T 1082/16 () of 21.11.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T108216.20191121
Datum der Entscheidung: 21 November 2019
Aktenzeichen: T 1082/16
Anmeldenummer: 04002150.3
IPC-Klasse: F16D 13/58
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Reibungskupplung
Name des Anmelders: ZF Friedrichshafen AG
Name des Einsprechenden: Valeo Embrayages
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
Schlagwörter: Verspätetes Vorbringen
Neuheit
Erfinderische Tätigkeit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegenstand des Verfahrens sind die Beschwerde der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin 1) und der Einsprechenden (Beschwerdeführerin 2) gegen die am 2. März 2016 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der festgestellt wurde, dass das europäische Patent Nr. 1443233 in der Fassung gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 1, das heißt unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen sowie die Erfindung, die das Patent zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen.

II. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, die am 21. November 2019 stattfand, war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin 1 beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage des Hauptantrags, wie eingereicht mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 (siehe Seiten 9 und 10 der Streitpatentschrift mit handschriftlichen Änderungen), aufrechtzuerhalten, hilfsweise, das Patent auf der Grundlage des von der Einspruchsabteilung für gewährbar erachteten Hilfsantrags oder auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 2 bis 4, wie im Schreiben vom 30. September 2015 angegeben, aufrechtzuerhalten. Für den Fall, dass die Beschwerdekammer den Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags für neu erachte, beantragte die Beschwerdeführerin 1 die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Fortsetzung des Verfahrens.

Die Beschwerdeführerin 2 beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

III. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag (Merkmalgliederung von der Kammer hinzugefügt) lautet wie folgt:

"(a) Reibungskupplung,

(b) umfassend eine Gehäuseanordnung (16; 16a; 16b; 16c; 16d; 16e; 16f; 16g; 16h),

(c) eine Anpress­platte (38, 72; 38a, 72a; 38b, 72b; 38c, 72c; 72d; 72e; 72f; 72g; 72h), welche mit der Gehäuseanordnung (16; 16a; 16b; 16c; 16d; 16e; 16f; 16g; 16h) zur gemeinsamen Drehung um eine Drehachse (A) und in Richtung der Drehachse (A) bezüglich dieser verlagerbar gekoppelt ist,

(d) ein Einrückersystem (58; 58a; 58b; 58c; 58e; 58f; 58g; 58h) zur Erzeugung einer Einrückkraft,

(e) eine Kraft­beaufschlagungsanordnung (54, 86; 54a, 86a; 54b, 86b; 54c, 86c; 86d; 86e; 86f; 86g; 86h), welche bezüglich der Gehäuseanordung (16; 16a; 16b; 16c; 16d; 16e; 16f; 16g; 16h) in beiden axialen Richtungen abgestützt ist und welche bezüglich der Anpressplatte (38, 72; 38a, 72a; 38b, 72b; 38c, 72c; 72d; 72e; 72f; 72g; 72h; [sic] abgestützt ist und

(f) zur Übertragung der Einrück­kraft auf die Anpress­platte (38, 72; 38a, 72a; 38b, 72b; 38c, 72c; 72d; 72e; 72f; 72g; 72h) durch das Einrückersystem (58; 58a; 58b; 58c; 58d; 58e; 58f; 58g; 58h) beaufschlagbar ist,

(g) wobei die Kraft­beaufschlagungs­anordnung (54, 86; 54a, 86a; 54b, 86b; 54c, 86c; 86d; 86e; 86f; 86g; 86h) in Richtung Anskuppeln [sic] vorgespannt ist, um eine der am Beginn eines Einrück­vorgangs wirkenden Einrück­kraft entgegen­wirkende Reaktions­kraft bereitzustellen, wobei

(h) eine Kraftbeaufschlagungsanordnung (86; 86a; 86b; 86c; 86d; 86e; 86f; 86g; 86h) in ihrem radial äußeren Randbereich (88; 88a; 88b; 88c; 88d; 88e; 88f; 88g; 88h) bezüglich der Gehäuseanordnung (16; 16a; 16b; 16c; 16d; 16e; 16g; 16h) und in einem radial weiter innen gelegenen Bereich (92; 92a; 92b; 92c; 92d; 92e; 92f; 92g; 92h) bezüglich der Anpressplatte (72; 72a; 72b; 72c; 72d; 72e; 72f; 72g; 72h) abgestützt ist, oder/und wobei

(i) eine Kraftbeaufschlagungsanordnung (54; 54a; 54b; 54c) in ihrem radial äußeren Randbereich (64; 64a; 64b; 64c) bezüglich der Anpressplatte (38; 38a; 38b; 38c) und in einem radial weiter innen gelegenen Bereich (66; 66a; 66b; 66c) bezüglich der Gehäuseanordnung (16; 16a; 16b; 16c; 16d) abgestützt ist."

Die Hilfsanträge haben für diese Entscheidung keine Rolle gespielt.

IV. In dieser Entscheidung wird auf folgende Entgegenhaltungen Bezug genommen:

D13: FR - A- 2 749 628;

D19: EP -A- 0 845 615;

D21: FR -A- 2 745 051;

D23: EP -A- 0 185 176;

D24: EP -A- 1 275 867;

D25: Broschüre der Firma LUK, LuK Aftermarket Service oHG, September 2002, 7. Auflage;

A1: Erklärung von Herrn B. Regulski, mit Datum 24/05/2012.

V. Die Argumente der Beschwerdeführerin 2 lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Dokument D25

D25 sei eingereicht worden, um zu beweisen, dass das Merkmal(g) für die Kupplung der D24 implizit offenbart sei. Die Einreichung der D25 sei Teil der Erwiderung auf die Schriftsätze der Beschwerdeführerin 1 vom 11. Juli 2016 und 7. September 2016, in denen u.a. die Neuheit des Merkmals (g) diskutiert worden sei. Deshalb sei dieses relevante Dokument in das Verfahren zuzulassen.

Neuheit

D24 offenbare alle Merkmale des Anspruchs 1. Dies treffe auch für das Merkmal (g) zu. Merkmal (g) definiere nicht, wie hoch die Vorspannung sei. Um es zu verwirklichen, sei es daher ausreichend, dass lediglich während des Schließens der Kupplung eine Gegenkraft entstehe, die auf die Membranfeder einwirke. Ferner seien, wie in der Erklärung A1 bestätigt werde, die Kugellager und somit auch die Membranfeder der D24 immer vorgespannt. Dieses sei dem Fachmann - wie aus D13, D19 und D21 ersichtlich - allgemein bekannt. Merkmal (g) sei deshalb in D24 implizit offenbart. Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf D24 nicht neu.

Erfinderische Tätigkeit

Ausgehend von D24 sei der Effekt des Merkmals (g) eine Reduktion der vorzeitigen Ermüdung des Lagers und des undefinierten Verhaltens der Kupplung. Es sei aus D13, D19 und D21 bekannt, diesen Effekt durch eine Vorspannung der Lager zu erreichen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei deshalb ausgehend von D24 naheliegend.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich gegenüber D23 lediglich durch das Merkmal (e), das im Hinblick auf das allgemeine Fachwissen naheliegend sei. Merkmal (g) habe keine Synergie mit dem Merkmal (e) und sei aus den bereits erklärten Gründen auch im Fall der D23 implizit offenbart oder allenfalls naheliegend.

Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 weder ausgehend von D24 noch von D23 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Verspätet vorgebrachte Einwände unter Artikel 100 c) EPÜ

Die abhängigen Ansprüche verstießen gegen die Erfordernisse des Artikels 100 c) EPÜ. Da sich die Entscheidung der Einspruchsabteilung diesbezüglich lediglich auf die erste Entscheidung der Kammer im Fall T 1887/12 bezogen habe, sei dieser Einwand zu prüfen.

VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin 1 lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Dokument D25

Es sei bereits in August 2011 vorgebracht worden, dass das Merkmal (g) ein Unterscheidungsmerkmal in Hinblick auf D24 darstelle. Es gebe daher keine Rechtfertigung, die D25, welche angeblich dieses Merkmal betreffe, erst mit dem Schreiben vom 28. November 2016 einzureichen. Ferner betreffe D25 eine normalgeschlossene Kupplung, so dass sie prima facie nicht relevant sei. D25 sei deshalb nicht in das Verfahren zuzulassen.

Neuheit

Das Merkmal (g) sei weder explizit noch implizit in D24 offenbart.

Eine Gegenkraft, die lediglich während des Schließens der Kupplung entstehe und auf die Kraftbeaufschlagungs­anordnung (Membranfeder) einwirke, stelle keine Vorspannung der Kraftbeaufschlagungsanordnung im Sinne des Anspruchs 1 dar.

Eine Vorspannung der Kugellager sei weder im Hinblick auf A1 noch auf D13, D19 und D21 als Teil des allgemeinen Fachwissens anzusehen. Darüber hinaus impliziere eine Vorspannung der Kugellager der D24 nicht eine Vorspannung der Membranfeder.

Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.

Erfinderische Tätigkeit

Ausgehend von D24 bestehe die zu lösende Aufgabe darin, eine Reibungskupplung vorzusehen, welche im Anfangs­bereich der Einrückstrecke besser regelbar sei. Diese Aufgabe gemäß Anspruch 1 zu lösen sei nicht naheliegend gewesen. D13, D19 und D21 beschäftigten sich nicht mit dieser Aufgabe und beträfen normalgeschlossene Kupplungen. Deshalb sei es für den Fachmann nicht naheliegend gewesen, die Lehre der D13, D19 und D21 betreffend die Vorspannung der Lager auf die Kupplung der D24 anzuwenden. Darüber hinaus führe auch diese Lehre nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1, da eine Vorspannung der Lager 38' und 39' der D24 nicht notwendigerweise auch eine Vorspannung der Kraft­beaufschlagungsanordnungen 28 und 29 bedeute.

Im Hinblick auf D23 unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nur durch das unstreitige Unterscheidungsmerkmal (e) sondern auch durch Merkmal (g). Das Merkmal (g) sei weder explizit noch - aus den Gründen, die im Hinblick auf D24 diskutiert worden sind - implizit offenbart. Diese Unterscheidungsmerkmale wirkten zudem synergetisch und seien vom Stand der Technik nicht nahegelegt.

Folglich beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Verspätet vorgebrachte Einwände unter Artikel 100 c) EPÜ

Die erstmalig in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände unter Artikel 100 c) EPÜ stellten eine Änderung des Vorbringens der Beschwerde­führerin 2 dar. Es bestehe keine Rechtfertigung dafür, dass diese Einwände erst in diesem extrem späten Verfahrensstadium vorgebracht worden sind. Sie seien daher nicht in das Verfahren zuzulassen.

Entscheidungsgründe

1. Dokument D25

D25 wurde erst mit dem Schreiben der Beschwerdeführerin 2 vom 28. November 2016 eingereicht, um zu beweisen, dass das Merkmal (g) für die Kupplung der D24 implizit offenbart sei. Es ist zwar richtig, dass das Schreiben vom 28. November 2016 in Erwiderung auf die Schriftsätze der Beschwerdeführerin 1 vom 11. Juli 2016 und 7. September 2016, in denen u.a. die Neuheit des Anspruchs mit dem Merkmal (g) begründet wurde, eingereicht wurde. Die Beschwerdeführerin 1 hatte jedoch bereits im August 2011 vorgebracht, dass das Merkmal (g) ein Unterscheidungs­merkmal in Hinblick auf D24 darstelle. Es besteht deshalb keine objektive Rechtfertigung für die Verspätung beim Einreichen der D25.

Darüber hinaus ist auch die prima facie Relevanz der D25 fraglich, da diese Entgegenhaltung - im Gegensatz zum Streitpatent und D24 - eine normalgeschlossene Kupplung betrifft.

Die Kammer hat daher D25 nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 13(1) VOBK).

2. Neuheit

2.1 D24 offenbart unstreitig:

(a) Eine Reibungskupplung (siehe die hier unten wiedergegebene Figur 2),

(b) umfassend eine Gehäuseanordnung (8),

(c) eine Anpress­platte (15, 21), welche mit der Gehäuseanordnung zur gemeinsamen Drehung um eine Drehachse und in Richtung der Drehachse bezüglich dieser verlagerbar gekoppelt ist.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Die Elemente 30, 31 werden in D24 zwar als "Ausrücker" bezeichnet. Allerdings benutzt D24 die Begriffe "Einrücker" und "Ausrücker" für den gleichen Gegenstand (siehe z.B. die Absätze [0046] und [0048]). In der Tat ist die Kupplung der D24 eine "aktiv schließende" Kupplung und die hydraulisch betätigten Elemente 30, 31 können lediglich nach rechts (d.h. zum Einrücken) Kraft ausüben. Folglich offenbart D24 auch Merkmal (d), d.h. ein Einrücker­system (30, 38' und 31, 39') zur Erzeugung einer Einrückkraft.

D24 offenbart auch unstreitig (e) eine Kraft­beaufschlagungsanordnung (Membranfeder 28, 29), welche bezüglich der Gehäuseanordung in beiden axialen Richtungen abgestützt ist, und welche bezüglich der Anpressplatte abgestützt ist und (f) zur Übertragung der Einrück­kraft auf die Anpress­platte durch das Einrückersystem beaufschlagbar ist, wobei (h) die Kraftbeaufschlagungsanordnung in ihrem radial äußeren Randbereich bezüglich der Gehäuseanordnung und in einem radial weiter innen gelegenen Bereich bezüglich der Anpressplatte abgestützt ist (siehe Figur 2).

2.2 Es bleibt zu entscheiden, ob D24 auch das Merkmal (g) offenbart, wonach die Kraft­beaufschlagungs­anordnung in Richtung Auskuppeln vorgespannt ist, um eine der am Beginn eines Einrück­vorgangs wirkenden Einrück­kraft entgegen­wirkende Reaktions­kraft bereitzustellen.

2.2.1 Gemäß diesem Merkmal ist die Kraft­beaufschlagungs­anordnung "vorgespannt". Es ist zwar richtig, dass der Anspruch nicht definiert, wie hoch die Vorspannung ist. Der Fachmann würde aber verstehen, dass die beanspruchte Vorspannung nicht lediglich ein Kontakt zwischen Kraft­beaufschlagungs­anordnung und Einrücker­system bedeutet. Um das Merkmal (g) zu verwirklichen, ist es daher nicht ausreichend, dass lediglich während des Schließens der Kupplung eine Gegenkraft entsteht, die auf die Membranfeder einwirkt.

2.2.2 Die Beschwerdeführerin 2 trug vor, dass das Merkmal (g) in D24 zwar nicht explizit aber implizit offenbart sei. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin 2 konnte aber die Kammer nicht überzeugen.

Die Erklärung von Herrn Regulski A1, die zur Unter­stützung der Argumentation der Beschwerdeführerin 2 zitiert wurde, stellt nicht das allgemeine Fachwissen sondern lediglich die persönliche Meinung von Herrn Regulski - einen Angestellten der Firma Valeo - dar. Ferner besagt diese Erklärung lediglich, dass die Kugellager vorgespannt sind. Eine Vorspannung der Kugellager 38' und 39' der D24 ist aber auch ohne eine Vorspannung der Kraft­beaufschlagungs­anordnungen 28 und 29 zu verwirklichen.

Die Dokumente D13, D19 und D21 können die Kammer ebenfalls nicht überzeugen, dass das Merkmal (g) in D24 implizit offenbart ist. Diese Entgegenhaltungen sind nämlich Patent­schriften, die kein allgemeines Fachwissen darstellen, und betreffen im Gegensatz zu D24 eine normalgeschlossene Kupplung.

2.3 Folglich ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu.

3. Antrag auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung

Die erfinderische Tätigkeit wurde bereits in der angefochtenen Entscheidung - in Hinblick auf den Hilfsantrag 1 - geprüft. Ferner hat das gesamte Einspruchs- und Beschwerdeverfahren, bereits mehrere Jahren gedauert (der Einspruch wurde am 29. Juni 2011 eingelegt). Die Kammer hat daher entschieden, die Angelegenheit nicht an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit zurückzuverweisen.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 Ausgehend von D24

4.1.1 Durch das Unterscheidungsmerkmal (g) (Vorspannung der Kraftbeaufschlagungsanordnung) ist es in einfacher Weise möglich, eine Reibungskupplung vorzusehen, welche im Anfangsbereich der Einrückstrecke besser regelbar ist (Spalte 2, Zeilen 5-8 der B-Schrift). Somit besteht die ausgehend von D24 zu lösende Aufgabe darin, eine Reibungskupplung vorzusehen, welche im Anfangsbereich der Einrückstrecke besser regelbar ist (Absatz [0005] der B-Schrift).

4.1.2 Der Stand der Technik legt die beanspruchte Lösung nicht nahe.

D13, D19 und D21 erwähnen zwar eine Verspannung der Lager aber nicht die besagte Aufgabe. Ferner betreffen alle diese Entgegenhaltungen - im Gegensatz zu D24 und zum Streitpatent - normalgeschlossene Kupplungen. Die von der Beschwerdeführerin 2 erwähnte Problematik der vorzeitigen Ermüdung des Lagers (D13, Seite 1, Zeilen 19-27; D19, Spalte 2, Zeilen 14-17; D21, Seite 2, Zeilen 5-15) und des undefinierten Verhaltens (D13, Seite 1, Zeilen 19-27) stellt sich in normal­geschlossenen Kupplungen, bei denen das Ausrücklager normal das Drehmoment übertragen muss, anders als in normalgeöffneten Kupplungen. Deshalb war es für den Fachmann nicht naheliegend, die Lehre der D13, D19 und D21 betreffend die Vorspannung der Lager auf die Kupplung der D24 zu übertragen.

Darüber hinaus würde der Fachmann, selbst wenn er die Lehre der D13, D19 und D21 berücksichtigen würde und die Lager 38' und 39' der D24 mit einer Vorspannung versehen würde, nicht notwendigerweise auch die Kraftbeaufschlagungsanordnungen 28 und 29 unter Vorspannung setzen. Die zwei Vorspannungen sind nämlich unabhängig voneinander. Die Lager 38' und 39' können als vorgespannte Einheiten eingebaut werden; in D13, D19 und D21 ist die Vorspannung der Ausrücklager nicht durch eine Vorspannung der Kraftbeaufschlagungs­anordnung verwirklicht (z.B. in D13 wird sie durch die Feder 7 verwirklicht). Die Vorspannung der Kraft­beaufschlagungs­anordnungen des Streitpatents ihrerseits erfordert nicht eine Vorspannung der Lager (z.B. kann in Figur 2 des Streitpatents die Kraftbeaufschlagungsanordnung 86a durch das Zusammenwirken der Sicke 112a und der Abstützelemente 102a am Gehäuse bewirkt werden).

4.1.3 Folglich war der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von D24 nicht naheliegend.

4.2 Ausgehend von D23

Auch im Fall der D23 ist das Merkmal (g) weder implizit noch explizit offenbart. Die Kupplung der D23 (siehe die hier unten wiedergegebene Figur 1) ist - wie die der D24 - eine normalgeöffnete Kupplung, bei der die Kraft­beaufschlagungsanordnungen (19, 32) zur Übertragung der Einrück­kraft auf die Anpress­platte durch das die Kugellager 31 und 21 umfassende Einrückersystem beaufschlagbar sind, und in ihren radial äußeren Randbereich bezüglich der Gehäuse­anordnung und in einem radial weiter innen gelegenen Bereich bezüglich der Anpressplatte abgestützt sind (siehe Figur 1). Auch in diesem Fall wird eine mögliche Vorspannung nicht erwähnt, so dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nur durch das unstreitige Unterscheidungs­merkmal (e) sondern auch durch Merkmal (g) von D23 unterscheidet.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Aus den oben in Hinblick auf D24 erklärten Gründen legt der Stand der Technik nicht nahe, die aus D23 bekannte Kupplung mit dem Merkmal (g) zu versehen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das Merkmal (e) naheliegend war oder nicht.

4.3 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auch ausgehend von D23 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

5. Verspätet vorgebrachte Einwände unter Artikel 100 c) EPÜ

Während der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin 2 zum ersten Mal Einwände unter Artikel 100 c) EPÜ gegen die abhängigen Ansprüche vorgebracht. Dies stellte eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin 2 dar, deren Zulassung in das Verfahren im Ermessen der Kammer lag (Artikel 13(1) VOBK).

Artikel 100 c) EPÜ war bereits Gegenstand einer ersten Entscheidung der Einspruchsabteilung und der dagegen gerichteten Beschwerde (T 1887/12). In diesem ersten Verfahren wurden die abhängigen Ansprüche in Hinblick auf Artikel 100 c) EPÜ nicht beanstandet. Eine derartige Beanstandung wurde auch nicht im vorliegenden schriftlichen Verfahren erhoben. Da der vorliegende Anspruchssatz bereits Teil des ersten Beschwerde­verfahrens war, sieht die Kammer keine Rechtfertigung dafür, dass die o.g. Einwände erst in diesem extrem späten Verfahrensstadium vorgebracht wurden.

Die Kammer hat daher entschieden die verspätet vorgebrachten Einwände unter Artikel 100 c) EPÜ nicht in das Verfahren zuzulassen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Unfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1-18 eingereicht mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 als Hauptantrag

- Beschreibung Spalten 1 sowie 3-15 der Patentschrift und Spalte 2 eingereicht mit Schreiben vom 9. Oktober 2013

- Figuren 1-20 der Patentschrift.

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