European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T113116.20180906 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 06 September 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1131/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 09405154.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60R 13/02 B60R 13/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Herstellen eines Bauteils mit einem flächigen Dekorelement und Bauteil mit einem flächigen Dekorelement | ||||||||
Name des Anmelders: | Weidplas GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Novem Car Interior Design GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Hauptantrag - Neuheit (nein) Hilfsantrag - unzulässige Erweiterung (nein), Neuheit (ja), Erfinderische Tätigkeit (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das vorliegende Europäische Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des Hilfsantrags 14 aufrechterhalten worden ist, haben sowohl die Einsprechende als auch die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt.
II. In der angefochtenen Entscheidung sind unter anderem die folgende Dokumente zitiert:
E1: EP 1 344 687 A
E2: DE 44 21 942 C
E6: US 2009/226676 A
E7: DE 197 29 780 C
III. Am 6. September 2018 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung gemäß dem Hauptantrag, eingereicht mit der Beschwerdebegründung aufrechtzuerhalten, hilfsweise die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
1. Verfahren zum Herstellen eines Bauteils (1), das ein flächiges Dekorelement (4) mit Durchbrüchen (6), einer Sichtseite (2), einer Rückseite (5) und wenigstens eine an der Rückseite (5) angebrachten Schicht (11) aufweist, wobei auf der Sichtseite (2) ein durch die Durchbrüche (6) gebildetes Feld (3) sichtbar ist, das mehrere Buchstaben darstellt, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Aufbringen der wenigstens einen Schicht (11) wenigstens im Bereich der Durchbrüche (6) auf die Rückseite (5) des flächigen Dekorelements (4) wenigstens eine Folie (8) aufgebracht wird, die beim Aufbringen der wenigstens einen Schicht (11) durch diese im Bereich der Durchbrüche (6) in diesen hinein gepresst wird, so dass die Folie (8) wenigstens teilweise in die Durchbrüche (6) eingreift.
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 gemäß der bei der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung des Patents lauten wie folgt:
1. Verfahren zum Herstellen eines Bauteils (1), das ein flächiges Dekorelement (4) mit wenigstens einem Durchbruch (6), einer Sichtseite (2), einer Rückseite (5) und wenigstens eine an der Rückseite (5) angebrachten Schicht (11) aufweist, und das Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des wenigstens einen Durchbruchs (6) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Aufbringen der wenigstens einen Schicht (11) wenigstens im Bereich des wenigstens einen Durchbruchs (6) auf die Rückseite (5) des flächigen Dekorelements (4) wenigstens eine Folie (8) aufgebracht wird, die wenigstens bereichsweise durchscheinend ist, und die beim Aufbringen der wenigstens einen Schicht (11) durch diese im Bereich des wenigstens einen Durchbruchs (6) in diesen hinein gepresst wird, so dass die Folie (8) wenigstens teilweise in den wenigstens einen Durchbruch (6) eingreift.
2. Bauteil, das ein flächiges Dekorelement (4) mit wenigstens einem Durchbruch (6), einer Sichtseite (2), einer Rückseite (5) sowie wenigstens eine an der Rückseite (5) angeordnete Schicht (11) aufweist, und das Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des wenigstens einen Durchbruchs (6) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens im Bereich des wenigstens einen Durchbruchs (6) auf der Rückseite des flächigen Dekorelements (4) wenigstens eine Folie (8) aufgebracht ist, die wenigstens bereichsweise durchscheinend ist, und die wenigstens teilweise in den wenigstens einen Durchbruch (6) eingreift.
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Zum Hauptantrag - Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu gegenüber E6. Insbesondere offenbare E6 nicht ein flächiges Dekorelement mit Durchbrüchen und ein durch die Durchbrüche gebildetes und sichtbares Feld, das mehrere Buchstaben darstelle. Der Anspruch 1 bzw. 5 definiere eindeutig, dass ein einziges Dekorelement die mehreren Durchbrüche bilde. Das Dekorelement könne somit nicht auf ein mehrteiliges Dekorelement mit Durchbrüchen ausgeweitet werden. Dass laut erteiltem Anspruch 2 das flächige Dekorelement ein inselförmiges Teil aufweisen könne, bedeute nicht, dass das Dekorelement auch aus mehreren jeweils buchstabenförmigen Teilen bestehen könne.
Weiterhin bildeten die in den Figuren 4 und 5 der E6 gezeigten Durchbrüche kein Feld von Buchstaben. Die Durchbrüche sollten die Buchstaben bilden und nicht die Buchstaben Durchbrüche bilden.
Zum Hilfsantrag - unzulässige Erweiterung
Eine unzulässige Erweiterung liege nicht vor. Auf die Begründung der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung werde verwiesen (siehe Punkt II.2.2.1 dieser Entscheidung). Das Bauteil sowie sein Herstellungsverfahren seien für den Fachmann in der ursprünglich eingereichten Anmeldung im Zusammenhang miteinander offenbart (siehe Ansprüche 1, 5, 8, 11 und 14, sowie Beschreibungsabsätze [0010] ff.).
Zum Hilfsantrag - Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu im Hinblick auf E6. Dieses Dokument zeige die gegenüber dem erteilten Anspruch 1 zusätzlichen Merkmale nicht, nämlich:
i) Das Beleuchtungsmittel zum beleuchten des wenigstens einen Durchbruchs, und
ii) eine wenigstens bereichweise durchscheinende Folie.
Wie in der Entscheidung der Beschwerdekammer T 2149/11 (siehe Punkt 2.2.1 der Gründe) erläutert, schränkten derartige gegenständliche Merkmale eines Bauteils sein Herstellungsverfahren ein, so dass diese Merkmale dem Verfahren gemäß Anspruch 1 die Neuheit verliehen.
Weiterhin beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von E6.
Dieser Gegenstand unterscheide sich von der Offenbarung von E6 durch die oben genannten Merkmale i) und ii).
Die Formulierung der objektiven technischen Aufgabe der Einsprechenden in ihrer Beschwerdebegründung, die der der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung entspricht, nämlich ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils bereitzustellen, wobei das Bauteil von hinten beleuchtet werde, sodass die Durchbrüche auf der Sichtseite aufleuchten, beruhe auf einer rückschauende Betrachtungsweise. Dagegen sei die technische Aufgabe die Auffälligkeit und somit die Wahrnehmbarkeit des Dekorelements für den Betrachter zu erhöhen.
Eine Anregung, diese technische Aufgabe mit den Merkmalen i) und ii) zu lösen, finde der Fachmann weder in seinem Fachwissen noch in E2 oder E1.
In E6 bildeten die Durchbrüche das Dekorelement nicht. Die Beleuchtung lediglich der Durchbrüche würde zu der Wahrnehmbarkeit des Dekorelements nicht beitragen. Die gesamte Hinterbeleuchtung der Türverkleidung, damit das Dekorelement hervorgehoben werde, würde der Fachmann nicht in Betracht ziehen. Zudem beträfen E2 und E1 Bauteile, die einen ganz unterschiedlichen Aufbau und Herstellungsverfahren im Vergleich zu dem in E6 dargestellten aufwiesen, sodass der Fachmann ihre Lehre nicht mal heranziehen würde. Die Argumente der Einsprechenden basierten auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Auch von E2 oder E1 ausgehend und in Zusammenschau mit der Lehre von E6 oder E7 beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Weder E2 noch E1 offenbarten das kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 bzw. 2. Insbesondere zeige E2 nicht, dass die Leuchtfolie zwischen dem Wandteil und dem Zwischenteil angeordnet sei.
Die objektive Aufgabe könne somit in der Vermeidung von Verschmutzungen des Bauteils im Bereich der Durchbrüche gesehen werden (siehe Absatz [0009] der Patentschrift).
E6 gebe dem Fachmann keinen Hinweis die Folie 18 isoliert zwischen Träger und Dekorplatte in das Bauteil von E2 oder E1 anzubringen, da E6 einen komplett anderen Aufbau des Bauteils beträfe.
Auch finde der Fachmann keinen Hinweis in E7, da dieses Dokument keinen Durchbruch im Dekorelement vorsehe und er deshalb in diesem Dokument keine Lösung für die gestellte Aufgabe finden könne.
VI. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Einsprechende) lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag - Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gegenüber E6 nicht neu. Insbesondere werde in den Figuren 4 und 5 von E6 ein flächiges Dekorelement 22 mit Durchbrüchen (die Öffnungen in den Buchstaben a und b) offenbart, wobei auf der Sichtseite ein durch die Durchbrüche gebildetes Feld sichtbar sei, das mehrere Buchstaben (a, b, c) darstelle. Aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 sei nicht ausgeschlossen, dass das Dekorelement mehrteilig ausgeführt sein könne. In Figur 5 und Anspruch 2 des erteilten Patents sei eindeutig gezeigt, dass das Dekorelement aus mehreren Teilen bestehen könne. Zudem bildeten gemäß dem Wortlaut des Anspruchs 1 die Durchbrüche nicht die Buchstaben, sondern das Feld, das lediglich mehrere Buchstaben darstelle.
Zum Hilfsantrag - unzulässige Erweiterung
Das Beleuchtungsmittel sei nur in Verbindung mit der Vorrichtung (Anspruch 2) und nicht mit dem Verfahren (Anspruch 1) in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart (siehe Anspruch 11 der A-Schrift). Auch könne Abschnitt [0010] der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht keine Hilfestellung leisten, da die Rückbezüge der Ansprüche den Fachmann eindeutig und auf den ersten Blick in eine andere Richtung führten. Analog sei es für das Merkmal hinsichtlich des Durchscheinens der Folie, welches nur in Verbindung mit dem Verfahren, d.h. Anspruch 1, offenbart sei (Anspruch 5 der A-Schrift). Demzufolge gehe der Gegenstand des unabhängigen Verfahrenanspruchs 1 bzw. Vorrichtungsanspruchs 2 über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung hinaus.
Weiterhin sei aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung zu entnehmen (siehe Absätze [0028] ff. der A-Schrift), dass der wesentliche Bestandteil des Herstellungsverfahrens gemäß der Erfindung die Schichtstruktur sei. Diese Passagen sprächen nicht einmal eine Beleuchtung an, die etwas anderes betreffe.
Zum Hilfsantrag - Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber E6. Die zusätzlichen Merkmale i) und ii) seien rein gegenständliche Merkmale, die das in Anspruch 1 beanspruchte Verfahren nicht weiter einschränkten. Das mit Anspruch 1 beanspruchte Verfahren müsse nur dazu geeignet sein, ein Bauteil mit den vorgenannten Merkmalen herzustellen, und das aus E6 bekannte Verfahren sei hierzu geeignet. Die verbleibenden Merkmale des Anspruchs 1 seien aus E6 bekannt.
Unter der Annahme, dass die Merkmale i) und ii) das Verfahren gemäß Anspruch 1 weitereinschränkten, beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Ausgehend von E6, kombiniert mit dem Fachwissen, E2 oder E1, werde der Gegenstand des Anspruchs 1 nahegelegt.
E6 zeige lediglich die Merkmale i) und ii) des Anspruchs 1 bzw. 2 nicht.
Die aufgrund dieses Unterschieds zu lösende objektive technische Aufgabe könne zwei mögliche Formulierung haben:
1) die Sichtbarkeit des Dekorelements zu verbessern, oder
2) ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils bereitzustellen, wobei das Bauteil von hinten beleuchtet werde, sodass die Durchbrüche auf der Sichtseite aufleuchteten.
Zur Lösung dieser Aufgabe würde der Fachmann aufgrund seines Fachwissens und Fachkönnens sofort das Vorsehen von Beleuchtungsmitteln in Betracht ziehen, die die Durchbrüche von hinten beleuchteten. Der Fachmann würde auch eine zumindest bereichweise durchscheinende Ausbildung der Träger 20 und der Folie 18 in Betracht ziehen, damit das Vorsehen der Beleuchtungsmittel einen Sinn ergebe. Somit würde der Fachmann den restlichen Teil der Türverkleidung von E6 durchleuchten und dadurch das Dekorelement 22 hervorheben.
Weiterhin zeigten E2 (Spalte 1, Zeile 61 bis Spalte 2, Zeile 18, Figur 2) und E1 (Absätze [0028] und [0032], Figur 2) dem Fachmann explizit, dass um die Öffnungen bzw. die Durchbrüche durchzuleuchten, die Schichten - d.h. der Träger 20 und die Folie 18 in E6 -, die sich zwischen den Durchbrüchen und dem Beleuchtungsmittel befänden, durchscheinend auszubilden seien.
Auch die Kombination der E2 mit E6 oder E7 lege den Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 nahe. E2 zeige alle Merkmale des Oberbegriffes des Anspruchs 1 und zusätzlich folgendes Merkmal seines kennzeichnenden Teils (siehe Spalte 2, Zeile 15 bis 18 von E2):
- vor dem Aufbringen der wenigstens einen Schicht wird wenigstens im Bereich des wenigstens einen Durchbruchs auf die Rückseite des flächigen Dekorelements wenigstens eine Folie aufgebracht.
Die objektive technische Aufgabe bestehe darin, ein Verfahren der genannten Art zu schaffen, das eine einfachere Herstellung eines solchen Bauteils ermögliche.
Der Fachmann gelänge in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 durch Übertragung der Lehre gemäß E6 (Absatz [0021]; Figuren 7, 9) oder E7 (Spalte 4, Zeile 30 bis 49, Figuren 2 bis 4) auf die in E2 beschriebene Variante, in der die Leuchtfolie am Wandteil und damit am Dekorteil befestigt sei.
Ferner beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 auch von E1 ausgehend in Kombination mit E6 oder E7 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Von E1 unterscheide sich die beanspruchte Erfindung durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 bzw. 2.
Der Erfindung liege ausgehend von E1 die objektive Aufgabe zugrunde, scharfe Kanten an der Sichtseite des Bauteils im Bereich der Durchbrüche zu vermeiden (siehe Absatz [0009] des Streitpatents). Da dem Fachmann durch das Studium von E6 (Absätze [0021], [0032], Figuren 7 bis 9) oder E7 (Spalte 4, Zeile 30 bis 49, Figuren 2 bis 4) klar sei, dass dann, wenn Folien in Durchbrüche eingepresst werden, scharfe Kanten an den Durchbrüchen vermieden werden müssen, würde er durchaus die Lehre von E6 oder E7 auf das Verfahren gemäß E1 anwenden. Durch Übertragung dieser Lehre gelange der Fachmann zum Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2, da sich das Einpressen und Eingreifen der Folie in die Durchbrüche dann von alleine ergebe.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht neu (Artikel 54 EPÜ).
Anspruch 1 entspricht dem der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruch 1 des Hauptantrags. Ein solcher Gegenstand wurde von der Einspruchsabteilung als nicht neu im Hinblick auf die Offenbarung von E6 angesehen (siehe Punkt II.2.1.2 der angefochtenen Entscheidung, und darunter insbesondere Punkt 1.2). Aus den bereits von der Einspruchsabteilung angegeben Gründen kommt auch die Kammer zu diesem Schluss. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin gehen nicht über die vor der Einspruchsabteilung vorgebrachten Argumentationslinien hinaus. Da nach Ansicht der Kammer diese Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung überzeugend widerlegt wurden, macht sich die Kammer die Begründung der Prüfungsabteilung (siehe Punkt 1.2) zu eigen.
Von der Kammer wird an dieser Stelle betont, dass aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 nicht hervorgeht, dass die Buchstaben durch jeweils einen Durchbruch gebildet werden. Gemäß Anspruch 1 wird das Feld nicht ausschließlich durch die Durchbrüche gebildet, so dass - entgegen der Auffassung der Patentinhaberin - Anspruch 1 nicht fordert, dass die Durchbrüche die Buchstaben bilden, sondern dass das Feld lediglich mehrere Buchstaben darstellt. Dieses Feld ist in den Figuren 4 und 5 von E6 offenbart und wird unter anderem durch die Durchbrüche der Buchstaben a und b gebildet.
Aufgrund fehlender Neuheit des Anspruchs 1 fällt bereits der Hauptantrag der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) und daher ist die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Es erübrigt sich deshalb auf die unabhängigen Ansprüche 3 und 7 sowie 4 und 8 des Hauptantrags im detail einzugehen. Der Vollständigkeit halber möchte die Kammer aber hinzufügen, dass der Gegenstand dieser Ansprüche aus den in der angefochtenen Entscheidung (siehe Punkte II.2.3.3 und II.2.4.3) angegebenen Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Der Gegenstand dieser unabhängigen Ansprüche ist nämlich ausgehend von E6 durch das allgemeine Fachwissen nahegelegt (Artikel 56 EPÜ).
2. Hilfsantrag - unzulässige Erweiterung
Der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 geht nicht über die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht hinaus (Artikel 123(2) EPÜ).
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) ist der Ansicht, dass das Merkmal - das Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des wenigstens einen Durchbruchs - nicht in Verbindung mit dem Herstellungsverfahren ursprünglich offenbart sei sondern nur in Verbindung mit dem Bauteil, und dass das Merkmal - die wenigstens bereichweise durchscheinende Folie - nur in Verbindung mit dem Herstellungsverfahren ursprünglich offenbart sei.
Jedoch entnimmt der Fachmann unmittelbar und eindeutig aus der gesamten ursprünglich eingereichten Anmeldung, dass sowohl das mit dem Verfahren hergestellte Bauteil als auch das Bauteil selbst, das Beleuchtungsmittel aufweisen kann und seine Folie bereichweise durchscheinend sein kann. In den Absätzen [0006] bis [0018] der ursprünglich eingereichten Unterlagen (siehe die A-Schrift) wird die Erfindung beschrieben als ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils mit, unter anderem, Merkmalen des Bauteils. Somit wird der Gegenstand von Anspruch 1 und 2, insbesondere im Hinblick auf die Absätze [0012] und [0017], und Ansprüche 5 und 11, in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht offenbart.
Der Einwand der Beschwerdeführerin (Einsprechende), wonach der wesentliche Bestandteil des Herstellungsverfahrens gemäß der Erfindung lediglich die Schichtstruktur sei und die Beleuchtung etwas anderes betreffe, das nicht in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als Teil der Erfindung erklärt werde, kann nicht eine unzulässige Erweiterung begründen. Für die Beurteilung, ob die Änderungen eines Patents die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllen, soll festgestellt werden, was der Fachmann der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig entnehmen kann (siehe Punkt 4.3 der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G2/10, Amtsblatt EPA 2012, 376). Wie oben erläutert ist im vorliegenden Fall der resultierende Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht offenbart.
3. Hilfsantrag - Neuheit und erfinderische Tätigkeit
3.1 Die Einsprechende ist der Ansicht, dass die zusätzlichen Merkmale:
i) Das Bauteil weist ein Beleuchtungsmittel zum beleuchten des wenigstens einen Durchbruchs auf, und
ii) die Folie ist wenigstens bereichweise durchscheinend,
nicht das Verfahren weiter einschränkten, da sie nur gegenständliche Merkmale seien. Das beanspruchte Verfahren müsse nur dazu geeignet sein, ein derartiges Bauteil herzustellen. Somit sei E6 immer noch neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags.
Die Kammer teilt die Ansicht der Einspruchsabteilung bzw. der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin). Das beanspruchte Verfahren zum Herstellen eines Bauteils mit den in Anspruch 1 spezifizierten strukturellen Merkmalen ist nicht nur zu lesen als ein Verfahren, das geeignet ist ein Bauteil herzustellen welches nicht unbedingt diese strukturelle Merkmale umfasst, sondern als ein Verfahren, das genau dieses Bauteil als Endergebnis hat. Die Herstellung eines bestimmten Bauteils im Rahmen eines Verfahrens zu seiner Herstellung ist ein technisches Merkmal, das dem beanspruchten Verfahren die Neuheit verleihen kann (siehe T 2149/11, Punkt 2.2.1, in der angefochtenen Entscheidung sowie bei der Patentinhaberin zitiert). Infolgedessen schränken die Merkmale i) und ii) das Verfahren gemäß Anspruch 1 insofern weiter ein, als das herzustellende Bauteil Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des wenigstens einen Durchbruchs und eine wenigstens bereichweise durchscheinende Folie aufweist. Diese Merkmale sind nicht in E6 offenbart und der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu (Artikel 54 EPÜ).
3.2 Weiterhin beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 gegenüber dem ausgeführten Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
3.2.1 Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) ist der Auffassung, dass die Kombination von E6 mit dem allgemeinen Fachwissen, E2 oder E1, den Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 nahelege.
Nach der durch die Merkmale i) und ii) oben genannten Einschränkung des Gegenstands des Verfahrensanspruchs 1 sind beide Parteien sich einig, dass diese Merkmale den Unterschied des Gegenstands des Anspruchs 1 bzw. 2 gegenüber E6 bilden.
Die mit diesen Merkmalen zu lösende Aufgabe besteht unbestritten darin, die Auffälligkeit (bzw. die Sichtbarkeit) und somit die Wahrnehmbarkeit des Dekorelements für den Betrachter zu erhöhen (bzw. verbessern).
Die Kammer hat auch dagegen keine Einwände.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) behauptet, dass der Fachmann, um die gestellte Aufgabe zu lösen, ohne weiteres das Bauteil von E6 mit Beleuchtungsmittel vorsehen würde, das von hinten das Bauteil beleuchte. Als direkte Konsequenz müsste er den Träger 20 sowie die Folie 18 transparent ausführen, damit das Dekorelement mit dem Licht zum Ausdruck komme. Somit würde er die in E6 gezeigte Türverkleidung 16 beleuchten und zum Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 gelangen.
Die Kammer ist nicht überzeugt, da der Fachmann keine Anregung in seinem Fachwissen findet, genau die beanspruchte vorgeschlagene Lösung in das Bauteil von E6 einzuführen, um die Sichtbarkeit des Dekorelements zu Verbessern. Der Fachmann würde die Hinterleuchtung der gesamten Türverkleidung nicht in Erwägung ziehen, nur um die Sichtbarkeit des Dekorelements 22 hervorzuheben, da das Dekorelement 22 wesentlich kleiner als die gesamte Türverkleidung ist. Die Auffälligkeit des Dekorelements wäre dadurch nicht erhöht, sondern lediglich die der gesamten Türverkleidung. Das Argument der Einsprechenden beruht daher auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Auch findet der Fachmann weder in E2 noch E1 einen Hinweis, der ihn zum Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 ohne erfinderisches Zutun führen würde. Der Aufbau und die Struktur der Bauteile von E1 und E2 im Vergleich zu denen von E6 sind unterschiedlich, da im Gegensatz zu E6 die Durchbrüche in E1 und E2 das zu beleuchtende Dekorelement bilden. Aus diesen Dokumenten würde der Fachmann dann nur die Motivation bekommen, das Dekorelement 22 von E6 von hinten zu durchleuchten. Infolgedessen würde der Fachmann das Dekorelement 22 von E6 von hinten durchleuchten wollen aber nicht seine Durchbrüche. Jedoch lehren weder E1 oder E2 wie dies in E6 auszuführen ist, sodass der Fachmann dann aufgrund der unterschiedlichen Struktur der Bauteile gemäß E1 und E2 die in E1 oder E2 vorgeschlagene Lösung ganz übernehmen würde.
Der Fachmann würde daher ausgehend von E6 in Kombination mit E2 oder E1 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 6 gelangen.
In einer anderen Argumentationslinie formuliert die Beschwerdeführerin (Einsprechende) ausgehend von E6 die objektive technische Aufgabe - in Übereinstimmung mit der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung - wie folgt:
Ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils bereitzustellen, wobei das Bauteil von hinten beleuchtet werde, sodass die Durchbrüche auf der Sichtseite aufleuchteten.
Diese Formulierung führt umso weniger zu einem erfolgreichen Aufgabe-Lösungsansatz, als sie bereits einen Hinweis auf die Lösung gibt und dadurch auf einer rückschauenden Betrachtungsweise beruht.
3.2.2 In einer alternativen Angriffslinie behauptet die Beschwerdeführerin (Einsprechende), dass der Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 ausgehend von E1 oder E2 in Kombination mit E6 oder E7 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 bzw. 2 bildet den Unterschied gegenüber E1 und E2.
Die Einsprechende ist aber der Ansicht, dass E2 zusätzlich folgendes Merkmal des kennzeichnenden Teils offenbare:
- vor dem Aufbringen der wenigstens einen Schicht wird wenigstens im Bereich des wenigstens einen Durchbruchs auf die Rückseite des flächigen Dekorelements wenigstens eine Folie aufgebracht, die wenigstens bereichweise durchscheinend ist,
da Dokument E2 alternativ zum Aufbau der Figur 2 auch die Anbringung der Folie am Wandteil und damit am Dekorelement offenbare (siehe Beschreibung Spalte 2, Zeile 15 bis 18). Er formuliert dann den Aufgabe-Lösungsansatz ausgehend von E2 unter Berücksichtigung der restlichen Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 bzw. 2.
Jedoch beschreibt E2 diese Alternative nicht. Aus der von der Einsprechenden zitierten Passage von E2 geht nicht hervor, dass die Leuchtfolie 15 direkt am Wandteil 6 angebracht ist. Diese Passage erklärt lediglich wie die Leuchtfolie befestigt wird. Die Befestigung wird unter Vermittlung von Klebeband am Wandteil 6 und/oder am Zwischenteil 16 durchgeführt. Dass die Leuchtfolie 15 zwischen Zwischenteil 16 und Wandteil 6 angeordnet wird, oder dass das Zwischenteil 16 ausgelassen wird, ist nicht in E2 offenbart (siehe auch Anspruch 6, der von Anspruch 1 und 2 abhängt).
Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 bzw. 2 stellt daher den Unterschied gegenüber der Offenbarung von E1 bzw. E2 dar.
Die mit diesen Merkmalen zu lösende Aufgabe besteht unbestritten darin, scharfe Kanten und Zwischenräume im Bereich des wenigstens einen Durchbruchs zu vermeiden bzw. unwirksam zu machen, so dass eine Verschmutzung vermieden werden kann (siehe Absatz [0009] der Patentschrift).
Die Einsprechende vertritt die Ansicht, dass der Fachmann die Lehre von E6 oder E7 auf das Verfahren gemäß E1 durchaus anwenden würde, da ihm durch das Studium von E6 oder E7 klar sei, dass dann, wenn Folien in Durchbrüche eingepresst werden sollten, scharfe Kannten an den Durchbrüchen vermieden werden müssten.
Die Kammer ist hiervon nicht überzeugt. Weder E6 noch E7 geben dem Fachmann irgendeine Anregung, die gestellte Aufgabe derart zu lösen, wie das Streitpatent es vorschlägt.
E6 betrifft die Herstellung eines geformten Bauteils mit einem Dekorelement. E6 befasst sich jedoch nicht mit der Unwirksamkeit von scharfen Kannten um Verschmutzungen im Bereich der Durchbrüche zu vermeiden. E6 zeigt lediglich ein alternatives Herstellungsverfahren derartiger Bauteile, in dem die Durchbrüche das Dekorelement nicht bilden, sondern zusätzliche Teile, die auf einer Folie 18 vor die Hinterspritzung eines Trägers geklebt werden. Der Fachmann findet daher keine Anregung in E6, die darin offenbarte Folie isoliert hinter der Dekorplatte von E1 einzulegen und anschließend mit dem Trägerteil zu hinterspritzen.
E7 zeigt weiterhin ein Dekorelement ohne Durchbrüche, so dass der Fachmann keine Anregung hat, die darin beschriebene Folie in das Bauteil von E1 einzubauen, da E7 die gestellte Aufgabe nicht einmal ansprechen kann.
Aus den gleichen Gründen würde der Fachmann ausgehend von E2 auch nicht im Hinblick auf die Lehre von E6 oder E7 zum Gegenstand des Anspruchs 1 bzw. 2 gelangen. Eine Kombination mit E6 oder E7, so dass die darin erwähnte Folie isoliert in das Bauteil von E2 zwischen Dekorplatte und Träger angebracht wird, ist für den Fachmann nicht naheliegend.
4. Infolgedessen ist die Entscheidung der Einspruchsabteilung im Ergebnis zu bestätigen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.