European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T108716.20190718 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 18 Juli 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1087/16 | ||||||||
Anmeldenummer: | 05706754.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16B 47/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | UNTERDRUCK-HALTEVORRICHTUNG | ||||||||
Name des Anmelders: | Schmidt, Patrick | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Zhongshan Taili Household Products Manufacturing Co., Ltd. |
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Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Änderungen Neuheit Erfinderische Tätigkeit |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) gegen die am 18. Februar 2016 zur Post gegebene Zwischenentscheidung, in der die Einspruchsabteilung feststellte, dass das europäische Patent Nr. 1745217 in der Fassung gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 1, das heißt unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen, sowie die Erfindung, die das Patent zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.
II. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, die am 18. Juli 2019 stattfand, war die Antragslage wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Zwischenentscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und als Hauptantrag das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des Hilfsantrags "01 d", eingereicht in der mündlichen Verhandlung, oder hilfsweise einer der Hilfsanträge 2 bis 11, wie zuletzt im Einspruchsverfahren gestellt, oder der Hilfsanträge 6a, 12 oder 13, eingereicht mit Schriftsatz vom 18. Juni 2019, aufrechtzuerhalten.
III. Die Ansprüche 1 und 18 des Hauptantrags (eingereicht als Hilfsantrag 01 d) lauten wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
"1. (i) Unterdruck-Haltevorrichtung (1) zum Festlegen an Befestigungsoberflächen (17) aufweisend
(ii) - einen zur Befestigungsoberfläche (17) offenen, hohlen Saugfuß (2) mit einem Zentralstück (11) und
(iii) - einen Dichtrand (5), der zumindest zur Befestigungsoberfläche (17) hin, ein elastisches Material aufweist und mit dem der Saugfuß (2) auf die Befestigungsoberfläche (17) aufsetzbar ist, so dass sich zwischen der Unterseite (9) des Saugfußes (2) und der Befestigungsoberfläche (17), wenn auf diese aufgesetzt, eine nach außen gasdicht abgeschlossene Unterdruckkammer (30) ausbildet,
(iv) - die Unterdruck-Haltevorrichtung (1) Anpressdruck-Überträger (8) aufweist, die elastisch in Richtung der Druckachse deformierbar sind und zwischen dem Zentralstück (11) des Saugfußes (2) und dem äußeren Dichtrand (5') am Saugfuß - beabstandet jeweils vom Zentralstück (11) und vom äußeren Dichtrand (5') - auf der Außenseite (6) der Saugfußwand (7) angeordnet sind, und
(v) - die Unterdruck-Haltevorrichtung (1) ein Andruckmittel (18) zur Übertragung des Anpressdruckes auf die Saugfußwand (7) aufweist, wobei das Andruckmittel (18) so ausgestaltet ist, dass es zumindest unter dem Anpressdruck ausgeübt auf das Zentralstück (11) in Richtung auf die Befestigungsoberfläche (17), wenn auf diese aufgesetzt, in Verbindung steht mit dem Zentralstück (11), den Anpressdruck-Überträgern (8) und über die Anpressdruck-Überträger (8) mit der Saugfußwand (7),
(vi) - wobei das Andruckmittel (18), das andrückend von außen gegen die Saugfußwand (7) des Saugfußes (2) wirkt, aus einem am Zentralstück (11) befestigten Deckel besteht, der auf die Anpressdruck-Überträger (8) zumindest unter Anpressdruck einwirkt
dadurch gekennzeichnet, dass
(vii) - ein Stabilisierungsgerüst (10) mit vom Zentralstück (11) ausgehenden Armen (13) in das Material des Saugfußes (2) eingebettet ist und die Arme (13) zumindest den halben Radius des Saugfußes (2) überstreichen und rückfedernd abwinkelbar sind."
"18. (viii) Verwendung eines Saugfußes (2) und eines Andruckmittels (18) als Bauteile einer Unterdruck-Haltevorrichtung (1) zum Festlegen an Befestigungsoberflächen (17),
(ix) wobei der Saugfuß (2) zur Befestigungsoberfläche (17) offen und hohl ist, mit einem Zentralstück (11) und einen Dichtrand (5),
(x) wobei der Saugfuß (2) zumindest zur Befestigungsoberfläche (17) hin, wenn auf diese aufgesetzt, ein elastisches Material aufweist mit dem der Saugfuß (2) auf die Befestigungsoberfläche (17) aufsetzbar ist, so dass sich zwischen der Unterseite (9) des Saugfußes und der Befestigungsoberfläche (17), wenn auf diese aufgesetzt, eine nach außen gasdicht abgeschlossene Unterdruckkammer (30) ausbildet,
(xi) die Unterdruck-Haltevorrichtung (1) Anpressdruck-Überträger (8) aufweist, die elastisch in Richtung der Druckachse deformierbar sind und auf der Außenseite (6) der Saugfußwand (7) angeordnet sind,
(xii) und in das elastische Material des Saugfußes (2) ein federungsfähiges Stabilisierungsgerüst (10) in Form einer Stabilisierungsspinne mit vom Zentralstück (11) ausgehenden Armen (13) eingebettet ist,
(xiv) wobei das Andruckmittel (18), das andrückend von außen gegen die Saugfußwand (7) des Saugfußes (2) wirkt, aus einem am Zentralstück (11) befestigten Deckel besteht, der auf die Anpressdruck-Überträger (8) zumindest unter Anpressdruck einwirkt, und
(xv) wobei die Unterdruck-Haltevorrichtung (1) das Andruckmittel (18) zur Übertragung des Anpressdruckes auf die Saugfußwand (7) aufweist, wobei das Andruckmittel (18) so ausgestaltet ist, dass es zumindest unter dem Anpressdruck ausgeübt auf das Zentralstück (11) in Richtung auf die Befestigungsoberfläche (17) in Verbindung steht mit dem Zentralstück (11), den Anpressdruck-Überträgern (8) und über die Anpressdruck-Überträger (8) mit der Saugfußwand (7), und
(xiii) wobei die Arme (13) und/oder das elastische Material des Saugfußes (2) weiter durch eines oder beide der Merkmale a) und/oder b) wie folgt gekennzeichnet sind:
a) die Arme (13) überstreichen zumindest den halben Radius des Saugfußes (2), wobei das elastische Material des Saugfußes (2) eine Shore-Härte kleiner 18 aufweist,
b) die Arme (13) des Stabilisierungsgerüstes (10) sind nach oben, d.h. von der Befestigungsoberfläche (17) weg, wenn auf diese aufgesetzt, jeweils mit zumindest einem Abstandshalter (26) versehen, der im Wesentlichen allseitig in das weichelastische Material des Saugfußes (2) mit der Shore-Härte (nach DIN 53505) kleiner 18 eingebettet ist und etwa die Höhe der Beschichtung auf den Armen (13) hat."
IV. Folgende Entgegenhaltungen haben für diese Entscheidung eine Rolle gespielt:
D1: FR -A- 2 672 651;
D3: GB -A- 491,991;
D10: DE -A- 31 47 293.
V. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Hauptantrag - Artikel 123 (2) EPÜ
Die Alternative b) des Merkmals (xiii) im Anspruch 18 stelle eine unzulässige Verallgemeinerung dar. Das Merkmal, wonach die Arme zumindest den halben Radius des Saugfußes überstreichen, sei im Anspruch nicht enthalten, obwohl die Anordnung gemäß Alternative b) in den ursprünglichen Ansprüchen 10 und 13 nur in Kombination mit diesem Merkmal offenbart sei. Folglich verstoße Anspruch 18 gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
Hauptantrag - Neuheit
Die bereits im Einspruchsverfahren eingeführte Druckschrift D10 offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1. Die Anpressdruck-Überträger gemäß Merkmal (iv) seien lediglich funktionell definiert. Deshalb könne jeder beliebige Bereich, auf den Anpressdruck von dem Andruckmittel ausgeübt werde, als Anpressdruck-Überträger im Sinne des Anspruchs 1 betrachtet werden. Der in der Ausführungsform der Figur 6 der D10 unter Anpressdruck sich mit der Noppe 39 in Kontakt befindende Bereich stelle einen derartigen Bereich dar. Auch der in der Ausführungsform der Figur 4 unter Anpressdruck sich mit der Noppe 24 in Kontakt befindende Bereich sei als Anpressdruck-Überträger gemäß Anspruch 1 zu betrachten. Darüber hinaus sei dieser Bereich vom Rest des Dichtmaterials geometrisch zu unterscheiden, wie aus der Figur 3 ersichtlich sei, die diesen überhöhten Bereich am Rand des Saugfußes deutlich zeige. Folglich sei D10 für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich.
D1 zeige in den Figuren 10 und 10-1 eine Unterdruck-Haltevorrichtung mit einem Stabilisierungsgerüst im Sinne des Anspruchs 1. Es sei richtig, dass diese Figuren kein Andruckmittel zeigen. Allerdings könne wie auf Seite 9, Zeilen 9-12, beschrieben das Zentralstück C der Figuren 10 auch wie in den anderen Ausführungsformen ausgebildet sein. Da in Figur 8 ein Zentralstück mit einem Andruckmittel gezeigt sei, sei auch dieses Merkmal in D1 offenbart. Der Bereich zwischen Andruckmittel und Dichtmaterial stelle - wie bereits in Bezug auf D10 erklärt - Anpressdruck-Überträger im Sinne des Anspruchs 1 dar. Folglich sei auch D1 für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich.
Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
Selbst wenn die Neuheit des Anspruchs 1 anerkannt werden sollte, sei sein Gegenstand nicht patentfähig, weil er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Ausgehend von D10 sei es im Hinblick auf D3 naheliegend, die Unterdruck-Haltevorrichtung mit Anpressdruck-Überträger zu versehen, um ihre Haftfähigkeit an rauen Befestigungsoberflächen zu verbessern. D3 offenbare nämlich einen Noppenrand 8, welcher sich aufgrund seiner Deformierbarkeit an unebene Flächen anpassen könne. Deshalb sei der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von D10 naheliegend.
Ausgehend von der Figur 10 der D1 lösten das Andruckmittel und die Anpressdruck-Überträger zwei getrennte Teilaufgaben. Das Andruckmittel sorge für eine erhöhte Haltekraft. Die beanspruchte Lösung dieser Teilaufgabe sei durch die Figur 8 der D1 selbst nahegelegt. Anpressdruck-Überträger für eine verbesserte Anpassung an unebene Flächen vorzusehen, sei - wie bereits im Hinblick auf D3 erklärt - ebenfalls naheliegend. Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 auch ausgehend von D1 nicht erfinderisch.
VI. Der Beschwerdegegner argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Hauptantrag - Artikel 123 (2) EPÜ
Das Weglassen des Merkmals in der Alternative b) des Anspruchs 18, wonach die Arme zumindest den halben Radius des Saugfußes überstreichen, stelle keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung dar. Eine Basis für dieses Weglassen finde der Fachmann nämlich im Wort "ggf." im ursprünglichen Anspruch 10 und in der Figur 4. Folglich seien die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ erfüllt.
Hauptantrag - Neuheit
D10 sei im Einspruchsverfahren verspätet eingereicht worden. Da diese Entgegenhaltung nicht relevant sei, habe die Einspruchsabteilung ihr Ermessen falsch ausgeübt. D10 sei daher in das Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen. Auf jeden Fall sei D10 nicht neuheitsschädlich für Anspruch 1. Insbesondere sei Merkmal (iv) in D10 nicht offenbart. Da der in Figur 6 unter Anpressdruck sich mit der Noppe 39 in Kontakt befindende Bereich vom Rest des Dichtmaterials nicht zu unterscheiden sei, zeige diese Figur nicht die beanspruchten Anpressdruck-Überträger. Aus denselben Gründen seien diese auch nicht in Figur 4 gezeigt. Die Figur 3 sei für die Bestimmung der Lage dieser Bereiche in Figur 4 nicht relevant, weil die Figuren 3 und 4 verschiedene Ausführungsformen beträfen.
D1 zeige in Figuren 10 und 10-1 weder ein Andruckmittel noch Anpressdruck-Überträger. Die Figur 8 zeige eine andere alternative Ausführungsform. Eine Kombination der Figuren 10 und 8 sei in D1 nicht offenbart.
Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.
Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
Ausgehend von D10 sei durch das Merkmal (iv) die Aufgabe gelöst, die Haftfähigkeit an rauen Befestigungsoberflächen zu verbessern. Die beanspruchte Lösung werde nicht von D3 nahegelegt. D3 betreffe nicht diese Aufgabe und offenbare nicht, dass der Rand 8 deformierbar sei. Eine Deformierbarkeit des Randes sei für die Funktion der Vorrichtung der D3 eher von Nachteil. Auf jedem Fall habe die Vorrichtung der D3 eine völlig andere Funktionsweise als die Vorrichtung der D10. Der Fachmann habe daher keinen Anlass gehabt, den Rand 8 der D3 in die Vorrichtung der D10 einzubauen. Deshalb sei der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von D10 nicht naheliegend.
Die Figur 10 der D1 sei als Ausgangspunkt für die erfinderische Tätigkeit noch weniger relevant. Der Fachmann habe keinen Anlass gehabt, in dieser Ausführungsform ein Andruckmittel und Anpressdruck-Überträger gemäß Anspruch 1 vorzusehen. Es gebe keinen Grund, die Figuren 8 und 10 der D1 zu kombinieren. Die D3 könne wie bereits erklärt die Unterscheidungsmerkmale ebenfalls nicht nahelegen.
Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag - Artikel 123 (2) EPÜ
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Alternative b) im Anspruch 18 (Merkmal (xiii)) eine unzulässige Verallgemeinerung darstelle, weil das Merkmal, wonach die Arme zumindest den halben Radius des Saugfußes überstreichen, nicht enthalten ist.
Die Merkmale der Alternative b) sind in dem ursprünglichen Anspruch 13, der vom Anspruch 10 abhängt, offenbart. Anspruch 10 erfordert, dass "in das Material des Saugfußes (2) ein Stabilisierungsgerüst (10) eingebettet oder auf dieses aufgelegt ist, vorzugsweise mit vom Zentralstück (11) ausgehenden Armen (13), die ggf. untereinander verbunden sind und unabhängig hiervon zumindest den halben vorzugsweise zumindest dreiviertel des Radius des Saugfußes überstreichen".
Aus dem Wortlaut des Anspruchs 10 allein ist es nicht klar, ob das Wort "ggf.", welches den optionalen Charakter eines Merkmals bezeichnet, sich lediglich auf die untereinander verbundenen Arme bezieht oder auch auf die zumindest den halben Radius des Saugfußes überstreichenden Arme. In Verbindung mit der Figur 4, die weniger als den halben Radius des Saugfußes überstreichende Arme zeigt, wird jedoch klar, dass auch das zweite o.g. Merkmal optional ist. Folglich stellt das Weglassen dieses Merkmals in Alternative b) des Anspruchs 18 keine unzulässige Verallgemeinerung dar.
Da die übrigen Merkmale des Anspruchs 18 unstreitig in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart sind, sind die Erfordernisse des Artikel 123(2) EPÜ erfüllt.
2. Hauptantrag - Neuheit
Die Beschwerdeführerin brachte einen Einwand der fehlenden Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 im Hinblick auf D10 und D1 vor.
2.1 D10
2.1.1 Dokument D10 wurde nach der 9-monatigen Einspruchsfrist und somit verspätet eingereicht und von der Einspruchsabteilung als prima facie relevant in das Verfahren zugelassen (vgl. angefochtene Entscheidung, Punkt II.2.2).
Die Kammer hat - sofern die Einspruchsabteilung nicht ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien oder in willkürlicher Weise ausgeübt hat und damit ihr eingeräumtes Ermessen überschritten hat - nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich kein eigenes Ermessen hinsichtlich der Zulassung dieser Entgegenhaltung, die bereits in das Einspruchsverfahren zugelassen wurde (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Aufl. 2016, Kapitel IV.C.1.2.2 a) mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall wurde D10 von der Einspruchsabteilung unter Berücksichtigung der Relevanz der Entgegenhaltung und somit unter Berücksichtigung eines korrekten Kriteriums zugelassen. D10 ist deshalb zu berücksichtigen.
2.1.2 D10 offenbart eine Unterdruck-Haltevorrichtung zum Festlegen an Befestigungsoberflächen aufweisend einen zur Befestigungsoberfläche offenen, hohlen Saugfuß, mit einem Zentralstück (siehe z.B. Figur 1) und einen Dichtrand (5), der zumindest zur Befestigungsoberfläche hin ein elastisches Material aufweist und mit dem der Saugfuß auf die Befestigungsoberfläche aufsetzbar ist, so dass sich zwischen der Unterseite des Saugfußes und der Befestigungsoberfläche, wenn auf diese aufgesetzt, eine nach außen gasdicht abgeschlossene Unterdruckkammer ausbildet. Die Ausführungsformen der D10 umfassen ein Stabilisierungsgerüst (Federkranz 4) mit vom Zentralstück ausgehenden Armen (Federlamellen 2), das in das Material des Saugfußes eingebettet ist, und wobei die Arme zumindest den halben Radius des Saugfußes überstreichen (siehe Figur 2). Die Unterdruck-Haltevorrichtung weist ein mit dem Zentralstück verbundenes Andruckmittel (Stützplatte mit den Noppen 24 und 39 in den Figuren 4 bzw. 6) zur Übertragung des Anpressdruckes auf die Saugfußwand auf.
Anpressdruck-Überträger im Sinne von Anspruch 1 (Merkmal (iv)), die beim Ausüben des Anpressdrucks auf das Zentralstück in Verbindung mit dem Andruckmittel stehen, sind in D10 nicht offenbart. Gemäß Merkmal (iv) sind die Anpressdruck-Überträger nämlich am Saugfuß - beabstandet jeweils vom Zentralstück und vom äußeren Dichtrand - auf der Außenseite der Saugfußwand angeordnet. Es ist aufgrund dieser Definition für den Fachmann klar, dass es sich dabei um Bereiche handelt, die (z.B. aufgrund ihrer Geometrie oder ihres Materials) als individuelle Elemente zu erkennen sind. Dagegen ist der in der Ausführungsform der Figur 6 der D10 unter Anpressdruck mit der Noppe 39 in Kontakt befindende Bereich nicht vom Rest des Dichtmaterials 41 zu unterscheiden, weder aufgrund des Werkstoffes noch aufgrund der Geometrie. Dasselbe trifft für den sich in der Ausführungsform der Figur 4 unter Anpressdruck mit der Noppe 24 in Kontakt befindenden Bereich zu. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin entspricht dieser Bereich nämlich nicht dem in Figur 3 gezeigten überhöhten Bereich am Rand des Saugfußes, weil die Figuren 3 und 4 verschiedene Ausführungsformen betreffen (siehe Seite 10, Beschreibung der Figuren).
Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu gegenüber D10.
2.2 D1 betrifft eine Unterdruck-Haltevorrichtung zum Festlegen an Befestigungsoberflächen mit einem Saugfuß (B) und einem elastischen Element (A). Die Ausführungsform der Figuren 10 und 10-1 ist die einzige, die das elastische Element eingebettet in dem Saugfuß aufweist. Dieses elastische Element ist als Stabilisierungsgerüst im Sinne des Anspruchs 1 zu betrachten (siehe Figur 10-1).
Die Ausführungsform der Figuren 10 und 10-1 weist aber keinen Deckel, der als Andruckmittel gemäß Anspruch 1 zu betrachten ist, und somit auch nicht die beanspruchten Anpressdruck-Überträger auf.
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin lehrt D1 nicht, die Ausführungsformen der Figuren 10 und 8 zu kombinieren. Es handelt sich nämlich dabei um alternative Anordnungen, bei denen das elastische Element A entweder eingebettet im Saugfuß (Figur 10) oder auf diesen aufgelegt ist (Figur 8). Eine Offenbarung, die diese zwei alternativen Anordnungen kombiniert, ist in D1 nicht zu finden. Insbesondere stellt der von der Beschwerdeführerin zitierte Satz auf Seite 9, Zeilen 9-12, eine derartige Offenbarung nicht dar, da dieser Satz lediglich beschreibt, dass das obere Teil des Zentralstücks C unterschiedliche Formen aufweisen kann ("L'organe C' de raccordement dans ce mode de réalisation peut aussi avoir une partie supérieure dont la structure est différente de celle qu'on a décrite précédemment").
Deshalb offenbart D1 nicht die Merkmale (iv), (v) und (vi).
2.3 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu. Da Anspruch 18 alle Merkmale des Anspruchs 1 umfasst, ist sein Gegenstand ebenfalls neu.
3. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
3.1 D10, die sowohl ein Stabilisierungsgerüst als auch ein Andruckmittel gemäß Anspruch 1 offenbart, stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar.
Durch das Unterscheidungsmerkmal (iv) wird aufgrund der Deformierbarkeit der Anpressdruck-Überträger eine bessere Verteilung der Kräfte auf rauen Flächen erreicht. Somit wird ausgehend von D10 die Aufgabe gelöst, die Haftfähigkeit an rauen Befestigungsoberflächen zu verbessern (siehe B-Schrift, Absatz [0007]).
Die beanspruchte Lösung dieser Aufgabe wird nicht von D3 nahegelegt.
D3 offenbart eine Unterdruck-Haltevorrichtung mit einem umlaufenden Noppenrand 8, der mit einer Metallscheibe 10 zusammenwirkt. Die Metallscheibe 10 kann, nachdem sie in Richtung der Befestigungsoberfläche hinuntergepresst wurde, zurückspringen. Dabei stützt sie sich auf den Noppenrand 8 und erzeugt, indem sie das zentrale Teil 9 nach oben zieht, einen Unterdruck, um eine gute Haltung auf einer glatten Oberfläche wie z. B. Glas zu erreichen (Seite 2, Zeilen 12-27).
D3 betrifft daher nicht die Aufgabe der Verbesserung der Haftfähigkeit an rauen Befestigungsoberflächen. Der Fachmann hatte deshalb keinen Anlass, die Lehre der D3 anzuwenden, um diese Aufgabe zu lösen.
Darüber hinaus würde der Fachmann nicht den Noppenrand 8 der D3 von den restlichen mit ihm zusammenwirkenden Komponenten isolieren, um ihn in die Vorrichtung der D10, die eine völlig unterschiedliche Funktionsweise hat, zu implementieren.
Deshalb ist der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf D10 in Kombination mit D3 nicht naheliegend.
3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist von D1, Figur 10, noch weiter entfernt als von D10, da nicht nur das Merkmal (iv), sondern auch die Merkmale (v) und (vi) Unterscheidungsmerkmale darstellen.
Diese Unterscheidungsmerkmale wirken durch die Interaktion von Andruckmittel und Anpressdruck-Überträger zusammen. Sie lösen deshalb nicht die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Teilaufgaben, sondern die bereits erwähnte Aufgabe, die Haftfähigkeit an rauen Befestigungsoberflächen zu verbessern.
Ausgehend von D1, Figur 10, wird die beanspruchte Lösung weder von D1 selbst noch von D3 nahegelegt.
Im Hinblick auf D1 selbst hatte der Fachmann keinen Anlass, die Vorrichtung der Figur 10 mit dem elastischen Element A der Figur 8 zu versehen, da seine Funktion bereits von dem in Figur 10 gezeigten eingebetteten elastischen Element A erfüllt wird. Ferner werden Anpressdruck-Überträger gemäß Merkmal (iv) weder in Figur 10 noch in Figur 8 offenbart.
Aus den bereits ausgeführten Gründen hatte der Fachmann weder einen Anlass, die Lehre der D3 anzuwenden, um die Aufgabe zu lösen, noch Gründe, lediglich Teile der Vorrichtung der D3 in die völlig unterschiedliche Vorrichtung der Figur 10 der D1 zu implementieren.
Deshalb ist der Gegenstand des Anspruchs 1 auch ausgehend von D1, Figur 10, nicht naheliegend.
3.3 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da Anspruch 18 alle Merkmale des Anspruchs 1 umfasst, trifft für seinen Gegenstand dasselbe zu.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche: 1 bis 23 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2019 eingereichten Hauptantrag, bezeichnet als Hilfsantrag "01 d"
- Beschreibung: Seiten 2, 4, 5 der Patentschrift sowie Seite 3 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht
- Zeichnungen: Fig. 1 bis 14 der Patentschrift