European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T114216.20180718 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 Juli 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1142/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10734979.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B66F 9/14 B66F 9/22 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | GABELTRÄGER FÜR EINEN GABELSTAPLER | ||||||||
Name des Anmelders: | Hubtex Maschinenbau GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Durwen Maschinenbau GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit des Einspruchs - (ja) Offenkundige Vorbenutzung - nicht ausreichend nachgewiesen Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das Patent Nr. 2 451 738 zurückgewiesen worden ist, haben die Einsprechende (Beschwerdeführerin) und zunächst auch die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt; letztere nahm ihre Beschwerde indes während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zurück und wird somit im Folgenden mit "Beschwerdegegnerin" bezeichnet.
II. Die Einspruchsabteilung sah die Anforderungen an die Einspruchsschrift (Regel 76(2)(c) EPÜ) als erfüllt und den Einspruch somit als zulässig an. Die Beweisführung in Bezug auf die behauptete offenkundige Vorbenutzung war allerdings nach Auffassung der Einspruchsabteilung nicht geeignet, die Offenkundigkeit der Vorbenutzung nachzuweisen, so dass der Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit der Aufrechterhaltung des Streitpatents nicht entgegenstand. Die Einsprechende hat dazu folgende Beweisstücke genannt:
E1: Katalogauszug "ZINKENVERSTELLGERÄT IM SEITENSCHIEBER INTEGRIERT Typ 676", 04/2008
E2: Explosionszeichnung "Reg forche con S.L.I. per forche FEM", Data 09/12/09
E3: Zusammenstellzeichnung Zylinder Ø40 für PZV 25/45 oberer Verstellzylinder Zinkenverstellung PZV/45 Bearbeitungsdatum 22.08.08
E4: Zusammenstellzeichnung Zylinder Ø35 für PZV 25/45 unterer Verstellzylinder Zinkenverstellung PZV/45 Bearbeitungsdatum 22.08.08
E6: Prospektauszug "Zinkenverstellgerät mit Seitenschub" Typ ZV 869
E7: Rundschreiben Preisaktion 2001 zu "Zinkenverstellgerät für Gabelstapler" Typ ZV 869
E8: Preisliste 04/2005 der Firma A.T.I.B. zu "ZINKEN-VERSTELLGERÄT IM SEITENSCHIEBER INTEGRIERT Typ 676"
Die Entgegenhaltung E5 (DE 693 03 478 T2) konnte zudem die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht in Frage stellen.
III. Am 18. Juli 2018 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 451 738.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Anspruch 1 wie erteilt lautet wie folgt:
"Gabelträger (100) für einen Gabelstapler, mit einem Traggestell (7), mit mindestens zwei Lastaufnahmen (1), die derart verlagerbar an dem Traggestell (7) gelagert sind, dass ihr Abstand zueinander veränderbar ist, wobei jeder Lastaufnahme (1) ein hydraulisch betätigbarer Differentialzylinder (4, 4') zum Bewirken der Verlagerung zugeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass das kolbenstangenseitige Ringvolumen (8) eines Differentialzylinders (4') mit dem kolbenseitigen Volumen (10) eines anderen Differentialzylinders (4) verbunden ist, und dass die kolbenstangenseitige Ringfläche (18) des einen Differentialzylinders (4') in einem vorbestimmten Verhältnis zur kolbenseitigen Fläche (19) des anderen Differentialzylinders (4) steht."
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Der Einspruch der Beschwerdeführerin sei zulässig. Er richte sich gemäß Einspruchsschrift gegen das Patent insgesamt. Sämtliche weiteren Ansprüche seien auf den ersten Anspruch zurückbezogen, so dass aufgrund der fehlenden Schutzfähigkeit von Anspruch 1 das Patent insgesamt zu widerrufen sei. Auch seien die Gründe für die mangelnde Schutzfähigkeit hinreichend dargelegt worden. Das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1, dargestellt in der Figur 3 des Streitpatents, sei identisch in der Figur 2 der Entgegenhaltung E5 wiedergegeben und somit als bekannt anzusehen.
Die Einspruchsabteilung stelle überzogene Anforderungen an die Darlegung einer offenkundigen Vorbenutzung. Diese zeige Differentialzylinder zur seitlichen Verlagerung und beschreibe auch deren Gleichlauf. Es sei unzumutbar, zum Vertrieb des in E1 und E6 bis E8 beschriebenen Geräts weitere Angaben zu machen und so Kundendaten offenzulegen und einer Wettbewerberin zugänglich zu machen. Der Aufbau des von der Firma A.T.I.B. hergestellten und von der Beschwerdeführerin vertriebenen Anbaugeräts, insbesondere die Reihenschaltung der Zylinder und deren unterschiedliche Durchmesser, sei für den Fachmann aus der Zeichnung E2 zu erfassen, dem das damit verbundene Prinzip aus der E5 bekannt sei. Ausreichend für eine offenkundige Vorbenutzung sei die Verbreitung von 271 Geräten dieses Typs in Deutschland oder allein die Ausstellung des Geräts im Jahr 2005 auf der weltweit führenden Messe CEMAT für Fördertechnik in Hannover. Zur offenkundigen Vorbenutzung könne nicht mehr vorgetragen werden, da die Mandantin nur für einige Jahre den Vertrieb des Gerätes verantwortet habe.
Die Einspruchsabteilung habe die Entgegenhaltung E5 nicht umfassend gewürdigt. Es sei nicht im einzelnen darzulegen, inwiefern ein Dokument der Erteilung eines Patents entgegenstehe. Gemäß Kennzeichen des erteilten Anspruchs 1 seien - mit anderen Worten - zwei Hydraulikzylinder derart in Reihe geschaltet, dass sie sich in einem vorherbestimmten Verhältnis zueinander bzw. gemäß Anspruch 2 gleichmäßig bewegten. Dieses Prinzip sei seit langem bekannt (E5, Seite 1 oben: Verweis auf FR-Druckschrift) und in E5 ausführlich beschrieben (Seite 1, Zeilen 4 bis 7; Seite 4, Zeilen 12 bis 30; graphisch dargestellt in Figur 2), auch die Verwendung von Hydraulikzylindern ohne durchgehende Kolbenstange (Seite 1, Zeile 33, bis Seite 2, Zeile 3). E5 erläutere (Seite 5, Zeilen 2 bis 4), wie der Durchmesser beider Hydraulikzylinder zu berechnen sei, um eine synchrone Bewegung zu erreichen. Die Übertragung dieses bekannten Wirkprinzips von einem per Hydraulikzylinder bewegten Teil eines Gabelstapleranbaugeräts auf ein anderes bewegtes Teil eines solchen Geräts (Ansprüche 1 und 2) sei für den Fachmann, der mit der Technik in seinem Bereich vertraut sei, nicht erfinderisch. Auch der Gegenstand der Ansprüche 3 und 4 sei bereits durch E5 nahegelegt (Seite 5, ab Zeile 13). Ausgangspunkt sei - wie im Streitpatent - ein Gerät mit transversaler Verlagerung der Zinken. Dies sei laut Streitpatent bekannt, weshalb auch kein Stand der Technik zitiert worden sei. Wolle der Fachmann eine gleichmäßige Bewegung erzielen, würde er das für die Längenverstellung der Zinken aus E5 bekannte und nicht neue Prinzip übernehmen. Die in E5 (Figur 2) gezeigte Schaltung eines Bypasses am Ende des Kolbenhubs stimme mit der im Streitpatent gezeigten (Figur 3) überein.
VI. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:
Der Einspruchsschrift fehle eine Erklärung über den Umfang, in welchem gegen das Streitpatent Einspruch eingelegt werde. Es werde behauptet, dass ein Gerät mit derselben Funktionalität, die Schutzgegenstand des angegriffenen Patents sei, seit dem Jahr 2000 von der Firma A.T.I.B. europaweit vertrieben werde, und sich die fehlende Patentfähigkeit zumindest des Anspruchs 1 aus E5 ergebe. Daraus erschließe sich nicht, ob der Einspruch auch weitere der erteilten Ansprüche erfassen solle, zumal der Schutzgegenstand durch Anspruch 1 definiert werde. Dem Einspruchsschriftsatz sei damit nicht entnehmbar, ob sich der Einspruch gegen sämtliche Ansprüche oder nur einen Teil derselben richte.
Auch sei weder der Einspruchsgrund fehlender Neuheit noch der fehlender erfinderischer Tätigkeit innerhalb der Einspruchsfrist ausreichend begründet worden.
- Aufgrund des fehlenden Zusammenhangs zwischen den Dokumenten E1, E2 und E3 bzw. E4 sei offen, ob die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung tatsächlich auf das Jahr 2000 zurückgehe, was in den Jahren 2002 bis 2007 tatsächlich von der Einsprechenden verkauft und auf der Messe CEMAT in Hannover im Jahr 2005 ausgestellt worden sei, und welches die die Benutzung konkret betreffenden Umstände der Benutzungshandlung gewesen seien. Die Explosionszeichnung E2 scheide wegen des Datums vom 9. Dezember 2009 als Beweismittel aus. Zudem sei in E2 weder erkennbar, dass es sich bei den Bauteilen mit den Bezugsziffern 3, 4 und 36, 37 um zwei Lastaufnahmen sowie Differentialzylinder handele, noch, dass das kolbenstangenseitige Ringvolumen des einen Differentialzylinders mit dem kolbenseitigen Volumen des anderen verbunden sei, noch, dass den Lastaufnahmen jeweils hydraulisch betätigte Differentialzylinder zugeordnet seien.
- Die Ausführungen im Einspruchsschriftsatz zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit erschöpften sich in der bloßen Nennung und Beifügung des nicht sehr kurzen Dokuments E5. Zudem stimme Fig. 3 des Patents (Leitung 9 münde in Zylindervolumina) nicht technisch mit Fig. 2 der E5 (Leitung 15 münde in Ventilanordnungen mit Bypass-Kanälen) überein.
Es sei nicht vorgetragen, ob eine Kombination mit der E5 tatsächlich zum Gegenstand des Anspruchs 1 geführt hätte und welche Veranlassung der Fachmann gehabt habe, einen bestimmten Teil der Offenbarung der E5 zu berücksichtigen. Die Argumentationslinie ausgehend von einem bekannten Gabelstapler gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1 sei im schriftlichen Verfahren nicht vorgetragen worden und beruhe im Übrigen auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit des Einspruchs
1.1 Der Einspruch entspricht Regel 76 (2) c) EPÜ und ist somit zulässig, wie auch von der Einspruchsabteilung festgestellt.
1.2 Die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ, auf welche der Einspruch gestützt wird, sind in der Einspruchschrift genannt. Dies wurde nicht bestritten. Die Kammer ist darüber hinaus der Auffassung, dass die Einspruchsschrift eine Erklärung darüber enthält, in welchem Umfang gegen das europäische Patent Einspruch eingelegt wurde, sowie die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel, wie mit Regel 76 (2) c) EPÜ gefordert.
1.2.1 In der Einspruchsschrift wird zum Beleg mangelnder Neuheit eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht und dazu auf ein "Gerät mit derselben Funktionalität, die Schutzgegenstand des angegriffenen Patents ist" verwiesen. Der Schutzgegenstand eines Patents wird durch die Ansprüche definiert (Artikel 84 EPÜ sowie Regel 43 (1) EPÜ), wobei abhängige Ansprüche sich auf besondere Ausführungsarten der Erfindung beziehen (Regel 43 (3) EPÜ). Damit wird in der Einspruchsschrift bereits implizit ausgedrückt, dass sich der Einspruch gegen den unabhängigen Anspruch 1 wie erteilt sowie die davon abhängigen erteilten Ansprüche 2 bis 5 richtet. Zudem wird "fehlende Patentfähigkeit zumindest des einzigen unabhängigen Anspruchs 1" gegenüber der E5 geltend gemacht. Wie in der Entscheidung G 9/91 (ABl. EPA 1993, 408) der Großen Beschwerdekammer festgestellt (Punkt 11), ist "Auch wenn der Einspruch ausdrücklich nur gegen den Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs eines europäischen Patents gerichtet ist ... ein solcher abhängiger Gegenstand durch die Erklärung nach Regel 55 c) EPÜ implizit mit abgedeckt ist" (Regel 55 EPÜ 1973 entspricht Regel 76 EPÜ 2000, die vorliegend - Anmeldetag 16. Juli 2010, EPÜ 2000 seit 13. Dezember 2007 in Kraft - anzuwenden ist).
1.2.2 Der Einspruch ist auch in Bezug auf zumindest einen der geltend gemachten Einspruchsgründe ausreichend begründet und damit ausreichend substantiiert. Die gemäß geltender Rechtsprechung der Beschwerdekammern erforderlichen Anforderungen an die Substantiierung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung ("Was", "Wann", "Wie" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein soll) in Bezug auf den Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit sind nach Auffassung der Einspruchsabteilung erfüllt. Die gegen die angefochtene Entscheidung (siehe Punkt 2.2.2.4) diesbezüglich vorgebrachten Argumente der Beschwerdegegnerin richten sich allesamt dagegen, dass die behaupteten Tatsachen nicht hinreichend bewiesen seien, was jedoch eine Frage der materiellrechtlichen Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Einspruchs darstellt. Die Kammer sieht daher keinen Grund, von der Einschätzung der Einspruchsabteilung abzuweichen, zumal diese Frage aufgrund der unten unter Punkt 2. und 3. gefundenen Ergebnisse den Gesamtausgang des Beschwerdeverfahrens nicht beeinflussen würde.
2. Behauptete offenkundige Vorbenutzung - Neuheit
2.1 Laut angefochtener Entscheidung (Punkt 2.3.8) war die Beweisführung in Bezug auf die von der Einsprechenden und jetzigen Beschwerdeführerin behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht geeignet, die Offenkundigkeit einer Vorbenutzung der Erfindung nachzuweisen und die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1 des Streitpatents in Frage zu stellen.
2.2 Mangels überzeugender Argumente oder weiterer Beweismittel seitens der Beschwerdeführerin sieht die Kammer - wie von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung festgestellt (siehe dazu Punkte 2.3.5, 2.3.7 und 2.3.8) - weiterhin Lücken in der Beweisführung zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung und diese somit als nicht ausreichend bewiesen an.
Die Zeichnungen E2, E3 und E4 aus den Jahren 2008 und 2009 können nicht als Beweis dafür dienen, dass 271 Geräte gemäß diesen Zeichnungen in den Jahren 2002 bis 2007 verkauft worden sind oder ein entsprechendes Gerät im Jahr 2005 auf der Messe CEMAT in Hannover ausgestellt worden ist. Zudem steht bereits der Zusammenhang zwischen der Explosionszeichnung E2 und den Hydrozylindern gemäß E3 und E4 in Frage. Ein Zusammenhang zwischen dem Zinkenverstellgerät gemäß Katalogauszug E1 und den Zeichnungen E2 bis E4 ist ebenfalls nicht bewiesen, wobei E1 allenfalls ein Zinkenverstellgerät mit zwei Hydrozylindern, aber nicht die kennzeichnenden Merkmale des erteilten Anspruchs 1 zeigt, wie bereits von der Einspruchsabteilung festgestellt. Im Übrigen ist die Zeichnung E2 nach dem Prioritätstag des Streitpatents angefertigt und kann somit nicht als Beweismittel dienen, wie auch von der Beschwerdegegnerin argumentiert, wobei die Beschwerdegegnerin noch in Zweifel zieht, dass insbesondere die kennzeichnenden Merkmale in E2 gezeigt sein sollen.
Das Argument der Beschwerdeführerin, die Offenlegung von Kundendaten sei unzumutbar, kann nicht überzeugen, da der Nachweis der öffentlichen Zugänglichkeit z. B. durch Ausstellung auf einer Messe nicht notwendigerweise die Preisgabe von vertraulichen Informationen verlangt. Es fehlt im vorliegenden Fall vielmehr bereits an einer ausreichenden Darlegung der behaupteten Benutzung aller Merkmale der Erfindung und an einer insoweit in sich schlüssigen Beweisführung. Zudem verbietet sich eine Interpretation der Explosionszeichnung E2 in Kenntnis der Druckschrift E5, da der Offenbarungsgehalt dieser Zeichnung E2 nicht dadurch ergänzt werden kann, dass ein bestimmtes Prinzip - vorliegend die Reihenschaltung von Differentialzylindern - aus einem anderen Stand der Technik bekannt ist, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert.
Zum technischen Informationsgehalt der Beweismittel E6 und E7 hat die Beschwerdeführerin nicht vorgetragen. Dieser wurde von der Einspruchsabteilung als nicht ausreichend angesehen, um die Neuheit des Anspruchs 1 in Frage zu stellen. Die Kammer sieht keinen Grund, von dieser Auffassung abzuweichen. Die Preisliste E8 entspricht im Wesentlichen dem Katalogauszug E1, wobei ein Zusammenhang mit anderen Beweismitteln ebenfalls nicht nachgewiesen ist. Insbesondere kann die Kammer der E8 auch nicht die kennzeichnenden Merkmale des erteilten Anspruchs 1 entnehmen.
2.3 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Neuheit des erteilten Anspruchs 1 durch die behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht in Frage gestellt ist (Artikel 54 (1) EPÜ).
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ), wobei die Beschwerdeführerin diesbezüglich als einzige Entgegenhaltung das Dokument E5 eingereicht hat.
3.2 Ausgehend von einem gemäß Streitpatent bekannten Gabelträger eines Gabelstaplers mit einem Traggestell und zwei in ihrem Abstand verstellbaren Lastaufnahmen, wobei jeder Lastaufnahme ein hydraulisch betätigbarer Differentialzylinder zum Bewirken der Verlagerung zugeordnet ist, mag zwar der Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 im Stand der Technik bekannt sein. Die Argumentation der Beschwerdeführerin konnte die Kammer allerdings nicht davon überzeugen, dass es für den Fachmann eine Veranlassung gegeben hätte, die in der Druckschrift E5 für eine synchrone Zinkenverlängerung beschriebene hydraulische Reihenschaltung von Differentialzylindern im Sinne von Anspruch 1 auf den bekannten Gabelträger anzuwenden.
Die theoretische Möglichkeit einer solchen Umsetzung allein reicht nicht aus, um die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent in Frage zu stellen. Das im Kennzeichen des erteilten Anspruchs 1 beschriebene Wirkprinzip mag zwar für den Fachmann bekannt sein, wie von der Beschwerdeführerin argumentiert. Jedoch konnte die Beschwerdeführerin keinen Anhaltspunkt im Stand der Technik angeben, der für den Fachmann eine Veranlassung geboten hätte, das bekannte Wirkprinzip auch zur Veränderung des Abstands der Lastaufnahmen einzusetzen. Bereits die Tatsache, dass Leckageprobleme bei der Reihenschaltung der Differentialzylinder in E5 dadurch kompensiert werden müssen, dass zusätzliche Ventilmittel (27, 28) als Bypass in der Nähe der Endpositionen der Kolben vorgesehen sind (siehe E5, Figur 2, Seiten 5 und 6), ist vielmehr dazu angetan, nicht von der im Streitpatent in Figur 4 dargestellten und als bekannt vorausgesetzten Parallelschaltung der beiden Differentialzylinder abzuweichen, die gerade keine solche Modifikation der Differentialzylinder erfordert. Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass das sich bei der Verstellung der Zinken in Längsrichtung stellende Problem einer gleichmäßigen Bewegung beider Zinken, um die Last einer Palette gleichmäßig aufnehmen zu können, auch für die Veränderung des Abstands der beiden Lastaufnahmen bzw. Zinken in transversaler Richtung vorliegt, wie von der Beschwerdeführerin behauptet. Der seitliche Abstand der Zinken voneinander wird sich auch bei nicht synchroner seitlicher Verlagerung der beiden Zinken verändern. Zudem bietet die gemäß Streitpatent (Figur 4) bekannte hydraulische Parallelschaltung der Differentialzylinder zur Veränderung des seitlichen Abstandes der Zinken den Vorteil, dass in jedem Fall beide Endstellungen der Zinken erreicht werden, auch wenn der Kolben eines der Differentialzylinder langsamer bzw. nicht synchron mit dem des anderen verfährt, und zwar ohne dass dazu weitere Mittel - wie die in E5 angesprochenen Bypassventile - vorgesehen werden müssen.
3.3 Die angefochtene Entscheidung ist somit zu bestätigen. Der in diesem Verfahren erfolgte Sach- und Rechtsvortrag gibt keinen Anlass, das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1 zu verneinen.
4. Vor diesem Hintergrund kann der Einwand der Beschwerdegegnerin dahinstehen, dass die von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argumentationslinie, die von einem gemäß Oberbegriff des erteilten Anspruch 1 bekannten Gabelträger ausging, im schriftlichen Verfahren bisher noch nicht - auch nicht implizit - vorgetragen worden sei und gar nicht mehr ins Verfahren hätte zugelassen werden sollen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.