid bekannt, die unterschiedliche Lösetemperaturen ergäben und seien die Ansprüche nicht auf ein bestimmtes Polyvinylchlorid eingeschränkt. Zweitens werde in der Beschreibung auf die Lösung von Polyvinylchlorid in einem Weichmacher abgezielt, während anspruchsgemäß eine bestimmte Lösetemperatur von Weichmacher in Polyvinylchlorid vorliegen müsse. Schließlich betreffe die in der Beschreibung offenbarte Messmethode zur Bestimmung der Lösetemperatur keine Lösung von Polyvinylchlorid in einem Weichmacher, sondern in einer Mischung aus Weichmacher und Triacetin, so dass diese Messmethode nicht die in den Ansprüchen genannte Lösetemperatur ergebe.

Darüber hinaus erfülle Anspruch 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, da im Gegensatz zu diesem Anspruch die Seite 10, Zeile 27 bis 29 der ursprünglich eingereichten Anmeldung die Verwendung von Triacetin zur Beschleunigung der Gelierzeit von Polyvinylchlorid-Plastisolen, und nicht Polyvinylchlorid-Suspensionen im Allgemeinen, offenbare.

III. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Anmelderin) Beschwerde ein und reichte mit der Beschwerdebegründung einen Hauptantrag und einen Hilfsantrag, sowie das folgende Dokument ein:

E1: Produktinformation **(®)Vinnolit H 70 DF, 2 Seiten, Januar 2004.

IV. Mit Bescheid vom 7. Juli 2017 teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Meinung zu diesen Anträgen mit.

V. In Erwiderung hierauf reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28. August 2017 einen neuen Hauptantrag, eine geänderte Beschreibungsseite 13 sowie das folgende Dokument ein:

E2: "Taschenbuch der Kunststoffadditive", 3. Auflage, Hanser Verlag München, Seiten 383 bis 425, 1990.

VI. Mit Bescheid vom 15. November 2017 wurde die Beschwerdeführerin zu einer mündlichen Verhandlung geladen. Die Ladung enthielt die vorläufige Meinung der Kammer hinsichtlich des neu eingereichten Hauptantrags.

VII. Hierauf zog die Beschwerdeführerin alle bisher eingereichten Anträge zurück und reichte einen Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 29 ein. Das Schreiben enthielt ferner:

E2a: Deckblatt der E2;

E3: DIN 53408, Juni 1967;

E4: Produktdatenblatt VESTINOL**(®) INB, 2 Seiten, 18. Februar 2013;

E5: Seite 5 der DE 101 22 145 A1;

E6: Produktdatenblatt Hexamoll**(®) DINCH, 4 Seiten, Januar 2008;

E7: Seiten 40 - 42 der WO 2016/005357 A1;

E8: Produktdatenblatt Mesamoll**(®), 5 Seiten, 5. April 2007; und

E9: Produktdatenblatt DIPLAST**(®) TINTM/ST, 4 Seiten, Februar 2017.

VIII. Am 25. Juni 2018 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die Beschwerdeführerin alle Anträge durch einen einzigen neuen Hauptantrag ersetzte.

Dieser Hauptantrag enthält drei unabhängige Ansprüche 1, 4 und 8, wobei Ansprüche 1 und 4 wie folgt lauten:

"1. Zubereitung, enthaltend

a) 5 - 50 Gew.-% Triacetin und

b) 50 - 95 Gew.-% eines oder mehrerer Weichmacher aus der Reihe

Isononylbenzoat,

Di-2-ethylhexyladipat,

Tributylcitrat,

1,2-Cyclohexandicarbonsäurediisononylester,

Di-2-ethylhexylterephthalat,

Diphenylkresylphosphat,

Tri-2-ethylhexylphosphat,

Phenylester von Alkansulfonsäuren (CAS 091082-17-6)."

"4. Polyvinylchlorid-Zubereitung enthaltend Polyvinylchlorid, Triacetin und Weichmacher, dadurch gekennzeichnet, dass die Polyvinylchlorid-Zubereitung bezogen auf 100 Gewichtsteile Polyvinylchlorid

a) 0,5 - 50 Gewichtsteile Triacetin und

b) 5 - 95 Gewichtsteile eines oder mehrerer Weichmacher aus der Reihe

Isononylbenzoat,

Di-2-ethylhexyladipat,

Tributylcitrat,

1,2-Cyclohexandicarbonsäurediisononylester,

Di-2-ethylhexylterephthalat,

Diphenylkresylphosphat,

Tri-2-ethylhexylphosphat,

Phenylester von Alkansulfonsäuren (CAS 091082-17-6)

enthält, und die Summe aus Triacetin und Weichmacher eine Menge von 10 - 100 Gewichtsteile pro 100 Gewichtsteile Polyvinylchlorid ausmacht."

Anspruch 8 ist auf die Verwendung der Polyvinylchlorid-Zubereitungen gemäß einem der Ansprüche 4 bis 7 für bestimmte Einsatzzwecke gerichtet.

IX. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente können wie folgt zusammengefasst werden:

Anspruch 1 finde eine Basis im ursprünglichen Anspruch 1 in Kombination mit den auf den Seiten 4 und 5 der ursprünglich eingereichten Anmeldung genannten spezifischen Weichmachern. Hierbei führe die Streichung des im ursprünglichen Anspruch 1 enthaltenen Merkmals einer Lösetemperatur des Weichmachers von weniger als 180°C nicht zu einem Verstoß gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, da die jetzt in Anspruch 1 für den Weichmacher genannten spezifischen Verbindungen inhärent eine solche Lösetemperatur aufwiesen.

X. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 8 des in der mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2018 eingereichten Hauptantrages.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Artikel 84 EPÜ

1.1 Den von der Prüfungsabteilung und der Kammer hinsichtlich der in Anspruch 1 geforderten Lösetemperatur des Weichmachers erhobenen Klarheitseinwänden wurde dadurch entsprochen, dass die Lösetemperatur aus allen Ansprüchen entfernt wurde.

1.2 Den Klarheitseinwänden der Kammer hinsichtlich der Phthalatfreiheit des Weichmachers wurde dadurch entsprochen, dass das Merkmal der Phthalatfreiheit aus allen beanstandeten Ansprüchen entfernt wurde.

1.3 Dem Klarheitseinwand der Kammer hinsichtlich der Beschleunigung der Gelierzeit wurde dadurch entsprochen, dass alle sich auf diese Beschleunigung beziehenden Ansprüche gestrichen wurden.

1.4 Die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ sind daher erfüllt.

2. Artikel 123(2) EPÜ

2.1 Anspruch 1

2.1.1 Das Merkmal

"Zubereitung, enthaltend a) 5 - 50 Gew.-% Triacetin und b) 50 - 95 Gew.-% eines oder mehrerer Weichmacher"

findet eine Basis im ursprünglichen Anspruch 1.

Hierbei führt die Streichung des im ursprünglichen Anspruch 1 enthaltenen Merkmals der Lösetemperatur des Weichmachers von weniger als 180°C nicht zu einem Verstoß gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, da die jetzt in Anspruch 1 für den Weichmacher genannten spezifischen Verbindungen (siehe Punkt 2.1.2) eine solche Lösetemperatur inhärent aufweisen.

2.1.2 Die spezifischen in Anspruch 1 für den Weichmacher genannten Verbindungen finden eine Basis in den folgenden Textstellen der ursprünglich eingereichten Anmeldung:

- Isononylbenzoat: Seite 4, Zeile 18,

- Di-2-ethylhexyladipat: Seite 4, Zeile 19,

- Tributylcitrat: Seite 4, Zeile 24,

- 1,2-Cyclohexandicarbonsäurediisononylester: Seite 5, Zeile 3 bis 4,

- Di-2-ethylhexylterephthalat: Seite 5, Zeile 5,

- Diphenylkresylphosphat: Seite 5, Zeile 7,

- Tri-2-ethylhexylphosphat: Seite 5, Zeile 8, und

- Phenylester von Alkansulfonsäuren (CAS 091082-17-6): Seite 5, Zeile 11.

Bezüglich der in Anspruch 1 genannten und durch die - nunmehr in den Anspruch eingefügte - CAS-Nummer spezifizierten Phenylester von Alkansulfonsäuren ist zu berücksichtigen, dass die ursprünglich eingereichte Anmeldung auf Seite 5, Zeile 11 und Seite 12, Zeile 10 in Verbindung mit allen Ausführungsbeispielen das Produkt Mesamoll**(®) als Beispiel für diese Ester nennt und dieses Produkt gemäß der E8 die im Anspruch genannte CAS-Nummer aufweist.

2.2 Ansprüche 2 und 3 finden eine Basis in den ursprünglichen Ansprüchen 3 und 5.

Anspruch 4 findet eine Basis im ursprünglichen Anspruch 12 in Kombination mit den oben für Anspruch 1 genannten Textstellen der ursprünglich eingereichten Anmeldung.

Ansprüche 5 bis 8 finden eine Basis in den ursprünglichen Ansprüchen 13 und 17 bis 19.

2.3 Die Ansprüche des Hauptantrags erfüllen somit die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

3. Zurückverweisung

Gemäß Artikel 111(1) EPÜ liegt es bei der Entscheidung über eine Beschwerde im Ermessen der Kammer, entweder im Rahmen der Zuständigkeit der ersten Instanz tätig zu werden oder die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an diese zurückzuverweisen. Im vorliegenden Fall hat die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung u. a. die Frage der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit nicht behandelt. Im Hinblick darauf übt die Kammer ihr Ermessen dahingehend aus, dass sie die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverweist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen, und zwar auf der Basis von Ansprüchen 1 bis 8 des Hauptantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2018.

Quick Navigation