T 1139/16 (Bestätigungselement/KARL STORZ) of 9.4.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T113916.20190409
Datum der Entscheidung: 09 April 2019
Aktenzeichen: T 1139/16
Anmeldenummer: 07010474.0
IPC-Klasse: G06F 19/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung und Verfahren zur zentralen Überwachung und/oder Steuerung wenigstens eines Gerätes
Name des Anmelders: Karl Storz SE & Co. KG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Spät eingereichter Antrag - zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1670/07
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Patentanmeldung zurückzuweisen, und zwar unter anderem betreffend den Hauptantrag mangels Neuheit und mangels erfinderischer Tätigkeit und betreffend Hilfsantrag 1 ebenfalls wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit.

II. Es fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte am Ende dieser Verhandlung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche gemäß Hauptantrag oder Hilfsantrag 1, wie sie in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegen haben, oder gemäß Hilfsantrag 2, der dem mit Schreiben vom 8. März 2019 eingereichten Hilfsantrag 4 entspricht, Hilfsantrag 3, der dem mit Schreiben vom 8. März 2019 eingereichten Hilfsantrag 5 entspricht, Hilfsantrag 4, der dem mit Schreiben vom 8. März 2019 eingereichten Hilfsantrag 7 entspricht, Hilfsantrag 5, der dem mit Schreiben vom 8. März 2019 eingereichten Hilfsantrag 6 entspricht, Hilfsantrag 6, der dem mit Schreiben vom 8. März 2019 eingereichten Hilfsantrag 3 entspricht, Hilfsantrag 7, der dem mit Schreiben vom 8. März 2019 eingereichten Hilfsantrag 2 entspricht, oder gemäß Hilfsantrag 8, eingereicht als Hilfsantrag 1a in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, zu erteilen.

IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:

"Vorrichtung zur Steuerung und/oder Überwachung mindestens eines Gerätes (22, 24, 26, 52) bei einem medizinischen Eingriff, umfassend:

- mindestens eine Steuerungseinheit (12, 14) zur Steuerung und/oder Überwachung des mindestens einen Gerätes und

- mindestens eine Anzeigeeinheit (42) zur Anzeige von Daten,

- wobei ein Zugriff möglich ist auf eingriffsspezifische Daten, die zumindest Daten über die bei einem vorgegebenen Eingriff bei dem mindestens einen Gerät einzustellenden Parameterwerte umfassen, dadurch gekennzeichnet, dass

- die Parameterwerte zumindest teilweise benutzerunabhängig vorbestimmt sind,

- die Parameterwerte von einem Benutzer zur Anzeige mittels der Anzeigeeinheit aufgerufen werden können,

- und dass ein Bestätigungselement (19) vorgesehen ist, durch dessen Betätigung die vorbestimmten Parameterwerte für das mindestens eine Gerät übernommen werden."

V. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass der Wortlaut "mindestens ein Gerät" jeweils durch "Mehrzahl von Geräten" ersetzt wurde, und durch den folgenden zusätzlichen Wortlaut am Ende:

"- wobei eine erste Steuerungseinheit (12) zur Steuerung sicherheitsrelevanter Geräte und eine zweite Steuerungseinheit (14) zur Steuerung nicht sicherheitsrelevanter Geräte vorgesehen sind und

- das Bestätigungselement (19) nur zur Bestätigung der Parameterwerte der sicherheitsrelevanten Geräte dient."

VI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 durch den folgenden zusätzlichen Wortlaut am Ende:

"- und wobei eine dynamische Anpassung der Gerätekonfigurationen und der angezeigten Parametereinstellungen zur Steuerung der sicherheitsrelevanten Geräte an die aktuellen Erfordernisse während des Eingriffs erfolgt."

VII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 durch den folgenden zusätzlichen Wortlaut am Ende:

"- wobei während des Eingriffs Vitalparameter erfasst und mit hinterlegten Sollwerten bzw. -bereichen verglichen werden, wobei, falls Abweichungen der gemessenen Werte von den Sollwerten bzw. -bereichen registriert werden, durch die Steuerungseinheit neue Gerätekonfigurationen und Parameterwerte berechnet werden, die auf der mindestens einen Anzeigeeinheit dargestellt werden, denen der Benutzer durch Betätigen des Bestätigungselements zustimmen kann."

VIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch den folgenden zusätzlichen Wortlaut am Ende:

"- dass der Benutzer nach Anzeige der benutzerunabhängig vorbestimmten Parameterwerte geänderte Parameterwerte zur Verwendung bei einem oder mehreren Eingriffen eingeben kann, und dass nach Betätigung des Bestätigungselements (19) die geänderten Parameterwerte für das mindestens eine Gerät übernommen werden,

- wobei die geänderten Parameterwerte vor Betätigung des Bestätigungselements (19) an das Gerät bzw. die Geräte, die der vorbestimmten Gerätekonfiguration entsprechen, übertragen werden und nach Betätigung des Bestätigungselements (19) ein Aktivierungssignal zur Übernahme der Parameterwerte übertragen wird."

IX. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch den folgenden zusätzlichen Wortlaut am Ende:

"- wobei ein erstes Bestätigungselement vorgesehen ist, das zur Auswahl einzelner, vorgegebener oder geänderter Parameterwerte dient, und ein zweites Bestätigungselement, das erst nach Auswahl und Zustimmung zu den Parametereinstellungen mit dem ersten Bestätigungselement betätigt werden kann, und

- wobei erst die Betätigung des zweiten Bestätigungselements dem Benutzer den Betrieb der Geräte mit den zuvor durch das erste Bestätigungselement ausgewählten Parametereinstellungen ermöglicht."

X. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch den folgenden zusätzlichen Wortlaut am Ende:

"- wobei die eingriffsspezifischen Daten in einer Datenbank gespeichert sind, die in dem Speicher eines externen Servers installiert ist, auf den die erfindungsgemäße Vorrichtung über ein lokales Netzwerk oder das Internet zugreifen kann,

- wobei eine Formel zur Berechnung patientenabhängiger Parameter hinterlegt ist, aus der mit Hilfe verfügbarer Patientendaten die angezeigten zu übernehmenden Parameterwerte durch Interpolation oder Extrapolation aus vorgegebenen Eckwerten ermittelt werden."

XI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 dadurch, dass der letzte Abschnitt mit dem folgenden Wortlaut ersetz wurde:

"- wobei durch Betätigen eines ersten Bestätigungselements ein bestimmter operativer Zugangsweg ausgewählt werden kann und die Auswahl der Gerätekonfiguration und Parameterwerte zur Steuerung des mindestens einen Geräts durch Betätigung eines zweiten Bestätigungselements getroffen werden kann."

XII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 durch den folgenden zusätzlichen Wortlaut am Ende:

"- wobei eine Schnittstelleneinheit vorgesehen ist, die von der ersten Steuerungseinheit gesteuert wird und abhängig davon Signale entweder von der ersten oder der zweiten Steuerungseinheit an gemeinsame Peripheriegeräte weiterleitet, und

- wobei die beiden Steuerungseinheiten miteinander kommunizieren, wobei die erste Steuerungseinheit die zweite Steuerungseinheit auf Fehler überprüft und

- wobei die erste Steuerungseinheit bei einem Fehler der zweiten Steuerungseinheit die Schnittstelleneinheit so steuert, dass die Signale der ersten Steuerungseinheit an die Peripheriegeräte weitergeleitet werden."

XIII. In der vorliegenden Entscheidung wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D1: EP 1 770 569,

D2: US 2003/171740.

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag; Erfinderische Tätigkeit

1.1 D1 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Das wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Laut der Beschwerdeführerin unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag vom nächstliegenden Stand der Technik in D1 durch die folgenden Merkmale:

(d) Ein Zugriff ist möglich auf eingriffsspezifische Daten, die zumindest Daten über die bei einem vorgegebenen Eingriff bei dem mindestens einen Gerät einzustellenden Parameterwerte umfassen;

(e) die Parameterwerte sind zumindest teilweise benutzerunabhängig vorbestimmt;

(f) die Parameterwerte können von einem Benutzer zur Anzeige mittels der Anzeigeeinheit aufgerufen werden;

(g) ein Bestätigungselement ist vorgesehen, durch dessen Betätigung die vorbestimmten Parameterwerte für das mindestens eine Gerät übernommen werden.

1.2 Bezüglich der Merkmale (d), (e) und (f) offenbart D1, Absatz [0043], dass vor Beginn eines vorgegebenen Eingriffs ein Bediener (operator) die während des Eingriffs bei den Geräten einzustellenden Parameter vorbestimmen kann.

1.3 Die Beschwerdeführerin führt aus, dass "benutzerunabhängig" im Merkmal (e) "allgemeingültig, unabhängig vom betreffenden Chirurg vorbestimmt" bedeutet (siehe der Brief vom 8. März 2019, Seite 2, letzter Absatz). Damit ist das Merkmal (e) in D1, Absatz [0043] offenbart.

1.4 Bezüglich des Merkmals (d) bestreitet die Beschwerdeführerin, dass die in D1, Absatz [0043] vom Bediener vorbestimmten Parameterwerte eingriffsspezifisch sind. Sie seien lediglich Standardparameter der Geräte, die unabhängig von der Art des mit dem Gerät durchgeführten Eingriffs seien. Die Kammer kann jedoch diese Lesart von D1 technisch nicht nachvollziehen, denn dies würde heißen, dass z.B. ein Laser unabhängig von der Art des chirurgischen Eingriffs mit ein- und derselben Impulsstärke und Strahlungsdauer eingesetzt werden würde. Darüber hinaus wäre es nicht nachvollziehbar, wozu Standardparameter, die unabhängig von der Art des mit dem Gerät durchgeführten Eingriffs sind, vor jedem Eingriff vom Bediener neu konfiguriert werden sollten. Deshalb kann die richtige Lesart von "standard" in D1, Absatz [0043] lediglich "eingriffspezifisch" sein. Damit ist auch das Merkmal (d) in D1, Absatz [0043] offenbart.

1.5 D1, Absatz [0046] offenbart zudem, dass der Chirurg die existierenden, d.h. die vor Beginn des Eingriffs vom Bediener vorbestimmten Parameter mittels der Anzeigeeinheit ändern kann. Damit ist auch das Merkmal (f) in D1 offenbart.

1.6 Demzufolge ist nur das Merkmal (g) neu gegenüber D1. Die Beschwerdeführerin führt aus, dass das unterscheidende Merkmal (g) die objektive technische Aufgabe löst, eine höhere Sicherheit bei einem medizinischen Eingriff zu ermöglichen. Laut der Beschreibung (siehe Seite 5, letzter Absatz bis Seite 6, zweiter Absatz) zwingt das Merkmal (g) den behandelnden Chirurgen, beispielweise durch die Frage "Stimmen Sie den ausgewählten Parameterwerten zu?", von den vorbestimmten Parametern vor ihrer Übernahme Kenntnis zu nehmen, sie kritisch zu bewerten und vor Betätigung des Bestätigungselementes sich Rechenschaft über die Eignung der vorbestimmten Parameter zur Durchführung des spezifischen Eingriffs abzulegen. Die Kammer hat in ihrer vorläufigen Meinung darauf hingewiesen, dass eine Kenntnisnahme oder eine kritische Bewertung von Parametern als solche keinen technischen Charakter hat, sondern einen kognitiven oder möglicherweise auch einen juristischen. Die Argumentationslinie der Beschwerdeführerin, dass eine bewusste Bestätigung der zu übernehmenden Parameter zu einer höheren Sicherheit des medizinischen Eingriffs beiträgt, stelle deswegen lediglich eine sogenannte "gebrochene technische Kette" dar ("broken technical chain fallacy", siehe T 1670/07, Ziffer 11). Die Beschwerdeführerin führte jedoch weiter aus, dass ein Bestätigungselement unzweifelhaft ein technisches Merkmal sei, und dass die Ermöglichung einer höheren Sicherheit gemäß der Erfindung gar keine Kenntnisnahme durch den Benutzer voraussetze, sondern schon durch die Schaffung des Bestätigungselements als solches bewirkt werde. Dieses Argument überzeugt die Kammer nicht, da die bloße Schaffung eines Bestätigungselements unabhängig vom konkreten Inhalt der dem Benutzer angezeigten Informationen und unabhängig von den anschließenden kognitiven Vorgängen bzw. Entscheidungen des Benutzers nicht zur höheren Sicherheit bei einem medizinischen Eingriff beitragen kann. Daraus folgt, dass das Vorsehen eines Bestätigungselements gemäß Merkmal (g) keine objektive technische Aufgabe löst.

1.7 Aus diesen Gründen beruht Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

2. Hilfsantrag 1; Erfinderische Tätigkeit

2.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:

(h) Eine erste Steuerungseinheit zur Steuerung sicherheitsrelevanter Geräte und eine zweite Steuerungseinheit zur Steuerung nicht sicherheitsrelevanter Geräte sind vorgesehen;

(i) das Bestätigungselement dient nur zur Bestätigung der Parameterwerte der sicherheitsrelevanten Geräte.

2.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass das Merkmal (h) aus D2 bekannt ist. Sie weist jedoch darauf hin, dass das System in D2 kein Bestätigungselement aufweist und damit das Merkmal (i) nicht offenbart. Dieses löse die technische Aufgabe, eine höhere Sicherheit zu ermöglichen, insbesondere den Benutzer von der Überprüfung von Parameterwerten zu entlasten, die für die Sicherheit des Patienten weniger relevant sind. Beispielweise bei endoskopischen Geräten könne eine erhebliche Anzahl von Geräten zum Einsatz kommen, die eine höhere Aufmerksamkeit des Chirurgen erforderten.

2.3 Dies überzeugt die Kammer nicht. Genauso wenig wie die bloße Schaffung eines Bestätigungselements eine höhere Sicherheit bei einem medizinischen Eingriff ermöglichen kann (siehe 1.6 oben), kann auch seine Zuordnung nur zur Bestätigung der Parameterwerte mancher Geräte keine höhere Sicherheit ermöglichen. Darüber hinaus ist anzumerken, dass der Fachmann D2 entnimmt, dass sicherheitsrelevante und nicht sicherheitsrelevante Geräte in einem System unterschiedlich behandelt werden. Daraus ergibt sich notwendigerweise, dass auch ein Bestätigungselement, wie jedes andere Element des Systems, nur für sicherheitsrelevante oder nicht sicherheitsrelevante Geräte vorgesehen werden kann.

2.4 Aus diesen Gründen beruht Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

3. Hilfsanträge 2 und 3 (beide in das Beschwerdeverfahren zugelassen)

3.1 Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 durch das folgende zusätzliche Merkmal:

(l) Es erfolgt eine dynamische Anpassung der Gerätekonfigurationen und der angezeigten Parametereinstellungen zur Steuerung der sicherheitsrelevanten Geräte an die aktuellen Erfordernisse während des Eingriffs.

3.2 Die Kammer hat bereits in ihrer vorläufigen Meinung darauf hingewiesen, dass eine dynamische Beobachtung der aktuellen Erfordernisse während eines medizinischen Eingriffs und die dementsprechende dynamische Anpassung der Geräteeinstellungen den Tätigkeiten entsprechen, die ein chirurgisches Team üblicherweise während eines medizinischen Eingriffs ausführt. Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern entspricht die bloße Automatisierung von bisher vom Menschen ausgeführten Funktionen dem allgemeinen Trend in der Technik und kann nicht als erfinderisch angesehen werden. Eine mögliche Erhöhung der Sicherheit durch dieses Merkmal ist lediglich auf die vorteilhaften Wirkungen der Automatisierung zurückzuführen.

3.3 Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 durch das folgende zusätzliche Merkmal:

(l1) Während des Eingriffs werden Vitalparameter erfasst und mit hinterlegten Sollwerten bzw. -bereichen verglichen, wobei, falls Abweichungen der gemessenen Werte von den Sollwerten bzw. -bereichen registriert werden, durch die Steuerungseinheit neue Gerätekonfigurationen und Parameterwerte berechnet werden, die auf der mindestens einen Anzeigeeinheit dargestellt werden, denen der Benutzer durch Betätigen des Bestätigungselements zustimmen kann.

3.4 Es handelt sich hierbei, ähnlich wie oben unter 3.2, um die üblichen Tätigkeiten eines chirurgischen Teams, während eines medizinischen Eingriffs Vitalparameter des Patienten zu erfassen, sie mit Sollwerten zu vergleichen und, falls Abweichungen auftreten, die Gerätekonfigurationen und Parameterwerte dementsprechend zu verändern und anzupassen. Demzufolge entspricht dieses Merkmal ebenfalls einer bloßen Automatisierung von bisher von Menschen ausgeführten Funktionen.

3.5 Aus diesen Gründen beruht Anspruch 1 gemäß Hilfsanträgen 2 und 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

4. Hilfsantrag 4 (in das Beschwerdeverfahren zugelassen)

4.1 Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:

(n) Der Benutzer kann nach Anzeige der benutzerunabhängig vorbestimmten Parameterwerte geänderte Parameterwerte zur Verwendung bei einem oder mehreren Eingriffen eingeben, und nach Betätigung des Bestätigungselements werden die geänderten Parameterwerte für das mindestens eine Gerät übernommen;

(o) die geänderten Parameterwerte werden vor Betätigung des Bestätigungselements an das Gerät bzw. die Geräte, die der vorbestimmten Gerätekonfiguration entsprechen, übertragen, und nach Betätigung des Bestätigungselements wird ein Aktivierungssignal zur Übernahme der Parameterwerte übertragen.

4.2 Die Beschwerdeführerin führte aus, dass diese Merkmale die objektive technische Aufgabe lösten, die Zeitdauer zwischen dem Betätigen des Bestätigungselements und dem Betrieb der Geräte mit geänderten Parameterwerten zu verringern. Die Zeit, die der Benutzer benötige, um die angezeigten Parameter zu überprüfen, könne bereits für die Übertragung der Daten benutzt werden. Nach Betätigung des Bestätigungselements müsse dann lediglich ein Aktivierungssignal übertragen werden.

4.3 Die Kammer ist von dieser Formulierung der objektiven technischen Aufgabe nicht überzeugt, denn das System von D1 weist kein Bestätigungselement auf. Die Kammer hat zudem während der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass laut Absatz [0046] in D1 die vom Benutzer geänderten Parameterwerte unmittelbar nach ihrer Änderung und ohne die Übertragung eines zusätzlichen Aktivierungssignals von den Geräten übernommen werden, was eindeutig schneller ist. Die Beschwerdeführerin trug dennoch erneut die angeblichen Sicherheitsvorteile des Vorsehens eines Bestätigungselements vor (siehe 1.6 oben). Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Vielmehr stellen die Merkmale (n) und (o) eine vorhersehbare Verschlechterung des Stands der Technik dar, die gerade nicht von einem unerwarteten technischen Vorteil begleitet sind.

4.4 Aus diesen Gründen beruht Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

5. Hilfsantrag 5 (in das Beschwerdeverfahren zugelassen)

5.1 Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch das folgende zusätzliche Merkmal:

(m) Ein erstes Bestätigungselement ist vorgesehen, das zur Auswahl einzelner, vorgegebener oder geänderter Parameterwerte dient. Ferner ist ein zweites Bestätigungselement vorgesehen, das erst nach Auswahl und Zustimmung zu den Parametereinstellungen mit dem ersten Bestätigungselement betätigt werden kann, und wobei erst die Betätigung des zweiten Bestätigungselements dem Benutzer den Betrieb der Geräte mit den zuvor durch das erste Bestätigungselement ausgewählten Parametereinstellungen ermöglicht.

5.2 Durch dieses Merkmal werden zwei Bestätigungselemente vorgesehen, die nacheinander betätigt werden müssen, damit der Benutzer die Geräte bedienen kann. Die angebliche Wirkung des Merkmals ist eine weitere Erhöhung der Sicherheit. Ein zweites Bestätigungselement kann jedoch nicht eine höhere Sicherheit bewirken, wenn diese Wirkung bereits dem ersten Bestätigungselement fehlt (siehe 1.6 oben).

5.3 Aus diesen Gründen beruht Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

6. Hilfsantrag 6 (in das Beschwerdeverfahren zugelassen)

6.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:

(j) Die eingriffsspezifischen Daten sind in einer Datenbank gespeichert;

(k) die Datenbank ist in dem Speicher eines externen Servers installiert, auf den die erfindungsgemäße Vorrichtung über ein lokales Netzwerk oder das Internet zugreifen kann;

(k2) wobei eine Formel zur Berechnung patientenabhängiger Parameter hinterlegt ist, aus der mit Hilfe verfügbarer Patientendaten die angezeigten zu übernehmenden Parameterwerte durch Interpolation oder Extrapolation aus vorgegebenen Eckwerten ermittelt werden.

6.2 Bezüglich der Merkmale (j) und (k) hat die Kammer in ihrer vorläufigen Meinung darauf hingewiesen, dass die Nutzung der Datenbanken und ihre Speicherung in einem durch Internet zugänglichen Server zum Anmeldedatum notorisch bekannt waren. Die Beschwerdeführerin hat dazu vorgetragen, dass das Merkmal (k2) die objektive technische Aufgabe löse, verbesserte Parameterwerte zu ermitteln, die nicht nur eingriffsspezifisch, sondern zudem auch patientenspezifisch seien. Eine patientenabhängige Anpassung von Parameterwerten ist jedoch übliche medizinische Praxis und begründet keine erfinderische Tätigkeit.

6.3 Aus diesen Gründen beruht Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

7. Hilfsantrag 7 (in das Beschwerdeverfahren zugelassen)

7.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 dadurch, dass das Merkmal (k2) durch das folgende Merkmal ersetzt wurde:

(k1) Durch Betätigen eines ersten Bestätigungselements kann ein bestimmter operativer Zugangsweg ausgewählt werden, und die Auswahl der Gerätekonfiguration und Parameterwerte zur Steuerung des mindestens einen Geräts kann durch Betätigung eines zweiten Bestätigungselements getroffen werden.

7.2 Die Beschwerdeführerin hat dazu vorgetragen, dass dieses Merkmal die objektive technische Aufgabe löse, dem Arzt die Bedienung der Geräte zu erleichtern und dadurch eine weitere Erhöhung der Sicherheit bei einem medizinischen Eingriff zu ermöglichen. Die Beschwerdeführerin führt allerdings selbst aus, dass Operationsatlasse für Chirurgie, die Informationen über unterschiedliche operative Zugangswege beinhalten, an sich bekannt sind. Das Vorsehen eines Operationsatlas' in einer Vorrichtung zur Steuerung medizinischer Geräte beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die behauptete Wirkung einer höheren Sicherheit durch Integration einer Informationsquelle beruht vielmehr wiederum auf einer sogenannten "gebrochenen technischen Kette" der Argumente, die nicht überzeugen kann.

7.3 Aus diesen Gründen beruht Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).

8. Hilfsantrag 8

8.1 Hilfsantrag 8 wurde von der Beschwerdeführerin erstmalig am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer in einem sehr späten Verfahrensstadium eingereicht.

8.2 Anspruch 1 gemäß diesem Hilfsantrag basiert auf Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 und hat zusätzliche Merkmale der ersten und der zweiten Steuerungseinheiten, die aus der Beschreibung, Seite 21, letzter Absatz bis Seite 23, erster Absatz, entnommen wurden. Diese Absätze der Beschreibung stellen jedoch eine wortwörtliche Übersetzung von D2, Absätze [0019] bis [0022] ins Deutsche dar. Eine Änderung durch Hinzufügen von Merkmalen, die bereits in D2 offenbart sind, ist nicht geeignet, die vorhandenen Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit zu überwinden.

8.3 Demzufolge hat die Kammer Hilfsantrag 8 in Ausübung ihres durch Artikel 13(1) VOBK eingeräumten Ermessens nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen.

8.4 Nach alledem ist die Beschwerde nicht begründet.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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